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VK Sachsen, Beschluss vom 14.06.2022 - 1/SVK/006-22
1. Mit Vorgaben, welche die Leistungsinhalte des Angebots, dessen Kalkulation und basierend darauf, dessen Wertung betreffen, muss sich der Bieter gezwungenermaßen schon vor Abgabe seines Angebots auseinandersetzen. Deshalb muss ein Bieter, der geltend macht, aufgrund der Angaben im Leistungsverzeichnis an einer wirtschaftlichen Kalkulation seines Angebots gehindert gewesen zu sein, oder geltend macht, die Angaben im Leistungsverzeichnis zu den Mengen und Aufwänden seien als Kalkulationsgrundlage zu unbestimmt gewesen, dies spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe rügen.*)
2. Ein Aufklärungsverlangen kann rechtswidrig sein, wenn der öffentliche Auftraggeber eine Aufklärung über den Preis verlangt, ohne dass die Voraussetzungen der Prüfung vorliegen, also der Abstand des Angebots zu den weiteren Angeboten keinen Anlass zur Annahme bietet, es sei im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig. Besteht kein Grund für die Annahme, der Angebotspreis sei unangemessen niedrig, kann der Ausschluss eines Angebots nicht auf eine unzureichende Mitwirkung des Bieters bei einer etwaig überflüssigen Aufklärung gestützt werden.*)
3. Ein Aufklärungsverlangen zu den Grundlagen der Preisermittlung eines Bieters ist dahingegen zulässig, wenn der Auftraggeber einem für die Vergabeentscheidung erheblichen Informationsbedürfnis folgt, wenn die geforderten Angaben geeignet sind, dieses Informationsbedürfnis zu befriedigen, und wenn dem Auftraggeber die Erlangung dieser Informationen nicht auf einfachere Weise möglich ist.*)
4. Die Preisprüfung hat in vier Schritten zu erfolgen. In einem ersten Schritt identifiziert der öffentliche Auftraggeber zweifelhafte, d. h. niedrige Angebote und prüft, ob der Preis oder die Kosten dieses Angebots ungewöhnlich niedrig zu sein "scheinen". In einem zweiten Schritt hat der Auftraggeber dem betreffenden Bieter die Möglichkeit zu geben, die Gründe darzulegen, aus denen er der Ansicht ist, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Der Auftraggeber hat sodann in einem dritten Schritt die Stichhaltigkeit der gegebenen Erläuterungen zu beurteilen und festzustellen, ob das in Rede stehende Angebot ungewöhnlich niedrig ist. In einem vierten Schritt hat er seine Entscheidung über die Zulassung oder Ablehnung dieser Angebote zu treffen.*)