Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
Online seit heute
IBRRS 2023, 1508
VG Aachen, Beschluss vom 04.01.2023 - 3 L 632/21
1. Zu einem erfolgreichen Nachbareilantrag gegen die sofortige Vollziehung einer Baugenehmigung, die den Wiederaufbau eines durch die Flutkatastrophe vom 14./15.07.2021 stark zerstörten Mehrfamilienhauses zulässt und dabei im Wege der Abweichung - zu Lasten der Nachbareigentümerin - ein geringere Tiefe der Abstandsfläche gestattet.*)
2. Die für "Ersatzneubauten" in § 6 Abs. 12 Satz 2 BauO-NW geschaffene Befugnis der Baugenehmigungsbehörde, eine Abweichung von der Einhaltung der Tiefe der Abstandsfläche zu gestatten, setzt voraus, dass ein zu ersetzendes (Alt-)Gebäude noch Bestandsschutz genießt.*)
3. Ein (Alt-)Gebäude genießt u.a. dann Bestandsschutz, wenn es baurechtlich genehmigt wurde, und zwar so lange, wie die zu seiner Errichtung und Nutzung erteilte Baugenehmigung als wirksam anzusehen ist.*)
4. Eingriffe in die Bausubstanz, die eine bauliche Anlage so erheblich verändern, dass sie nicht mehr mit der alten, ursprünglich bestandsgeschützten Anlage identisch ist, bringen die erteilte Baugenehmigung und den durch sie vermittelten (formellen) Bestandsschutz zum Erlöschen.*)

Online seit 7. Juni
IBRRS 2023, 1565
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.04.2023 - 8 S 3878/21
1. Allein ein fehlender Standsicherheitsnachweis für eine bauliche Anlage begründet noch keinen Anspruch des Nachbarn auf ein bauaufsichtliches Einschreiten.*)
2. Besteht wegen Zweifeln an der Standsicherheit einer baulichen Anlage ein Gefahrenverdacht, kann der betroffene Nachbar von der Baurechtsbehörde Gefahrerforschungsmaßnahmen verlangen.*)

Online seit 6. Juni
IBRRS 2023, 1561
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.05.2023 - 3 S 266/23
Eine Doppelhausbebauung kann zwar eine rechtliche Sondersituation darstellen, die eine Beeinträchtigung nachbarlicher Belange trotz einer Unterschreitung der gebotenen Abstandsflächen ausschließt und die Zulassung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO-BW rechtfertigt. Dies setzt jedoch voraus, dass der quantitative und qualitative Charakter als Doppelhaus, d. h. als einer verträglich und abgestimmt aneinandergebauten baulichen Einheit, gewahrt bleibt (Fortführung von VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2009 - 3 S 569/09, ZfBR 2009, 805 [Ls.].*)

Online seit 5. Juni
IBRRS 2023, 1494
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2023 - 7 B 134/23
1. Das planungsrechtliche Erfordernis einer gesicherten Erschließung ist grundsätzlich nicht nachbarschützend.
2. Ein nachbarschützender Abwehranspruch kommt mit Blick auf die Erschließung des Vorhabens des Bauwilligen nur in Betracht, wenn die fehlende (wegerechtliche) Erschließung bei Umsetzung der erteilten Baugenehmigung dazu führt, dass dieser Mangel "quasi automatisch" einen Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts am Grundstück des Nachbarn auslöst.

Online seit 2. Juni
IBRRS 2023, 1538
OVG Saarland, Beschluss vom 27.04.2023 - 2 A 259/22
1. Ungeachtet des Umstands, dass bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Grenzgarage im unbeplanten Innenbereich hinsichtlich des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche keine Ermessensentscheidung der Baugenehmigungsbehörde in Betracht kommt, weil nach § 34 Abs. 1 BauGB vor dem Hintergrund der Eigentumsgewährleistung im Art. 14 Abs. 1 GG eine gebundene Entscheidung zu treffen ist, sind die im § 23 Abs. 5 BauNVO für die Ermessensentscheidung im Plangebiet geltenden materiellen Maßstäbe auch in dem Zusammenhang in den Blick zu nehmen.*)
2. Demnach sind auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB insoweit mögliche städtebaulichen Folgen einer Zulassung der Garage außerhalb der durch faktische Baugrenzen bestimmten überbaubaren Grundstücksflächen von Bedeutung. Die über die Nichteinhaltung des Umgebungsrahmens hinaus für ein Nichteinfügen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) der Garage zu fordernden spannungsbegründenden Veränderungen der städtebaulichen Situation beziehungsweise eine das Einfügen hindernde Verschlechterung der städtebaulichen Situation können sich insbesondere aus einer negativen Vorbildwirkung ergeben.*)
3. Nennt die insoweit maßgebliche Entscheidung der Widerspruchsbehörde als Grundlage ihrer Ermessensentscheidung für den Erlass einer Beseitigungsanordnung die materielle Rechtswidrigkeit im Sinne einer fehlenden (nachträglichen) Genehmigungsfähigkeit des Bauwerks und stellt nicht tragend auf eine beabsichtigte Ausräumung einer Nachbarrechtsverletzung ab, kommt es für die rechtliche Überprüfung dieser Entscheidung nicht entscheidend darauf an, ob die Anlage auch die subjektiven Rechte eines Nachbarn verletzt.*)

Online seit 1. Juni
IBRRS 2023, 1525
BVerwG, Beschluss vom 05.04.2023 - 4 BN 29.22
1. Der besonderen Schutzwürdigkeit privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich ist bei der Abwägung gebührend Rechnung zu tragen.
2. Neben dem schutzwürdigen, insbesondere genehmigten oder genehmigungsfähigen Bestand ist zudem das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung abwägungsbeachtlich, nicht jedoch unklare oder unverbindliche Erweiterungs- oder Modernisierungsabsichten.

Online seit 31. Mai
IBRRS 2023, 1466
VGH Bayern, Beschluss vom 09.08.2022 - 15 CS 22.1364
1. Gewisse Verringerungen des Lichteinfalls bzw. ein Verschattungseffekt als typische Folgen einer Bebauung insbesondere in innergemeindlichen Lagen sind grundsätzlich hinzunehmen.
2. Im Regelfall bedarf es keiner besonderen Ermittlung, Bewertung und Abwägung zur Frage einer planbedingten Verschattung, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften bei Umsetzung des Bebauungsplans eingehalten sind.
3. Auch bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen können im Fall der maximalen Umsetzung eines Bebauungsplans weitere Ermittlungen, Bewertungen und Abwägungserwägungen zur Verschattungsfrage geboten sein, wenn ein bestehender Bebauungsplan geändert werden soll. Das gilt insbesondere, wenn es um Änderungen von Festsetzungen geht, die nachbarschützende Festsetzungen begründen.
4. Ortsrechtliche Festsetzungen begründen - unabhängig davon, ob sie nach dem Willen des Plangebers nachbarschützend sind oder nicht - regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Veränderungen des Bebauungsplans, die sich für die Nachbarn nachteilig auswirken können, nur unter Berücksichtigung ihrer Interessen vorgenommen werden.

Online seit 30. Mai
IBRRS 2023, 1487
BVerwG, Urteil vom 24.01.2023 - 4 CN 6.21
Die Gemeinde muss Flächen, für die ein Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung Windenergie festsetzt, nicht in das gesamträumliche Konzept für eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einbeziehen.*)

Online seit 26. Mai
IBRRS 2023, 1436
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2022 - 8 C 10123/22
1. Gemeinderatsmitglieder, die Angehörige eines Geschäftsführers und Alleingesellschafters einer GmbH sind, welche durch einen Bebauungsplan unmittelbar betroffen ist, sind gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 GemO von der Mitwirkung am Planaufstellungsverfahren ausgeschlossen.*)
2. Die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung (§ 13a BauGB) ist unzulässig, wenn die beplanten Flächen im Außenbereich liegen.*)
3. Die Festlegung artenschutzrechtlicher Vermeidungsmaßnahmen im Rahmen der FFH-Vorprüfung lässt nicht die Notwendigkeit einer Vollprüfung entfallen, wenn sich die Vermeidungsmaßnahmen allesamt auf für das FFH-Gebiet maßgebliche Lebensraumarten beziehen.*)
4. Ein im Plangebiet ansässiges Unternehmen hat grundsätzlich Anspruch auf einen Anschluss an das öffentliche Straßennetz, jedoch nicht auf Beibehaltung einer günstigen Erschließungssituation.*)

IBRRS 2023, 1441

VGH München, Urteil vom 19.03.2021 - 22 B 20.1347
Zu den Voraussetzungen der Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 4a BImSchG, insbesondere zu der Berücksichtigung einer Sicherungsübereignung eines auf dem Betriebsgrundstück des Abfallentsorgers befindlichen Bauwerks an dessen Vermieter, wenn die Sicherungsübereignung (auch) der Absicherung von im Insolvenzfall möglicherweise anfallenden Entsorgungskosten dient.*)

IBRRS 2023, 1435

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2022 - 8 C 10074/22
1. Zu den Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne in Fällen, in denen bereits (Teil-)Baugenehmigungen auf der Grundlage des angefochtenen Plans erlassen wurden.*)
2. Zur abwägenden Prüfung von Maßnahmen aktiven Lärmschutzes bei der Planung eines neuen Wohngebiets neben bestehenden Verkehrseinrichtungen und zu erwartender erheblicher Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005-1 (hier Abwägungsfehler wegen unzureichender Ermittlungen bejaht).*)

Online seit 25. Mai
IBRRS 2023, 1442
OVG Bremen, Beschluss vom 30.03.2021 - 1 LA 180/18
1. Zur Abgrenzung zwischen Studentenkneipe (Schank- und Speisewirtschaft) und Studententanzkeller (Vergnügungsstätte, Diskothek).*)
2. Zur Abgrenzung zwischen Nutzungsänderung und Nutzungsintensivierung bei einem Studententanzkeller (Diskothek).*)

IBRRS 2023, 1419

VG Freiburg, Urteil vom 18.04.2023 - 3 K 1796/22
1. Bemühungen einer Gemeinde um Verbesserung der funktionalen Gestaltung der Innenstadt und Erhöhung der Standortqualität stellen besondere städtebauliche Gründe im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO dar, die im urbanen Gebiet nach § 6a BauNVO den Ausschluss von Werbeanlagen für Fremdwerbung rechtfertigen können.*)
2. § 6a Abs. 4 BauNVO enthält über die bestehenden Möglichkeiten zur "Feinsteuerung" nach § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO hinaus zusätzliche Differenzierungsmöglichkeiten.*)
3. § 6a Abs. 4 Nr. 1 BauNVO schließt - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - die Anwendung von § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO nicht aus.*)

Online seit 24. Mai
IBRRS 2023, 1429
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.04.2023 - 2 L 90/21
Die Nutzungsänderung einer Wohnung zur Terminwohnung, in der Prostitution betrieben wird, kann in einem faktischen Mischgebiet im Einzelfall bauplanungsrechtlich unzulässig sein, wenn die Terminwohnung im 2. Obergeschoss eines ansonsten zu Wohnzwecken genutzten Mehrfamilienhauses eingerichtet werden soll.*)

Online seit 23. Mai
IBRRS 2023, 1394
VGH Bayern, Urteil vom 25.10.2022 - 10 B 21.2747
1. Für einen die Sperrwirkung einer Spezialregelung auslösenden Vorrang reicht die Existenz einer anderweitigen Befugnisnorm im besonderen Sicherheitsrecht aus.
2. Eine Nutzungsänderung ist − auch ohne bauliche Maßnahmen − dem Errichten eines Gebäudes gleichzustellen, da die Anforderungen an die Erreichbarkeit bei Gefahr von Schadensfällen z. B. Brandgefahr und Rettungsprobleme sich an der jeweiligen Nutzung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten orientieren müssen.

Online seit 22. Mai
IBRRS 2023, 1404
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.05.2023 - 1 MR 10/20
1. Zu den Grenzen des ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB.*)
2. Zu den Anforderungen an die Umweltprüfung und den Umweltbericht gem. § 2 Abs. 3, 4 BauGB.*)
3. Zur Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO.*)

IBRRS 2023, 1390

OVG Bremen, Beschluss vom 03.02.2023 - 1 B 245/22
1. Das gesetzgeberische Verständnis von Wohnraum im Sinne des Bremischen Wohnungsaufsichtsgesetzes umfasst unter anderem die jeweiligen Zugangsbereiche zu den Wohngebäuden. Dies ergibt sich aus § 3 BremWAG, der die Anforderungen an den Wohnraum im Sinne des Gesetzes bestimmt und nach dessen Absatz 3 in den Außenanlagen insbesondere die Zugänge zu Wohngebäuden sowie, soweit vorhanden, Innenhöfe und Kinderspielflächen funktionsfähig und nutzbar sein müssen.*)
2. § 5 Satz 1 BremWAG ermächtigt die zuständige Behörde bei Vorliegen des hinreichenden Verdachts für einen Missstand, eine Aufklärungsverfügung gegenüber dem Verfügungsberechtigten zu erlassen.*)

Online seit 19. Mai
IBRRS 2023, 1388
BVerwG, Beschluss vom 24.03.2023 - 4 BN 28.22
1. Die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass die Fläche, auf der ein Vorhaben errichtet werden soll, innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt.
2. Ein Bebauungszusammenhang reicht stets so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört.
3. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden.

Online seit 17. Mai
IBRRS 2023, 1376
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.04.2023 - 10 N 56/20
Zur Sicherung eines ausreichenden Sozialabstands durch Abstandsflächen als Schutzziel und nachbarschützender Zweck von § 6 BauO-BE (hier: unzulässiger Balkonanbau).*)

Online seit 16. Mai
IBRRS 2023, 1171
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.01.2023 - 12 MS 134/22
Als ein die weitere Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 Satz 4 BauGB ausschließendes Fehlverhalten einer Kommune kommen auch solche Ursachen von Verzögerungen in Betracht, die zeitlich vor der ersten Zurückstellung gesetzt worden sind, aber im Zurückstellungszeitraum fortwirken. Einer weiteren Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 Satz 4 BauGB hat eine genügende genehmigungsbehördliche Aufklärung des Sachverhalts vorauszugehen, deren Unterbleiben nicht durch gerichtliche Ermittlungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgefangen werden muss. Die Zurückstellung eines Antrags auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 15 Abs. 3 Satz 4 BauGB hat zu unterbleiben, wenn dieser Vorbescheidsantrag unschwer erkennbar ablehnungsreif ist.*)

Online seit 15. Mai
IBRRS 2023, 1310
OVG Niedersachsen, Urteil vom 12.01.2023 - 1 LB 23/22
1. § 66 Abs. 6 NBauO gilt nur für Ausnahmen und Befreiungen, die ohne diese Vorschrift durch die Genehmigungsbehörde und nicht in einem besonders geregelten Verfahren zu erteilen wären.*)
2. In einem faktischen Industrie- bzw. Hafengebiet erwartet die Verkehrsauffassung große Freiflächen, jedenfalls wenn sie als Lager- und Verkehrsflächen ausgeprägt sind und sich die Bebauung ihnen dem Gewicht nach nicht klar unterordnet. Diese stehen der Annahme eines Bebauungszusammenhangs mithin nicht entgegen.*)
3. Der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan bedarf nicht der Ausfertigung.*)
4. Die Planungsabsichten einer Gemeinde können für den Erlass einer Veränderungssperre auch dann hinreichend konkret sein, wenn die Festsetzungstechnik hinsichtlich der angestrebten Art der baulichen Nutzung - hier Sondergebiet oder Industriegebiet - noch nicht feststeht.*)
5. Ein Bauantragsteller kann einen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Ausnahme von einer für den Vorhabenstandort geltenden Veränderungssperre haben, wenn die Planungsziele der Gemeinde dem Vorhaben nicht entgegenstehen und bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre ein Genehmigungsanspruch bestand.*)
6. Eine Erweiterung der für die Entscheidung über eine Ausnahme von einer Veränderungssperre maßgeblichen gemeindlichen Planungsziele ist grundsätzlich nur durch Beschlüsse des zuständigen Gemeindeorgans (z.B. Offenlegungsbeschluss, Satzungsbeschluss) möglich.*)
7. Steht der Erteilung einer Baugenehmigung lediglich noch das Fehlen einer nach der Schlusspunkttheorie erforderlichen weiteren Zulassungsentscheidung entgegen, so kommt eine aufschiebend bedingte Genehmigungserteilung in Betracht, wenn der Bauantragsteller sein Interesse daran kundgetan hat. Das insoweit grundsätzlich bestehende Ermessen ist auf Null reduziert, wenn die Genehmigungsbehörde in ständiger Verwaltungspraxis davon absieht, die Baugenehmigung erst nach der weiteren Zulassungsentscheidung zu erteilen.*)

IBRRS 2023, 1321

BVerwG, Beschluss vom 04.11.2022 - 4 BN 31.22
1. Antragsbefugt im Normenkontrollverfahren ist nur eine Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
2. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, kann die Antragsbefugnis aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange folgen.
3. Abwägungserheblich sind nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren.

Online seit 12. Mai
IBRRS 2023, 1309
BVerwG, Beschluss vom 28.02.2023 - 4 BN 10.22
Ein gemeinsamer gebietsübergreifender Bebauungsplan zweier Gemeinden kann nur durch einen Planungsverband nach § 205 Abs. 1 BauGB oder einen dem Planungsverband in der Organisationsform gleichwertigen Zusammenschluss i.S.v. § 205 Abs. 6 BauGB erlassen werden (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 17.05.2018 - 4 CN 9.17, IBRRS 2018, 2541).*)

Online seit 11. Mai
IBRRS 2023, 1308
BVerwG, Beschluss vom 02.03.2023 - 4 B 23.22
1. Eine gesetzliche Genehmigungspflicht für die Beseitigung eines Kulturdenkmals führt im Regelfall nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung eines Eigentümers im engeren Sinn. Anders liegt es, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht.
2. Die Privatnützigkeit wird aber erst dann nahezu vollständig beseitigt, wenn auch die Möglichkeit einer Veräußerung praktisch entfällt, weil sie sich nicht oder nur unzumutbar, etwa gegen einen allein symbolischen Kaufpreis, ins Werk setzen lässt.
3. Die zu Baudenkmälern formulierten Grundsätze gelten auch für unbebaute Grundstücke, bei denen die Privatnützigkeit des Eigentums ebenso die Verfügungsbefugnis und damit die Möglichkeit einer Veräußerung umfasst.
4. Der Eigentümer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann. Das gilt auch dann, wenn der Eigentümer bei Erwerb des Grundstücks dessen Denkmaleigenschaft nicht kannte.
