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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

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BGH, Urteil vom 24.08.2017 - III ZR 574/16
1. Ob und in welchem Umfang ein Grundstückseigentümer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen wegen einer möglichen Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind die räumliche Nähe des Baums und seiner Wurzeln zu der Abwasseranlage sowie Art beziehungsweise Gattung, Alter und Wurzelsystem des Baums zu berücksichtigen.*)
2. Ohne sich hiernach ergebende Hinweise auf eine Verwurzelung der Kanalisation ist der Eigentümer eines Baumgrundstücks regelmäßig nicht gehalten, den Abwasserkanal selbst zu überprüfen oder den Kanalbetreiber zu einer Überprüfung aufzufordern.*)
3. Ist der Grundstückseigentümer hingegen zugleich der Betreiber des Abwasserkanals, muss er im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht für das Grundstück die von den Wurzeln des Baums ausgehenden Gefahren für den Kanal auch insoweit ausräumen, als er die Verwurzelung der Anlage bei Inspektions- und Wartungsmaßnahmen, die wegen anderer möglicher Beeinträchtigungen des Abwassersystems ohnehin geboten waren, erkannt hat oder hätte erkennen müssen.*)
4. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegen den Betreiber einer Abwasseranlage wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten als Eigentümer eines baumbestandenen Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die von dem Geschädigten gegen einen möglichen Rückstau zu treffenden Vorkehrungen unzureichend waren. Vielmehr ist das Fehlen einer den Rückstau vermeidenden Sicherungsvorkehrung gegebenenfalls im Rahmen eines Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 30.07.1998 - III ZR 263/96, NVwZ 1998, 1218).*)
