Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
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IBRRS 2025, 2709
Bauträger
OLG München, Beschluss vom 12.03.2024 - 27 U 3051/23 Bau
1. Ein Vertrag, mit dem die Verpflichtung begründet werden soll, Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, bedarf der notariellen Beurkundung. Dem Formzwang unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören, einschließlich vor der Beurkundung bewirkte Zahlungen sowie Sonderentgelte.
2. Haben die Parteien bewusst Unrichtiges beurkunden lassen, ist der beurkundete Vertrag als Scheingeschäft und der wirklich gewollte Vertrag wegen Formmangels nichtig (hier bejaht).
3. Die Berufung auf die Formnichtigkeit des Vertrags kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen treuwidrig sein. Der Treuwidrigkeitseinwand scheidet jedoch in Fällen aus, in denen die Parteien wissentlich und willentlich einen einen niedrigeren als den tatsächlich gewollten Kaufpreis beurkunden lassen.
4. § 817 Satz 2 BGB steht dem Rückforderungsanspruch des Erwerbers hinsichtlich der an den Verkäufer geleisteten (nicht beurkundeten) Kaufpreiszahlungen nicht entgegen.
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IBRRS 2025, 2780
Vergabe
EuGH, Urteil vom 16.10.2025 - Rs. C-282/24
Die Änderung der in einer – anhand des Zuschlagskriteriums des niedrigsten Preises vergebenen – Rahmenvereinbarung vorgesehenen Vergütungsmethode, durch die das Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung geändert und zugleich die Preise so angepasst werden, dass sich der Gesamtauftragswert nur geringfügig ändert, ist nicht als Veränderung des Gesamtcharakters der Rahmenvereinbarung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen, es sei denn, die Änderung der Vergütungsmethode führt zu einer grundlegenden Verschiebung des Gleichgewichts der Rahmenvereinbarung.
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IBRRS 2025, 2754
Sachverständige
OLG Köln, Beschluss vom 20.08.2025 - 19 W 21/25
1. Bei einer Kenntniserlangung der Gründe für die Ablehnung des Sachverständigen während der mündlichen Erstattung des Sachverständigengutachtens ist das Befangenheitsgesuch unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, anzubringen.
2. Der Verlust des Ablehnungsrechts nach rügelosem Verhandeln zur Sache umfasst hiernach jedenfalls die der Partei bekannten Ablehnungsgründe, d.h. solche, die sich aus Äußerungen des Gutachters im Rahmen seiner Anhörung ergeben.
3. Der allgemein gehaltene Antrag auf Gewährung einer Frist zur Stellungnahme zur Beweisaufnahme genügt nicht.
4. Eine fehlerhafte Tatsachengrundlage für das Sachverständigengutachten kann allenfalls Anlass für die Einholung einer ergänzenden erläuternden Stellungnahme oder/und einer (weiteren) mündlichen Anhörung des Sachverständigen geben, keinesfalls aber die Besorgnis einer Befangenheit begründen.
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IBRRS 2025, 2739
Prozessuales
OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2023 - 16 U 39/22
1. Der Besteller genügt seiner Darlegungspflicht, wenn er einen Mangel in seinem äußeren Erscheinungsbild behauptet und belegt (sog. Symptomtheorie). Erforderlich ist nur eine hinreichend genaue Bezeichnung von Mangelerscheinungen, die einer fehlerhaften Leistung eines Baubeteiligten zugeordnet werden können. Der Besteller ist nicht gehalten, auch die Mängelursachen im Einzelnen anzugeben.
2. Eine schlüssige Klage setzt die Darstellung des Sachverhalts voraus, und zwar in dem Sinne, dass der Schriftsatz aus sich heraus verständlich und die Bezugnahme auf Anlagen nachvollziehbar bleibt. Der Vortrag darf insgesamt nicht so angelegt sein, dass die Bezugnahme auf Anlagen substantiierten Vortrag ersetzt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich etwaige Tatsachengrundlagen für die Subsumtion aus den Anlagen herauszusuchen.
3. Ein gerichtlicher Hinweis ist nicht erforderlich, wenn der Mangel des Vortrages auf der Hand liegt und von einer gewissenhaften und sachkundigen Prozesspartei hätte erkannt werden müssen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Prozessgegner auf den Mangel des Vortrages hinweist und dieser Hinweis auch zutreffend ist.
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Online seit gestern
IBRRS 2025, 2736
Architekten und Ingenieure
OLG Bamberg, Beschluss vom 25.04.2023 - 12 U 96/22
1. Erbringt der Planer Leistungen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung (noch) nicht erforderlich sind ("Vorpreschen"), steht ihm eine Vergütung hierfür grundsätzlich nicht zu.
2. Das ist auch dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber einen vorübergehenden "Planungsstopp" angeordnet hat.
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IBRRS 2025, 2732
Gewerberaummiete
OLG Schleswig, Urteil vom 20.08.2025 - 12 U 74/24
1. Der Einwand eines Verstoßes gegen die Schriftform ist von Amts wegen zu berücksichtigen, selbst wenn sich keine Partei auf den Formmangel berufen hat.
2. Für die Festlegung des Mietobjekts reichen konkrete Angaben der Örtlichkeiten sowie eine Circa-Angabe an Quadratmetern, während sich die präzise Lage und Anordnung regelmäßig an Ort und Stelle feststellen lässt. Es genügt also, wenn das Mietobjekt vor Ort bestimmbar ist.
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IBRRS 2025, 2737
Wohnungseigentum
LG München I, Beschluss vom 22.05.2025 - 1 S 9755/24 WEG
Ein Anspruch auf eine Änderung der Teilungserklärung besteht nicht, wenn das Ziel (hier bauliche Veränderung) auch durch einen Beschluss erreicht werden kann.
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Online seit 24. Oktober
IBRRS 2025, 2675
Wohnungseigentum
AG Minden, Urteil vom 16.09.2025 - 36 C 8/25
Entfernt man sich nach einer körperlichen Auseinandersetzung und dem Herbeirufen der Polizei von der Versammlung, kann dennoch mit Beschlussfassungen zu rechnen sein; es besteht eine Erkundigungsobliegenheit, deren Verletzung einer Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist entgegensteht.
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Online seit 23. Oktober
IBRRS 2025, 2741
Wohnungseigentum
BGH, Urteil vom 26.09.2025 - V ZR 108/24
Bei der Beschlussfassung über die Vorschüsse zur Kostentragung steht den Wohnungseigentümern sowohl hinsichtlich der einzustellenden Positionen als auch im Hinblick auf deren Höhe ein weites Ermessen zu. Anfechtbar kann der Beschluss allenfalls dann sein, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung evident ist, dass er zu weit überhöhten oder wesentlich zu niedrigen Vorschüssen führt.*)
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IBRRS 2025, 2721
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 18.07.2025 - VK 1-44/25
1. Der öffentliche Auftraggeber überschreitet seinen Beurteilungsspielraum bei der materiellen Eignungsprüfung, wenn er ausdrücklich benannte Eignungskriterien unberücksichtigt lässt und Bieter, die die Eignungsanforderungen nicht erfüllen, nicht zwingend wegen fehlender Eignung ausschließt.
2. Eine Zurechnung der Referenzen eines anderen Unternehmens wird regelmäßig anerkannt, wenn das Referenzunternehmen von dem Bieterunternehmen im Wege der Verschmelzung, Fusion oder Einzelrechtsnachfolge übernommen worden ist und zudem die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen übergegangen sind (hier verneint).
3. Eine wegen Nicht-Abhilfe ausgelöste und abgelaufene 15-Tage-Frist kann nach einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens erneut zu laufen beginnen.
4. Das ein auf die Vorbereitung einer Schadensersatzforderung gestütztes Feststellungsinteresse kann auch dann anzunehmen, wenn der Bieter sich die Klageerhebung nur vorbehält.
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IBRRS 2025, 2613
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 20.05.2025 - 67 S 221/24
1. Die Rechte des Mieters im Falle einer Veräußerung des Wohnraums sind durch § 566 BGB umfassend geschützt und verringern sich nicht dadurch, dass nunmehr eine natürliche statt einer juristischen Person auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eintritt.
2. Nimmt eine Modernisierungsvereinbarung ausdrücklich Bezug auf den ursprünglichen Mietvertrag und ändert diesen (lediglich) "in den nachstehenden Punkten ab", bringen die Parteien damit zum Ausdruck, dass der ursprünglich vereinbarte Mietvertrag und die darin enthaltenen Regelungen weiter Bestand haben sollen, sofern nicht grundsätzlich durch die Modernisierungsvereinbarung eine neue Regelung getroffen wird.
3. Ausreichend ist bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs regelmäßig die Angabe der Person, die die Wohnung benötigt und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat. Angaben zur Wohnsituation sind erforderlich, soweit sie für den Erlangungswunsch von Bedeutung sind.
4. Sieht eine Vertragsklausel vor, dass ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht ausreicht; vielmehr müssen "wichtige berechtigte Interessen (...) eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen", so reicht das in § 573 Abs. 2 BGB genannte berechtigte Interesse nicht aus; es muss darüber hinaus vielmehr ein besonderer Ausnahmefall vorliegen, der durch das Erfordernis wichtiger berechtigter Interessen, die die Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen, definiert ist. Die Klausel billigt dem Mieter einen gegenüber üblichen Mietverhältnissen erhöhten Bestandsschutz zu.
5. Eine "Familienzusammenführung" genügt hierfür nicht.
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Online seit 22. Oktober
IBRRS 2025, 2682
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 17.06.2025 - VK 2-35/25
1. In der Durchführung des Vergabeverfahrens auf der Basis falscher Rechtsgrundlagen liegt ein Vergabefehler.
2. Aus § 12 Abs. 1 Satz 2 KonzVgV folgt nicht, dass das gesamte Verfahren zur Vergabe einer Konzession über die VgV abzuwickeln wäre oder abgewickelt werden dürfte.
3. Die Zuschlagskriterien müssen einen Bezug zum Konzessionsgegenstand haben. Daran fehlt es, wenn etwaig einzureichende Konzepte oder Musterspeisepläne zwar bewertet werden, aber nicht Vertragsinhalt werden.
4. Aus der Kenntnis, dass eine Konzessionsvergabe erfolgen soll, ist nicht zu schlussfolgern, dass ein durchschnittlicher Bieter auch den vergaberechtlichen Rahmen für die Konzessionsvergabe kennt.
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IBRRS 2025, 2706
Wohnraummiete
LG München I, Urteil vom 25.06.2025 - 14 S 14073/24
1. Die Zustimmung nach § 558b Abs. 1 BGB ist bedingungsfeindlich und darf auch nicht unter einem Vorbehalt erklärt werden. Eine unter Bedingungen oder einem Vorbehalt erteilte Zustimmung ist rechtlich nichtig.
2. Gibt der Mieter durch den Vorbehalt zu erkennen, dass er die Zustimmung nur gelten lassen will, wenn weitere Umstände oder Ereignisse eintreten, dann fehlt es an einer wirksamen Zustimmung.
3. Erklärt sich der Mieter grundsätzlich mit der Mieterhöhung einverstanden, meldet aber Zweifel an der Korrektheit der ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete an und benennt dabei konkret drei falsch angewandte Mietspiegelmerkmale, liegt darin keine vollumfängliche vorbehaltlose Zustimmung zur Mieterhöhung.
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IBRRS 2025, 2689
Sachverständige
OLG Hamm, Beschluss vom 23.06.2025 - 25 W 98/25
1. Die eine Hinweispflicht des Sachverständigen auslösende Erheblichkeitsgrenze ist jedenfalls bei einer Überschreitung des angeforderten Vorschusses von 25 % anzunehmen.
2. Da bereits leichte Fahrlässigkeit ausreicht, kann sich ein fehlendes Vertretenmüssen des Sachverständigen nicht daraus ergeben, dass die Höhe des Vorschusses (nur) der mit der Ladung zum Termin übersandten gerichtlichen Verfügung zu entnehmen war.
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Online seit 21. Oktober
IBRRS 2025, 2685
Vergabe
BayObLG, Beschluss vom 12.09.2025 - Verg 5/25
1. Ein Anspruch auf Akteneinsicht setzt einen das Akteneinsichtsgesuch begründenden beachtlichen und potenziell entscheidungserheblichen Sachvortrag voraus. Er besteht u.a. dann nicht, wenn der Nachprüfungsantrag zweifelsfrei unzulässig ist.
2. Eine Rüge ins Blaue hinein liegt dann vor, wenn der Bieter keine tatsächlichen Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorträgt, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.
3. Die Zuschlagserteilung ist nicht schon bei einem Verstoß gegen Vergabevorschriften nichtig. Vielmehr bedarf es eines entsprechenden Bewusstseins beider Vertragspartner. Der Bieter hat hierzu substanziiert vorzutragen.
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IBRRS 2025, 1570
Sachverständige
OLG Celle, Beschluss vom 27.08.2024 - 2 W 117/24
1. Der gerichtlich bestellte Sachverständige erhält eine Vergütung grundsätzlich nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Weist sein Gutachten Mängel auf, hat er diese innerhalb einer ihm hierfür gesetzten angemessenen Frist zu beseitigen.
2. Die Einräumung einer Frist zur Mängelbeseitigung ist entbehrlich, wenn die Leistung grundlegende Mängel aufweist oder wenn offensichtlich ist, dass eine Mängelbeseitigung nicht erfolgen kann.
3. Inhaltliche Mängel berühren den Vergütungsanspruch des Sachverständigen grundsätzlich nicht. Voraussetzung für eine Versagung der Vergütung ist vielmehr, dass das Gutachten aufgrund inhaltlicher, objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und mithin unter keinem Gesichtspunkt als Entscheidungsgrundlage dienen kann.
4. Mangelhaft ist eine gutachterliche Leistung, wenn sie fachliche oder objektiv feststellbare, inhaltliche Defizite aufweist, die gestellte Beweisfrage nicht, weitgehend nicht eindeutig oder nicht nachvollziehbar beantwortet oder sich auf die Mitteilung eines Ergebnisses beschränkt.
5. Allein der Umstand, dass der Sachverständige entsprechende DIN-Normen nicht kennt, führt zwar regelmäßig zur Mangelhaftigkeit der Leistung, lässt aber eine Fristsetzung nicht per se entbehrlich erscheinen.
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IBRRS 2025, 2668
Rechtsanwälte
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.06.2025 - 5 A 1399/22
1. Schriftsätze, die über das beA übermittelt werden, müssen einfach oder qualifiziert elektronisch signiert sein.
2. Da Rechtsanwälte verfahrensleitende Schriftsätze über das beA nur selbst übertragen dürfen, müssen sie deren Inhalt vor Versand prüfen.
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Online seit 20. Oktober
IBRRS 2025, 2662
Bauvertrag
OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.02.2025 - 6 U 1462/24 Bau
1. Ein als "Angebot" überschriebenes Dokument, in dem der Zusatzwunsch "Kunde wünscht Passivhausberechnung ev. Ausstattung" aufgeführt ist, begründet ohne korrespondierende Annahme keinen Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses im Passivhausstandard.
2. Es spricht gegen die Abgabe einer Annahmeerklärung (hier: eines Abschlussvertreters), wenn der Name des Erklärenden auf dem Dokument lediglich in Druckbuchstaben wiedergegeben ist, eine Unterschrift jedoch fehlt.
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IBRRS 2025, 2650
Wohnraummiete
LG Berlin II, Beschluss vom 06.05.2024 - 64 S 19/22
1. § 548 Abs. 1 BGB stellt für die dort bezeichneten Ansprüche eines Vermieters eine abschließende Sonderregelung dar, die den allgemeinen Verjährungsvorschriften vorgeht.
2. Den Mietern ist die Verjährungseinrede nach §§ 548 Abs. 1, 214 BGB weder nach Art. 14 GG deswegen zu versagen, weil der vom Vermieter geltend gemachte Schaden der Höhe nach existenzvernichtend sei, noch gemäß § 242 BGB deshalb, weil die Mieter die Wohnung vorsätzlich zerstört hätten, statt die versprochenen Instandsetzungsarbeiten und Renovierungsmaßnahmen durchzuführen. Die kurze Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB erfasst auch Schadenersatzansprüche wegen - fahrlässiger oder auch vorsätzlicher - unerlaubter Handlung.*)
3. Der Vermieter kann sich gemäß § 162 Abs. 1 BGB nicht darauf berufen, die Mieter hätten die als Gegenleistung für einen Mieterlass versprochenen Renovierungsmaßnahmen nicht durchgeführt, wenn er die Fortführung und Vollendung der Arbeiten durch die mit dem Ausspruch eines Hausverbots verbundene Aussperrung der Mieter vereitelte.*)
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IBRRS 2025, 2463
Wohnraummiete
AG München, Urteil vom 18.09.2025 - 419 C 23314/24
1. Die vom Vertragszweck gedeckte Nutzung zum Wohnen kann überschritten sein, wenn der Mieter die Wohnanschrift als Sitz der Betriebsstätte angibt, in der Wohnung Kunden empfängt oder dort Mitarbeiter beschäftigt. Maßgeblich sind jedoch die Umstände des Einzelfalls.
2. Berufliche Tätigkeiten, die der Mieter - etwa im häuslichen Arbeitszimmer - ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, fallen nach der Verkehrsanschauung noch unter den Begriff des "Wohnens". Die bloße Angabe der Wohnanschrift als Geschäftsadresse gegenüber Kunden auf einer Website, trägt die Annahme einer Überschreitung der Grenze der Wohnnutzung allein nicht.
3. Der Vermieter ist für die über die Wohnnutzung hinausgehende gewerbliche Nutzung beweisbelastet.
4. Mahnt der Vermieter ab und mahnt danach erneut ab, statt eine Kündigung auszusprechen, kann eine Kündigung nicht mehr auf Sachverhalte gestützt werden, die zwischen der ersten und der zweiten Abmahnung liegen.
5. Die nicht genehmigte Untervermietung eines Teils der Wohnung an den stellt eine Pflichtverletzung dar, die mangels hinreichender Erheblichkeit nicht geeignet ist, eine Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen - jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter Anspruch auf Genehmigung der Untervermietung hat.
6. Bereits die Absicht des Mieters, nach dem Auszug eines bisherigen Mitmieters nicht allein leben zu wollen, oder der nicht näher zu begründende Wunsch des Mieters, eine Wohngemeinschaft zu bilden oder fortzusetzen, kann ein solches Interesse begründen.
7. Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse ist auch zu bejahen, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten reduzieren will.
8. Das berechtigte Interesse des Mieters tritt nur zurück, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre, was insbesondere bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Dritten oder bei Überbelegung anzunehmen ist.
9. Es ist dem Mieter in dem Fall, in dem er ohne die Erlaubnis des Vermieters einzuholen, einen Dritten in die Wohnung aufgenommen hat, nicht verwehrt, sich gegenüber der Kündigung des Vermieters darauf zu berufen, dass ihm ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung zusteht.
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Online seit 17. Oktober
IBRRS 2025, 2508
Bauvertrag
LG Freiburg, Urteil vom 08.08.2025 - 6 O 53/22
1. Führt der Auftraggeber (hier: Generalunternehmer) die beauftragte Werkleistung selbst aus, handelt es sich um einen Fall der vom Auftraggeber zu vertretenden Unmöglichkeit. Der Auftragnehmer (hier: Nachunternehmer) behält in diesem Fall seinen Vergütungsanspruch hinsichtlich der unmöglich gewordenen Leistung.
2. Der Auftragnehmer muss sich auf seinen Vergütungsanspruch diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die ihm infolge des Fortfalls der Leistungspflicht erwachsen, namentlich ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb.
3. Der Auftraggeber muss die Voraussetzungen für eine Anrechnung ersparter Aufwendungen oder sonstigen Erwerbs darlegen und beweisen. Im Hinblick auf Abläufe und Gegebenheiten innerhalb der Sphäre des Auftragnehmers trifft diesen eine sekundäre Darlegungslast, wenn ihm nähere Erläuterungen zumutbar sind .
4. Bei den ersparten Aufwendungen und beim anderweitigen Erwerb ist auf die vom Auftragnehmer konkret kalkulierte Vertragsgrundlage abzustellen.
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IBRRS 2025, 2660
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 18.08.2025 - VK 2-63/25
1. Gerüstbauarbeiten stellen ein eigenständiges Fachlos dar.
2. Die Gesamtvergabe von Fassaden- und Gerüstbauarbeiten ist weder technisch noch wirtschaftlich dadurch gerechtfertigt, dass bei Ausführung der Fassadenarbeiten mehrfache Anpassungen bzw. Umrüstungen am Gerüst erforderlich sind.
3. Ein unwirtschaftliches Splitterlos ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistung nur einen geringfügigen Anteil an der Gesamtauftragswertschätzung hat.
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IBRRS 2025, 2671
Wohnraummiete
BGH, Urteil vom 06.08.2025 - VIII ZR 250/23
Zur Haftung eines vermietenden Wohnungseigentümers für Schäden, die der Mieter durch einen Sturz bei Eisglätte unter Verletzung der Räum- und Streupflicht auf einem Weg erlitten hat, der sich auf dem im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer stehenden Grundstück befindet.*)
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IBRRS 2025, 2673
Allgemeines Zivilrecht
LAG Hamburg, Urteil vom 14.07.2025 - 4 SLa 26/24
1. Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (im Anschluss an BAG, IBR 2024, 546; BGH, Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 76/23, Rz. 19, IBRRS 2024, 0468).*)
2. Sind auf der Reproduktion des Zustellbelegs bei einem Einwurf-Einschreiben die Art der Sendung (Einschreiben Einwurf), die Sendungsnummer, die Postleitzahl und der Zustellbezirk erfasst, stehen unter der Kategorie Empfangsberechtigter zum Ankreuzen die Möglichkeiten "Empf", "EmpfBev" und "And.EmpfBer" zur Verfügung und steht hinter dem Titel Empfangsbestätigung der Text "Ich habe die o.g. Sendung dem Empfangsberechtigten übergeben, bzw. das Einschreiben Einwurf in die Empfangsvorrichtung des Empfängers eingelegt", streitet bei Übersendung eines Schriftstücks per Einwurf-Einschreiben und gleichzeitiger Vorlage des Einlieferungsbelegs und der Reproduktion des Auslieferungsbelegs nicht der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang dieses Schriftstücks bei dem Empfänger.*)
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IBRRS 2025, 2672
Sachverständige
OLG Köln, Beschluss vom 09.10.2025 - 5 W 28/25
1. Sieht eine Partei darin einen Befangenheitsgrund, dass der im selbständigen Beweisverfahren bestellte Sachverständige den Gutachtenauftrag im schriftlichen Gutachten überschreitet, muss sie den Befangenheitsantrag bereits im selbständigen Beweisverfahren unverzüglich stellen. Der erst im Hauptsacheverfahren gestellte Befangenheitsantrag ist unzulässig.*)
2. Zur Frage, ob die einmalige Antwort "Unsinn" des Sachverständigen auf eine Frage der Partei in der mündlichen Verhandlung die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt.*)
3. Ein Mangel an Sachkunde sowie Unzulänglichkeiten oder Fehler des Gutachtens begründen die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen nicht.*)
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Online seit 16. Oktober
IBRRS 2025, 2661
Werkvertrag
OLG Koblenz, Beschluss vom 07.10.2024 - 3 U 708/24
1. Der Auftragnehmer muss zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind.
2. Einer detaillierteren Abrechnung (insb. Zuordnung zu einzelnen Tätigkeiten, Aufschlüsselung nach Zeitabschnitten) bedarf es nur bei entsprechender rechtsgeschäftlicher Vereinbarung.
3. Der Auftragnehmer muss nur dann nähere Angaben zu seinem Zeitaufwand machen, wenn der Auftraggeber nicht nachvollziehen kann, welche konkreten Leistungen der Auftragnehmer erbracht hat, und ihm deshalb die Möglichkeit genommen ist, die Wirtschaftlichkeit des abgerechneten Zeitaufwands zu beurteilen (sekundäre Darlegungslast).
4. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn der Auftraggeber die einzelnen Leistungen in Auftrag gegeben hat und daher den Ist-Zustand vor Ausführung der Arbeiten kennt oder kennen könnte.
5. Die Verletzung einer Nebenleistungspflicht durch den Auftragnehmer (hier: Nichtzurverfügungstellung deutschsprachiger Ansprechpartner auf der Baustelle) kann aufrechenbare Schadensersatzansprüche des Auftraggebers begründen. Demgegenüber kann der Auftraggeber nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags darauf stützen.
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IBRRS 2025, 2616
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 28.08.2025 - VK 1-56/25
1. Eine Wertungssystematik, nach der - transparent und diskriminierunsgsfrei - die ersten und zweiten Hauptangebote je Los direkt verglichen werden, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
2. Bei der Wertung von Kombinationsangeboten, also Angeboten auf mehrere Lose durch einen Bieter, darf die von dem Bieter individuell vorgenommene Reduzierung des Preises für den Fall der gemeinsamen Bezuschlagung bei der Wertung der Einzellose berücksichtigt werden.
3. Die Bewertungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers ist daraufhin überprüfbar, ob die jeweilige Bewertung im Vergleich ohne Benachteiligung anderer Bieter plausibel vergeben wurde. Die Wertungen müssen im Quervergleich mit den besser bewerteten Angeboten stimmig sein, insbesondere demjenigen des Zuschlagskandidaten.
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IBRRS 2025, 2345
Wohnraummiete
AG Bocholt, Urteil vom 28.03.2025 - 21 C 10/24
1. Sperrmüllkosten sind als umlagefähig anzusehen, wenn diese Kosten zwar nicht jährlich, aber doch laufend dadurch entstehen, dass Mieter unberechtigt Müll auf Gemeinschaftsflächen abstellen. Es muss sich demnach um für den Vermieter zumindest wiederkehrende Kosten handeln.
2. Dagegen sind die Kosten einer einmaligen "Entrümpelungsaktion" nicht im Rahmen von laufenden Betriebskosten auf die Mieter umzulegen.
3. Wohnungsabnahmen und das Einweisen von Handwerkern gehört nicht zu den umlagefähigen Tätigkeiten eines Hauswarts.
4. Nimmt der Vermieter eine klare Abgrenzung zwischen umlagefähigen und nicht umlagefähigen Tätigkeiten des Hauswarts nicht vor, müssen die vollständigen angesetzten Kosten für den Hauswart als nicht umlagefähig angesehen werden.
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IBRRS 2025, 2647
Wohnungseigentum
LG Hamburg, Urteil vom 14.03.2025 - 318 S 39/23
Die Entastung und Kappung einer Scheinzypresse im Bereich der Einfahrt zu einer Wohnungseigentumsanlage stellt eine bauliche Veränderung dar.
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Online seit 15. Oktober
IBRRS 2025, 2654
Bauvertrag
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.08.2025 - 10 U 149/24
1. Haben die Parteien eines VOB-Bauvertrags sich darauf geeinigt, dass die vertraglichen Leistungen nach Einheitspreisen abzurechnen sind (Einheitspreisvertrag), ist auch die Vergütung für geänderte oder ergänzende Werkleistungen grundsätzlich nach Einheitspreisen abzurechnen.*)
2. Das gilt auch dann, wenn die Parteien im Bauvertrag vorsorglich Taglohnarbeiten dem Grunde nach ohne Zuordnung einer Bauleistung vereinbart haben; diese betreffen bei einem Einheitspreisvertrag lediglich ergänzende zusätzlichen Arbeiten in einem geringen Umfang, bei denen der Stunden- und/oder Material- und Geräteaufwand schwer abschätzbar ist.*)
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IBRRS 2025, 2637
Vergabe
OLG Dresden, Beschluss vom 28.08.2025 - Verg 1/25
1. Das objektive Fehlen von Wettbewerb aus technischen Gründen ist vom öffentlichen Auftraggeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
2. Vor einer Vergabe ohne Wettbewerb bedarf es einer belastbaren Prüfung des Auftraggebers, ob alternative wettbewerbliche Lösungen unter Einbeziehung bekannter Bewerber oder Bieter im Wege eines Mini-Wettbewerbs in Betracht kommen. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere Unternehmen für die Auftragsdurchführung in Frage kommen, muss ausgeschrieben werden.
3. Eine wirksame, freiwillige ex-ante-Transparenzbekanntmachung setzt unter anderem voraus, dass der öffentliche Auftraggeber bei seiner Bewertung, den Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung vergeben zu dürfen, sorgfältig gehandelt hat und ob er insofern der Ansicht sein durfte, dass die (in einer Ausnahmevorschrift) hierfür geltenden Voraussetzungen tatsächlich erfüllt waren (hier verneint).
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IBRRS 2025, 2557
Gewerberaummiete
LG Berlin II, Urteil vom 11.02.2025 - 63 S 141/24
1. Eine gewerbliche Zwischenvermietung i.S.d. § 565 BGB kann auch dann vorliegen, wenn der Vermieter mit der Eigennutzung durch den Mieter einverstanden war und dem Mieter (Zwischenvermieter) nur wenige Wohnungen überlassen wurden.
2. Bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse liegt in einer späteren Mietsenkung keine Vereinbarung über die zukünftigen Mietforderungen, die den Beschränkungen des § 556d BGB nicht unterliegt; aus der Entscheidung des BGH (GE 2022, 1201) zu einer Mieterhöhungsvereinbarung folgt nichts anderes.
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IBRRS 2025, 2645
Wohnungseigentum
AG Böblingen, Urteil vom 28.01.2025 - 23 C 866/24 WEG
Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die "untergeordnete Bedeutung" haben und "nicht zu erheblichen Verpflichtungen" führen. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ erfüllt sein. Nur für eine Geldverwaltung, die sich im Rahmen üblicher, ordnungsmäßiger Verwaltung hält, besteht eine Befugnis gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Die Befugnis besteht jedoch nicht für die Anlage von Geldern mit einer festen Laufzeit von mehreren Jahren, die nur unter wirtschaftlichen Einbußen zurückgezahlt werden können.
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Online seit 14. Oktober
IBRRS 2025, 2625
Werkvertrag
OLG Schleswig, Urteil vom 04.04.2025 - 1 U 38/24
Enthält ein Werkvertrag Regelungen, die dazu dienen, dass der Unternehmer seine sich aufgrund des Vertrags ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, ist der Vertrag nichtig, wenn der Besteller den vorsätzlichen Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Preisvorteil ausnutzt. Eine Kenntnis des Bestellers liegt nahe, wenn der Unternehmer ihn auffordert, Werklohnzahlungen gestückelt auf verschiedene Konten, z. B. auch solche von Familienangehörigen zu leisten, und keine Rechnung ausgestellt wird. Die Nichtigkeit des Vertrags hat zur Folge, dass dem Unternehmer keine Zahlungs-, dem Besteller keine Gewährleistungs- und keine Rückzahlungsansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung zustehen.*)
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IBRRS 2025, 2638
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 07.08.2025 - VK 2-59/25
1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB "zu mehr als 50% subventioniert" wird, ist der Zeitpunkt der Bewilligung der Subvention.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Vorgabe von Leitfabrikaten verpflichtet, die Gründe zu dokumentieren, welche die Gleichwertigkeit von Produkten mit dem vorgegebenen Leitfabrikat begründen.
3. Liegt diese Dokumentation nicht vor, muss aufgrund der negativen Beweiskraft des Vergabevermerks davon ausgegangen werden, dass eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht stattgefunden hat.
4. Die Nachholung einer Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag im Nachprüfungsverfahren ist vergaberechtlich nur insoweit zulässig, als fehlende Details einer bereits vorhandenen Dokumentation nachträglich präzisiert und ergänzt werden. Eine Nachholung ist indes nicht zulässig, wenn eine Dokumentation gänzlich fehlt.
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IBRRS 2025, 2567
Wohnraummiete
AG Brakel, Urteil vom 09.01.2025 - 7 C 223/23
Bei der Umlage verbrauchsunabhängiger Betriebskosten (hier: Müllabfuhr) hat der Vermieter im Verhältnis zur Gesamtheit der Mieter im Regelfall den Kostenanteil zu tragen, der auf leerstehende Wohnungen entfällt, da er das Vermietungsrisiko trägt.
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IBRRS 2025, 2486
Wohnungseigentum
AG Bad Homburg, Urteil vom 19.12.2024 - 218 C 760/24
1. Dass Kosten im Rahmen von Bauarbeiten immer gewissen Schwankungen unterliegen, weil im Zuge der Arbeiten - gerade auch bei der Sanierung von älteren Gebäuden - unvorhersehbare Zusatzkosten entstehen können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend können Angebote die angebotene Summe nicht garantieren.
2. Ist mit gravierenden Folgeschäden am Gemeinschafts- und Sondereigentum zu rechnen bei einem Zurückstellen der Sanierungsmaßnahme, entspricht nur die Vornahme dieser Sanierungsmaßnahme billigem Ermessen.
3. Sind die Dachterrassen über 40 Jahre alt und treten seit mehreren Jahren regelmäßig Wassereintritte in den unter den Dachterrassen gelegenen Wohnungen auf, so entspricht ein Beschluss, keine Leckortung und Reparatur, sondern eine umfassende Sanierung durchzuführen, ordnungsmäßiger Verwaltung.
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IBRRS 2025, 2648
Rechtsanwälte
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2025 - 80 N 1/25
1. Ein Rechtsanwalt kann das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen (§ 23 Abs. 3 Satz 5 RAVPV).*)
2. Ein Rechtsanwalt handelt nicht ohne Verschulden, wenn er die Nutzungsbedingungen für das beA nicht kennt bzw. nicht beachtet.
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IBRRS 2025, 2643
Prozessuales
LAG Niedersachsen, Beschluss vom 06.06.2025 - 4 Ta 114/25
1. Eine per E-Mail eingereichte Beschwerdeschrift wahrt die nach Maßgabe des (…) § 130a ZPO zulässige elektronische Form der Einreichung nicht.*)
2. Auch wenn das der E-Mail angefügte Dokument eine Unterschrift aufweist und Bestandteil der elektronischen Akte geworden ist, ist die Schriftform nach (…) § 569 Abs. 2, § 130 Nr. 6 ZPO nicht gewahrt.*)
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Online seit 13. Oktober
IBRRS 2025, 2518
Bauträger
OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.07.2025 - 19 U 128/24
Wird die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts gemäß § 650m Abs. 2 Satz 1 BGB in einer für den Verbraucher nicht nachvollziehbaren Weise in die Ratenzahlungsvereinbarung eines Bauträgervertrages integriert, so kann dies sowohl einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Intransparenz) als auch gegen § 3 Abs. 2 MaBV (8 Teilbeträge) zur Folge haben.*)
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IBRRS 2025, 2612
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 23.04.2025 - VK 1-18/25
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf jedenfalls dann auf die Richtigkeit einer ihm vorgelegten offiziellen Bescheinigung einer Zertifizierungsstelle vertrauen, wenn keine objektive Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Zertifikats vorliegen (hier: Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001).
2. Beabsichtigt der Bieter, für die Auftragsausführung Ressourcen Dritter in Anspruch zu nehmen, muss er eine Verpflichtungserklärung des Dritten vorlegen, andernfalls die Eignung zu verneinen ist.
3. Referenzen eines anderen Unternehmens können einem Bieter grundsätzlich (nur) dann als Eigenreferenzen zugerechnet werden, wenn die Organisation des übernommenen Unternehmens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und wenn die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen mit übergegangen sind. Etwas anderes kann gelten, wenn und soweit die Betriebsmittel und die Betriebsstrukturen für die referenzierte Leistung ohne Bedeutung sind.
4. Auch wenn einem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung der Angebote ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, muss dieser daher seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
5. Analog zum im allgemeinen Prozessrecht anerkannten Institut der gewillkürten Prozessstandschaft ist auch im Vergabenachprüfungsverfahren ein Antragsteller befugt, eine Verletzung fremder Bewerber- oder Bieterrechte im eigenen Namen geltend zu machen, sofern er dazu vom Berechtigten ermächtigt worden ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens im eigenen Namen hat.
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IBRRS 2025, 2628
Öffentliches Baurecht
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2025 - 7 B 412/25
Eine Duldung ist erst dann anzunehmen, wenn die zuständige Baubehörde in Kenntnis der formellen und gegebenenfalls materiellen Illegalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich mit dessen Existenz abzufinden gedenkt. Angesichts des Ausnahmecharakters und der weitreichenden Folgen einer solchen sog. „aktiven Duldung“, bei der die Behörde an der Beseitigung rechtswidriger Zustände gehindert ist, muss den entsprechenden Erklärungen der Behörde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, ob, in welchem Umfang und gegebenenfalls über welchen Zeitraum die Duldung des illegalen Zustands erfolgen soll.
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IBRRS 2025, 2294
Wohnraummiete
BVerfG, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 BvR 1428/24
1. Der Eigentumsschutz des Mieters steht gerichtlichen Entscheidungen entgegen, die die Bedeutung und Tragweite von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG für die Rechtsposition des Mieters verkennen.
2. Dies kann der Fall sein, wenn Fachgerichte Wohnenden die eigenverantwortliche Entscheidung darüber absprechen, wie sie ihr Wohnen gestalten wollen.
3. Zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit von Wohnraummietern gehört grundsätzlich, die eigene Wohnung so einzurichten und so zu leben, wie sie es für richtig halten.
4. Es ist mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar, wenn ohne Feststellungen dazu, welche konkreten Nachteile dem Vermieter aus dem Wohnverhalten des Mieters erwachsen, dessen Interessen der Vorrang gegeben wird, ohne entgegenstehende Belange des Mieters einzustellen.
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IBRRS 2025, 2489
Wohnungseigentum
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 18.08.2025 - 980b C 18/25 WEG
1. Die Kosten einer sog. Erstmahnung sind nicht ersatzfähig.
2. Wird ein Beschluss im Umlaufverfahren mit abgesenkter Mehrheit gefasst, kommt der Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zu Stande.
3. Dies ist jedoch nicht im Sinne des Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen, sondern es genügt jede Form der Unterrichtung, die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann.
4. Das Wesen eines Umlaufbeschlusses mit abgesenkter Mehrheit bringt es mit sich, dass die Wohnungseigentümer im Anschluss an die Versammlung, in der dieser gefasst wird, einen weiteren (Sach-)Beschluss fassen können, aber nicht - und erst recht nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - fassen müssen.
5. Der Wohnungseigentümer ist im Rahmen des Zumutbaren nicht verpflichtet, von sich aus in regelmäßigen Zeitabständen bei der Verwaltung nachzufragen, ob und wann diese mit dem Umlaufverfahren begonnen hat bzw. wann mit der Mitteilung eines Beschlussergebnisses zu rechnen ist.
6. In Bezug auf die Möglichkeit, sich anwaltlicher Hilfe zur Durchsetzung offener Wohngeldforderungen gegen säumige Wohnungseigentümer zu bedienen, verbleibt im Hinblick auf eine Erstattung der Rechtsverfolgungskosten als Verzugsschaden im Fall eines Umlaufbeschlusses mit abgesenkter Mehrheit der Verwaltung der Gemeinschaft eine vorherige Mahnung des Schuldners.
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Online seit 10. Oktober
IBRRS 2025, 2636
Bausicherheiten
OLG Köln, Urteil vom 17.09.2025 - 11 U 125/23
Die für die Kündigung wegen nicht gestellter Sicherheit nach § 648a Abs. 5 BGB a.F. (§ 650f Abs. 5 BGB n.F.) erforderliche Fristsetzung ist unwirksam, wenn die Höhe der Sicherheit für den Besteller nicht nachvollziehbar ist, auch auf seine Nachfrage vom Unternehmer nicht erläutert wird und der Besteller die aus seiner Sicht zutreffende Sicherheit anbietet.*)
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IBRRS 2025, 2610
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 19.02.2025 - VK 1-2/25
1. Jedenfalls bei einem Abstand von mehr als 20% zwischen dem Angebotspreis des Bestbieters zum nächsten Angebot ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, die Angebotspreise zu überprüfen.
2. Mitbieter haben einen Anspruch darauf, dass diese Prüfung vergaberechtskonform erfolgt.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss seine für die abschließende Wertungsentscheidung maßgeblichen Erwägungen so dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, wie die Überprüfung der Angebotspreise und deren Kalkulation vorgenommen wurde (hier verneint).
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IBRRS 2025, 2487
Wohnraummiete
LG München I, Urteil vom 08.05.2024 - 14 S 7162/21
1. Bei separat abgeschlossenen Mietverträgen über einen Wohnraum und einen Stellplatz gilt regelmäßig eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der Verträge.
2. Diese tatsächliche Vermutung der rechtlichen Selbständigkeit kann aber widerlegt werden.
3. Befinden sich Stellplatz und Wohnraum auf demselben Grundstück, ist in der Regel ein beidseitiger Parteiwille zur Einbeziehung des Stellplatzmietvertrags in den Wohnraummietvertrag und damit ein Wille zur einheitlichen Behandlung beider Mietverträge anzunehmen.
4. Eine Klausel, wonach der Mietvertrag für den Stellplatz automatisch mit der Beendigung des Mietvertrags über die Wohnung endet, spricht dafür, dass die Parteien den Stellplatzvertrag in den Wohnraummietvertrag einbeziehen wollen und die Parteien den Willen haben, dass die beiden Verträge gerade nicht losgelöst voneinander bestehen sollen.
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IBRRS 2025, 2626
Sachverständige
OLG Schleswig, Beschluss vom 11.06.2025 - 15 WF 30/22
1. Der Honoraranspruch des Sachverständigen besteht unabhängig davon, ob das von ihm erstellte Gutachten objektiv richtig ist und wie die Beteiligten oder das Gericht das Gutachten bewerten.*)
2. Soweit das Gericht das Gutachten des Sachverständigen berücksichtigt, gilt die Leistung des Sachverständigen gem. § 8a Abs. 2 Satz 2 JVEG als verwertbar.*)
3. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit richtig ist und für die Gutachtenerstellung auch erforderlich war. Dementsprechend findet grundsätzlich lediglich eine allgemeine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt. Anlass zur Nachprüfung besteht nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung außergewöhnlich hoch erscheint.*)
4. Eine Hinweispflicht des Sachverständigen gem. § 30 Abs. 1 FamFG, § 8a Abs. 3 JVEG, § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO besteht jedenfalls in den von Amts wegen zu führenden Kindschaftssachen nicht.*)
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Online seit 9. Oktober
IBRRS 2025, 2519
Bausicherheiten
OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.09.2025 - 21 U 14/25
1. Soweit der Unternehmer eine zu hohe Bauhandwerkersicherheit verlangt hat, hindert dies die Wirksamkeit der Fristsetzung nicht. Ist nämlich die Höhe der zutreffenden Sicherheit etwa aufgrund vorliegender Rechnungen feststellbar, hat der Besteller Sicherheit in zutreffender Höhe anzubieten.
2. Die Kündigung wegen unterbliebener Sicherheitsleistung kann auch nach erfolgter Abnahme wirksam erklärt werden.
3. Weder die Kündigung des Vertrags noch eine zwischenzeitlich erfolgte Abnahme schließen den Anspruch auf Sicherheitsleistung aus. Gleiches gilt für eine danach vom Unternehmer erklärte "Kündigung der Mängelbeseitigung".
4. Gegenforderungen des Bestellers finden nur Berücksichtigung, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind (hier verneint für Kostenumlagen für Baustrom, Bauwasser, Abfallbeseitigung und Versicherung).
5. Für die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erbrachten (Rest-)Leistungen richtet sich die abzuziehende Vergütung nach § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB, d.h. es sind nur die durch die Kündigung ersparten Aufwendungen abzuziehen. Für die zwischen den Parteien unstreitigen Mängel an den bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, die wegen einer erklärten "Kündigung der Mängelbeseitigung" vom Unternehmer nicht mehr zu beseitigen sind, kommt es hingegen auf deren Minderwert an.
6. Über den Anspruch auf Sicherheitsleistung darf im Prozess über den Werklohnanspruch trotz Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vorab durch Teilurteil entschieden werden.
IBRRS 2025, 2606
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 28.05.2025 - VK 1-38/25
1. Grundsätzlich ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen einhalten werden.
2. Eine Überprüfungspflicht des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich nur dann, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen (hier verneint).
3. Der öffentliche Auftraggeber kann sich auch bei einer vorgesehenen Zuschlagslimitierung den Zuschlag auf mehrere Lose desselben Bieters vorbehalten, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 VgV kumulativ vorliegen.
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