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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

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AG München, Urteil vom 15.11.2023 - 1295 C 16480/22 WEG
1. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung hinsichtlich der für die Mehrheitsberechnung maßgeblichen Stimmkraft anstelle des gesetzlich vorgesehenen Kopfprinzips auch z. B. das Objektprinzip anordnen.
2. Die bloße Gefahr der Majorisierung führt nicht zur Unzulässigkeit des Objektprinzips, weil die betroffenen Wohnungseigentümer durch die Möglichkeit der Anfechtung der im Einzelfall gefassten Beschlüsse vor rechtsmissbräuchlichem Abstimmungsverhalten des Mehrheitseigentümers geschützt werden.
3. Die übrigen Wohnungseigentümer sind jedoch unabhängig von dieser Rechtsschutzmöglichkeit dann vor der Mehrheitsentscheidung eines einzelnen Mehrheitseigentümers zu schützen, wenn dieser seine Mehrheitsmacht rechtsmissbräuchlich ausübt.
4. Für die Annahme einer Majorisierung muss die Art und Weise der Stimmrechtsausübung die übrigen Wohnungseigentümer so offenkundig und ohne jeden Zweifel in treuwidriger Weise benachteiligen, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden kann.
5. Majorisierende Beschlüsse können dabei insbesondere unter dem Blickwinkel der Willkür, des Rechtsmissbrauchs oder einer unbilligen Benachteiligung Einzelner ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen.
6. Die Stimmabgabe eines Mehrheitseigentümers ist auch dann nicht unwirksam, wenn er trotz drohender Verwalterlosigkeit die Verwalterbestellung blockiert.
7. Die Klage auf Ungültigerklärung des zu Unrecht festgestellten negativen Beschlusses ist mit der Klage auf "Feststellung" eines positiven Beschlusses zu verbinden, wenn die erfolgreiche Anfechtung des "negativen" Beschlusses allein nicht zu einem positiven Beschluss im Sinne des wahren Beschlussergebnisses bei Berücksichtigung der zu Unrecht ausgeschlossenen Stimmen führt.
