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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

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OVG Sachsen, Beschluss vom 10.07.2012 - 1 B 158/12
1. Der aus § 34 Abs. 2 BauGB resultierende Gebietsbewahrungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Derselbe Nachbarschutz besteht im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht.
2. Die nachbarschützende Wirkung beruht dabei auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen.
3. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung, durch ein Bauvorhaben von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung kann erst bejaht werden, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung - wie beispielsweise bei einer erdrückenden Wirkung oder übermäßigen Immissionen - ausgeht.
4. Das Material, aus dem ein Gebäude errichtet werden soll, betrifft nicht die Art der baulichen Nutzung. Die Beeinträchtigung des Ortbildes kann deshalb nicht für die Annahme der Verletzung eines Gebietsbewahrungsanspruchs geltend machen, da ein Nachbarschutz wegen Beeinträchtigung des Ortsbildes grundsätzlich nicht gewährt wird.
