Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 15. März
IBRRS 2023, 0767
VGH Bayern, Beschluss vom 07.02.2023 - 15 CE 22.2689
1. Die mit der Errichtung notwendiger Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs sind grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen.
2. Das Fehlverhalten Dritter bzw. das Nichteinhalten genehmigter Parkflächen durch die Bewohner ist städtebaulich nicht relevant.

Online seit 14. März
IBRRS 2023, 0760
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2023 - 10 S 3206/21
Zur baurechtlichen Zulässigkeit eines Motorsport-Übungsgeländes im Außenbereich.*)

Online seit 10. März
IBRRS 2023, 0729
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.02.2023 - 10 B 1148/22
1. Das Gebot der Rücksichtnahme fordert nicht, dass alle Fenster eines Hauses mit den dahinter liegenden Zimmern beziehungsweise das gesamte Grundstück das ganze Jahr über optimal besonnt oder belichtet werden.
2. Gewähren Fenster, Balkone oder Terrassen eines neuen Gebäudes beziehungsweise Gebäudeteils den Blick auf ein Nachbargrundstück, ist deren Ausrichtung, auch wenn der Blick von dort in einen Ruhebereich des Nachbargrundstücks fällt, nicht aus sich heraus rücksichtslos. Es ist in bebauten Gebieten üblich und hinzunehmen, dass infolge einer solchen Bebauung erstmals oder zusätzlich Einsichtsmöglichkeiten entstehen.

Online seit 7. März
IBRRS 2023, 0709
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.02.2023 - 2 M 97/22
Im Baunachbarrecht gibt es in der Regel keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten in bestehende Wohn- oder Ruhebereiche.*)

Online seit 6. März
IBRRS 2023, 0686
VGH Bayern, Beschluss vom 17.02.2023 - 15 CS 23.95
1. Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen einer Baugenehmigung. Mit der Änderung der Nutzung von einem Restaurantbetrieb zu einer Vergnügungsstätte wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und werden bodenrechtliche Belange neu berührt.
2. Die Nutzung einer baulichen Anlage kann untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird.
3. Eine formell rechtswidrige Nutzung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (hier verneint).
4. Die bloße Duldung einer rechtswidrigen baulichen Anlage über längere Zeiträume hinweg im Sinn des schlichten Unterlassens des bauaufsichtlichen Einschreitens schließt auch bei Kenntnis der Bauaufsichtsbehörde den späteren Erlass einer Beseitigungsanordnung regelmäßig nicht aus.

Online seit 3. März
IBRRS 2023, 0682
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.02.2023 - 10 N 38/20
1. Bauliche und sonstige Anlagen sind unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind.
2. Für eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots genügt es nicht, wenn ein Vorhaben die Situation für den Nachbarn nachteilig verändert. Eine Rechtsverletzung ist erst dann anzunehmen, wenn der Nachbar in städtebaulich relevanten Belangen unzumutbar beeinträchtigt ist.
3. Auch eine bloße Nutzungsänderung ohne eine wesentliche Änderung der Bausubstanz eines Gebäudes kann eine abstandsflächenrechtliche Neubewertung erfordern, zumal die durch die abstandsrechtlichen Vorschriften geschützten Belange nicht nur die Belichtung, Belüftung und Besonnung sowie den Brandschutz umfassen, sondern sich auch auf den Wohnfrieden erstrecken.
4. Das setzt voraus, dass die Nutzungsänderung auf wenigstens einen durch die Abstandvorschriften geschützten Belang nachteiligere Auswirkungen als die bisherige Nutzung hat.

IBRRS 2023, 0675

BGH, Urteil vom 27.01.2023 - V ZR 261/21
1. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück, kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt wird.*)
2. Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die - anteilige - Verpflichtung zur Übernahme der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.*)
3. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen (hier: Tiefgarage), können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes Grundstück. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten der Anlage unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.*)
4. Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks. Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht.*)

Online seit 2. März
IBRRS 2023, 0662
OVG Bremen, Beschluss vom 13.02.2023 - 1 B 319/22
1. In einem auf bauaufsichtliches Einschreiten gerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist grundsätzlich von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans auszugehen. Zweifel an der Wirksamkeit müssen so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist.*)
2. Einer Berufung auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen steht es nicht grundsätzlich entgegen, dass der sich hierauf berufende Nachbar selbst bis an die Grundstücksgrenze gebaut hat, wenn diese eigene Grenzbebauung nach dem geltenden Bauordnungsrecht rechtmäßig ist.*)
