Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2025, 2177
OVG Sachsen, Beschluss vom 24.06.2025 - 1 B 87/25
§ 35 Abs. 1 Nr. 8 b BauGB entfaltet keine nachbarschützende Wirkung. Im Baunachbarstreit gegen eine auf dieser Grundlage erteilte Baugenehmigung für ein Vorhaben zur Nutzung solarer Strahlungsenergie (Solarpark) im Außenbereich kann sich eine Rechtsverletzung des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks nicht daraus ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 b BauGB nicht vorliegen.*)

Online seit gestern
IBRRS 2025, 2164
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.07.2025 - 2 L 33/25
1. Eine genehmigungsbedürftige Anlage ist nicht nur formell illegal, wenn sie ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet oder geändert wird, sondern auch dann, wenn bei der Bauausführung in wesentlichen Punkten von den genehmigten Plänen abgewichen wird; denn eine Baugenehmigung wird grundsätzlich für ein einheitliches Bauvorhaben erteilt und ist in ihrer Regelungswirkung grundsätzlich nicht teilbar; etwas Anderes gilt nur dann, wenn es sich um einzelne abtrennbare Teile, insbesondere selbständige Baukörper, handelt. *)
2. Für die Beurteilung, ob ein Bauherr bei der Ausführung so wesentlich von der erteilten Genehmigung abweicht, dass er nicht das zugelassene, sondern ein "anderes" Bauvorhaben (aliud) herstellt, ist entscheidend, ob die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, erneut oder andere Belange so erheblich berührt, dass sich die Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens als solches neu stellt.*)
3. Es ist Sache des Bauherrn und nicht Verantwortung der Bauaufsichtsbehörde, im Zweifel die Existenz und den Inhalt einer Baugenehmigung nachzuweisen. *)
4. Die Zulassung einer Abweichung erfordert eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung. Um der besonderen Situation eines Altbaus/Denkmals besser gerecht zu werden, ist bei der Entscheidung über die Erteilung einer Abweichung im Brandschutz stets einzelfallbezogen zu prüften, ob das geforderte Schutzziel, von dem abgewichen werden soll, auf eine andere Weise erreicht werden kann.*)
5. Ist die betroffene Nutzung vom baurechtlichen Bestandsschutz nicht umfasst, kann ein Ermessensfehler nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben nicht vorliege. *)

Online seit 14. August
IBRRS 2025, 1953
VGH Bayern, Beschluss vom 28.04.2025 - 1 ZB 24.1940
1. Bei der Frage, ob es sich um ein anderes als das ursprünglich genehmigte Bauvorhaben handelt ("aliud"), kommt dabei entscheidend darauf an, ob durch die Änderung Belange, die bei der ursprünglichen Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt.
2. Eine nicht genehmigte Bebauung ist bei der Feststellung eines Bebauungszusammenhang nur dann zu berücksichtigen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben.
3. Eine Teilbeseitigung als milderes Mittel anstelle einer vollständigen Beseitigung kommt nur dann in Betracht, wenn durch sie zumindest im Wesentlichen rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Online seit 4. August
IBRRS 2025, 1908
OVG Saarland, Beschluss vom 23.06.2025 - 2 A 164/24
1. Einzelfall eines Bebauungsplans, der mit Blick darauf, dass rund die Hälfte der im Plangebiet liegenden Grundstücke noch plangerecht bebaut werden kann, nicht funktionslos geworden ist.*)
2. Die Frage der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans ist nur nach den objektiv im Plangebiet vorgefundenen tatsächlichen Gegebenheiten zu bewerten. Das Verhalten und die Intention der plangebenden Gemeinde ist demgegenüber rechtlich ohne Belang.*)
3. Für die Beurteilung des Funktionsloswerdens einer bauplanerischen Festsetzung ist die zwischenzeitliche Entwicklung einer von dem Bebauungsplan abweichenden (neuen) planerischen Konzeption ohne Bedeutung, solange die Gemeinde als Planungsträgerin diesen Vorstellungen nicht im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden planungsrechtlichen Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans rechtlich verbindlich Ausdruck verleiht.*)
4. Eine Bauaufsichtsbehörde muss nicht gegen alle baurechtswidrigen Zustände in einem Gebiet zeitgleich vorgehen, sondern darf - etwa in Ermangelung ausreichender personeller oder sächlicher Mittel - auch anlassbezogen eingreifen und sich, wenn sie hierfür sachliche Gründe anführen kann, (zunächst) auf Einzelfälle beschränken.*)

Online seit 23. Juli
IBRRS 2025, 1887
BVerwG, Beschluss vom 25.06.2025 - 7 B 29.24
Wann ein Nachbar sichere Kenntnis von dem erlangt oder hätte erlangen können, was auf dem Nachbargrundstück tatsächlich genehmigt worden ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und setzt nicht stets voraus, dass er die Genehmigung "in den Händen" hält (Bestätigung von BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89, IBRRS 1989, 0721, und Beschluss vom 11.09.2018 - 4 B 34.18, IBRRS 2018, 3322).*)
