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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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BVerfG, Beschluss vom 11.07.2007 - 1 BvR 501/07
1. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet auch die Vollstreckungsgerichte, bei der Auslegung und Anwendung der vollstreckungsrechtlichen Verfahrensvorschriften der Wertentscheidung des Grundgesetzes Rechnung zu tragen und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen.
2. In besonders gelagerten Einzelfällen kann dies dazu führen, dass die Vollstreckung aus einem vollstreckbaren Titel für einen gewissen, auch längeren Zeitraum einzustellen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG konkret zu besorgen ist und eine an dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit orientierte Abwägung zwischen den widerstreitenden, grundrechtlich geschützten Interessen der an der Vollstreckung Beteiligten zu einem Vorrang der Belange des Schuldners führt.
3. Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden und dadurch der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird.
4. Die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners wegen der Zwangsversteigerung seiner Immobilie kann zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens auch dann führen, wenn sich die Gefahr erst nach dem Zuschlagsbeschluss während des Beschwerdeverfahrens auf Grund zu Tage tretender neuer Umstände ergibt.
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