Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 27. September
IBRRS 2024, 2816OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2024 - 21 A 828/23
1. Ein Vermessungsingenieur kann sich nach einer Änderung des Berufsrechts nicht auf eine frühere rechtswidrige Verwaltungspraxis berufen (hier: rückwirkende Erteilung von Vermessungsgenehmigungen).
2. Bei der Ahndung schuldhafter Berufspflichtverletzungen besteht kein Entschließungsermessen.
VolltextOnline seit 25. September
IBRRS 2024, 2833OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 19 U 103/22
1. Für die Feststellung eines konkludenten Vertragsabschlusses sind unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierbei sind in einer Gesamtbetrachtung die Interessenlage der Parteien sowie alle weiteren Umstände, insbesondere auch etwa vorhandene Dokumente zu bewerten und sodann festzustellen, ob und inwieweit die Parteien übereinstimmend eine vergütungspflichtige Beauftragung gewollt haben.
2. Der Architekt muss die Umstände, nach denen Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten sind, darlegen und beweisen, der Auftraggeber, dass die Leistungen gleichwohl unentgeltlich erbracht werden sollen.
3. Eine Vertragsübernahme (hier: durch eine Projektgesellschaft) kann entweder durch Aufhebung des alten und Abschluss eines neuen Vertrages zu den Bedingungen des aufgehobenen oder ohne Neuabschluss durch Rechtsnachfolge in den alten Vertrag herbeigeführt werden, indem ein Vertragspartner unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrages ausgewechselt wird.
4. Das Umschreiben einer Rechnung besagt insbesondere bei einer engen Verflechtung zwischen zwei Rechnungsadressaten nichts darüber, dass der Architekt mit einer Entlassung des bisherigen Auftraggebers aus seiner Verpflichtung und einer Schuldübernahme durch den Dritten einverstanden ist.
5. Die Vorschriften der HOAI setzen den Bestand eines nach den Vorschriften des BGB begründeten Anspruchs voraus. Sie regeln nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Anspruch vertraglich begründet oder wieder aufgehoben werden kann.
6. Im Anwendungsbereich des zwingenden HOAI-Preisrechts ist ein nachträglicher Vergleich über die Vergütungshöhe erst nach Beendigung der Architektentätigkeit möglich.
VolltextOnline seit 19. September
IBRRS 2024, 2605OLG München, Beschluss vom 23.05.2022 - 20 U 6700/21 Bau
1. Der Architekt ist nicht gehalten, in der Grundlagenermittlung Kostenvorstellung zu erfragen oder in der Vor- und Entwurfsplanung Kostenkontrollen durchzuführen, wenn dem Unternehmer-Auftraggeber aufgrund einer vorangegangenen, bereits als Bauvoranfrage eingereichten Planung eines anderen Architekturbüros die finanzielle Dimension des Vorhabens bekannt ist.
2. Dem Auftraggeber können gegenüber dem Architekten nur dann Rechte wegen Kostenüberschreitung zustehen, wenn zwischen den Parteien eine Baukostenobergrenze vereinbart wurde (hier verneint).
3. Bei Annahme eines Kostenrahmens steht dem Architekten eine Toleranz jedenfalls in Höhe von 30% zu.
VolltextOnline seit 17. September
IBRRS 2024, 2758OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2023 - 21 U 191/22
1. Der Architekt kann selbst dann auf Grundlage der getroffenen Honorarvereinbarung abrechnen, wenn diese wegen Mindestsatzunterschreitung unwirksam sein sollte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich weder Architekt noch der Auftraggeber auf die Unwirksamkeit berufen.
2. Bei einer freien Kündigung trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für die Vergütung der nicht erbrachten Leistungen. Da er die Interna des Architekten nicht kennt, trifft allerdings den Architekten die Erstdarlegungslast hinsichtlich der Ersparnis und des anderweitigen Erwerbs. Genügt er dieser nicht, führt dies zu einer endgültigen Klageabweisung.
3. Der Architekt muss darlegen, wie der voraussichtliche Projektablauf gewesen wäre, wenn er das Objekt vollends zu betreuen gehabt hätte. Er muss Angaben machen, wie lange sein Büro mit welchen Leistungen bei dem Projekt befasst gewesen wäre. Des Weiteren muss er zur Ersparnis vortragen.
4. Neben projektbezogenen Sachkosten können auch Personalkosten erspart werden, die der Architekt für das Projekt gehabt hätte, wenn der Auftrag nicht gekündigt worden wäre. Grundsätzlich liegt eine Ersparnis allerdings nur dann vor, wenn diese Personalkosten infolge der Kündigung nicht mehr anfallen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn das Personal infolge der Kündigung nicht mehr eingestellt werden muss oder bei dem Architekten nicht mehr beschäftigt wird. Auch Überstundenausgleich muss sich der Architekt anrechnen lassen.
5. Dagegen ist es grundsätzlich keine Frage der ersparten Aufwendungen, wenn das Personal weiter beschäftigt wird und für andere Aufträge eingesetzt wird. Insoweit ist der Unternehmer gehalten, den durch den Einsatz des Personals erzielten anderweitigen Erwerb in Ansatz zu bringen.
6. Beim anderweitigen Erwerb muss nicht zu allen Aufträgen vorgetragen werden, die während der voraussichtlichen Projektlaufzeit des gekündigten Objekts entgegengenommen wurden. Erheblich sind nur solche, die gleichzeitig mit dem gekündigten Auftrag bei gleicher Besetzung des Büros nicht hätten bearbeitet werden können. Wenn es solche sog. "Füllaufträge" gibt, dann muss der Gewinn aus dem zusätzlichen Auftrag von der Restvergütung abgesetzt werden.
7. Um beurteilen zu können, ob es sich um Füllaufträge oder parallel neben dem ursprünglichen Auftrag zu bearbeitende Aufträge gehandelt hat, hat der Architekt zu dem Inhalt, dem Umfang, dem Volumen und dem zeitlichen Rahmen dieser Aufträge vorzutragen oder die schriftlichen Aufträge vorzulegen.
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