Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 30. Juni
IBRRS 2022, 1913
OLG München, Beschluss vom 19.07.2021 - 28 U 1262/21 Bau
1. Der Unternehmer kann die Mängelbeseitigung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
2. Für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie beispielsweise ein mögliches Verschulden des Unternehmers, der wirtschaftliche Vorteil der Mängelbeseitigung für den Besteller und das Interesse des Bestellers an der Mängelbeseitigung.
3. Verzögert der Unternehmer die Mängelbeseitigung über einen längeren Zeitraum (hier: 12 Jahre) dem Grunde nach unberechtigt, kann er sich nicht auf eine erst durch den Zeitablauf vermeintlich neu entstandene Unverhältnismäßigkeit berufen.

IBRRS 2022, 1708

AG Schwerin, Urteil vom 15.10.2021 - 13 C 349/16 WEG
1. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass ein Teil der Instandhaltungsrücklage zurückgezahlt wird. Allerdings müssen hierbei nicht nur tatsächlich bereits entstandene Kosten, sondern auch Kostenrisiken berücksichtigt werden.
2. Der Umstand, dass ein Verwaltungsbeirat, jedenfalls ein wie hier unentgeltlicher, eine fehlerhafte Jahresabrechnung nicht beanstandet hat, steht seiner Wiederwahl nicht entgegen.

IBRRS 2022, 1998

LG Lübeck, Beschluss vom 24.06.2022 - 7 T 214/22
§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG findet keine Anwendung, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen (hier: Mietkautionsrückforderung und Vermieteransprüche unter Abzug der Mietkaution) betreffen.*)

Online seit 29. Juni
IBRRS 2022, 1994
OLG München, Urteil vom 09.06.2022 - 20 U 8299/21 Bau
1. Vergibt ein privater Auftraggeber Baumeisterarbeiten als Einzelgewerk, liegt kein Verbraucherbauvertrag vor (Anschluss an KG, IBR 2022, 128; entgegen OLG Hamm, IBR 2022, 347).
2. Der Auftraggeber ist nicht zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verpflichtet, wenn der Auftragnehmer die Leistung endgültig verweigert und sich damit grob vertragswidrig verhält.
3. Ein Verzug mit der Leistungserbringung steht dem Anspruch des Auftragnehmers auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nicht entgegen.
4. Eine befristete Bürgschaft ist keine taugliche Bauhandwerkersicherheit.

IBRRS 2022, 1414

KG, Urteil vom 25.04.2022 - 8 U 158/21
1. Miete i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete.
2. Gleiches gilt im Falle einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs und auch dann, wenn der Mieter dem Mietanspruch des Vermieters einredeweise einen Anspruch auf Anpassung der Miete nach § 313 BGB entgegenhalten kann.
3. Eine AGB-Klausel, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang des Gelds auf dem Konto des Vermieters ankommt, ist im Gewerberaummietrecht wirksam.
4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
5. Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemie-bedingten Nachteile erlangt hat, wenn sie nicht als Darlehen gewährt wurden, oder aus einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters erhalten hat.
6. Da die Höhe dieser Ersatzleistungen regelmäßig erst mit deren tatsächlicher Auszahlung feststeht und erst zu diesem Zeitpunkt dann abschließend über eine Mietanpassung entschieden werden kann, kommt bis dahin auch eine temporäre Beschränkung der Zahlungspflicht, mithin eine Stundung der Mieten in Betracht.
7. Ausbleibende Kundschaft auch in dem Zeitraum, in denen der Betrieb des Mieters nicht von einer Zwangsschließung betroffen ist, fällt in das wirtschaftliche Risiko des Gewerberaummieters, denn das Verwendungsrisiko liegt grundsätzlich beim Mieter.

IBRRS 2022, 1982

BSG, Urteil vom 08.12.2021 - B 2 U 4/21 R
Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Schlafzimmer in sein Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.

Online seit 28. Juni
IBRRS 2022, 1983
BGH, Urteil vom 05.05.2022 - VII ZR 176/20
Zur Auslegung des Begriffs "Abrechnungssumme" in einer vom Besteller gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung, mit der eine Vertragsstrafe vereinbart wird.*)

IBRRS 2022, 1970

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 - Verg 19/22
1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist.
2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken.
3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.

IBRRS 2022, 1867

AG Friedberg, Urteil vom 16.02.2022 - 2 C 819/21
1. Der Wohnungseigentümerversammlung kommt die Beschlusskompetenz zur Rückermächtigung einzelner Wohnungseigentümer zur Führung eines Rechtsstreites gegen einen anderen Wohnungseigentümer - auch nach der WEG-Reform - zu.
2. Sind in einem Rechtsstreit mehrere Eigentümer als Streitgenossen verklagt, sind diese unabhängig von der Frage, ob sie materiell als Gesamtschuldner haften, sämtlich vom Stimmrecht ausgeschlossen. Der Ausschlusstatbestand greift auch ein, wenn ein Wohnungseigentümer gemeinsam mit einem Dritten verklagt wird. Schließlich ist die Regelung analog anwendbar, wenn ein Wohnungseigentümer einen Rechtsstreit mit der Gemeinschaft führt.
3. Der Stimmrechtsausschluss wirkt dabei allerdings nur insoweit, als der ausgeschlossene Wohnungseigentümer sich auf der "Gegenseite" der Wohnungseigentümergemeinschaft befinden muss.

Online seit 27. Juni
IBRRS 2022, 1873
OLG Brandenburg, Urteil vom 12.05.2022 - 12 U 141/21
1. Lässt der Auftraggeber in Kenntnis eines Nachtragsangebots eine Position zu dem ihm angebotenen Einheitspreis widerspruchslos ausführen, kommt konkludent eine vertragliche Vereinbarung auch über die Höhe des Einheitspreises zustande.
2. Aus der zwischen den Parteien eines VOB/B-Vertrags bestehenden Kooperationspflicht folgt die Pflicht des Auftraggebers zu einem alsbaldigen Widerspruch, wenn er die einem Nachtragsangebot zugrunde liegenden Preise nicht gegen sich gelten lassen will.
3. Wird eine Rückvergütung für unbelastetes Fräsgut vom Auftragnehmer in die Preisgestaltung mit einkalkuliert und ist das zu entsorgende Material belastet und damit nicht wiederverwertbar, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer den entfallenen Vorteil zu ersetzen (Anschluss an Senat, IBR 2020, 394).

IBRRS 2022, 1906

KG, Beschluss vom 18.05.2022 - Verg 7/21
Schriftsätze und sonstige Unterlagen, die Beteiligte im Vergabenachprüfungsverfahren mit der Maßgabe zu den Akten reichen, dass sie ganz oder teilweise den übrigen Beteiligten oder einem Teil von ihnen nicht zur Kenntnis gelangen sollen (sog. "geschwärzte" Unterlagen), werden insoweit weder Gegenstand der Akten der Vergabekammer noch Bestandteil der Gerichtsakten, welcher Entscheidung und Verhandlung zugrunde gelegt erklärten Willen des Beteiligten, der sie eingereicht hat, Einsicht in diese Unterlagen zu gewähren. Im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der übrigen Beteiligten bleiben diese Unterlagen bei der Verhandlung und Entscheidung der Nachprüfungsinstanzen unberücksichtigt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 01.07.2020 - Verg 1001/20).*)

IBRRS 2022, 1892

LG Berlin, Urteil vom 26.04.2022 - 67 S 10/22
Die Eigenbedarfskündigung des Vermieters ist unwirksam, wenn ihr ein mit öffentlich-rechtlichen Vorgaben unvereinbares Nutzungskonzept der Mietsache zu Grunde liegt.*)

Online seit 24. Juni
IBRRS 2022, 1673
OLG Celle, Urteil vom 17.06.2021 - 6 U 8/21
1. Verlangt der Auftraggeber die Ausführung weiterer Leistungen (hier: den Abriss eines Nebengelasses) und nimmt er das Nachtragsangebot des Auftragnehmers nicht an, weil er diese Leistungen als vom "Bausoll" umfasst ansieht, steht dem Auftragnehmer für die Erbringung der entsprechenden Arbeiten ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu, wenn sich herausstellt, dass die Leistungen nicht zum "Bausoll" gehören.
2. Erbringt der Auftragnehmer die Leistungen im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit, steht ihm für den Arbeitsaufwand die hierfür übliche Vergütung zu.

Online seit 23. Juni
IBRRS 2022, 1829
OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.04.2021 - 21 U 52/20
1. Auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten als auch eines uneingeschränkten Abtretungsausschlusses grundsätzlich unbedenklich (Anschluss an BGH, IBR 2006, 608).
2. Die Vorschrift des § 354a HGB, wonach eine Abtretung gleichwohl wirksam ist, wenn sie durch Vereinbarung ausgeschlossen wurde, ist nicht analog auf Verträge zwischen privaten Auftraggebern und Architekten/Ingenieuren anwendbar (BGH, a.a.O.).
3. Darf eine Forderung gegen den Auftraggeber ohne dessen Zustimmung nicht abgetreten werden, darf die Zustimmung nicht unbillig verweigert werden (BGH, IBR 2000, 111). Wurde über das Vermögen des Architekten das Insolvenzverfahren eröffnet, ist die Versagung der Zustimmung nicht unbillig.

IBRRS 2022, 1891

LG Berlin, Urteil vom 12.05.2022 - 67 S 30/22
Schließt der Mieter den Mietvertrag in Kenntnis der gesundheitsgefährdenen Beschaffenheit der Mietsache ab, ohne mit dem Vermieter insoweit eine ausdrückliche Vereinbarung über die Sollbeschaffenheit zu treffen, ist der Mieter selbst im Falle der vorhaltlosen Ingebrauchnahme der an ihn vermieteten Räume berechtigt, den Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Beseitigung des gesundheitsgefährdenden Zustands der Mietsache in Anspruch zu nehmen.*)

IBRRS 2022, 1933

BGH, Urteil vom 13.05.2022 - V ZR 231/20
1. Eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer (gebrauchten) mangelhaften Kaufsache nach den Grundsätzen eines Abzugs "neu für alt" scheidet aus, wenn sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart.*)
2. Für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB gilt das Gleiche, und zwar auch dann, wenn die Nachbesserung wegen des arglistigen Verschweigens des Mangels nicht angeboten werden muss (hier: Kosten für die Erneuerung einer mangelhaften Kellerabdichtung).*)

Online seit 22. Juni
IBRRS 2022, 1621
OLG Naumburg, Urteil vom 12.06.2020 - 8 U 45/18
1. Der Auftragnehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme. Wird das Werk vor der Abnahme (hier: durch einen Unfall) zerstört oder verschlechtert, ist er weiterhin zur Herstellung des vollständigen mangelfreien Werks verpflichtet und hat keinen Vergütungsanspruch für bisherige Arbeiten und Aufwendungen.
2. Anders verhält es sich, wenn der Auftraggeber oder ein von ihm beauftragter Unternehmer den Unfall verursacht hat. Die Beweislast hierfür trägt der Auftragnehmer. Er muss auch beweisen, dass der Schaden durch keinen Umstand mitverursacht wurde, für den er verantwortlich ist.
3. Zu der Frage, ob in der Beauftragung des Auftragnehmers mit der Schadensbeseitigung ein Schuldanerkenntnis des Auftraggebers liegt (hier verneint).

IBRRS 2022, 1890

LG Berlin, Beschluss vom 02.06.2022 - 64 S 209/21
Das Begründungserfordernis für die Kündigungserklärung nach § 569 Abs. 4 BGB und die Regelung über die "Schonfristzahlung" in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wirken nicht in der Weise zusammen, dass es zur Beseitigung einer fristlosen Kündigung jedenfalls ausreiche, die zum Anlass der Kündigung genommenen und im Kündigungsschreiben bezeichneten Rückstände auszugleichen. Eine wirksame "Schonfristzahlung" liegt vielmehr nur dann vor, wenn alle offenen Mietforderungen des Vermieters getilgt werden, einschließlich solcher, die schon im Zeitpunkt der Kündigung offen waren, aber im Kündigungsschreiben nicht erwähnt wurden. Grundsätzlich ist es Sache der Mieter, sich nach Zugang einer wirksamen Zahlungsverzugskündigung einen Überblick über ihre eigenen Mietzahlungen zu verschaffen und die Gesamthöhe ihrer Mietschulden zu ermitteln. Abweichendes mag gelten, wenn der Mieter nach den Umständen darauf vertrauen darf, die Mietrückstände seien im Kündigungsschreiben vollständig bezeichnet.*)

IBRRS 2022, 1875

LG Köln, Beschluss vom 28.06.2021 - 29 S 32/21
Der klagende Eigentümer muss seine Beschlussersetzungsklage gegen die übrigen Eigentümer auf eine Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer umstellen. § 48 Abs. 5 WEG ist hier nicht anwendbar.

IBRRS 2022, 1907

BGH, Urteil vom 28.04.2022 - IX ZR 69/21
1. Hat ein Gläubiger seine Leistung teils vor und teils nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, ist er mit dem der vorinsolvenzlichen Leistung entsprechenden Teil seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger und im Übrigen Massegläubiger, wenn sich die vor und nach Eröffnung erbrachten Leistungen objektiv bewerten und voneinander abgrenzen lassen.*)
2. Das gilt auch für den Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers, der seine Prüfungstätigkeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen, aber erst danach abgeschlossen hat.*)

IBRRS 2022, 1914

OLG Hamm, Beschluss vom 23.05.2022 - 22 W 9/22
1. Das rechtliche Interesse an der Einholung eines Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren gem. § 485 Abs. 2 ZPO erfordert nicht, dass der Antragsteller als Käufer einer Immobilie darlegt und glaubhaft macht, dass die geltend gemachten Mängel in Anbetracht des Alters der Immobilie Sachmängel darstellen und der Verkäufer arglistig i.S.v. § 444 BGB gehandelt hat.*)
2. Der Antragsteller, der Sachmängel i.S.v. § 434 BGB an einer Bestandsimmobilie geltend macht, muss allerdings gem. § 487 Nr. 2, 4 ZPO vortragen und glaubhaft machen, welche Mangelsymptome zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen. Dabei sind diese unter Einbeziehung der Lage im Bauwerk und dem zeitlichen Auftreten so genau zu beschreiben, dass der Gerichtssachverständige ohne eigene Sachverhaltsermittlung die gestellten Beweisfragen bearbeiten kann.*)

Online seit 21. Juni
IBRRS 2022, 1876
OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2021 - 2 U 29/20
1. a) Werden bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems mit einem dreiteiligen Aufbau (Dämmstoffplatten aus Mineralwolle, mit Textilglas-Gittergewebe bewehrter Unterputz und Oberputz) für den Unterputz und für den Oberputz jeweils die nach der bauaufsichtsrechtlichen Zulassung vorgegebenen Mindeststärken nicht eingehalten, so liegt ein Mangel in der Ausführung der Bauarbeiten vor, für welchen der Bauunternehmer einzustehen hat.*)
b) Ist wegen der flächendeckenden Verteilung der mangelhaften Putzstärken einerseits und wegen des - auch aufgrund der Prozessdauer - entstandenen erheblichen zeitlichen Abstands der Mängelbeseitigungsarbeiten zur Fertigstellung der ursprünglichen Leistungen eine komplette Neuherstellung des Wärmedämmverbundsystems erforderlich, so ist bereits im Rahmen der Berechnung des Mangelbeseitigungskostenvorschusses und später bei dessen Abrechnung jeweils ein Abzug "neu für alt" zu berücksichtigen.*)
2. Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt ist verpflichtet, bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems darauf zu achten, dass das nach der allgemeinen bauaufsichtsrechtlichen Zulassung einzuhaltende Vorgehen strikt eingehalten wird. Das erfordert eine jedenfalls stichprobenhafte Kontrolle der Ausführung der Arbeiten bezüglich des eingesetzten Materials, der ausreichenden Materialmengen, des Einsatzes geschulten Personals und der sachgerechten Verwendung des richtigen Werkzeugs.*)
3. Im Rahmen der Objektplanung für das Gebäude ist ein Architekt grundsätzlich verpflichtet, einen hinreichenden Schutz der Fassade vor Spritzwasser im erdberührten Bereich vorzusehen. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nicht mit den Planungen der Außenanlagen nicht beauftragt worden sei, weil ein Gebäude nicht von seiner Umgebung zu trennen ist; insoweit obliegen ihm zumindest Hinweispflichten gegenüber dem Bauherrn auf einen (bislang) fehlenden Spritzwasserschutz.*)

IBRRS 2022, 1900

VK Bund, Beschluss vom 19.01.2022 - VK 1-138/21
1. Grundsätzlich entspricht es der normalen Rollen- und Risikoverteilung im Wettbewerb, wenn sich ein Vorauftragnehmer an der Ausschreibung eines Folgeauftrags beteiligt.
2. Wettbewerbsvorsprünge eines Bieters, der sich aufgrund der Ausführung eines Vorauftrags bereits auf die Besonderheiten des Auftraggebers eingestellt hat, bedürfen anders als die Mitwirkung eines sog. Projektanten an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens keines Ausgleichs durch den Auftraggeber.

IBRRS 2022, 1902

LG Berlin, Urteil vom 24.05.2022 - 65 S 189/21
1. Die Fortschreibung eines qualifizierten Mietspiegels stellt gleichzeitig die Neuaufstellung eines einfachen Mietspiegels dar.
2. Deshalb ist der Berliner Mietspiegel 2021 als Fortschreibung des auch einfachen Berliner Mietspiegels 2019 gem. Art 229 § 50 Abs. 1 EGBGB wirksam.
3. Gem. Art 229 § 50 Abs. 2 EGBGB gilt in Berlin deshalb für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete der vierjährige Betrachtungszeitraum.

IBRRS 2022, 1889

LG Berlin, Urteil vom 09.06.2022 - 67 S 50/22
1. Der Berliner Mietspiegel 2021 ist taugliches Begründungsmittel i.S.d. § 558a Abs. 2 BGB.*)
2. Ob ein als formales Begründungsmittel tauglicher Mietspiegel auch für die Ermittlung der zwischen den Parteien streitigen ortsüblichen Vergleichsmiete geeignet ist, kann dahinstehen, wenn gem. § 287 ZPO eine richterliche Schätzung auf Grundlage eines Vorgängermietspiegels möglich ist.*)

Online seit 20. Juni
IBRRS 2022, 1868
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.04.2022 - 29 U 155/21
Die Haftung eines Bauunternehmers für einen Baumangel ist nicht wegen fehlender Planung zum betreffenden Bauteil als Mitverschulden gemindert, wenn der Unternehmer die Bauleistung von vorneherein ohne die ihm zur Verfügung zu stellende Planung übernommen hat, d. h. selbst die Planungsverantwortung trägt.*)

IBRRS 2022, 1869

VGH Bayern, Beschluss vom 12.05.2022 - 1 ZB 22.370
Eine Beseitigungsanordnung stellt die Unzulässigkeit des Vorhabens fest. Ein neuer, durch keine Sach- und Rechtsänderung ausgelöster Bauantrag kann nach rechtskräftiger Bestätigung der Beseitigungsanordnung diese Feststellung nicht mehr in Frage stellen.

IBRRS 2022, 1870

OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 97/21
1. Ein durch Abgrabungen des Nachbarn zur Errichtung einer Grenzwand geschädigter Grundstückseigentümer, der als Schadensersatz zunächst die Wiederherstellung in Natur begehrt hatte, kann sein Interesse an der Wiederherstellung in Form von Geldersatz nur nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geltend machen.*)
2. Sein diesbezügliches Anliegen erweist sich aber als treuwidrig, solange er daneben zugleich, auch im Rahmen eines anderen Klageverfahrens, weiterhin auf Beseitigung der Mauer anträgt.*)

Online seit 17. Juni
IBRRS 2022, 1780
OLG Frankfurt, Urteil vom 25.04.2022 - 29 U 185/20
1. Ein mit der Grundlagenermittlung und der Entwurfsplanung beauftragter Architekt hat seinen Auftraggeber über ein etwaiges denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufzuklären.*)
2. Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht verpflichtet den Architekten mangels besonderer Abreden nicht zum Ersatz reiner Vermögensschäden, die aus dem Verlust steuerlicher Vergünstigungen resultieren.*)
3. Auf Nacherfüllungsangebote von Bauunternehmern "aus Kulanz" muss sich der Besteller grundsätzlich nicht einlassen. Der Architekt kann seiner Haftung wegen des betreffenden Mangels dann nicht entgegenhalten, dass der Bauunternehmer doch zur Mängelbeseitigung bereit sei.*)

IBRRS 2022, 1853

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10.06.2022 - 1 LA 107/21
1. Die aus einer Anbaubaulast (§ 5 Abs. 5 Satz 2 NBauO) resultierende Anbauverpflichtung bzw. das Bauverbot innerhalb der - nach dem Maß des grundsätzlich erforderlichen Grenzabstands zu bestimmenden - Anbauzone kann von der Bauaufsichtsbehörde nicht zwangsweise durchgesetzt werden, wenn die Baulast nicht mehr erforderlich ist, um baurechtsgemäße Zustände auf dem Grundstück des Baulastnehmers herzustellen.*)
2. Eine Anbaubaulast zielt mit Blick auf die Anforderungen des § 3 Abs. 1 bis 3 NBauO maßgeblich darauf ab, dass die nach städtebaulichem Planungsrecht fakultativ zulässige Grenzbebauung im Fall einer Bebauung des Bauwichs auf beiden Seiten der Grenze gleichmäßig erfolgt. Sie dient hingegen nicht dem Brandschutz.*)

Online seit 15. Juni
IBRRS 2022, 1847
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10.06.2022 - 1 ME 46/22
1. Der für ein Gebäude i.S.v. § 2 Abs. 2 NBauO konstitutive Begriff der selbstständigen Benutzbarkeit ist auf funktionale und bautechnische Gesichtspunkte bezogen. Ein Gebäude muss selbst über diejenigen zentralen Merkmale verfügen, die nach seiner Zweckbestimmung zu einer ordnungsgemäßen Nutzung notwendig sind.*)
2. Nicht erforderlich ist, dass das Gebäude von benachbarten Bauten konstruktiv getrennt ist und demzufolge bei statischer bzw. baukonstruktiver Betrachtung für sich Bestand haben könnte. Erforderlich ist aber eine zumindest gedankliche Teilbarkeit in vertikaler Hinsicht; unter einem Dach oder auf einem Geschoss kann es keine verschiedenen eigenständigen Gebäude geben.*)
3. Der Begriff der selbstständigen Benutzbarkeit ist nicht mit dem Begriff der Autarkie zu verwechseln. Der Gebäudeeigenschaft steht es daher nicht entgegen, wenn sich mehrere Gebäude gemeinsame, auch baurechtlich notwendige Anlagen teilen. Erforderlich ist stets eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls. In die Wertung ist einzustellen, ob bei natürlicher Betrachtungsweise, in die die baukonstruktiven Merkmale der Bauausführung sowie das Erscheinungsbild und die Funktion der betrachteten Bauteile einzubeziehen sind, voneinander unabhängige Gebäude angenommen werden können (wie OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.10.2008 - 7 A 3096/07, IBRRS 2008, 3463 = BauR 2009, 231 = BRS 73 Nr. 118; Beschluss vom 07.09.2010 - 10 B 846/10, IBRRS 2010, 3991; Beschluss vom 03.09.2020 - 7 B 1143/20, IBRRS 2020, 3835).*)

IBRRS 2022, 1810

AG München, Beschluss vom 24.01.2022 - 1295 C 634/22 EVWEG
Aufgrund der Änderungen durch das WEMoG bestehen zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Verwalter keine unmittelbaren wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsbeziehungen mehr. Der Verwalter ist nur noch Organ des Verbands "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer". Die damit einhergehenden organschaftlichen Pflichten bestehen naturgemäß nur ihr gegenüber. Anders als früher ist der Verwalter nur noch "gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", nicht mehr gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern verpflichtet.

Online seit 14. Juni
IBRRS 2022, 1779
OLG Frankfurt, Urteil vom 16.05.2022 - 29 U 94/21
1. Der Auftragnehmer eines nach dem 01.01.2018 geschlossenen, die Zielfindungsphase ausdrücklich aufnehmenden Architektenvertrags kann Honorar für darüberhinausgehende Leistungen nur unter der Voraussetzung beanspruchen, dass er die mindestens erforderlichen Ergebnisse jener Phase dem Auftraggeber zur Prüfung vorgelegt und hierzu eine klare Billigungserklärung erhalten hat.*)
2. Mindestens erforderlich ist eine Kosteneinschätzung, die erkennen lässt, worauf sie sich bezieht und woraus sie hergeleitet ist.*)
3. Eine formnichtige Kündigung des Architektenvertrags durch den Auftraggeber und die anschließende Schlussabrechnung des Auftragnehmers können als einverständliche Vertragsaufhebung zu werten sein.*)
IBRRS 2022, 1774

BGH, Urteil vom 11.05.2022 - VIII ZR 379/20
Bei den Kosten für die Miete von Rauchwarnmeldern handelt es sich nicht um sonstige Betriebskosten i.S.v. § 2 Nr. 17 BetrKV, sondern - da sie den Kosten für den Erwerb von Rauchwarnmeldern gleichzusetzen sind - um betriebskostenrechtlich nicht umlagefähige Aufwendungen.*)

IBRRS 2022, 1813

AG Bonn, Urteil vom 08.12.2021 - 211 C 22/21
Die Einladung zur Eigentümerversammlung mit folgendem Lückentext: "Die Wohnungseigentümer bestimmen nach § 23 Abs. 2 Satz 2 WEG, dass über ### Bezeichnung eines TOP ### im Wege eines Umlaufbeschlusses ..." genügt nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 2 WEG.

IBRRS 2022, 1792

BGH, Beschluss vom 28.04.2022 - V ZB 4/21
1. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch einen Minderjährigen führt gemäß § 566 BGB zu dessen Eintritt in den Mietvertrag auf Vermieterseite und ist deshalb für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB (Fortführung von Senat, Beschluss vom 03.02.2005 - V ZB 44/04, IBRRS 2005, 4965 = BGHZ 162, 137).*)
2. Dies gilt auch, wenn der Veräußerer den Miteigentumsanteil zuvor von dem Alleineigentümer des Grundstücks erworben hat, denn bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch den bisherigen Alleineigentümer tritt der Erwerber gem. § 566 BGB ebenfalls neben diesem in den Vertrag auf Vermieterseite ein.*)

IBRRS 2022, 1819

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2021 - 5 W 17/21
Die persönliche Bekanntschaft mit einem Prozessbevollmächtigten und die gemeinsame Mitwirkung an verschiedenen Kapiteln in einem Fachbuch führen nicht zur Befangenheit des Sachverständigen.

IBRRS 2022, 1818

OLG Köln, Beschluss vom 18.03.2022 - 11 W 54/21
Eine negative Feststellungsklage der Antragsgegnerseite sperrt nicht die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.*)

Online seit 13. Juni
IBRRS 2022, 1767
VGH Bayern, Beschluss vom 13.05.2022 - 1 ZB 21.2603
1. Bei der Feststellung eines Bebauungszusammenhangs im sog. unbeplanten Innenbereich ist grundsätzlich auf die tatsächlich vorhandene Bebauung abzustellen.
2. Eine nicht genehmigte Bebauung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben. Das gilt nicht nur im Rahmen eines Verfahrens gegen eine Beseitigungsanordnung, sondern auch im Genehmigungsverfahren.
3. Weicht der Bauherr bei der Ausführung hinsichtlich der Identität des Bauvorhabens und seiner Wesensmerkmale so wesentlich von der Baugenehmigung ab, dass er nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, nämlich ein "aliud" erstellt, erlischt die Baugenehmigung, ohne dass von ihr im Rechtssinn Gebrauch gemacht worden wäre.
4. Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale sind Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild anzusehen. Ob eine Veränderung dieser für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt vom Umfang der Abweichungen und der Bewertung ihrer Erheblichkeit im jeweiligen Einzelfall ab.
5. Ein planabweichend ausgeführtes Vorhaben ist allgemein ein "aliud", wenn durch die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, neuerdings oder andere zusätzliche Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage des Bauvorhabens neu stellt.
6. Auf ein "aliud" weist auch hin, dass ein Vorhaben ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der erteilten Baugenehmigung nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann.

IBRRS 2022, 1800

KG, Beschluss vom 02.05.2022 - 8 U 90/21
"Kosten der Bewachung des Gebäudes" können auf Grundlage einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung - auch einer Allgemeinen Geschäftsbedingung - als Betriebskosten auf den Mieter von Gewerberaum umgelegt werden, ohne dass es einer Begrenzung der Höhe nach bedarf.*)

IBRRS 2022, 1803

AG Kreuzberg, Urteil vom 03.03.2022 - 23 C 71/21
Eine Verringerung des innerhalb der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB errechneten Guthabens des Mieters ist nach Ablauf der Frist nur noch möglich, wenn der Vermieter die verspätete Korrektur nicht zu vertreten hat.*)

IBRRS 2022, 1802

OLG Nürnberg, Beschluss vom 07.06.2022 - 8 U 424/22
In der Maschinenversicherung stellt der Konstruktions- oder Materialfehler einer versicherten Sache als solcher keinen Sachschaden dar. Folglich sind Kosten, die zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit einer bei Vertragsschluss mangelhaften Sache erforderlich sind und demnach den vorbestehenden Mangelunwert beseitigen sollen, nicht erstattungsfähig (Fortführung von OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.01.2019 - 8 U 503/18, IBRRS 2019, 4234).*)

IBRRS 2022, 0281

BGH, Beschluss vom 23.09.2021 - I ZB 12/21
1. Aus dem Umstand, dass die Vertragsschließenden "alle" Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis einer Entscheidung durch das Schiedsgericht zugeführt haben, kann nicht darauf geschlossen werden, sie hätten bei Kenntnis der Teilnichtigkeit der Schiedsvereinbarung eine umfassende Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit gegenüber einer gespaltenen Zuständigkeit bevorzugt.
2. Die in einer "alle Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis" umfassenden Schiedsklausel zum Ausdruck kommende Intention, sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu entziehen, führt mangels entgegenstehender konkreter Umstände im Fall der Teilnichtigkeit der Schiedsklausel zu ihrer Aufrechterhaltung im zulässigen Umfang.

IBRRS 2022, 1787

BGH, Urteil vom 10.03.2022 - I ZR 70/21
Ein Haftpflichtversicherer ist im gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Prozess nicht gem. § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt.*)

Online seit 10. Juni
IBRRS 2022, 1764
OLG Celle, Urteil vom 18.05.2022 - 14 U 180/21
1. Die Mangelfreiheit eines Werks folgt nicht allein daraus, dass einschlägige DIN eingehalten werden. Ein Mangel liegt nicht nur dann vor, wenn das Werk nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern auch, wenn es sich nicht zum vertragsgemäßen Zweck eignet, unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (BGH, Urteil vom 20.04.1989 - VII ZR 80/88, IBRRS 1989, 0696).*)
2. Dass der Umfang der Bindungswirkung eines Grundurteils durch Auslegung zu ermitteln ist, ändert nichts an dem Grundsatz, dass Fragen der Schadenshöhe nicht in Bindungswirkung erwachsen (BGH, Urteil vom 20.12.2005 - XI ZR 66/05, IBRRS 2006, 0254).*)
3. Feststellungen zur Anspruchshöhe sind in einem Grundurteil unzulässig und binden für das Betragsverfahren auch dann nicht, wenn das Gericht eine Bindungswirkung herbeiführen wollte.*)

IBRRS 2022, 1729

AG Bad Säckingen, Urteil vom 09.05.2022 - 10 C 203/20
Die Zahlungsfähigkeit des angebotenen Ersatzmieters ist ein wesentliches Kriterium der Zumutbarkeit. Weigert sich der Ersatzmieter eine angefragte Bonitätsauskunft vorzulegen, ist er unzumutbar.

Online seit 9. Juni
IBRRS 2022, 1758
OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.03.2022 - 5 U 52/21
Ein Verbraucherbauvertrag liegt auch bei gewerkeweiser Vergabe vor, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen (Anschluss an OLG Hamm, IBR 2021, 351; entgegen KG, IBR 2022, 128).

IBRRS 2022, 1755

BGH, Beschluss vom 22.02.2022 - VIII ZR 38/20
1. Aufgrund der durch den Mietvertrag entstehenden Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen (Überlassungspflicht).
2. Darüber hinaus trifft den Vermieter auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht umfasst, eine nach der Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen.

IBRRS 2022, 1492

OLG Brandenburg, Urteil vom 29.03.2022 - 3 U 79/21
1. Geht es darum, ob der Inhalt einer protokollierten Aussage objektiv für die Beweisfrage ergiebig ist, kann das Berufungsgericht prinzipiell die Aussage ohne erneute Vernehmung des Zeugen anders beurteilen als die erste Instanz.
2. Dass die Parteien ihre Vereinbarungen selbst rechtlich nicht als Mietvertrag ansehen, steht einer Einordnung der getroffenen Absprachen als Mietvertrag nicht entgegen.
3. Übernimmt eine Partei die Ratentilgung für ein Darlehen, mit dem das Haus renoviert und das Dachgeschoss zu einer Wohnung ausgebaut werden, und verpflichtet sie sich weiter, auch in Zukunft sich an sämtlichen Instandhaltungskosten bzw. sonstigen Kosten des gesamten Hauses zu beteiligen, und darf dafür im Gegenzug in der neu erbauten Dachgeschosswohnung wohnen, so haben die Parteien einen Mietvertrag geschlossen.

Online seit 8. Juni
IBRRS 2022, 1750
OLG Brandenburg, Urteil vom 05.05.2022 - 12 U 100/21
1. Der planende und bauüberwachende Architekt hat sicherzustellen, dass Steinfensterbänke und Rollladenkästen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden.
2. Fliesenarbeiten im Küchenbereich sind besonders schadensträchtige Arbeiten, die der Architekt intensiv zu überwachen hat.
