Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Zivilprozess & Schiedswesen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2022, 1637
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.02.2022 - 2-28 O 191/21
1. Mehrfach indexorientiert erhöhte Miete kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden.
2. Die Vorlage eines Mietkontoauszugs/Saldos reicht regelmäßig aus.
3. Das rechtskräftige Vorbehaltsurteil entfaltet auch für das Nachverfahren Bindungswirkung, als es nicht auf den Eigenheiten des Urkundenprozesses beruht

Online seit 30. Juni
IBRRS 2022, 1998
LG Lübeck, Beschluss vom 24.06.2022 - 7 T 214/22
§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG findet keine Anwendung, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen (hier: Mietkautionsrückforderung und Vermieteransprüche unter Abzug der Mietkaution) betreffen.*)

Online seit 29. Juni
IBRRS 2022, 1414
KG, Urteil vom 25.04.2022 - 8 U 158/21
1. Miete i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete.
2. Gleiches gilt im Falle einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs und auch dann, wenn der Mieter dem Mietanspruch des Vermieters einredeweise einen Anspruch auf Anpassung der Miete nach § 313 BGB entgegenhalten kann.
3. Eine AGB-Klausel, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang des Geldes auf dem Konto des Vermieters ankommt, ist im Gewerberaummietrecht wirksam.
4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
5. Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemie-bedingten Nachteile erlangt hat, wenn sie nicht als Darlehen gewährt wurden, oder aus einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters erhalten hat.
6. Da die Höhe dieser Ersatzleistungen regelmäßig erst mit deren tatsächlicher Auszahlung feststeht und erst zu diesem Zeitpunkt dann abschließend über eine Mietanpassung entschieden werden kann, kommt bis dahin auch eine temporäre Beschränkung der Zahlungspflicht, mithin eine Stundung der Mieten in Betracht.
7. Ausbleibende Kundschaft auch in dem Zeitraum, in denen der Betrieb des Mieters nicht von einer Zwangsschließung betroffen ist, fällt in das wirtschaftliche Risiko des Gewerberaummieters, denn das Verwendungsrisiko liegt grundsätzlich beim Mieter.
Online seit 27. Juni
IBRRS 2022, 1928
OLG Köln, Beschluss vom 09.12.2021 - 11 W 37/21
Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehören grundsätzlich zu den Kosten der Hauptsache. Das gilt auch im Beschlussverfahren, wenn der Beschluss erst auf eine erfolgreiche Beschwerde hin erlassen wird.

Online seit 22. Juni
IBRRS 2022, 1914
OLG Hamm, Beschluss vom 23.05.2022 - 22 W 9/22
1. Das rechtliche Interesse an der Einholung eines Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren gem. § 485 Abs. 2 ZPO erfordert nicht, dass der Antragsteller als Käufer einer Immobilie darlegt und glaubhaft macht, dass die geltend gemachten Mängel in Anbetracht des Alters der Immobilie Sachmängel darstellen und der Verkäufer arglistig i.S.v. § 444 BGB gehandelt hat.*)
2. Der Antragsteller, der Sachmängel i.S.v. § 434 BGB an einer Bestandsimmobilie geltend macht, muss allerdings gem. § 487 Nr. 2, 4 ZPO vortragen und glaubhaft machen, welche Mangelsymptome zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen. Dabei sind diese unter Einbeziehung der Lage im Bauwerk und dem zeitlichen Auftreten so genau zu beschreiben, dass der Gerichtssachverständige ohne eigene Sachverhaltsermittlung die gestellten Beweisfragen bearbeiten kann.*)
Online seit 14. Juni
IBRRS 2022, 1818
OLG Köln, Beschluss vom 18.03.2022 - 11 W 54/21
Eine negative Feststellungsklage der Antragsgegnerseite sperrt nicht die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.*)

Online seit 13. Juni
IBRRS 2022, 1435
OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2020 - 16 U 34/20
1. Die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ist nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden als sie im Vordersatz Eingang gefunden haben. Dementsprechend ist § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B nicht anwendbar, wenn sich die Mengen durch Anordnungen des Auftraggebers ändern oder dieser einen Teil der Leistung kündigt.
2. Verzichtet der Auftraggeber vollständig auf die Ausführung bestimmter Positionen des Leistungsverzeichnisses, handelt es sich nicht um eine "Mengenreduzierung auf Null", sondern um eine freie Teilkündigung.
3. Ein entgangener Vergabegewinn ist keine ersparte Aufwendung.

IBRRS 2022, 0281

BGH, Beschluss vom 23.09.2021 - I ZB 12/21
1. Aus dem Umstand, dass die Vertragsschließenden "alle" Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis einer Entscheidung durch das Schiedsgericht zugeführt haben, kann nicht darauf geschlossen werden, sie hätten bei Kenntnis der Teilnichtigkeit der Schiedsvereinbarung eine umfassende Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit gegenüber einer gespaltenen Zuständigkeit bevorzugt.
2. Die in einer "alle Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis" umfassenden Schiedsklausel zum Ausdruck kommende Intention, sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu entziehen, führt mangels entgegenstehender konkreter Umstände im Fall der Teilnichtigkeit der Schiedsklausel zu ihrer Aufrechterhaltung im zulässigen Umfang.

IBRRS 2022, 1787

BGH, Urteil vom 10.03.2022 - I ZR 70/21
Ein Haftpflichtversicherer ist im gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Prozess nicht gem. § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt.*)
