Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Urteile zum Bauträgerrecht
IBRRS 2010, 1036
OLG Köln, Beschluss vom 12.03.2010 - 17 W 21/10
In einem vom Besteller gegen den Werkunternehmer wegen Mängeln der Werkleistung geführten Bauprozess sind die Kosten für eine komplette Prozessbegleitung der klagenden Partei durch einen Privatgutachter, die über die Ausarbeitung einzelner schriftlicher Stellungnahmen hinaus u.a. die Durchführung diverser Besprechungstermine mit der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten, die Erstellung erläuternder Pläne und Übersichten sowie vergleichender Gegenüberstellungen von Äußerungen der Gerichtsgutachter, die inhaltliche Überarbeitung von Anwaltsschriftsätzen sowie die - jeweils nicht gerichtlich angeordnete - Teilnahme an den vom Gericht sowie dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen anberaumten Verhandlungs- und Ortsterminen umfasst, jedenfalls im Regelfall nicht erforderlich im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Anschluss an OLG Hamm NJW-RR 1996, 830).*)
VolltextIBRRS 2010, 0994
VG Minden, Urteil vom 10.03.2010 - 11 K 53/09
1. Eine immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung zweier Windkraftanlagen ist zu erteilen, wenn weder Belange des Habitatschutzes nach § 34 BNatSchG noch des Artenschutzes nach § 44 BNatSchG entgegenstehen.
2. Bei der Realisierung derartiger Vorhaben kann jedoch die Tötung von Vögeln oder anderen geschützten Arten bei lebensnaher Betrachtung nicht ausgeschlossen werden, sodass die Zugriffstatbestände des BNatSchG deshalb erst dann erfüllt, wenn durch das Vorhaben das Tötungsrisiko für die lokale Population in signifikanter Weise erhöht wird.
3. Bei der damit maßgeblichen Frage, ob eine lokale Population einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt wird, ist auf die Ergebnisse der den konkreten Standort betreffenden naturschutzfachlichen Erhebungen einerseits und das allgemeine Gefährdungspotenzial solcher Anlagen mit Blick auf die spezifischen Arten andererseits abzustellen.
VolltextIBRRS 2010, 0992
LG Berlin, Urteil vom 09.03.2010 - 49 S 139/09
Bei einem Werklohnstreit aus der Reparatur einer Klimaanlage ist der Gerichtsstand des § 29 ZPO am Ort der zu reparierenden Anlage gegeben.
VolltextIBRRS 2010, 0995
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.03.2010 - 9 S 3.09
1. Zur Berechnung von Vorausleistungen steht einer Gemeinde sowohl für die Aufwandsermittlung als auch für die Aufwandsverteilung eine Schätzungsbefugnis mit einhergehendem Schätzungsspielraum zu. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der Kostenschätzung ist nicht die Deckungsgleichheit mit dem noch nicht abschließend feststellbaren Erschließungsaufwand, sondern die Anwendung einer sachgerechten Schätzungsgrundlage.
2. Demzufolge kann man der Gemeinde nicht entgegenhalten, sie habe den beitragsfähigen Erschließungsaufwand nicht - wie nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB grundsätzlich gefordert - anhand der tatsächlich entstandenen Kosten für die einzelnen Anlagen unter Heranziehung der jeweiligen Unternehmerrechnungen ermittelt, sondern in Form einer "verschleierten" bzw. "faktischen" Erschließungseinheit (§ 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB) die Gesamtkosten auf die einzelnen Erschließungsanlagen verteilt und ins Verhältnis zur Größe der veranlagten Grundstücke gesetzt. Eine detaillierte Aufstellung ist bei Vorausleistungen angesichts der regelmäßig noch offenen Kosten auch weder möglich noch entspräche es dem Charakter der Vorausleistung als Instrument der Vorfinanzierung.
VolltextIBRRS 2010, 1024
BGH, Urteil vom 26.02.2010 - V ZR 98/09
Die unwirksame Zustellung des Mahnbescheids hindert den Eintritt der Verjährungshemmung nicht, wenn der Anspruchsinhaber für die wirksame Zustellung alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hat, der Anspruchsgegner in unverjährter Zeit von dem Erlass des Mahnbescheids und seinem Inhalt Kenntnis erlangt und die Wirksamkeit der Zustellung ebenfalls in unverjährter Zeit in einem Rechtsstreit geprüft wird.*)
VolltextIBRRS 2010, 1066
BGH, Beschluss vom 25.02.2010 - V ZB 92/09
Betreibt ein Gläubiger, der den dem Schuldner als Miteigentümer eines Grundstücks zustehenden Anspruch auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft und auf Teilung sowie Auszahlung des Erlöses gepfändet hat, die Teilungsversteigerung, ist der Schuldner auch dann nicht an einer Verfügung über seinen Miteigentumsanteil gehindert, wenn der gepfändete Anspruch dadurch untergeht.*)
VolltextIBRRS 2010, 0996
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.02.2010 - 1 C 10852/09
1. Ein gebietsübergreifender Schutz des Nachbarn vor (behaupteten) gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet besteht unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen grundsätzlich nicht.
2. Allenfalls bei einem erkennbaren Willen des Satzungsgebers, dass Gebietsausweisungen in einem Bebauungsplan auch dem Schutz der jenseits der Gebietsgrenze liegenden benachbarten Bebauung dienen sollen, kann ein solcher gebietsübergreifender Erhaltungsanspruch eingreifen.
VolltextIBRRS 2010, 0997
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.02.2010 - 10 A 2472/08
1. Außenbereich ist alles, was "außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" liegt.
2. Angesichts dieser Begriffsbestimmung verbietet sich, den Außenbereich begrifflich mit Vorstellungen zu verbinden, die ihm anknüpfend vor allem an den Wortteil "Außen" ganz bestimmte Vorstellungsbilder zuordnen, etwa das der "freien Natur", der "Stadtferne", der "Einsamkeit" o.ä.m.
3. Die Anbringung eines MegaPosters zu Werbezwecken an einem Gebäude im Außenbereich ist unzulässig.
VolltextIBRRS 2010, 0985
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2010 - 6s E 379/07
1. Die Beendigung der Mitgliedschaft in der Architektenkammer führt im berufsgerichtlichen Verfahren vor dem Berufsgericht für Architekten, Architektinnen, Stadtplaner und Stadtplanerinnen zu einem Verfahrenshindernis.*)
2. Ein gleichwohl aufrechterhaltener Eröffnungsantrag der Architektenkammer ist als unzulässig zurückzuweisen, ein bereits eröffnetes Verfahren ist einzustellen.*)
VolltextIBRRS 2010, 0998
OVG Saarland, Beschluss vom 16.02.2010 - 2 A 390/09
1. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Oberverwaltungsgerichts in Zulassungsverfahren, mit eigenem Überlegungs- und Auslegungsaufwand zu ermitteln oder auch nur zu "vermuten", welchem Zulassungstatbestand im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO sich ein in der Form einer Berufungsbegründung gehaltener Sachvortrag zuordnen lassen könnte.*)
2. Der in der Unterschrift des Nachbarn in den Bauvorlagen zu erblickende Verzicht auf materielle nachbarliche Abwehrrechte bindet bei mehreren Miteigentümern des Nachbargrundstücks ungeachtet im Einzelfall bestehender familiärer Beziehungen, insbesondere auch bei Ehegatten, nur den jeweils Verzichtenden.*)
3. Sowohl materielle nachbarliche Verzichtserklärungen als auch die Verwirkung von Nachbarrechten sind selbst bei Gefahren für Leib und Leben des Verzichtenden wirksam, weil sie in erster Linie die Nutzbarkeit des eigenen Grundstücks betreffen.*)
4. Über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende "Auflagen" zur Baugenehmigung, die auf entsprechende Forderungen des Nachbarn im Zusammenhang mit seiner Nachbarzustimmung zur Ausräumung von Genehmigungshindernissen zurück gehen, begründen einen Anspruch des Nachbarn gegen die als Adressat der Verzichtserklärung anzusehende Bauaufsichtsbehörde, nur eine genehmigungskonforme Ausführung hinzunehmen.*)
5. Ist aber der ein entsprechendes Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde verlangende Nachbar im Besitz eines inhaltlich die zur Ausräumung seiner geltend gemachten Rechtsbeeinträchtigung von ihm für geboten erachteten Anordnung abdeckenden vollstreckbaren zivilgerichtlichen Titels und kann er sich daher selbst "zu seinem Recht verhelfen", so kommt kein Anspruch auf (zusätzliches) Tätigwerden der Bauaufsicht in Betracht. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die aus Sicht des Nachbarn einfachere und vor allem "kostengünstigere" Vollstreckung einer behördlichen Anordnung im Vergleich zur Durchsetzung des Zivilurteils, bei der der private Vollstreckungsgläubiger zumindest in Vorlage treten muss.*)
6. Die öffentlich-rechtliche Wirkung der nachbarlichen Verzichtserklärung gegenüber der Genehmigungsbehörde erfasst ein genehmigungsabweichend ausgeführtes Vorhaben insgesamt nicht, so dass dem Nachbarn mit Blick auf eine Nichteinhaltung seinem Schutz dienender Vorschriften ein Anspruch der Beseitigung des Gebäudes - vorbehaltlich einer nachträglichen Herstellung des genehmigten Zustands durch den Bauherrn - zuzubilligen ist.*)
7. Wie materielle Abwehrrechte sind auch Ansprüche auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten aufgrund einer Nichteinhaltung von "Bedingungen" für die Nachbarzustimmung im Rahmen der Bauausführung vom Verzichtenden zeitnah geltend zu machen und unterliegen ansonsten einer Verwirkung.*)
8. Das Verwaltungsgericht verletzt nach ständiger Rechtsprechung seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht, wenn ein in der mündlichen Verhandlung rechtskundig vertretener Beteiligter dort - wie hier die Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 22.4.2009 - keine konkreten Beweisanträge zu dem jeweiligen Tatsachenvorbringen gestellt hat. Die Aufklärungsrüge im Berufungszulassungsverfahren dient nicht dazu, solche Beweisanträge zu ersetzen. Gleiches gilt für Ankündigungen von Beweisanträgen oder Beweisersuchen in die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsätzen.*)
9. Im Rahmen eines baurechtlichen Nachbarstreits, insbesondere hinsichtlich der Beurteilung von Lärm- und Geruchsimmissionen, kommt es nicht auf besondere Befindlichkeiten und die gesundheitliche Situation des individuellen (konkreten) Nachbarn an.*)
VolltextIBRRS 2010, 1037
VG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2010 - 25 K 4079/09
1. Werden bei einer Beleuchtung eines Gebäudes die immisionsschutzrechtlichen Richtwerte eingehalten, so ist eine Nachbarklage gegen etwaige Lichtimmissionen (grüne Beleuchtung eines Nachbargebäudes) grundsätzlich unbegründet.
2. Im Übrigen kommt es bei der Ermittlung, ob eine subjektiv empfundene Belästigung tatsächlich erheblich ist, auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen an; insbesondere bei Lichtimmissionen können von dem Betroffenen Maßnahmen zur Lichtdämpfung - also etwa Zuziehen der Gardinen bei Nacht - verlangt werden.
VolltextIBRRS 2010, 0982
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.02.2010 - 10 A 471/09
1. Bei der Beurteilung, ob ein Gewerbebetrieb sich seiner Art nach in die Umgebungsbebauung eines Mischgebiets einfügt, ist auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen.
2. Von der Nutzung der Räumlichkeiten eines Wohnhauses zu Prostitutionszwecken geht typischerweise eine Beeinträchtigung der Wohnruhe aus.
VolltextIBRRS 2010, 1038
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07
1. Hat ein Gemeinderat über einen Verhandlungsgegenstand entschieden, kann ein Bürger nicht mehr nachträglich mit Erfolg geltend machen, die zur Vorbereitung der Sitzung übersandten Unterlagen seien unvollständig gewesen.*)
2. Eine Gemeinde, die ein Straßenbauvorhaben plant, muss bei der Ermittlung der Gesamtlärmbelastung nur solche Lärmimmissionen eines vorhandenen Gewerbebetriebes berücksichtigen, die sich im Rahmen des bundesimmissionsschutzrechtlich zulässigen Maßes halten. Denn gegen Lärmimmissionen, die dieses Maß überschreiten, steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Einschreiten der zuständigen Behörde gegenüber dem Betrieb zu.*)
3. Liegen zu einem Gutachtenthema bereits empirische Daten vor, darf der Gutachter diese verwerten und seinem Gutachten zugrunde legen, sofern nicht die Verhältnisse im Einzelfall so erheblich von dem den Daten zugrundeliegenden Durchschnittsfall abweichen, dass sie eine gesonderte Datenerhebung erfordern.*)
4. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an Umfang und Methodik artenschutzrechtlicher Bestandsaufnahmen in straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren lässt sich auf Bebauungsplanverfahren übertragen, die ein Straßenbauvorhaben zum Gegenstand haben.*)
5. Ergibt die Bestandsaufnahme vor Ort keinen Hinweis darauf, dass eine Tierart im Plangebiet noch vorkommt und lässt sich dieses Ergebnis mit weiteren Erkenntnissen in Einklang bringen, darf der Plangeber ohne weitere Nachforschungen davon ausgehen, dass die Art im Plangebiet dauerhaft nicht mehr existiert.*)
VolltextIBRRS 2010, 0986
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.02.2010 - 5 M 12.09
1. Eine Verlängerung einer Prüfungsfrist aufgrund des Beginns eines Auslandssemesters ist dann nicht möglich, wenn die Hochschulprüfungsordnung einen entsprechenden Verlängerungstatbestand nicht vorsieht.
2. Das Merkmal, wann eine Veranstaltung im Sinne der Prüfungsordnung "nicht angeboten wird", ist objektiv zu verstehen: Es kommt nicht darauf an, ob der Studierende aus Gründen seiner Studienplanung eine Nachklausur meint nicht wahrnehmen zu können, sondern allein darauf, ob die Hochschule die Möglichkeit des Veranstaltungsbesuchs und der Prüfung bietet.
VolltextIBRRS 2010, 1041
BVerwG, Beschluss vom 04.02.2010 - 4 BN 68.09
1. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt.
2. Das bloße Interesse eines Eigentümers, das Plangebiet entgegen den bisherigen planerischen Vorstellungen auf sein Grundstück ausgedehnt zu sehen, muss von der Gemeinde nicht in die Abwägung einbezogen werden; ein derartiges Interesse an der Verbesserung des bauplanungsrechtlichen Status quo und damit an der Erweiterung des eigenen Rechtskreises ist eine bloße Erwartung, die nicht schutzwürdig und damit auch nicht abwägungserheblich ist.
VolltextIBRRS 2010, 1070
OLG Hamm, Urteil vom 01.02.2010 - 22 U 105/09
1. Der Verkäufer einer gebrauchten Immobilie hat gegenüber dem Erwerber keine Aufklärungspflicht über die von ihm für unberechtigt gehaltenen Mängelrügen des die Immobilie bewohnenden Mieters.
2. Zur Problematik der Schadensersatzpflicht des Verkäufers für Schäden wegen Schimmelbildung, insbesondere bei vereinbarten Haftungsausschluss.
VolltextIBRRS 2010, 0976
OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2010 - 26 U 37/06
Für die Annahme einer mangelhaften Organisation bedarf es mehr als des Vorliegens eines Baumangels, der auch bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre, da es selbst bei fehlerhafter Bauüberwachung eine Vielzahl von Fehlerquellen gibt, die nicht auf fehlerhafter Organisation der Bauüberwachung beruhen.
VolltextIBRRS 2010, 1042
BVerwG, Beschluss vom 26.01.2010 - 4 B 43.09
1. Eine kommunale "Freihalteplanung" die - nach Freistellung gemäß § 23 AEG - auf Ergänzung durch eine (erneute) eisenbahnrechtliche Planung angelegt ist, ist zulässig.
2. Planerische Vorstellungen, die an vorhandene städtische - straßenseitige - Verkehrsinfrastruktur anknüpfen und darauf zielen, in künftiger Zusammenarbeit mit einem Eisenbahnunternehmen einen zentralen Verkehrsknotenpunkt für Straße und Schiene zu entwickeln, sind Ausdruck kommunaler "Verkehrspolitik" und somit zulässig.
VolltextIBRRS 2010, 1040
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.01.2010 - 7 D 97/09
1. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich bei der Aufstellung eines Bebauungsplans setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen; der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht.
2. Der Landesgesetzgeber kann auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms (LEPro) für Nordrhein-Westfalen keine abschließende Entscheidung treffen, die der kommunalen Leitplanung vorgelagert ist; die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, soll auf der kommunalen Planungsebene getroffen werden.
3. Die Gemeinde ist insoweit nicht an vorgelagerte raumordnerische Zielfestlegungen, sondern (lediglich) an ihre Zentrenkonzepte gebunden. Die Gemeinde kann zudem ihr Zentrenkonzept jederzeit ändern und damit auch die Möglichkeiten für ihre kommunale Bauleitplanung unterschiedlich ausgestalten.
VolltextIBRRS 2010, 1043
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.01.2010 - 7 D 110/09
1. Eine Bebauungsplanfestsetzung wegen Verstoßes gegen das Publizitätsgebot kann rechtswidrig sein, wenn der Bebauungsplan nicht selbst festlegt, welche Regelungen in seinem Anwendungsbereich gelten sollen, sondern wenn er durch Verweisung auf technische Regelungen bewirken will, dass erst das Ergebnis der Anwendung dieser Regelungen bestimmt, was im Bebauungsplangebiet zulässig ist und was nicht.
2. Nimmt eine textliche Festsetzung eines Bebauungsplans eine technische Regelung in Bezug, bedeutet dies allerdings nicht schon für sich, der Bebauungsplan habe sich einer eigenständigen Regelung (Festsetzung) enthalten wollen.
3. Vielmehr ist die Festsetzung auf ihren entsprechenden Regelungsgehalt zu prüfen: setzt der Bebauungsplan beispielsweise für konkret bezeichnete Bereiche fest, dass dort bei Errichtung oder Nutzungsänderung von Gebäuden die Anforderungen an das für die Lärmpegelbereiche gemäß DIN 4109 geltende Schalldämmmaß erfüllt werden müssen, bestimmt er selbst - und nicht etwa die in Bezug genommene DIN-Norm - was geltendes Recht ist und ist zulässig.
VolltextIBRRS 2010, 1039
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.01.2010 - 8 A 2285/09
1. Das Rechtsstaatsprinzip umfasst das Recht, aber auch die Pflicht der Gerichte, die Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Rechtsvorschriften eigenständig zu prüfen. Die Prüfungs- und Verwerfungskompetenz in Bezug auf Verordnungen oder Satzungen überlässt das Grundgesetz dem inzident entscheidenden Fachgericht.
2. Die durch § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eröffnete Möglichkeit, Satzungen, die aufgrund des Baugesetzbuchs ergangen sind, wie etwa einen Bebauungsplan, zum Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens zu machen, steht einer Inzidentkontrolle im Rahmen eines anderen Verfahrens, in dem es auf die Gültigkeit der Satzungsbestimmung ankommt, nicht entgegen.
VolltextIBRRS 2010, 1045
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.01.2010 - 10 K 1951/07
Eine Beseitigungsaufforderung bezüglich eines Wohnhauses und dessen Nebenanlagen verletzt den Betroffenen (hier: Pächter des Grundstücks) nicht in seinen Rechten, wenn er die genehmigungspflichtigen Anlagen ohne Baugenehmigung errichtet hat.
VolltextIBRRS 2010, 0978
OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2010 - 11 U 3/10
Gewährleistungsansprüche wegen behaupteter Mängel an Vermessungsleistungen verjähren in zwei Jahren, wenn diese lediglich die planmäßige Erfassung des Leitungsnetzes zum Gegenstand haben und nur für die Durchführung zukünftiger Erhaltungsmaßnahmen von Bedeutung sind, aber weder der Herstellung noch der grundlegenden Erneuerung oder Erweiterung des Leitungsnetzes dienen.
VolltextIBRRS 2010, 1046
OVG Hamburg, Beschluss vom 19.01.2010 - 1 Bf 172/06
Zu den Anforderungen an eine beitragsfreie vorhandene Straße im Gebiet des ehemaligen Königsreichs Hannover.*)
VolltextIBRRS 2010, 1054
OLG Celle, Beschluss vom 14.01.2010 - 4 W 10/10
Wird ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (sog. Negativbeschluss) angefochten und gleichzeitig die Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Vornahme der abgelehnten Maßnahme verlangt, so handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der eine Zusammenrechnung der Streitwerte für die Anträge nicht rechtfertigt.
VolltextIBRRS 2010, 1048
VG Minden, Urteil vom 13.01.2010 - 11 K 352/09
1. Die Planung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen stellt keine "Verhinderungsplanung" dar, wenn ihr ein gesamträumliches Planungskonzept zu Grunde liegt.
2. Sofern ein Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für die Windkraft an anderen Stellen vorsieht, stehen diese Festsetzungen als öffentliche Belange dem Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB allerdings nur "in der Regel" entgegen; die Prüfung verlangt, dass unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten das private Interesse an der Errichtung einer Windkraftanlage den öffentlichen Belangen der Nutzungskonzentration an anderer Stelle gegenübergestellt wird.
3. Die Abwägung hat dann zu Gunsten der Errichtung der Anlage aus, wenn die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird und das allgemeine Freihalteinteresse im Außenbereich zurücktritt.
VolltextIBRRS 2010, 0970
BVerwG, Beschluss vom 17.12.2009 - 4 C 2.08
1. Auch Grund- und Nahversorgungszentren können zentrale Versorgungsbereiche i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB sein. *)
2. § 34 Abs. 3 BauGB gilt auch für Einzelhandelsbetriebe, die nicht die Schwelle der Großflächigkeit erreichen.*)
VolltextIBRRS 2010, 1073
OLG München, Beschluss vom 27.11.2009 - 34 Wx 102/09
1. Zu den Voraussetzungen der Löschung von Rückgewährsvormerkungen ohne Bewilligung des Berechtigten.*)
2. Ein auf Klage nach § 767 ZPO ergangenes Urteil, das die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde für unzulässig erklärt, ist kein geeignetes Mittel, die Unrichtigkeit des Grundbuchs im Hinblick auf eine Vormerkung zu beweisen, die einen mit dieser Urkunde begründeten Anspruch sichert.*)
VolltextIBRRS 2010, 0977
VG Hannover, Urteil vom 24.11.2009 - 4 A 2022/09
Die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers nach § 4 Abs. 3 BBodSchG setzt den Eintritt einer zivilgesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge voraus, die an ein tatsächliches Ereignis (Erbfall) oder an rechtsgeschäftliche Vereinbarungen (Verträge nach dem UmwG) anknüpfen kann.*)
VolltextIBRRS 2010, 1068
LG München I, Urteil vom 16.11.2009 - 1 S 4964/09
1. Der Klage eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Eigentümer auf Feststellung, dass eine bauliche Änderung am Gemeinschaftseigentum mangels Nachteils gemäß § 14 Nr. 1 WEG zustimmungsfrei sei und deshalb nicht von ihm beseitigt werden müsse, fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kläger nicht zuvor gemäß § 22 I 1 WEG einen Beschluss in der Eigentümergemeinschaft hierüber herbeigeführt hat.*)
2. Die Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der baulichen Veränderung ist nur dann entbehrlich, wenn sie dem Kläger ausnahmsweise unzumutbar ist, weil etwa im Einzelfall eindeutig und ohne weitere Prüfung feststeht, dass keinerlei Nachteile im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ausgelöst werden, oder weil von vornherein sicher ist, dass die übrigen Eigentümer das Einverständnis verweigern.*)
VolltextIBRRS 2010, 1072
VG Göttingen, Beschluss vom 12.11.2009 - 1 B 247/09
Die Verlosung eines Hauses im Internet ist zu Recht untersagt worden. Es handelt sich um unerlaubtes öffentliches Glücksspiel.*)
VolltextIBRRS 2010, 0988
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 04.11.2009 - 3 L 163/08
1. § 58 Abs. 2 LBauO M-V, wonach eine Baugenehmigung auch für und gegen den Rechtsnachfolger gilt, regelt nur die Nachfolgefähigkeit der Baugenehmigung, legt aber weder Voraussetzungen noch Umfang der von einer Rechtsnachfolge erfassten Rechtsposition fest.*)
2. Es bleibt offen, ob sich aus § 58 Abs. 2 LBauO M-V schließen lässt, dass auch ein Bauantrag rechtsnachfolgefähig ist.*)
3. Eine Rechtsnachfolge in die Genehmigung tritt nicht schon dann ein, wenn ein Wechsel in der zivilrechtlichen Verfügungsmacht über das Baugrundstück erfolgt ist.*)
4. Die nach § 53 Abs. 1 Satz 5 LBauO M-V vorgeschriebene Mitteilung des neuen Bauherrn über einen Bauherrenwechsel ist nicht konstitutiv für den Bauherrenwechsel. Die Vorschrift bedeutet lediglich, dass selbst dann, wenn ein Bauherrenwechsel eingetreten ist, die Behörde sich an den alten Bauherren halten kann, bis die entsprechende Mitteilung eingegangen.*)
VolltextIBRRS 2010, 0979
OLG Rostock, Urteil vom 08.10.2009 - 3 U 224/08
1. Eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung wird auch in den Fällen dauernder Leistungshindernisse angenommen, die zu einer generellen Unerfüllbarkeit der Leistung führen. Insbesondere kann eine Leistung durch bloßen Zeitablauf dauernd unmöglich werden. Bei absoluten Fixgeschäften begründen auch nur vorübergehende Leistungsstörungen eine dauernde Unmöglichkeit.*)
2. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut.*)
VolltextIBRRS 2010, 0972
LG Kiel, Beschluss vom 15.09.2009 - 1 S 92/09
1. Eine wegen wertausschöpfender Belastung des besicherten Grundstücks als insolvenzzweckwidrig und rechtsgrundlos zu behandelnde Lästigkeitsprämie für die Erteilung einer Löschungsbewilligung kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gemäß § 814 Fall 1 BGB gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.
2. Eine die Anwendung des § 814 BGB ausschließende Zwangslage scheidet aus, wenn die Erteilung der Löschungsbewilligung ohne Weiteres im Klagewege hätte erlangt werden können.
VolltextIBRRS 2010, 1075
LG Bremen, Urteil vom 17.04.2009 - 3 S 391/08
1. Unwirksam ist eine Klausel in einem Wohnungskaufvertrag, wonach die Kündigung der durch den Käufer mit übernommenen Fernwärmebezugsverpflichtung einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Mehrheit von drei Viertel der Stimmen der Miteigentümer bedarf.*)
2. Ein Anbieter von Fernwärme ist nicht verpflichtet, für einzelne Wohnungen verbrauchsgenaue Wärmemessstellen zu errichten und danach abzurechnen.*)
VolltextIBRRS 2010, 1047
OLG Frankfurt, Urteil vom 06.04.2009 - 25 U 78/06
1. Zur Abrechnung eines aus wichtigem Grund vom Besteller gekündigten Pauschalpreisvertrages.
2. Eine Nutzungsausfallentschädigung wegen Vorenthaltung des zu erstellenden Wohnraums scheidet aus, wenn eine anderweitige Wohnung zur Verfügung steht.
IBRRS 2010, 0989
OLG Celle, Beschluss vom 30.03.2009 - 4 W 41/09
Begrenzung des Gebührenstreitwertes in Wohnungseigentumssachen gemäß § 49 a GKG.*)
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