Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2023, 1506
LG München, Beschluss vom 08.11.2022 - 36 S 6500/22 WEG
1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und Träger eigenen Vermögens sein. Die Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf Mitgebrauch des Gemeinschaftsvermögens (hier einer "Rezeption").
2. Ein Raum des Gebäudes oder eine Freifläche kann zum Gemeinschaftseigentum oder zum Gemeinschaftsvermögen gehören. Erwirbt die Gemeinschaft selbst Grundbesitz (z. B. ein angrenzendes Grundstück als Parkfläche oder eine Sondereigentumseinheit als Hausmeisterwohnung oder einen Sondereigentums-Kellerraum als Lagerraum), ist dieser wie jeder andere Gegenstand des Verwaltungsvermögens zu behandeln. Die Nutzung des Gemeinschaftsvermögens erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies ergibt sich bereits aus ihrer Stellung als Eigentümerin oder Rechteinhaberin, ohne dass es einer besonderen Regelung bedürfte.

IBRRS 2023, 1529

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2022 - 5 S 26.22
1. Es besteht kein grundrechtlich geschützter Anspruch auf eine Veräußerung einer leer stehenden Wohnung an Selbstnutzer.
2. Die mit einer Vermietung einhergehenden Nachteile bei der Veräußerung rechtfertigen weder einen andauernden Leerstand der Wohnung noch die Erteilung einer zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung.
3. 28 Abs. 1 VvB wirkt grundsätzlich nicht unmittelbar anspruchsbegründend.
4. Die in § 2 Abs. 2 ZwVbG normierten Ausnahmen sind von vorneherein keiner erweiternden Analogie zugänglich. Er regelt allein den Fall, dass ein zur Überlassung seines Wohnraums zu Wohnzwecken bereiter Vermieter diesen aus objektiven Gründen nicht zu vermieten vermag.

Online seit 1. Juni
IBRRS 2023, 1446
LG Hanau, Beschluss vom 10.10.2022 - 2 S 87/21
1. Ist in Miet-AGB vorgesehen, dass eine Verletzung der dem Mieter auferlegten Pflichten zur Reinigung gemeinschaftlicher Flächen beziehungsweise an der Straße oder eine Verletzung der Pflicht zum Herausstellen der Mülltonnen die Ersatzvornahme gegen Kostenerstattung auslösen kann, ohne ein Recht des Vermieters zur Kündigung des Mietvertrags aus diesem Grund zu thematisieren, lässt die Formulierung einer derart bestimmten Rechtsfolge in Ansehung von § 305c Abs. 2 BGB jedenfalls die Auslegung zu, dass ein Kündigungsrecht nicht vorbehalten ist.
2. Selbst die mehrfache Missachtung der dem Mieter obliegenden Reinigungs- und Mülltonnenpflichten stellt auch nach Abmahnung noch keinen hinreichenden Kündigungsgrund dar, weil sich der Vermieter bereits in Ansehung der besonderen Bedeutung des Wohnraums für seinen Mieter auch jenseits von Allgemeinen Vertragsbedingungen auf eine Ersatzvornahme gegen Kostenerstattung verweisen lassen muss.

IBRRS 2023, 1490

AG Charlottenburg, Urteil vom 10.05.2023 - 75 C 10/23
1. Ein Umlaufbeschluss ist gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären.
2. Die Wohnungseigentümer können ausnahmsweise beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
3. Ein Beschluss, mit dem zur Deckung voraussichtlich anfallender Kosten Vorschüsse festgelegt werden, genügt auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer etwa wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels.
4. Auch ohne wirksamen Absenkungsbeschluss ist ein verkündeter mehrheitlicher Sachbeschluss im Umlaufverfahren nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar.

IBRRS 2023, 1513

BGH, Beschluss vom 18.04.2023 - VI ZB 36/22
Zur Frage, wann ein Rechtsanwalt von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) an das Gericht ausgehen darf.*)

Online seit 31. Mai
IBRRS 2023, 1497
KG, Urteil vom 03.03.2023 - 7 U 158/21
1. Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen.*)
2. Sofern der Auftragnehmer in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planungen erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Durch dieses Verhalten bringt der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.*)

IBRRS 2023, 1499

AG Wiesbaden, Urteil vom 06.02.2023 - 91 C 1245/22
Jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer zur Zahlung nicht mehr geschuldeter Vorschüsse bzw. Nachschüsse zur Kostentragung aufgefordert hat, ist er aufgrund nachwirkender Treuepflichten gehalten, der Wohnungseigentümergemeinschaft den Eigentümerwechsel anzuzeigen. Bei Verletzung dieser Pflicht ist der ausgeschiedene Wohnungseigentümer verpflichtet, der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadenersatz für die Kosten eines mit der Beitreibung beauftragten Rechtsanwalts zu leisten.

IBRRS 2023, 0338

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.01.2023 - 13 U 83/22
Der Verzicht auf einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ist eine bestimmende Prozesshandlung, die weder widerruflich noch wegen Willensmängel anfechtbar ist. Dies gilt auch, wenn der Verzicht nicht gegenüber dem Gericht, sondern dem Gegner erklärt wurde und der Gegner sich im Prozess auf den Verzicht beruft.

Online seit 30. Mai
IBRRS 2023, 1485
OLG Köln, Urteil vom 08.12.2022 - 7 U 43/22
1. Hat der Auftragnehmer vertraglich eine "unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der EU zugelassenen Kreditinstituts oder -versicherers" zu stellen, ist die Ausgestaltung der Vertragserfüllungsbürgschaft abschließend geregelt. Ein etwaiges Formularmuster des Auftraggebers ist insoweit ohne Bedeutung.
2. Der Auftraggeber eines Bauvertrags ist nicht einseitig berechtigt, in einem dem Auftragnehmer nach Vertragsschluss übergebenen Muster über die vertraglichen Regelungen hinaus verschärfende Bedingungen zu verlangen.
3. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die den Auftragnehmer verpflichtet, zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers ausschließlich eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen, ist wirksam (BGH, IBR 2004, 245).
4. Eine isoliert betrachtet wirksame Sicherungsvereinbarung, die als Allgemeine Geschäftsbedingung zu werten ist, kann im Zusammenwirken mit einer individuellen (Stundungs-)Vereinbarung den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen (hier bejaht).

IBRRS 2023, 0203

OLG Brandenburg, Urteil vom 29.11.2022 - 3 U 93/21
1. Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB ist bereits ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gegeben und die in § 543 Abs. 1 BGB genannten Abwägungsvoraussetzungen müssen nicht noch zusätzlich erfüllt sein.
2. Trotzdem kann im Einzelfall die Berufung auf die fristlose Kündigung treuwidrig sein. Es ist zu prüfen, ob der Ausgleich der Mietrückstände unmittelbar nach Zugang des Kündigungsschreibens bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lässt.
3. Dies ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Mieter unmittelbar nach Erhalt der ersten Kündigung kurzfristig die Rückführung der Mietrückstände herbeiführt, es in der Vergangenheit keine Zahlungsrückstände gegeben hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es in der Zukunft noch einmal zu Zahlungsrückständen kommt, und der Mieter in der Vergangenheit keine sonstigen mietvertraglichen Pflichten verletzt hat noch Anhaltspunkte für künftige (Fehl-)Verhaltensweisen vorliegen, die das Vertrauen des Vermieters in eine gedeihliche Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage stellen könnten.
4. Diese Grundsätze gelten auch im Gewerberaummietrecht.

IBRRS 2023, 1460

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2023 - 2-13 T 33/23
Auch nach der WEG-Reform können die Eigentümer Ansprüche auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen und damit verbundene Schadensersatzansprüche individuell geltend machen.*)

IBRRS 2023, 1341

BGH, Beschluss vom 29.03.2023 - VII ZR 59/20
1. Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an.
2. Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst sind, ist durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zu ermitteln. Dabei sind das gesamte Vertragswerk und dessen Begleitumstände zugrunde zu legen. Dazu gehören auch im Rahmen einer Ausschreibung vorgelegte Planungen.
3. Das Tatsachengericht muss auch die im Rahmen der Ausschreibung vorgelegten Unterlagen bei der Auslegung des Vertrags berücksichtigen und den angebotenen Sachverständigenbeweis zu einer technischen Frage erheben.
4. Zu den Substantiierungsanforderungen an einen aus der Urkalkulation herzuleitenden Mehrvergütungsanspruch.

IBRRS 2023, 1482

BGH, Beschluss vom 26.04.2023 - XII ZR 83/22
1. Von der Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens zu entscheidungserheblichem Parteivortrag darf das Tatsachengericht nur absehen, wenn es selbst über die notwendige Sachkunde verfügt, um den Wahrheitsgehalt der unter Beweis gestellten Behauptung zu beurteilen.
2. Übergeht das Tatsachengericht den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass ursprünglich angemietete Gewerberäume mit denen einer Ersatzimmobilie nach Art und Lage gleichwertig sind, kann darin ein Gehörsverstoß liegen.
3. Etwa vorhandene eigene Sachkunde, derentwegen das Tatsachengericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens für verzichtbar hält, hat es in der Entscheidung darzulegen.

Online seit 26. Mai
IBRRS 2023, 1461
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2023 - 2-13 T 25/23
Der Streitwert für den Antrag, den Wohnungseigentümer auf künftige Zahlung des aktuellen Hausgeldes, bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan zu verpflichten, bemisst sich nicht nach dem 3,5fachen Jahresbetrag des aktuell geschuldeten Hausgeldes, maximal ist ein Jahresbetrag anzusetzen.*)

Online seit 25. Mai
IBRRS 2023, 1339
OLG Koblenz, Urteil vom 13.04.2021 - 3 U 431/20
1. Auch wenn die Leistung mangelhaft ist und der Auftragnehmer den Mangel zu vertreten hat, steht dem Auftraggeber kein Anspruch auf Schadensersatz zu, wenn zwischen dem Mangel der Werkleistung und dem Schaden kein haftungsausfüllender Kausalzusammenhang besteht.
2. An einem haftungsausfüllenden Kausalzusammenhang zwischen Baumangel und Schaden fehlt es, wenn die Leistung des Auftragnehmers zwar nicht mit der (überarbeiteten) Planung übereinstimmt, der Baumangel aber auch dann eingetreten wäre, wenn der Auftragnehmer seine Leistung plankonform ausgeführt hätte und die Höhe des damit verbundenen Mängelbeseitigungsaufwands dem geltend gemachten Schadensersatz entspricht.

IBRRS 2023, 1443

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 09.05.2023 - 2-13 T 20/23
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf einen Rechtsanwalt am Ort des Sitzes ihres Verwalters beauftragen, insoweit dem Rechtsanwalt entstehende Reisekosten zum Gerichtstermin sind notwendig i.S.v. § 91 ZPO.*)

Online seit 24. Mai
IBRRS 2023, 1425
EuGH, Urteil vom 17.05.2023 - Rs. C-97/22
Art. 14 Abs. 4 a i und Art. 14 Abs. 5 Richtlinie 2011/83/EU sind dahin auszulegen, dass sie einen Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistungen befreien, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags erbracht wurden, wenn ihm der betreffende Unternehmer die Informationen gem. Art. 14 Abs. 4 a i Richtlinie 2011/83/EU nicht übermittelt hat und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.*)

IBRRS 2023, 1433

LG Berlin, Urteil vom 23.11.2022 - 64 S 333/21
1. Kündigt der Eigentümer das Wohnungsmietverhältnis nach § 573 Abs. 1 BGB, weil er die Wohnung selber sowohl zu gewerblichen Zwecken als auch zu Wohnzwecken nutzen möchte (sog. „Mischnutzung“), können die typisierten Regeltatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB einen Anhalt für die Interessenbewertung und -abwägung geben. Tendenziell ist das Interesse des Vermieters wegen des dann auch personalen Bezugs umso höher zu bewerten, als es einem Eigenbedarf nahe kommt; steht das Interesse an der wirtschaftlichen Ertragskraft der Wohnung im Vordergrund, ist die Interessenlage eher derjenigen bei einer Verwertungskündigung vergleichbar, so dass dem Räumungsverlangen nur stattgegeben kann, wenn dem Vermieter sonst gewichtige Nachteile drohen.*)
2. Solange allerdings Eigenbedarf i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB für den Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht begründen kann, weil dem die Sperrfrist nach § 577a BGB entgegensteht, wäre es unangemessen, eine beabsichtigte Mischnutzung deswegen als besonders schützenswert und gewichtig einzuordnen, weil sie einem Eigenbedarf besonders nahe kommt; die beabsichtigte Mischnutzung genießt dann nicht mehr Schutz als das Interesse an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung. Darin liegt keine analoge Anwendung des § 577a BGB auf Kündigungen nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern eine Berücksichtigung der Wertentscheidungen des Gesetzgebers im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Interessen von Vermieter und Mieter auf Grundlage der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB.*)

IBRRS 2023, 1430

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11.05.2023 - 2-13 S 85/22
1. Wird im Abrechnungsbeschluss weiterhin "die Jahresabrechnung" und nicht wie in § 28 Abs. 2 WEG vorgesehen, die Anpassung von Vorschüssen bzw. das Einfordern von Nachschüssen beschlossen, führt dies zwar nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses insgesamt, hat aber die Teilnichtigkeit insoweit zur Folge, als die Beschlussfassung über die Beschlusskompetenzen des § 28 Abs. 2 WEG hinausgeht. Dies kann bei der Kostenentscheidung mit einer Kostenquote von 1/3 zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft berücksichtigt werden.*)
2. Die Teilnichtigkeit hat das Gericht von Amts wegen festzustellen, ohne dass dieser Mangel vom Kläger gerügt werden muss (vgl. BGH, NZM 2023, 288).*)

Online seit 23. Mai
IBRRS 2023, 1407
OLG Naumburg, Urteil vom 22.12.2022 - 2 U 49/18
Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist im Ausnahmefall auch im Bereich der Vergütungshöhe zulässig (hier: Höhe der Vergütung des Bauunternehmers, der Restleistungen im Rahmen einer Ersatzvornahme erbringt und abrechnet, bei unstreitiger Höhe des Einheitspreises und streitigem Aufmaß) mit der Maßgabe, dass lediglich die Mindestmengen der erbrachten Leistungen in Ansatz gebracht werden können.*)

IBRRS 2023, 1417

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 30.03.2023 - 2-13 S 15/22
1. Ein Beschluss über die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG muss dem Gleichbehandlungsgebot entsprechen, so dass vergleichbare in Zukunft auftretende Fälle gleich zu behandeln sind.*)
2. Bei einer Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels im Einzelfall ist es jedoch nicht erforderlich, dass bereits dieser Beschluss regelt, dass in künftigen gleich gelagerten Fällen ein identischer Kostenverteilungsschlüssel angewandt werden wird (entgegen LG Stuttgart, ZMR 2022, 825 mablAnm Greiner).*)

IBRRS 2023, 1392

OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.03.2023 - 5 U 72/22
1. Eine Regelung in den AGB eines Makler-Alleinauftrags, wonach der bereits durch die schriftliche Vereinbarung oder die Inanspruchnahme der Tätigkeit zu Stande gekommene Vertrag eine Laufzeit von 12 Monaten "ab Online-Schaltung der Immobilie auf unserer Homepage und im Internet" haben und sich sodann mangels Kündigung jeweils um einen weiteren Monat verlängern soll, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil sie den Beginn der 12-Monats-Frist, vor deren Ablauf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, unabhängig vom Vertragsbeginn und der damit einhergehenden Bindung des Kunden in das freie Belieben des Maklers stellt und überdies von Voraussetzungen abhängig macht, die für den Kunden nicht zu beeinflussen sind.*)
2. Eine solche Regelung ist auch intransparent, weil sie vordergründig auf die Vertragslaufzeit von "12 Monaten ab Online-Schaltung" abstellt und sich nur in der Zusammenschau mit den weiteren Regelungen ergibt, dass der Kunde eine Bindung bereits mit Abschluss des Vertrags eingeht und der Makler es in der Hand hat, über den Beginn der 12-Monats-Frist selbst zu bestimmen.*)

IBRRS 2023, 1409

OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.05.2023 - 17 W 41/22
Erhebliche Gründe, die eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme gem. § 224 Abs. 2 ZPO rechtfertigen sollen, sind grundsätzlich in der Antragsschrift glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung hat schriftlich zu erfolgen. Eine darüberhinausgehende Beweisaufnahme kommt nicht in Betracht (hier: Befangenheitsgesuch innerhalb der Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO).*)

Online seit 22. Mai
IBRRS 2023, 1406
OLG Naumburg, Urteil vom 29.12.2022 - 2 U 156/21
1. Ein mit den Grundleistungen der Objektplanung nach § 34 HOAI 2013 beauftragter Architekt ist im Rahmen des Neubaus von Badezimmern in einem Fachwerkhaus verpflichtet, für die Fliesen- und Bodenverlegearbeiten neben einer Erwähnung der auszuführenden Abdichtung des Untergrunds im konstruktiven Leistungsverzeichnis eine skizzenhafte Untersetzung der Art und Weise der Herstellung der Bodenabdichtung unter Angabe von Leitdetails – z. B. zur Fläche und zur Höhe der erforderlichen wannenförmigen Abdichtung – zu fertigen und dem bauausführenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben zur Bodenabdichtung ist im Rahmen der Bauüberwachung zu kontrollieren.*)
2. Nimmt der mit der Lieferung und Montage von Sanitäreinrichtungen, insbesondere Duschen, beauftragte Unternehmer (Badausrüster) ohne eine Rücksprache oder Bedenkenanmeldung den Einbau der Duschwannen auf dem vorhandenen, offenkundig mehrschichtig aus saugfähigen Materialien bestehenden Fußbodenaufbau in einem Fachwerkhaus ohne irgendeine Abdichtung vor, so ist diese Leistung trotz des Umstands, dass die Bodenabdichtung von einem anderen Unternehmen geschuldet wird, pflichtverletzend i. S. eines Sachmangels seiner eigenen Leistungen.*)
3. Ohne eine Einbeziehung der VOB/B als Ganzes in den Bauvertrag kann sich der Unternehmer auch dann nicht mit Erfolg auf eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von fünf auf vier Jahre berufen, wenn im Abnahmeprotokoll deklaratorisch der Ablauf der Gewährleistungsfrist datumsmäßig vier Jahre nach dem Abnahmetermin vermerkt ist.*)

IBRRS 2023, 1374

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.2023 - 2 U 43/22
1. Sonnt sich der Vermieter unbekleidet auf dem Grundstück, so wird hierdurch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt, wenn keine gezielte Einwirkung beabsichtigt ist.
2. In der Überlassung einer exakten Aufmaß- oder Planungszeichnung der Mietsache vor Mietbeginn liegt keine Zusicherung der Größe der Mieträume, wenn die Parteien durch eine ca.-Angabe im Mietvertrag klarstellen, dass der Vermieter gerade nicht für die Flächengröße einstehen will.*)
3. Die Flächengröße einer zu gewerblichen Zwecken vermieteten Wohnung kann, soweit der Mietvertrag hierauf verweist sowohl entsprechend der Wohnflächenverordnung als auch nach der GIF MF/G in Verbindung mit der DIN 277-1 ermittelt werden.*)
4. Küchengerüche im Treppenhaus einer sowohl zu Wohnzwecken als auch gewerblich genutzten Immobilie sind i.d.R. als sozial adäquate Belästigung hinzunehmen.
5. Straßenbauarbeiten, die in der Regel als Umweltmangel hinzunehmen sind und dem Verwendungsrisiko der gewerblichen Mieters unterfallen, können als Mangel zu einer Minderung führen, wenn das besondere Ambiente und die Lage der Immobilie Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden ist und deshalb ein erheblich über der ortsüblichen Miete liegender Preis vereinbart wurde (Hier: Jugendstilvilla im Frankfurt Westend).*)
6. Das Vorliegen einer inhaltlich richtigen Abrechnung ist nicht Fälligkeitsvoraussetzung für eine Betriebskostennachforderung; dies gilt auch soweit unzulässsigerweise Sollvorauszahlungen eingestellt worden sind und die Abrechnung später korrigiert wird (Fortführung OLG Frankfurt, IMR 2018, 513).*)
7. Bei der Umlage nicht verbrauchsanhängiger Betriebskosten nach Mietfläche kann der gewerbliche Mieter ohne Belegeinsicht die allgefallenen Gesamtkosten nicht einfach bestreiten. Gleiches gilt für das Bestreiten der Gesamtfläche, wenn das Gebäude keine architektonischen Besonderheiten aufweist (Fortführung BGH, IMR 2015, 39, Abgrenzung zu OLG Frankfurt, Urteil vom 10.01.2019, 2 U 109/17, IMRRS 2019, 0184).*)

Online seit 19. Mai
IBRRS 2023, 1350
AG Hameln, Urteil vom 05.10.2022 - 32 C 19/22
1. Zur Wohnfläche gehören nicht die Grundfläche der Abstellräume außerhalb der Wohnung, der Waschküchen, der Bodenräume und der Trockenräume.
2. Eine Abrechnung der Kosten für Wasser und Abwasser nach Kopfteilen ist zulässig.
3. Ist eine solche Abrechnung vertraglich vereinbart, bleibt es hierbei auch dann, wenn Wasseruhren eingebaut sind.
4. Muss der Mieter die Kosten der Treppenhausreinigung übernehmen, so trifft ihn diese Pflicht auch dann, wenn er eine Putzkraft einschaltet.

IBRRS 2023, 1277

LG Berlin, Beschluss vom 25.04.2023 - 67 S 223/20
1. Die erfolgreiche prozessuale Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zur Vergleichsmietenerhöhung erfordert im Falle einer Vermietermehrheit die Klageerhebung durch sämtliche Vermieter.*)
2. Selbst im Falle der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft nur eines von mehreren Vermietern wäre nicht nur ein auf Zusimmung gegenüber sämtlichen Vermietern gerichteter Klageantrag erforderlich, sondern auch die Wahrung der Klagefrist des § 558b Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Fristwahrung verlangt eine Klageerhebung durch sämtliche Vermieter oder jedenfalls die Offenlegung einer gewillkürten Prozessstandschaft sowie eine deren Anforderungen genügende Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist des § 558b Abs. 2 Satz 1 BGB.*)

Online seit 17. Mai
IBRRS 2023, 1375
LG München I, Urteil vom 04.05.2023 - 2 O 25999/09
1. Die Vorschrift zum Mindesthonorar nach § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 findet bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zwischen Privaten keine Anwendung, da die Vorschrift in nicht rechtfertigender Weise in die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EWG (Art. 56 AEUV) eingreift.*)
2. Die Dienstleistungsfreiheit entfaltet unmittelbare Drittwirkung.*)

IBRRS 2023, 1383

BayObLG, Beschluss vom 26.04.2023 - Verg 16/22
1. Die vom Auftraggeber beabsichtigte konkrete Nutzung eines Gebäudes genügt allein nicht, jede hierfür nötige Beschaffung von Gegenständen bereits aus diesem Grund als Bauauftrag zu qualifizieren, wenn weder ein Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks besteht noch es baulicher Änderungen oder mehr als nur unerheblicher Einbaumaßnahmen bedarf.*)
2. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB ist auch anwendbar, wenn der Auftrag - unzulässig - nur national ausgeschrieben war und die Antragstellerin ein Angebot abgegeben hat, ohne die fehlende europaweite Ausschreibung zu rügen. In einem derartigen Fall lässt sich eine Rügepflicht auch nicht aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis ableiten.*)
3. Die Frist nach § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB beginnt nicht bereits mit dem Ablauf der Bindefrist im Rahmen einer - unzulässigen - nationalen Ausschreibung.*)
4. Eine Erledigung eines Antrags nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch Erlöschen des Beschaffungsbedarfs liegt nicht vor, wenn die beschafften Gegenstände wieder ausgebaut und zurückgegeben werden können.*)
5. Bei einem Nachprüfungsantrag nach § 160 Abs. 1, § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB ist der im Rahmen der nationalen Ausschreibung nicht berücksichtigte Bieter nur antragsbefugt, wenn er außer dem Verstoß gegen § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB auch darlegt, dass er in einem neu durchzuführenden Vergabeverfahren mit europaweiter Ausschreibung bessere Chancen auf den Zuschlag hätte.*)
6. Durch die Bitte des Auftraggebers um Verlängerung der Bindefrist über das in den Vergabeunterlagen vorgesehene Datum hinaus werden nicht die Vergabeunterlagen geändert. Ein Ausschluss des Angebots eines Bieters, der dem zunächst nicht nachkommen möchte, ist weder nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 noch nach Nr. 4 VgV möglich.*)

IBRRS 2023, 1348

AG Schöneberg, Urteil vom 08.02.2022 - 17 C 96/21
Eine erhebliche Beeinträchtigung wegen der umfassenden Bauarbeiten, der Einrüstung und auch wegen der Wasser- und Putzschäden in der Wohnung stellt einen Mangel dar, der zur Mietminderung berechtigt. Die Minderung wird deshalb nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter tagsüber aus beruflichen oder sonstigen Gründen abwesend ist.

Online seit 16. Mai
IBRRS 2023, 1370
KG, Urteil vom 11.04.2023 - 7 U 74/21
1. Solange sich keine Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung ergeben, reicht es bei der Geltendmachung der großen Kündigungsvergütung aus, wenn der Werkunternehmer die Ersparnis auf der Grundlage seiner ursprünglichen Kalkulation berechnet. Der Werkunternehmer kann auch auf Basis eines geplanten, aber bislang nicht genehmigten Subunternehmereinsatzes jedenfalls dann abrechnen, wenn keine Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung gegeben sind. Dabei müssen derartige Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung sich bereits in einem Verhalten der Vertragsparteien vor Vertragsbeendigung manifestiert haben.*)
2. Zur Berichtigung des Kostentenors von Amts wegen durch das Berufungsgericht im Hinblick auf eine Nebenintervention ausschließlich in erster Instanz.*)

IBRRS 2023, 1349

LG Bückeburg, Beschluss vom 13.10.2022 - 1 S 5/22
1. Die Frage der Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung durch den Vermieter ist insgesamt dem materiellen Recht zuzuordnen und betrifft deswegen die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit der Klage.*)
2. Ein vom Vermieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogener Grundstücksmarktbericht 2019 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Hameln-Hannover darf als ein sonstiges Begründungsmittel i.S.d. § 558a Abs. 2 BGB für ein Mieterhöhungsverlangen in Rinteln im Landkreis Schaumburg herangezogen werden, weil dieser zumindest mit einem einfachen Mietspiegel vergleichbar ist.*)
3. Die Aufzählung der Begründungsmittel des § 588a BGB ist nicht abschließend, sondern ist durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" lediglich beispielhaft.*)
4. Sind die Daten eines Begründungsmittels repräsentativ und ausreichend erhoben worden, ist es von einem Mieter hinzunehmen, dass es für diesen kaum eine Möglichkeit der Überprüfung gibt, so lange durch die Person des Aufstellers eine gewisse Richtigkeitsgewähr sichergestellt ist. Das ist dann der Fall, wenn ein nach § 192 BauGB örtlich zuständiger Gutachterausschuss der Aufsteller ist.*)

IBRRS 2023, 1353

OLG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2023 - 4 U 141/22
Eine formlose Abrede über die Verschiebung des Fälligkeitszeitraums für Miete und Nebenkostenvorauszahlung kippt die Schriftform.*)

IBRRS 2023, 1357

BGH, Beschluss vom 26.01.2023 - V ZB 11/22
1. Zur Unverzüglichkeit der Glaubhaftmachung bei vorübergehender technischer Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments.*)
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei verspäteter Glaubhaftmachung gem. § 130d Satz 2 und 3 ZPO.*)

IBRRS 2023, 1363

BGH, Urteil vom 15.03.2023 - VIII ZR 99/22
Bei der Verpflichtung des Zustellers gem. § 180 Satz 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, handelt es sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift i.S.d. § 189 ZPO mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt (im Anschluss an BGH, IBR 2022, 547).*)

Online seit 15. Mai
IBRRS 2023, 1304
OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.10.2022 - 2 U 229/21
1. Die gesetzliche Verjährungsfrist für Baumängel kann durch eine individualvertragliche Vereinbarung der Bauvertragsparteien wirksam (hier: um ein Jahr) verkürzt werden.
2. Verjährungshemmende Maßnahmen des Auftraggebers betreffen nur den konkret im Raum stehenden Mangel und nicht jedwede sonstigen Mängel.
3. Die Mängelrüge dient dazu und muss deshalb so formuliert sein, dass der Auftragnehmer überblicken kann, was ihm vorgeworfen wird und was von ihm als Abhilfe erwartet wird.

IBRRS 2023, 1345

LG Berlin, Urteil vom 26.01.2023 - 67 S 228/22
1. Der Vermieter erfüllt seine vorvertraglichen Auskunftspflichten nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB - im Falle der dem Mieter bekannten oder bekannt gemachten Fläche der Mietsache - auch dann, wenn er die Vormiete lediglich als Quadratmetermiete und nicht als Gesamtmiete angibt.*)
2. Die Auskunftspflicht umfasst weder die konkrete Nennung der Ausnahmevorschrift noch eine Erläuterung des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, auf die sich der Vermieter beruft.*)

IBRRS 2023, 1342

KG, Beschluss vom 22.08.2022 - 8 U 1156/20
1. Bei Ermittlung der wirtschaftlichen Nachteile, die der gewerbliche Mieter durch hoheitliche Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie erlitten hat, ist im Rahmen von § 313 Abs. 1 BGB auch die mögliche Kompensation durch den Online-Handel zu berücksichtigen.
2. Bei einem zentral betriebenen Online-Handel hat der Mieter die Gewinne hieraus konkret zu beziffern und nach einem nachvollziehbaren Schlüssel auf sein Mietobjekt umzulegen.

Online seit 11. Mai
IBRRS 2023, 1244
LG Berlin, Urteil vom 25.04.2023 - 67 S 103/22
Mieter kommen mit der laufenden Miete nicht in Verzug, solange sie die Zahlungsanweisung bis zur Fälligkeit der Miete vornehmen und die Miete dem Konto des Vermieters später - wenn auch erst nach dem Fälligkeitstermin - tatsächlich gutgeschrieben wird. Bestreitet der Vermieter allerdings die Gutschrift, tragen die Mieter die Beweislast für den (verspäteten) Zahlungseingang und geraten - im Fall der späteren Nichterweislichkeit der streitigen Gutschrift - mit ihren Mietzahlungen jedenfalls dann in Verzug, wenn sie die Zahlungen nicht unverzüglich erneut vornehmen, nachdem sie vom Vermieter auf deren bislang unterbliebenen Eingang hingewiesen worden sind.*)

IBRRS 2023, 1315

BGH, Urteil vom 23.03.2023 - V ZR 67/22
Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB keine Anwendung.*)

IBRRS 2023, 1324

BGH, Beschluss vom 21.03.2023 - VIII ZB 80/22
Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (im Anschluss an BGH, IBR 2020, 377; IBR 2022, 656).*)

IBRRS 2023, 1313

BGH, Beschluss vom 29.03.2023 - VII ZR 7/22
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht hat den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.
2. Macht der auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommene Auftragnehmer unter Beweisantritt geltend, der Auftraggeber habe mit einem anderen Unternehmer einen eigenständigen Wartungsvertrag geschlossen und dessen nach der Abnahme erbrachten Vor-Ort-Arbeiten seien ursächlich für den gerügten Mangel, muss das Gericht den angebotenen Beweis erheben.

Online seit 10. Mai
IBRRS 2023, 1216
OLG München, Urteil vom 28.09.2021 - 9 U 1739/20 Bau
1. Art und Umfang der auszuführenden Leistung wird durch "den Vertrag" im Sinne des gesamten Vertragswerks bestimmt. Zum Vertrag kann nicht nur ein Raumbuch, sondern auch ein Bieterprotokoll gehören.
2. Legen die Parteien eines Bauvertrags im Bieterprotokoll fest, dass der Auftragnehmer Teile der Leistung "optimieren" darf, ist diese Vereinbarung gegenüber den Vorgaben eines Standard-Raumbuchs vorrangig.
3. "Optimieren" bedeutet, dass der Auftragnehmer befugt ist, von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung abzuweichen, solange die behördlichen und gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, die Leistung funktionstauglich ist, sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und mit der im Vertrag beschriebenen Leistung technisch mindestens gleichwertig ist.
4. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass wegen der bei Abnahme vorbehaltenen Mängel ein selbständigen Beweisverfahrens durchgeführt wird, dessen Gegenstand die Feststellung von Mängeln, der zur Beseitigung erforderlichen Maßnahmen und der hierfür erforderlichen Kosten sein soll, kann der Auftragnehmer vor Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens mit der Mängelbeseitigung nicht in Verzug geraten.
5. Der Auftraggeber, der auf ein sehr konkretes Nacherfüllungsverlangen besteht, auf das er keinen Anspruch hat, verhält sich in sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn er einerseits die angebotene Mängelbeseitigungsmaßnahme des Auftragnehmers als unzureichend zurückweist, andererseits aber behauptet, die Wahl der Nacherfüllung dem Auftragnehmer überlassen zu wollen und dessen Nacherfüllung anzunehmen. Bei widersprüchlichem Verhalten des Auftraggebers ist im Zweifel von einer Weigerung der Entgegennahme der angebotenen Nacherfüllung oder Mängelbeseitigung auszugehen.

IBRRS 2023, 1229

LG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2023 - 13 O 151/15
Gibt der Auftraggeber in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass der Auftragnehmer eine Gewährleistungsbürgschaft zu stellen hat, die nach berechtigter Inanspruchnahme wieder aufzufüllen ist, führt dies zur Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsklausel, wenn durch die Wiederauffüllung eine Gewährleistungssicherheit von 7% der Auftragssumme oder mehr erreicht werden kann.

IBRRS 2023, 1258

AG Charlottenburg, Urteil vom 10.05.2022 - 74 C 47/21
1. Die Einholung mehrerer Angebote ist regelmäßig erforderlich, um die Angemessenheit der Honorarvorstellung des jeweiligen Leistungsanbieters überprüfen zu können.
2. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme lediglich eines weiteren Angebots in der Eigentümerversammlung ist nicht ausreichend.

IBRRS 2023, 1306

KG, Beschluss vom 02.03.2023 - 10 U 92/21
1. Kennt der Kunde zwar bereits das Objekt, jedoch nicht die Adresse des Eigentümers/Verkäufers, so liegt keine die Courtage ausschließende Vorkenntnis vor. Erst der Nachweis der Adresse des Verkäufers seitens des Maklers ermöglicht es dem potenziellen Käufer, mit dem Verkäufer in Vertragsverhandlungen zu treten.
2. Dem Makler steht ein Provisionsanspruch gegen eine Gesellschaft als seinem Vertragspartner auch dann zu, wenn der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft das Objekt erwirbt.
3. Bei einem Passivprozess ist eine gelöschte Gesellschaft dann parteifähig, wenn der Kläger substanziiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden.
4. Eine GmbH bleibt im Passivprozess auch nach ihrer Löschung im Übrigen dann parteifähig, wenn sie möglicherweise noch einen Ersatzanspruch gegen den Liquidator gem. § 73 Absatz GmbHG hat.

IBRRS 2023, 1298

BGH, Beschluss vom 14.03.2023 - X ZB 4/22
Wenn in einer Berufungsschrift, der das angefochtene Urteil nicht beigefügt ist, das Aktenzeichen und das Verkündungsdatum nicht oder nicht zutreffend angegeben sind, steht dies der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen, sofern das Berufungsgericht und die gegnerische Partei anhand der innerhalb der Berufungsfrist eingereichten Unterlagen das angefochtene Urteil dennoch zweifelsfrei bestimmen können (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 25.02.1993 - VII ZB 22/92, NJW 1993, 1719 = IBRRS 1993, 0298).*)

IBRRS 2023, 1297

OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2023 - 5 W 15/23
Der Streitwert einer Klage auf Auflassung und Bewilligung der Eintragung ist in den Fällen, in denen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen.*)

Online seit 9. Mai
IBRRS 2023, 1220
OLG Schleswig, Beschluss vom 03.03.2023 - 12 W 5/23
Das OLG Schleswig gibt seine abweichende Auffassung gemäß Beschluss vom 20.11.2019 (1 W 12/19, IBRRS 2019, 4151) auf. Ein "Wiederaufleben" oder "Neuentstehen" der Dringlichkeit bleibt aber möglich.

IBRRS 2023, 1276

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2023 - 1 VK 55/22
1. Die Präqualifikation von Bietern entbindet diese nicht vom Nachweis der Erfüllung von Eignungskriterien.
2. Referenzen zu vergleichbaren Leistungen müssen im technischen oder organisatorischen Bereich zumindest einen gleich hohen Schwierigkeitsgrad wie die ausgeschriebene Leistung haben.
3. Erfüllen die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Referenzen die Vergleichbarkeitsanforderungen nicht, sind sie inhaltlich unzureichend und nicht nachforderbar.
4. Widersprüchliche Angaben im Angebot und in Aufklärungsantworten gehen zu Lasten des Bieters.
