Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
2962 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2020, 3617
OLG München, Beschluss vom 23.07.2019 - 28 U 2914/17
1. Vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird, ist nach § 10 Abs. 3a HOAI 2002 bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen; der Umfang der Anrechnung bedarf der schriftlichen Vereinbarung.
2. Eine Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag kann nicht auf einzelne Leistungsphasen aufgeteilt werden. Vielmehr gilt der vereinbarte Betrag für alle Leistungsphasen.
3. Im Verhältnis zwischen einem Bauüberwacher und dem bauausführendenden Unternehmer besteht ein Gesamtschuldverhältnis. Der Bauherr kann wegen eines Baumangels, für den auch der bauüberwachende Architekt haftet, sowohl das ausführende Unternehmen als auch den Bauüberwacher in Anspruch nehmen. Nur ausnahmsweise ist es geboten, den Bauherrn auf die vorrangige Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners zu verweisen.
4. Ist der Bauherr durch einen Sicherheitseinbehalt im Verhältnis zum bauausführenden Unternehmer ausreichend geschützt ist, muss diese Sicherung im Verhältnis zum Bauüberwacher berücksichtigt werden.

IBRRS 2020, 3595

OVG Thüringen, Beschluss vom 20.10.2020 - 3 ZKO 547/20
1. Die Entscheidung einer Architektenkammer, einen Architekten aus der Architektenliste zu löschen, ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Für die gerichtliche Kontrolle solcher Verwaltungsakte ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich.
2. Weist ein Architekt zu diesem Zeitpunkt keine gesetzlich zwingend vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung nach, besteht sie zu diesem Zeitpunkt nicht und er kann aus der Architektenliste gelöscht werden. Unerheblich ist, ob der Architekt zu einem späteren Zeitpunkt eine rückwirkende Versicherung abgeschlossen hat.

IBRRS 2020, 3262

OLG Koblenz, Urteil vom 08.10.2020 - 6 U 1945/19
1. Eine einfache Mail erfüllt die nach § 4 Abs. 3 VOB/B geforderte Schriftform.
2. Eine Bedenkenanmeldung an den bauleitenden Architekten kann ausreichend sein, wenn ein Mangel der Vorunternehmerleistung vorliegt und der Architekt sich den Bedenken nicht verschließt.
3. Der Architekt verschließt sich den Bedenken u. a. dann nicht, wenn er eine plausible Erklärung dafür abgibt, warum die Bauleistung trotz entgegenstehender Bedenken fortgesetzt werden soll.
4. Eine Garantie kann dahingehend ausgelegt werden, dass der Auftragnehmer nicht für Umstände einstehen soll, die aus dem Risikobereich des Auftraggebers stammen.
5. Ein Auftragnehmer kann gehalten sein, Bedenken gegen Arbeiten eines Nachfolgeunternehmers anzumelden, wenn er erkennt, dass diese seine vorangegangenen Leistungen beeinträchtigen können.
6. Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, in seine Bedenkenanmeldung einen Lösungsvorschlag aufzunehmen.
7. Der bauüberwachende Architekt muss bei einfachen, gängigen Arbeiten nicht ständig auf der Baustelle anwesend sein. Er muss aber zu Beginn der Arbeiten eine Einweisung, im Verlauf der Arbeiten gegebenenfalls Stichproben und eine Endkontrolle durchführen.
IBRRS 2020, 3375

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.06.2020 - 4 B 673/19
1. Ein Architekt ist aus der Architektenliste zu löschen, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass er die für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
2. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Architekt überschuldet ist und über kein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das den Schluss auf einen baldigen Schuldenabbau rechtfertigt.
3. Ein erfolgsversprechendes Sanierungskonzept liegt etwa dann vor, wenn ein verbindlicher und von den Gläubigern akzeptierter Tilgungsplan existiert, dem konkrete Ratenzahlungen und insbesondere das Ende der Rückführung der gesamten Rückstände zu entnehmen sind, der Architekt vereinbarten Ratenzahlungen nachkommt und währenddessen keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden können.

IBRRS 2020, 3362

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2019 - 23 U 208/18
1. Es ist nicht die Aufgabe des Vorunternehmers, auf eine hinreichende Koordinierung der Arbeiten hinzuwirken. Etwas anderes gilt, wenn er mit eventuellen Risiken rechnen muss, etwa weil seine Leistung als Grundlage für die auf ihr aufbauenden Nachfolgeleistungen nicht geeignet ist.
2. In einer nicht geeigneten Vorleistung liegt ein Mangel in Form der Funktionsuntauglichkeit des Werks.
3. Der Vorunternehmer ist bei einer mangelhaften Vorleistung verpflichtet, den nachfolgenden Unternehmer oder den bauüberwachenden Architekten darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Arbeiten verfahren werden muss.
4. Eine Hinweispflicht des Vorunternehmers ist immer dann anzunehmen, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der Nachfolgeunternehmer nicht erkennen kann, dass die Vorleistung für ihn keine geeignete Arbeitsgrundlage ist.
5. Im Rahmen seiner Koordinierungspflicht hat der bauüberwachende Architekt das harmonische Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer und den zeitlich richtigen Ablauf der einzelnen Baumaßnahmen sicherzustellen.
6. In Rahmen der Bauüberwachung muss der Architekt die Arbeiten auf der Baustelle gezielt beaufsichtigen und koordinieren, um zu erreichen, dass das Bauwerk frei von Mängel und wie geplant durchgeführt wird.
7. Der die Bauaufsicht führende Architekt ist zwar nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss jedoch die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden.
8. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
IBRRS 2020, 3302

OLG Bamberg, Beschluss vom 12.03.2019 - 1 U 152/18
1. Wird ein Ingenieur mit der Objektplanung und Bauüberwachung einer Straße beauftragt, hat er nach Ausführung der Bauleistung sicherzustellen, dass Bohrkerne gezogen und ausgewertet werden.
2. Mängelansprüche des Auftraggebers wegen einer unzureichenden Bauüberwachung verjähren in fünf Jahren ab Abnahme. Wird der Ingenieur mit der Objektbetreuung beauftragt, beginnt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche mit dem Ablauf der Gewährleistungsfrist des bauausführenden Unternehmens.
3. Mit Abnahme beginnt auch die Verjährungsfrist für solche Mängel zu laufen, die sich der Auftraggeber bei der Abnahme vorbehalten hat.
4. Nachlässigkeit begründet keine Arglisthaftung.

IBRRS 2020, 3219

OLG Dresden, Urteil vom 06.09.2018 - 10 U 101/18
1. Gehen der Auftraggeber und der mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragte Ingenieur bei Vertragsschluss davon aus, dass die Sanierung einer Deponie trotz Kampfmittelverdachts innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten abgeschlossen sein wird, kann der Ingenieur eine Anpassung des vereinbarten Pauschalhonorars verlangen, wenn vorgefundene Kampfmittel eine Umstellung des Sanierungskonzept erforderlich machen und sich der Ausführungzeitraum auf 21 Monate verlängert.
2. Der Ingenieur ist nicht verpflichtet, seinen Mehraufwand konkret darzulegen, weil das Honorar grundsätzlich aufwandsneutral gewährt wird. Die Höhe der zu beanspruchenden Mehrvergütung kann vielmehr vom Gericht geschätzt werden (§ 287 ZPO).

IBRRS 2020, 3217

OLG Dresden, Urteil vom 04.06.2019 - 10 U 1545/14
1. Der Gefahr, dass ein Bauunternehmen fehlerhaft arbeitet, kann ein Bauherr entgegenwirken, indem er einen Architekten mit der Bauüberwachung beauftragt.
2. Beauftragt der Bauherr - um Kosten zu sparen - keinen Bauüberwacher, kann er den mit der Erbringung der Leistungen gemäß den Leistungsphasen 1 bis 7 nach § 15 Abs. 2 HOAI 1996 betrauten Architekten wegen eines Ausführungsfehlers nicht mit der Begründung in Anspruch nehmen, der Architekt habe seine Hinweispflichten verletzt.
3. Ein mit der Erstellung der Tragwerksplanung und der Bewehrungspläne beauftragter Tragwerksplaner muss den Bauherrn nicht auf die mit dem Durchbrechen einer Außenwand verbundenen Risiken hinweisen, selbst wenn er auf Bitten des Bauunternehmers die erforderlichen Abmessungen der Doppel-T-Träger für den Baubehelf berechnet hat. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei der Baufirma um ein überregional tätiges, renommiertes Unternehmen mit einschlägiger Erfahrung bei der Altbausanierung handelt.

IBRRS 2020, 3237

BGH, Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20
Die Anfrage des V. Zivilsenats nach § 132 Abs. 3 GVG vom 13.03.2020 - V ZR 33/19 (IBR 2020, 372) - wird wie folgt beantwortet:
1. Der VII. Zivilsenat hält an der in dem Urteil vom 22.02.2018 (IBR 2018, 196) vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach der Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gem. § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB nicht anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden darf.*)
2. Der VII. Zivilsenat hält daran fest, dass sich der Schadensersatzanspruch des Bestellers gegen den Architekten gem. § 634 Nr. 4, § 280 BGB bei Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk realisiert haben, auf Vorfinanzierung "in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags" richten kann (IBR 2018, 208).*)
IBRRS 2020, 3226

BGH, Urteil vom 24.09.2020 - VII ZR 91/18
Auch im Verhältnis zum Architekten scheidet hinsichtlich der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten betreffend das Bauwerk aus (Bestätigung von BGH, IBR 2018, 208). Aufgrund dessen kommt auch eine auf dieser Schadensbemessung beruhende Kürzung unter dem Gesichtspunkt von Sowieso-Kosten nicht in Betracht.

IBRRS 2020, 3213

OLG Dresden, Beschluss vom 03.12.2019 - 6 U 1669/19
1. Auch der Tragwerksplaner hat die wirtschaftlichen Interessen des Auftraggebers im Auge zu behalten und darauf zu achten, dass kein übermäßiger, nicht erforderlicher Aufwand betrieben wird.
2. Wird einem Tragwerksplaner verbindlich vorgegeben, seine statischen Berechnungen unter der Einplanung von Mikropfählen zu erstellen, muss er nicht prüfen, ob Mikropfähle überhaupt erforderlich sind.

IBRRS 2020, 3141

OLG München, Urteil vom 13.12.2017 - 27 U 4877/16 Bau
1. Der mit der Objektplanung beauftragte Architekt ist verpflichtet, seine Leistungen mit denen der beteiligten Fachplaner zu koordinieren und abzustimmen, sowie deren Leistungsergebnisse in seine Leistungen zu integrieren.
2. Hat der Architekt Kenntnis davon, dass der Tragwerksplaner nicht die ihm obliegende Gesamtstatik erstellt hat und integriert er diese dementsprechend nicht in seine Planung, ist seine Leistung mangelhaft.

IBRRS 2020, 3065

OLG München, Urteil vom 20.11.2018 - 28 U 705/15 Bau
1. Der Architekt hat die Kostenvorgaben des Auftraggebers zu beachten. Auf eine Kostensteigerung bei der Realisierung des Bauprojekts hat er den Auftraggeber rechtzeitig hinzuweisen.
2. Zur Ermittlung, ob dem Auftraggebers durch eine Hinweispflichtverletzung des Architekten ein Schaden entstanden ist, muss untersucht werden, wie der Auftraggeber stehen würde, wenn die Pflichtverletzung unterblieben wäre. Diese Situation ist dann in einem zweiten Schritt damit zu vergleichen, wie der Auftraggeber mit Pflichtverletzung steht.
3. Bei der Durchführung des Vermögensvergleichs ist - auch bei lang andauernden Prozessen - auf eine Betrachtung zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
4. Nimmt der Architekt in der Leistungsphase 3 keine DIN-gerechte Kostenberechnung und in der Leistungsphase 7 keinen Kostenanschlag nach DIN und dementsprechend auch keine taugliche Kostenkontrolle vor, ist sein Honorar um 2% in der Honorarphase 1 bis 4 und um 1% in der Honorarphase 5 bis 7 zu kürzen.
IBRRS 2020, 2973

OLG Hamm, Beschluss vom 27.08.2019 - 4 U 39/19
1. Wer im geschäftlichen Verkehr auf seiner Homepage mit dem Begriff "Architektur" wirbt, erweckt den Eindruck, dass er die beworbenen Leistungen mittels eines in die Architektenliste eingetragenen Berufsträgers erbringt.
2. Ist im so werbenden Unternehmen nicht mindestens ein Architekt fest angestellt, ist der Internetauftritt eine irreführende geschäftliche Handlung.

IBRRS 2020, 2957

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.01.2020 - 5 U 240/18
1. Ein Vertrag über die gutachterliche Erfassung von Mängeln ist als Werkvertrag einzuordnen. Der Werkerfolg besteht in der beauftragten Prüfung und der Erstellung des Prüfberichts.
2. Die Leistung des Gutachters ist mangelhaft, wenn das für die Prüfung eingesetzte Verfahren nicht dazu geeignet ist, den vertraglich geschuldeten Erfolg (hier: die Feststellung von Drahtbruch, Korrosion und ähnlichen Schäden an Litzen) herbeizuführen. Das gilt auch dann, wenn (noch) kein technisches Regelwerk für das Verfahren existiert.
3. Soll sich eine geistige Leistung in einem Plan oder Gutachten verkörpern, ist die Leistung abnahmefähig.
4. Der Auftraggeber kann Mängelrechte auch ohne Abnahme geltend machen, wenn er nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann, das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist und der Auftragnehmer das Werk als fertig gestellt zur Abnahme angeboten hat.

IBRRS 2020, 2850

LG Hannover, Urteil vom 28.08.2019 - 14 O 204/18
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2020, 2608

LG München I, Urteil vom 20.11.2019 - 18 O 7320/15
1. Die Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze der HOAI durch den EuGH (IBR 2019, 436) führt dazu , dass die nationalen Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in laufenden Architektenhonorarprozessen verpflichtet sind, die für unionsrechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI zu den Mindestsätzen auch rückwirkend nicht mehr anzuwenden.
2. Eine Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI ist bei Vereinbarung eines Pauschalhonorars nicht (mehr) möglich.

IBRRS 2020, 2633

LG Hannover, Urteil vom 11.12.2019 - 14 O 247/18
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2020, 2613

LG Flensburg, Urteil vom 10.07.2020 - 2 O 285/14
Der Bauherr trägt die Beweislast für die Kausalität einer Pflichtverletzung im Hinblick auf eine Baukostenüberschreitung für einen Schaden. Dabei kann er sich nicht auf Beweiserleichterungen berufen. Insbesondere greift keine Vermutung für einen typischen Geschehensablauf ein. Denn wie sich ein Bauherr verhält, der von seinem Architekten pflichtgemäß über die Höhe der zu erwartenden Baukosten aufgeklärt wird, entzieht sich jeder typisierenden Betrachtung.*)

IBRRS 2020, 2619

LG Hamburg, Urteil vom 24.07.2020 - 313 O 362/16
1. Die Verjährung des Architektenhonorars beginnt bei einem bis zum 31.12.2017 geschlossenen Architektenvertrag spätestens, wenn nach Zugang der Architektenschlussrechnung eine zweimonatige Prüfungsfrist abgelaufen ist, ohne dass der Auftraggeber substantiierte Einwendungen gegen die Prüfbarkeit vorgebracht hat.
2. Die Erhebung der Verjährungseinrede kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Auftraggeber versucht hat, seine Adresse zwecks Vermeidung eines Gerichtsprozesses zu verschleiern (hier verneint).

IBRRS 2020, 2581

OLG Köln, Beschluss vom 01.07.2020 - 7 U 163/19
1. Eine konkludente Abnahme der Leistungen des nur planenden Architekten aus Leistungsphase 5 setzt nicht die Fertigstellung des Gesamtbauvorhabens voraus.*)
2. Dies gilt auch in den Fällen der nacheinander erfolgenden Beauftragung des Architekten mit zunächst den Leistungsphasen 2-4, sodann Leistungsphase 5 und zuletzt Leistungsphasen 6-8.*)
3. Die Streitverkündung an den Architekten ist gemäß § 72 ZPO in Bezug auf Schadensersatzansprüche wegen Bauüberwachungsmängeln auch dann unzulässig, wenn im Rechtsstreit gegen den Generalunternehmer auch Planungsmängel des Architekten im Raume stehen, derentwegen eine Streitverkündung mangels gesamtschuldnerischer Haftung des Architekten mit dem Bauunternehmer zulässig ist.*)

IBRRS 2020, 2556

LG Köln, Urteil vom 31.01.2020 - 37 O 95/19
1. Eine Vereinbarung, durch die sich der Erwerber eines Grundstücks im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, verstößt gegen das Kopplungsverbot und ist unwirksam.
2. Anders als im Fall einer "klassischen" WEG-Anlage ist das Kopplungsverbot auch anwendbar, wenn zwar aus wirtschaftlichen Gründen Wohnungseigentum gebildet wird, die Bauvorhaben (hier: zwei Doppelhaushälften) aber rein tatsächlich unterschiedlich geplant und gestaltet werden können (Abgrenzung zu BGH, NJW 1986, 1811).
3. Ein Verstoß gegen das Kopplungsverbot liegt nicht nur dann vor, wenn der Veräußerer den Erwerb rechtlich davon abhängig macht, dass der Käufer einem bestimmten Architekten den Auftrag erteilt. Es genügt, dass es sich um einen wirtschaftlichen, d. h. tatsächlichen Zusammenhang handelt.

IBRRS 2020, 2522

OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.01.2020 - 5 W 84/19
Eine Architektin, der auf die Angabe, es bestünden noch Honoraransprüche gegen den bisherigen Grundstückseigentümer, bereits antragsgemäß ein Grundbuchauszug erteilt worden ist, vermag mit dem weiteren Hinweis, es sei für sie von Interesse zu erfahren, ob durch eine Überlassung ihrer Planung an den Käufer Urheberrechte verletzt worden seien, kein ausreichendes berechtigtes Interesse an der Einsicht - auch - in die bei den Grundakten befindliche Verkaufsurkunde darzulegen.*)

IBRRS 2020, 2521

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.11.2019 - 2-20 O 355/15
1. Nicht jeder Baumangel lässt auf eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht schließen. Denn gerade handwerkliche Selbstverständlichkeiten muss der Architekt nicht überwachen, solange sich keine besonderen Hinweise auf technische Schwierigkeiten oder sonstige Besonderheiten bestehen.
2. Ein mit der Bauüberwachung befasster Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei Abnahme seiner Architektenleistung nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat oder dass er einzelne überwachungspflichtige Gewerke nicht überwacht hat (hier verneint).
3. Der Arglist gleichgestellt ist es, wenn der Architekt seine Organisation darauf anlegt, eine Arglisthaftung zu vermeiden, er mithin Mitarbeiter einsetzt, von dem er annimmt oder zumindest annehmen kann, dass sie der Pflicht zur Mangelanzeige nicht nachkommen können oder werden (hier verneint).

IBRRS 2020, 2466

OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.01.2019 - 1 U 395/12
1. Die Erstellung eines Entwässerungsplans gehört zur Ausführungsplanung und somit zur Leistung des bauplanenden Architekten.
2. Der damit beauftragte Architekt schuldet eine Entwässerungsplanung, die unter Erforschung der konkreten Boden- und Wasserverhältnisse durch ein im Leistungsverzeichnis detailliert, vollständig und nicht auslegungsbedürftig zu beschreibendes, in sich schlüssiges Abdichtungskonzept eine funktionstaugliche Abdichtung der unterirdischen Teile des Baukörpers gegen Grundwasser, Erdfeuchtigkeit und Oberflächenwasser gewährleistet.
3. Im Rahmen der Objektüberwachung trifft den Architekt die Pflicht, die Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und dem Leistungsverzeichnis, den Regeln der Baukunst und Technik und den einschlägigen Vorschriften zu überprüfen. Dabei muss er sein Augenmerk insbesondere auf schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte richten, wozu Betonierungs-, Bewehrungs-, Ausschachtungs-, Unterfangungs- und Abdichtungsarbeiten sowie vergleichbare Bauleistungen gehören.
IBRRS 2020, 2281

OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2019 - 23 U 142/18
1. Auch für den Architekten gilt der funktionale Mangelbegriff. Er schuldet daher diejenigen Planungsleistungen, die erforderlich sind, um den vom Bauherrn angestrebten Erfolg zu erzielen.
2. Der Architekt muss geeignete Maßnahmen planen, um Feuchtigkeit im Souterrain auf das für eine Wohnnutzung hinnehmbare Maß zu beschränken. Gelingt ihm das nicht, ist die Planung mangelhaft.
3. Es entlastet den Architekten nicht, wenn in einem Architektenvertrag nicht alle Grund- oder besonderen Leistungen übertragen worden sind, die zur Erreichung des funktional bestimmten Erfolgs erforderlich sind. Auch in diesem Fall ist er zur mangelfreien Leistungen verpflichtet.
4. Der Architekt hat die Probleme, die sich aus der Bauaufgabe, den Planungsanforderungen und den Zielvorstellungen ergeben, zu untersuchen, zu analysieren und zu klären. Die sachgerechte Beratung schließt es ein, dass die Risiken erörtert werden und er dem Bauherrn hinreichend vor Augen führt, welche Folgen mit einer bestimmten Ausführung des Bauvorhabens verbunden sind.
5. Die Planung des Architekten ist fehlerhaft, wenn ausreichende Hinweise nicht erteilt werden.

IBRRS 2020, 2396

OLG Celle, Urteil vom 10.08.2020 - 14 U 54/20
Die Nachforderung eines Architektenhonorars auf der Basis der HOAI-Mindestsätze mittels einer sogenannten "Aufstockungsklage" kann treuwidrig und rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB sein, wenn sie darauf beruht, die vom nachfordernden Architekten selbst initiierte - die HOAI-Mindestsätze unterschreitende - Pauschalhonorarvereinbarung sei unwirksam, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe (hier Treuwidrigkeit bejaht).*)

IBRRS 2020, 2122

OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2019 - 21 U 21/17
1. Werden Abschlagszahlungen nicht an das Erreichen eines bestimmten Bautenstands geknüpft, sondern nach Zahlungsplan geleistet, ist der Architekt nicht dazu verpflichtet, die jeweilige Abschlagsrechnung auf das Erreichen eines äquivalenten Baufortschritts hin zu überprüfen und die Freigabe hiervon abhängig zu machen.
2. Hat der Auftraggeber "keine andere Wahl", als die Abschlagsrechnungen des Bauunternehmers zu bezahlen, weil dieser mit der Einstellung seiner Arbeiten droht, sind Fehler bei der Prüfung der Abschlagsrechnungen nicht ursächlich für einen dem Auftraggeber entstandenen Schaden.

IBRRS 2020, 2141

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2017 - 23 U 6/16
1. Wird ein Architekt mit der Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung eines Hallenbads beauftragt, müssen seine Ausführungszeichnungen Vorgaben zu einer Verbundabdichtung unter den Fließen der Fußböden enthalten.
2. Der planende Architekt kann wegen eines Fehlers des bauaufsichtsführenden Architekten kein Mitverschulden des Bauherrn geltend machen.
3. Ein Eigenverschulden liegt vor, wenn der Auftraggeber trotz entsprechender Hinweise möglichen Gefährdungen nicht nachgeht. Voraussetzung ist jedoch, dass der Bedenkenhinweis inhaltlich fachlich korrekt ist.
4. Der überwachende Architekt ist gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet, die von ihm umzusetzende Planung des Vorgängerarchitekten zu überprüfen.
5. Im Rahmen der Bauaufsicht ist die Einweisung des ausführenden Unternehmers bei Beginn der Arbeiten, die Durchführung von stichprobenhaften Überprüfungen vor Ort und Stelle und eine Endkontrolle notwendig. Soweit es sich allerdings um Baubabschnitte bzw. -leistungen handelt, die besondere Gefahrenquellen mit sich bringen, besteht eine erhöhte Überwachungspflicht.

IBRRS 2020, 2126

OLG Dresden, Urteil vom 07.12.2017 - 10 U 245/17
1. Der Architekt ist insoweit zur rechtlichen Beratung des Bauherrn verpflichtet, als er darauf hinzuwirken hat, dass die notwendigen Schritte ergriffen werden, um Schadensersatzansprüche gegen den Bauunternehmer zu erhalten. Von dieser Beratungspflicht ist der Architekt allerdings befreit, wenn der Bauherr selbst die erforderliche Sachkunde besitzt.
2. Es ist nicht Aufgabe des bauleitenden Architekten, ein nur zögerlich arbeitendes bauausführendes Unternehmen abzumahnen, diesem Fristen zu setzen oder sogar die Kündigung des Bauvertrags wegen Verzugs mit der Ausführung zu erklären.
3. Der Architekt ist verpflichtet, die Angebote der Bauunternehmen auf die Richtigkeit der aufgeführten Preise und Mengen sorgfältig zu überprüfen. Im Rahmen der Prüfung und Bewertung von Angeboten hat er darauf hinzuweisen, dass ein am Bau Beteiligter ein Spekulationsangebot abgegeben hat, das im Ergebnis mit den anderen Angeboten nicht kompatibel ist.
4. Dem bauüberwachenden Architekten obliegt die fachtechnische und rechnerische Überprüfung aller Rechnungen von Bauunternehmen und Lieferanten auf ihre Richtigkeit und Vertragsgemäßheit. Das Ergebnis dieser Prüfung muss er nicht nur für sich selbst festhalten, sondern die Unterlagen an den Bauherrn weiterleiten und die alten Einzelpositionen entweder bestätigen oder korrigieren.
IBRRS 2020, 2138

OLG München, Beschluss vom 18.09.2019 - 27 U 211/19 Bau
1. Der Ausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer wegen planungsbedingter Baumängel verjährt (kenntnisunabhängig) nach zehn Jahren.
2. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der Bauleistung durch den Auftraggeber.

IBRRS 2020, 2137

OLG München, Beschluss vom 01.08.2019 - 27 U 211/19 Bau
1. Der Ausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer wegen planungsbedingter Baumängel verjährt (kenntnisunabhängig) nach zehn Jahren.
2. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der Bauleistung durch den Auftraggeber.

IBRRS 2020, 2012

OLG Hamburg, Urteil vom 03.12.2019 - 4 U 129/18
1. Wird ein Architekt mit der Sanierung einer Holzbalkendecke beauftragt, hat er die Sanierung so planen, dass die einschlägigen Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz eingehalten werden.
2. Sowieso-Kosten sind solche Kosten, die von vorneherein angefallen wären, wenn der Architekt mangelfrei geplant hätte.
3. Muss der Auftraggeber aufgrund eines Planungsmangels die von ihm verkaufte Wohnung zurück erwerben, kommt es für den Zeitpunkt des Vorteilsausgleichs auf den Zeitpunkt der Rückabwicklung des Kaufvertrags an.

IBRRS 2020, 2115

OLG Hamm, Urteil vom 08.07.2020 - 12 U 74/19
1. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis aller Umstände, die einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB begründen, setzt voraus, dass der Ausgleichsberechtigte Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis von den Umständen hat, die einen Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichsverpflichteten begründen, von denjenigen, die einen Anspruch des Gläubigers gegen ihn selbst begründen, von denjenigen, die das Gesamtschuldverhältnis begründen, und schließlich von den Umständen, die im Innenverhältnis eine Ausgleichspflicht begründen (vgl. BGH, IBR 2009, 591).*)
2. Die Rüge von Mangelsymptomen allein begründet nicht die grob fahrlässige Unkenntnis eines Baubeteiligten von den eine Haftung begründenden Tatsachen. Dazu ist auch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Mangelursache erforderlich. Erst wenn bei einem Baubeteiligten die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Mangelursachen vorliegt, kann dieser erkennen, ob er selbst für den Mangel haftet und/oder ein anderer Baubeteiligter.*)

IBRRS 2020, 2019

OLG Bamberg, Beschluss vom 19.02.2018 - 5 U 190/17
1. Ein Architekt hat auch dann Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit (§ 648a BGB a.F. = § 650f BGB), wenn sein zu sichernder Vergütungsanspruch (noch) nicht fällig ist. Vorausgesetzt wird nur das Bestehen solcher Ansprüche oder die Möglichkeit ihrer Entstehung, nicht jedoch deren Fälligkeit oder sofortige Durchsetzbarkeit.
2. Zum schlüssigen Vortrag der dem Architekten zustehenden Vergütung ist es nicht erforderlich, dass eine prüfbare Schlussrechnung nach den Grundsätzen der HOAI vorliegen muss.

IBRRS 2020, 2018

OLG Bamberg, Beschluss vom 18.01.2018 - 5 U 190/17
1. Ein Architekt hat auch dann Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit (§ 648a BGB a.F. = § 650f BGB), wenn sein zu sichernder Vergütungsanspruch (noch) nicht fällig ist. Vorausgesetzt wird nur das Bestehen solcher Ansprüche oder die Möglichkeit ihrer Entstehung, nicht jedoch deren Fälligkeit oder sofortige Durchsetzbarkeit.
2. Zum schlüssigen Vortrag der dem Architekten zustehenden Vergütung ist es nicht erforderlich, dass eine prüfbare Schlussrechnung nach den Grundsätzen der HOAI vorliegen muss.

IBRRS 2020, 1672

OLG Brandenburg, Urteil vom 17.01.2019 - 12 U 215/14
1. Die Planung des Gesamtkonzepts einer Deponie und dem Systemaufbau der Deponieoberfläche muss ein hinreichend robustes System vorsehen, das mit ausreichender Sicherheit seine Funktion erfüllen kann und einen effektiven Erosionsschutz an strategisch wichtigen Punkten sicherstellt.
2. Haben sich die Mängel der Planung oder Bauüberwachung bereits im Bauwerk verkörpert, ist die Leistung des Architekten bzw. Ingenieurs nicht mehr nachbesserungsfähig, so dass die Geltendmachung von Schadensersatz keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf.
3. Wird ein VOB-Bauvertrag einvernehmlich aufgehoben, kann der Auftraggeber wegen einer mangelhaft ausgeführten Leistung Schadensersatz verlangen, wenn er zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung zur Kündigung wegen Mängeln berechtigt gewesen ist.

IBRRS 2020, 2011

OLG München, Beschluss vom 07.07.2020 - 9 U 2001/19 Bau
1. In laufenden Architektenhonorarprozessen gelten weder die HOAI-Mindestsätze noch die Formvorschriften der HOAI 2013. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie bindet auch die nationalen Gerichte.
2. Das sog. Aufstockungsverlangen eines Architekten ist treuwidrig, wenn er mit seinem Auftraggeber ein unter den Mindestsätzen der HOAI liegendes Pauschalhonorar vereinbart hat und sich nunmehr auf eine Pflichtverletzung der Bundesrepublik Deutschland beruft, um seinen Anspruch zu begründen.
3. Ein Aufstockungsverlangen ist auch dann treuwidrig, wenn sich der Architekt mit seinem Anspruch über eigene gravierende Vertragspflichtverletzung gegenüber dem Bauherrn hinwegsetzt.

IBRRS 2020, 1884

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.01.2020 - 4 U 74/19
1. Überweist der Auftraggeber einen Betrag von 25.000 Euro für Umplanungsleistungen mit der Auflage, diese nach HOAI abzurechnen, kommt kein (Planungs-)Vertrag zu Stande, wenn sich der Geldempfänger mit einer derartigen Abrechnung nicht einverstanden erklärt.
2. Der Anspruch auf Rückerstattung einer ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung richten sich nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) und verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 Abs. 1).

IBRRS 2020, 1916

EuGH, Urteil vom 14.05.2020 - Rs. C-208/19
1. Art. 3 Abs. 3 f Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass ein zwischen einem Architekten und einem Verbraucher geschlossener Vertrag, nach dem Ersterer dem Letzteren nur die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses und in diesem Zusammenhang die Herstellung von Plänen schuldet, keinen Vertrag über den Bau eines neuen Gebäudes im Sinne dieser Bestimmung darstellt.*)
2. Art. 2 Nr. 3 und 4 sowie Art. 16 c Richtlinie 2011/83 sind dahin auszulegen, dass ein zwischen einem Architekten und einem Verbraucher geschlossener Vertrag, nach dem Ersterer dem Letzteren die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses nach dessen Vorgaben und Wünschen schuldet und in diesem Zusammenhang Pläne zu erstellen hat, keinen Vertrag über die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, im Sinne der letztgenannten Bestimmung darstellt.*)

IBRRS 2020, 1842

VG Köln, Urteil vom 09.06.2020 - 7 K 10657/17
ohne amtlichen Leitsatz

IBRRS 2020, 1838

OLG Celle, Urteil vom 24.06.2020 - 14 U 20/20
Der Bauherr kann seine ihn primär treffende Verkehrssicherungspflicht und seine diesbezüglichen Pflichtenstellungen dadurch verkürzen, dass er die Planung und Durchführung des Bauvorhabens zuverlässigen sachkundigen Fachleuten, sei es einem Architekten oder dem Bauunternehmer, überträgt. Bei wirksamer Delegation der Sicherungspflichten durch den Bauherrn auf den Architekten oder den Bauunternehmer verändern sich die Sorgfaltspflichten des Bauherrn inhaltlich dahin, dass sie lediglich noch in Form von Auswahl-, Instruktions- und Überwachungspflichten fortbestehen.*)

IBRRS 2020, 1778

OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2020 - 3 U 2182/19
1. Erteilt ein mit der Ausführungsplanung und Mitwirkung bei der Vergabe beauftragter Architekt (Leistungsphasen 5 bis 7) dem Bauherrn in einer unklaren Vertragssituation den Rat, ein konkretes Gestaltungsrecht (hier: Kündigung) auszuüben, handelt es sich dabei um eine Rechtsdienstleitung i.S.d. § 2 RDG, die nur in dem gesetzlich zugelassen Umfang zulässig ist (§ 3 RDG).*)
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Rechtsdienstleistung eines Architekten nach § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zulässig ist, ist zu Gunsten des Architekten ein großzügiger Maßstab anzulegen, weil Architektenleistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass - jedenfalls in einigen Leistungsphasen nach HOAI - Rechtsdienstleistungskompetenzen des Architekten als Teil ihres vertraglichen Pflichtenprogramms angesehen werden.*)
3. Auch unter Zugrundelegung dieses großzügigen Maßstabs werden die Grenzen der erlaubten Nebenleistung spätestens dann verlassen, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte im Außenverhältnis tätig wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotenzial für den Auftraggeber haben und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorzubehalten sind.*)

IBRRS 2020, 1742

BGH, Urteil vom 14.05.2020 - VII ZR 205/19
Verlangt der Architekt oder Ingenieur ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 04.10.1979 - VII ZR 319/78, BauR 1980, 84 = NJW 1980, 122).*)

IBRRS 2020, 1607

BGH, Beschluss vom 14.05.2020 - VII ZR 174/19
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Unionsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a) AEUV folgende Fragen vorgelegt:
1. Folgt aus dem Unionsrecht, insbesondere aus Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 288 Abs. 3 AEUV und Art. 260 Abs. 1 AEUV, dass Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfaltet, dass die dieser Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 der deutschen Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen der Architekten und Ingenieure - abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen - verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind?*)
2. Sofern Frage 1 verneint wird:
a) Liegt in der Regelung verbindlicher Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen von Architekten und Ingenieuren in § 7 HOAI 2013 durch die Bundesrepublik Deutschland ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts?*)
b) Sofern Frage 2 a) bejaht wird: Folgt aus einem solchen Verstoß, dass in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen die nationalen Regelungen über verbindliche Mindestsätze (hier: § 7 HOAI 2013) nicht mehr anzuwenden sind?*)
IBRRS 2020, 1352

LG Münster, Urteil vom 18.03.2020 - 116 O 53/18
1. Die Planung eines Wärmedämmverbundsystems als Mineralfasersystem hat Spezifikationen hinsichtlich geeigneter und zu verwendender Dübel zu beinhalten.
2. Enthält das Leistungsverzeichnis insoweit keine Vorgaben, muss der bauüberwachende Architekt besondere Sorgfalt darauf legen, dass der mit der Ausführung beauftragte Handwerker fachtechnisch für das ausgeschriebene Wärmedämmverbundsystem geeignete Dübel verwendet.

IBRRS 2020, 1367

OLG Koblenz, Urteil vom 23.05.2019 - 2 U 1447/16
1. Lässt der Auftraggeber vorhandene oder vorbeschaffte Baustoffe und Bauteile einbauen, gelten als anrechenbare Kosten die ortsüblichen Preise. Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber von den bauausführenden Unternehmen oder von Lieferanten sonst nicht übliche Vergünstigungen erhält.
2. Dem Architekten oder Ingenieur steht kein Anspruch auf eine Abschlagszahlung mehr zu, wenn das Vertragsverhältnis durch Kündigung, einvernehmliche Vertragsaufhebung oder in sonstiger Weise beendet worden ist. In einem solchen Fall hat er seine Leistungen vielmehr umfassend abzurechnen.
3. Ein etwaiger Anspruch auf Zahlung eines Abschlags erlischt infolge der Schlussrechnungsreife. Dementsprechend befindet sich der Auftraggeber bei Eintritt der Schlussrechnungsreife nicht mit der Zahlung eines (nicht mehr) gegebenen Anspruchs auf einen Abschlag in Verzug, so dass der Architekt oder Ingenieur auch keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen hat.
4. Nicht jede Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigt eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt.
5. Auch wenn die Leistungsbeschreibung unvollständig oder unzutreffend ist, muss sich der Architekt oder Ingenieur an den vertraglichen Vereinbarungen festhalten lassen, wenn eine etwaige Veränderung des Schwierigkeitsgrads der durchzuführenden Arbeiten bereits im Vertrag angelegt war.

IBRRS 2020, 1412

OLG Celle, Urteil vom 15.06.2017 - 5 U 92/16
1. Rät ein Architekt oder Ingenieur dem Auftraggeber zu einer Sanierung, obwohl die hiermit verbundenen Kosten in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zur verbleibenden (Rest-)Nutzungszeit im Vergleich zu einem Neubau stehen, hat er seinen Vertrag schlecht erfüllt und ist zum Schadensersatz verpflichtet.
2. Erteilt der Auftraggeber einem Unternehmen nach öffentlicher Ausschreibung den Auftrag zur Durchführung der Sanierungsarbeiten, obwohl dessen Angebot deutlich über der Kostenschätzung des Architekten bzw. Ingenieurs liegt, wird der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden unterbrochen, so dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Erstattung der weitergehenden Kosten hat.

IBRRS 2020, 1425

LG Flensburg, Urteil vom 07.02.2020 - 2 O 14/17
1. Die Planung des Architekten muss die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) einhalten. Anderenfalls ist seine Leistung mangelhaft.
2. Der (auch) mit der Vorplanung beauftragte Architekt hat - beim Bauen im Bestand - nicht nur eine Art der Sanierung planen, sondern muss auch mögliche Varianten aufzeigen und dem Bauherrn die hiermit verbundenen Vor- und Nachteile erläutern.

IBRRS 2020, 1287

OLG Oldenburg, Urteil vom 20.08.2019 - 13 U 60/16
1. Soll ein Gebäude mit Fassadenplatten verkleidet und anschließend eine Markise angebracht werden, muss der Architekt die Arbeiten der verschiedenen Handwerker so koordinieren, dass die Markise angebracht werden kann, ohne dass die Fassadenplatten wieder abgebaut werden müssen.
2. Die Verjährungsfrist wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern beginnt mit der Abnahme oder dann, wenn andere Umstände vorliegen, nach denen eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr zu erwarten ist.
3. Werden in einem selbständigen Beweisverfahren unterschiedliche Mängel geltend gemacht, endet die Hemmung für jeden Mangel gesondert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Mängel später gemeinsam eingeklagt werden sollen.
4. Wird ein Mangel durch das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren festgestellt und werden sodann weitere Gutachten eingeholt, die nur noch andere Mängel betreffen, endet die Hemmung nach dem ersten Gutachten bezüglich des festgestellten Mangels.