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Volltexturteile nach Sachgebieten

Sachgebiet: Vergabe

10709 Entscheidungen insgesamt




Online seit 2023

IBRRS 2023, 0875
VergabeVergabe
Unschärfen eines abstraktes Wertungssystem muss der Bieter hinnehmen!

VK Rheinland, Beschluss vom 12.05.2022 - VK 51/21

1. Eine Antragsbefugnis wegen einer fehlerhaften Vorabinformation gem. § 134 GWB entfällt regelmäßig, wenn der Antragsteller fristgerecht einen Nachprüfungsantrag stellen konnte. In diesem Fall ist ein Schaden in der Regel nicht denkbar, da der Inhalt der Vorabinformation keine Auswirkungen auf die Zuschlagschancen eines Bieters hat und der Zweck der Vorabinformation mit der rechtzeitigen Antragstellung erfüllt ist.*)

2. Enthält eine Bewertungsmatrix für eine Konzeptbewertung alle Angaben dazu, was die einzelnen Konzepte beinhalten sollen und welcher Inhalt zu welcher Bewertung führt, müssen Unklarheiten im Zusammenhang mit den Angaben der Bewertungsmatrix bei Anwendung der üblichen Sorgfalt bereits bei der Angebotserstellung auffallen und daher auch bis zur Angebotsabgabe gerügt werden. Erfolgt die Rüge nach Ablauf der Angebotsfrist tritt Präklusion gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ein.*)

3. Der öffentliche Auftraggeber erteilt den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot auf der Grundlage einer Bewertung anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien. Für den öffentlichen Auftraggeber besteht ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum. Keinesfalls darf die Vergabekammer die Wertung des öffentlichen Auftraggebers durch eine eigene Wertung ersetzen.*)

4. Nutzt der öffentliche Auftraggeber für eine Konzeptbewertung ein abstraktes Wertungssystem, steht es einer vergaberechtskonformen Auftragsvergabe nicht entgegen, wenn der Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl abhängen soll.*)

5. Einem abstrakten Wertungssystem ist eine gewisse Unschärfe immanent, die im Einzelfall, je nach Bewerter, unterschiedliche „Noten“ als richtig erscheinen lassen und bei deren Bewertung subjektive Komponenten im Sinne von Einschätzungen eine wesentliche Rolle spielen.*)

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IBRRS 2023, 0867
VergabeVergabe
Grundlagen der Angebotswertung sind den Bietern mitzuteilen!

VK Bund, Beschluss vom 16.12.2022 - VK 1-99/22

1. Einem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Wertung der Angebote ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt überprüft werden kann. Darüber hinaus muss er die Bieter vor Angebotsabgabe grundsätzlich nicht im Einzelnen (z.B. mithilfe eines Wertungsleitfadens) darüber informieren, welchen Aspekt oder Umstand er z.B. mit wie vielen Wertungspunkten "belohnen" wird.

2. Teilt der Auftraggeber den Bietern nicht hinreichend eindeutig genug mit, auf was sich seine Wertungsentscheidung stützen wird (Präsentation, Konzept, sonstige schriftliche Darlegungen der Bieter oder ähnliches), verletzt er die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter. Einen solchen Vergaberechtsverstoß darf die Vergabekammer von Amts wegen aufgreifen.

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IBRRS 2023, 0853
VergabeVergabe
Angebot nicht angenommen: Kein Vertrag zu Stande gekommen!

LG Bonn, Urteil vom 01.02.2023 - 1 O 99/22

1. Auch wenn kennzeichnend für das Open-House-Verfahren ist, dass der Auftraggeber grundsätzlich mit sämtlichen Interessenten kontrahieren will, die die Auftrags- und Teilnahmebedingungen erfüllen, ist eine bloße Auftragsbekanntmachung noch kein rechtsverbindliches Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags.

2. Durch die Übermittlung eines ein ausgefüllten Angebotsformulars für das Open-House-Verfahren an den Auftraggeber kommt (noch) kein Vertrag zu Stande. Voraussetzung ist vielmehr, dass auf das Angebot des Bieters ein Zuschlag durch den Auftraggeber tatsächlich erteilt wird.

3. Spätestens mit Eingang des Angebots des Bieters beim Auftraggeber wird im Rahmen eines Open-House-Verfahrens ein (vorvertragliches) Schuldverhältnis begründet, das den Auftraggeber zur Einhaltung der von ihm selbst gesetzten Verfahrensregeln und zur Gleichbehandlung der Teilnehmer, zur Transparenz und zur Rücksichtnahme verpflichtet.

4. Eine vorvertragliche Pflichtverletzung in Gestalt einer zu Unrecht verweigerten Zuschlagserteilung begründet jedenfalls in den Fällen, in denen das betroffene Ausschreibe- oder Vergabeverfahren bereits abgeschlossen ist, allenfalls einen Anspruch des zu Unrecht übergangenen Bewerbers auf Ersatz des positiven Interesses, mithin insbesondere des durch Nichterteilung des Auftrags entgangenen Gewinns.

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IBRRS 2023, 0842
VergabeVergabe
Auftraggeber kann nicht zur Auftragsbekanntmachung gezwungen werden!

BayObLG, Beschluss vom 14.03.2023 - Verg 1/23

1. Zur Zwangsvollstreckung einer Entscheidung der Vergabekammer.*)

2. Aus Gründen des allgemeinen Vertragsrechts, namentlich der Vertragsfreiheit, kann und darf der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht dazu gezwungen werden, einen Auftrag an einen geeigneten Bieter zu erteilen.

3. Es liegt nicht in der Kompetenz der Vergabekammer, zur Beseitigung einer Rechtsverletzung eine Maßnahme zu treffen, die einen rechtlichen oder tatsächlichen Kontrahierungszwang bedeutet.

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IBRRS 2023, 0823
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Zuschlag vor mitgeteilter Frist erteilt: Vertrag unwirksam!

VK Bund, Beschluss vom 23.02.2023 - VK 2-2/23

1. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden, u. a. über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Der Vertrag darf bei einem elektronisch geführten Vergabeverfahren frühestens 10 Tage nach Absendung der Information geschlossen werden.

2. Teilt der öffentliche Auftraggeber den Bietern ausdrücklich mit, dass er beabsichtigt, den Zuschlag an den Zuschlagsprätendenten an einem bestimmten Tag zu erteilen und wird der Zuschlag vor dem mitgeteilten Termin erteilt, wird die Wartefrist nicht eingehalten und der Vertrag ist von Anfang an unwirksam. Das gilt auch dann, wenn der mitgeteilte Termin über die gesetzlich gebotene Wartemindestfrist hinausgeht.

3. Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers anhand der von diesem den Bietern bekannt gegebenen Zuschlagskriterien. Diese bekannt gemachten Zuschlagskriterien sind gegenüber allen Bietern gleich anzuwenden.

4. Der Auftraggeber darf von den bekannt gemachten Zuschlagskriterien nicht abweichen, ohne dass er dies den Bietern vorab mit angemessener Frist bekannt gegeben hat.

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IBRRS 2023, 0797
VergabeVergabe
Verstoß gegen Vergaberecht: Widerruf der Förderung ist die Regel!

VG Cottbus, Urteil vom 03.02.2023 - 3 K 1618/19

1. Das EU-Recht ermächtigt die nationale Vollzugsbehörde nicht zur Aufhebung der Zuwendungsbescheide, sondern enthält nur Vorgaben für die Geltendmachung der Forderung nach nationalem Recht unter Berücksichtigung der durch das Unionsrecht gesetzten Grenzen, insbesondere hinsichtlich des Vertrauensschutzes.

2. Die gesetzlich in § 49 Abs. 3 VwVfG normierten Widerrufsgründe sind abschließend. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Vergaberechtsvorschriften als Hinweis auf das Gesetz stellt für sich genommen noch keine Auflage dar. Maßgeblich für den Auflagencharakter ist der Vorbehalt der Rückforderung. Hierfür reicht nicht, allgemein im Bescheid Rechtsvorschriften zu benennen.

3. Dem gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, ist zu entnehmen, dass bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (sog. intendiertes Ermessen).

4. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen.

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IBRRS 2023, 0769
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Bauaufgabe kritisch: Unterauftragsvergabe unzulässig!

VK Lüneburg, Beschluss vom 14.10.2022 - VgK-17/2022

1. Die Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Die früher angewandte Praxis, die Eignungskriterien erst in Vergabeunterlagen mitzuteilen, ist nicht mehr zulässig.

2. Die Eignungskriterien müssen in der Bekanntmachung eindeutig und abschließend beschrieben sein. Ein Verweis genügt nicht. Der (potenzielle) Bieter und Bewerber soll sich bereits aufgrund der Bekanntmachung überlegen können, ob er die festgelegten Eignungskriterien erfüllen kann.

3. Eine Mindestanforderung an die Eignung ist vorschriftsgemäß bekannt gemacht, wenn in der Bekanntmachung durch einen Link auf die Internetseite der Vergabestelle verwiesen wird und die interessierten Unternehmen durch bloßes Anklicken zum entsprechenden Formblatt gelangen können (Abschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2012, 1336 - nur online).

...




IBRRS 2023, 0768
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Technische Anforderungen an das Bauwerk sind keine technischen Spezifikationen!

VK Lüneburg, Beschluss vom 21.12.2022 - VgK-21/2022

1. Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig. Das betreffende Angebot ist zwingend von der Wertung auszuschließen.

2. Unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen liegen immer dann vor, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet, als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt. Auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit einer Änderung der Vergabeunterlagen kommt es nicht an.

3. Eine Leistung, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, kann angeboten werden, wenn sie mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Abweichung ist ausdrücklich im Angebot zu bezeichnen und die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachzuweisen.

4. Technische Spezifikationen sind technische Regelwerke, Normen oder allgemeine Eigenschafts- oder Funktionsbeschreibungen (vgl. Ziffer 1 der Anlage TS zur VOB/A EU), nicht jedoch die individuell auf das konkrete Bauvorhaben bezogenen technischen Angaben.




IBRRS 2023, 0759
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Preisgleitklausel ist nach wie vor ein Muss!

VK Lüneburg, Beschluss vom 01.02.2023 - VgK-27/2022

1. Das Vergaberecht verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, sich wettbewerbsrechtlich fair zu verhalten. Dazu gehört jedenfalls im Bauvergaberecht das Verbot der Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses.

2. Der öffentliche Auftraggeber legt dem Auftragnehmer ein ungewöhnliches Wagnis auf, wenn er von den Anbietern feste Preise für alle Positionen des Leistungsverzeichnisses einfordert, obwohl durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine und die verhängten Sanktionen erhebliche Veränderungen in der Bitumenversorgung bestehen.

3. Der Ukrainekrieg ist als Ereignis anzusehen, das den Bietern auch noch im Frühjahr 2023 eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation ohne Preisgleitklausel unmöglich macht (Fortführung von VK Westfalen, VPR 2022, 138).




IBRRS 2023, 0750
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Dringlichkeit vorhersehbar: Interimsvergabe ohne Veröffentlichung zulässig?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.02.2023 - Verg 9/22

Dem Europäischen Gerichtshof wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 32 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2014/24/EU mit Rücksicht auf Art. 14 AEUV einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Vergabe eines der Daseinsvorsorge dienenden öffentlichen Auftrags bei äußerster Dringlichkeit auch dann im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung erfolgen kann, wenn das Ereignis für den öffentlichen Auftraggeber voraussehbar und die angeführten Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit ihm zuzuschreiben sind?




IBRRS 2023, 0715
VergabeVergabe
Nochmal: Wer den Nachprüfungsantrag zurücknimmt, muss die Kosten tragen!

VK Berlin, Beschluss vom 08.02.2023 - VK B 1-21/22

Bei einer Rücknahme oder sonstigen Erledigung des Antrags vor einer Entscheidung der Vergabekammer wird die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen getroffen. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen, wenn er sich durch die Antragsrücknahme freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat.

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IBRRS 2023, 0725
VergabeVergabe
Vergaberechtsverstoß im Nachprüfungsverfahren erkannt: Keine Rüge erforderlich!

VK Rheinland, Beschluss vom 17.02.2022 - VK 40/21

1. Bei einem schlechten Rang des Angebots ist für eine ernstliche Möglichkeit des Schadenseintritts i.d.R. erforderlich, dass der Antragsteller auch gegen die ihm in der Rangfolge vorgehenden Bieter konkrete Einwendungen vorbringt.*)

2. Grundsätzlich muss die Rüge erkennen lassen, aufgrund welcher Quellen der Antragsteller im Hinblick auf die Erfüllung welcher Eigenschaften Zweifel hat. Der Hinweis auf das Internet ermöglicht es dem öffentlichen Auftraggeber nicht, Anhaltspunkte für die Überprüfung der vorgetragenen Zweifel zu liefern.*)

3. Werden dem Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens weitere mögliche Vergabeverstöße bekannt, kann er diese unmittelbar zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens machen, ohne vorher rügen zu müssen.*)

4. Einem ausgeschlossenen Konkurrenzangebot ist eine Indizwirkung für die Preisbildung nur dann abzusprechen, wenn der konkrete Ausschlussgrund die Preisbildung beeinflusst haben kann.*)

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IBRRS 2023, 0708
VergabeVergabe
OLG muss über Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens entscheiden!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.09.2022 - 11 Verg 2/21

1. Hat der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Zuge der Senatsentscheidung geprüft, liegt eine die gerichtliche Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht tragende Kostengrundentscheidung im Rahmen eines vollstreckbaren Titels gem. § 103 Abs 1 ZPO auch dann vor, wenn die sofortige Beschwerde diesbezüglich zurückgewiesen worden ist und daher der Tenor der Beschwerdeentscheidung die Entscheidung über Kosten und Aufwendungen des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht wiedergibt; zu einer solchen Prüfung besteht bei einer in der Sache zu bescheidenden sofortigen Beschwerde stets Anlass (Anschluss an OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14, IBRRS 2015, 1876 = VPRRS 2015, 0185).*)

2. In diesen Fällen ist das Oberlandesgericht im Kostenfesetzungsverfahren zur Entscheidung über die festsetzbaren Aufwendungen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (entgegen OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11, IBRRS 2012, 0767 = VPRRS 2012, 0090).*)

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IBRRS 2023, 0707
VergabeVergabe
Keine Chance auf den Zuschlag: Nachprüfungsantrag unzulässig!

BayObLG, Beschluss vom 20.01.2023 - Verg 14/22

1. Liegt das Angebot eines Bieters auf einem abgeschlagenen Platz, muss er zur Begründung seiner Antragsbefugnis (§ 160 Abs. 2 GWB) schlüssig Vergabeverstöße behaupten, die sich auf die Rangfolge der Angebote in der Weise auswirken können, dass sein Angebot auf eine aussichtsreiche Rangstelle vorrückt, oder die es gebieten, das Vergabeverfahren - bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht - noch weitergehend zurückzuversetzen.*)

2. Erforderlich ist, dass der Bieter Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorträgt, die einen hinreichenden Verdacht auf den gerügten Vergabeverstoß begründen. Daran fehlt es, wenn die Argumentation des Antragstellers nicht plausibel ist, weil er ihm bekannte Tatsachen ausblendet.*)

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IBRRS 2023, 0695
VergabeVergabe
Nachprüfungsantrag zurückgenommen: Antragsteller trägt Kostenlast!

VK Berlin, Beschluss vom 08.02.2023 - VK B 1-23/22

Bei einer Rücknahme oder sonstigen Erledigung des Antrags vor einer Entscheidung der Vergabekammer wird die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen getroffen. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen, wenn er sich durch die Antragsrücknahme freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat.

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IBRRS 2023, 0684
VergabeVergabe
Auftraggeber setzt Verfahren zurück: Bieter muss keine Kosten tragen!

VK Berlin, Beschluss vom 28.11.2022 - VK B 1-34/20

1. Bei einer Rücknahme oder sonstigen Erledigung des Vergabenachprüfungsantrags vor einer Entscheidung der Vergabekammer wird die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen getroffen.

2. Es ist regelmäßig unbillig, nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens dem Antragsteller Gebühren aufzuerlegen, obwohl er aufgrund der getroffenen Abhilfeentscheidung durch den Auftraggeber im materiellen Sinne obsiegt hat.

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IBRRS 2023, 0681
VergabeVergabe
Gebührenhöhe bestimmt sich nach Gebührentabelle der VK Bund!

OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.01.2023 - 19 Verg 1/22

1. Die Vergabekammer erhebt Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwands im Nachprüfungsverfahren, mit denen die Beteiligten belastet werden.

2. Bei der Ausfüllung dieses Gebührenrahmens ist dem Kostendeckungs- und dem Äquivalenzprinzip Rechnung zu tragen, sodass die Gebühr entsprechend dem Aufwand der Vergabekammer und der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache zu bestimmen ist. Dem kann im Ausgangspunkt durch Anwendung der von den Vergabekammern des Bundes entwickelten Gebührentabelle Rechnung getragen werden.

3. Hat der Antragsteller kein Angebot abgegeben, kann der Wert des Verfahrensgegenstands auf Grundlage einer verantwortlichen Einschätzung des Auftraggebers geschätzt werden.

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IBRRS 2023, 0661
VergabeVergabe
Annullierung des Wertungsergebnisses ist keine aufhebungsgleiche Maßnahme!

VK Berlin, Beschluss vom 30.03.2022 - VK B 2-41/21

1. Der öffentliche Auftraggeber bindet sich mit der Mitteilung des Wertungsergebnisses nicht in rechtlich erheblicher Weise selbst.

2. Die Annullierung des Wertungsergebnisses unterliegt keinen besonderen rechtlichen Beschränkungen und ist nach allgemeinen vergaberechtlichen Verfahrensgrundsätzen zulässig.

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IBRRS 2023, 0635
VergabeVergabe
Wann ist die Vergabekammer des Bundes zuständig?

VK Bund, Beschluss vom 21.02.2023 - VK 2-4/23

1. Die Vergabekammer des Bundes ist für die Nachprüfung von Aufträgen zuständig, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Nicht entscheidend bzw. ausreichend ist es, ob/dass der Auftraggeber grundsätzlich auch selbst dem Bund zuzurechnender öffentlicher (Sektoren-)Auftraggeber ist.

2. Die Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes richtet sich nicht nach dem Auftraggeber, sondern danach, wem der Auftrag als solcher zuzurechnen ist.

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IBRRS 2023, 0631
VergabeVergabe
Vorauftragnehmer ist nicht vorbefasst!

VK Bund, Beschluss vom 13.02.2023 - VK 2-114/22

1. Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zweifelhaft ist, ist er gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.

2. Die Tatsache, dass ein Bieter eine in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Unternehmens als Hosting-Dienstleisterin einbinden will, muss den Auftraggeber nicht an der Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens zweifeln lassen (Anschluss an OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.09.2022 - 15 Verg 8/22, IBRRS 2022, 2708).

3. Rechtsanwälte sind keine "Beschaffungsdienstleister".

4. Der Vorauftragnehmer ist kein Unternehmen, das das Vergabeverfahren mit und für den öffentlichen Auftraggeber vorbereitet hat.

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IBRRS 2023, 0574
VergabeVergabe
Keine rechtzeitige Rüge: Vergabenachprüfungsantrag unzulässig!

VK Thüringen, Beschluss vom 20.12.2022 - 4003-404-2022-E-V-009-EF

1. Ein Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens ist gem. § 160 Abs. 3 GWB unzulässig, wenn der Bieter/Antragsteller erkannte bzw. erkennbare Vergaberechtsverstöße nicht rechtzeitig gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.

2. Die Präklusionsvorschriften des § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB sind nicht unionsrechtswidrig, da diese Regeln hinreichend genau, klar und vorhersehbar festlegen, wie und bis zu welcher Frist der Interessent/Bieter potentielle Vergaberechtsverstöße rügen muss.

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IBRRS 2023, 0566
VergabeVergabe
Aufhebungsgrund liegt vor: Aufhebung ist kein Automatismus!

VK Thüringen, Beschluss vom 07.07.2022 - 4003-392-2022-E-004-WAK

1. Auch wenn ein in der einschlägigen Vergabeverordnung normierter Aufhebungsgrund vorliegt, ist die Aufhebung der Ausschreibung vergaberechtswidrig, wenn der Auftraggeber das ihm eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt bzw. dies nicht hinreichend dokumentiert hat.

2. Der Auftraggeber hat - auch wenn ein Aufhebungsgrund vorliegt -zu überlegen und abzuwägen, ob er die Ausschreibung aufhebt. Er hat sämtliche für und gegen eine Aufhebung des Vergabeverfahrens sprechenden Belange seiner selbst und der Bieter gegeneinander abzuwägen. Zu prüfen ist zudem, ob weniger einschneidende Alternativen in Betracht kommen.

3. In einem Vergabeverfahren nach VgV sind die Bieter im Öffnungstermin (weiterhin) nicht zugelassen und die Preise damit zumindest bis auf Weiteres geheim. Die Regelungen über den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen der Unternehmen sind bieterschützend.

4. Verstößt der öffentliche Auftraggeber gegen die Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit, ist er wegen Verletzung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses zum Schadensersatz verpflichtet, wenn dem Bewerber oder Bieter dadurch nachweislich ein Schaden entstanden ist.

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IBRRS 2023, 0563
VergabeVergabe
Auch bei funktionaler Ausschreibung: Angebote müssen vergleichbar sein!

VK Westfalen, Beschluss vom 17.02.2023 - VK 3-48/22

1. Eine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB kommt jedenfalls bei offensichtlichen, ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem Bieter bei der bloßen Durchsicht der Vergabeunterlagen auffallen bzw. sich ihm aufdrängen müssen. Unter einem sich Aufdrängen fällt auch ein bewusstes Sich-der-Erkenntnis-Verschließen. Ein Unternehmer verschließt sich der Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes, wenn er als Teilnehmer eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb einen Vergaberechtsverstoß erst nach Abgabe des finalen Angebots rügt, obwohl er sich mit den Vergabeunterlagen bereits zur Erstellung eines ersten indikativen Angebots intensiv auseinandersetzen musste und die streitigen Ausschreibungsunterlagen nicht nur gelesen, sondern auch angewendet hat.*)

2. Ein Zuschlags(unter)kriterium soll dem Auftraggeber eine weitergehende Differenzierung zwischen den Angeboten ermöglichen, um auf dieser Grundlage eine nachvollziehbare Auswahlentscheidung treffen zu können. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es im Rahmen der Bewertung einen Punktwert erhält und sich dieser in der Gesamtwertung wiederfindet. In Abgrenzung hierzu sind mit Blick auf den einem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung zukommenden Beurteilungsspielraum nicht sämtliche Überlegungen, die er im Rahmen der Wertung anstellt, gleich Zuschlagskriterien. Ein öffentlicher Auftraggeber muss sich mit den Angebotsinhalten auseinandersetzen und diese unter die Zuschlagskriterien subsumieren können.*)

3. Im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung überlässt der Auftraggeber dem Wettbewerb Rahmenbedingungen zur Lösung einer Aufgabe. Er ist zur Vorgabe von Lösungsvorschlägen nicht verpflichtet. Das gilt nicht nur bei standardisierten Leistungen, sondern auch bei einem komplexen Auftragsgegenstand. Diesbezüglich ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit steigender Komplexität wechselwirkend die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der vorgegebenen Rahmenbedingungen steigen. Die Offenheit des Verhandlungsverfahrens darf nicht dazu führen, dass Bieter nicht mehr miteinander vergleichbare Angebote abgeben bzw. nicht mehr erkennen können, was von ihnen verlangt ist.*)

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IBRRS 2023, 2431
VergabeVergabe
Wirksame Vertretung ist Voraussetzung gemeinsamer Kontrolle!

EuGH, Urteil vom 22.12.2022 - Rs. C-384/21

1. Art. 12 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts über die Direktvergabe öffentlicher Aufträge unmittelbare Wirkungen entfaltet, wenn der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt hat.*)

2. Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, dass ein öffentlicher Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die den Zuschlag erhaltende juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt, das in dieser Bestimmung genannte Erfordernis, dass ein öffentlicher Auftraggeber in den beschlussfassenden Organen der kontrollierten juristischen Person vertreten sein muss, nicht allein deswegen erfüllt ist, weil im Verwaltungsrat dieser juristischen Person der Vertreter eines anderen öffentlichen Auftraggebers sitzt, der auch dem Verwaltungsrat des ersten öffentlichen Auftraggebers angehört.*)

3. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftrag, durch den einem öffentlichen Auftraggeber öffentliche Aufgaben übertragen werden, die Teil eines Verhältnisses der Zusammenarbeit zwischen anderen öffentlichen Auftraggebern sind, nicht vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist, wenn der öffentliche Auftraggeber, dem diese Aufgaben übertragen wurden, bei der Erfüllung solcher Aufgaben nicht die Erreichung von Zielen anstrebt, die er mit den anderen öffentlichen Auftraggebern teilt, sondern sich darauf beschränkt, zur Erreichung von Zielen beizutragen, die nur diesen anderen öffentlichen Auftraggebern gemeinsam sind.*)

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IBRRS 2023, 0562
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wirksame Vertretung ist Voraussetzung gemeinsamer Kontrolle!

EuGH, Urteil vom 22.12.2022 - Rs. C-383/21

1. Art. 12 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts über die Direktvergabe öffentlicher Aufträge unmittelbare Wirkungen entfaltet, wenn der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt hat.*)

2. Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, dass ein öffentlicher Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die den Zuschlag erhaltende juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt, das in dieser Bestimmung genannte Erfordernis, dass ein öffentlicher Auftraggeber in den beschlussfassenden Organen der kontrollierten juristischen Person vertreten sein muss, nicht allein deswegen erfüllt ist, weil im Verwaltungsrat dieser juristischen Person der Vertreter eines anderen öffentlichen Auftraggebers sitzt, der auch dem Verwaltungsrat des ersten öffentlichen Auftraggebers angehört.*)

3. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftrag, durch den einem öffentlichen Auftraggeber öffentliche Aufgaben übertragen werden, die Teil eines Verhältnisses der Zusammenarbeit zwischen anderen öffentlichen Auftraggebern sind, nicht vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist, wenn der öffentliche Auftraggeber, dem diese Aufgaben übertragen wurden, bei der Erfüllung solcher Aufgaben nicht die Erreichung von Zielen anstrebt, die er mit den anderen öffentlichen Auftraggebern teilt, sondern sich darauf beschränkt, zur Erreichung von Zielen beizutragen, die nur diesen anderen öffentlichen Auftraggebern gemeinsam sind.*)




IBRRS 2023, 0555
VergabeVergabe
Vergabeunterlagen widersprüchlich: Angebotsausschluss unzulässig!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2021 - Verg 11/21

1. Die Bieter sind schon angesichts des Zeitdrucks bei Angebotserstellung nicht gehalten, die Vergabeunterlagen auf Widersprüche hin routinemäßig zu überprüfen.

2. Einem durchschnittlichen Bieter muss jedenfalls bei umfangreicheren Vergabeunterlagen nicht ins Auge fallen, dass sich an verschiedenen Stellen in den Vergabeunterlagen unterschiedliche und sich widersprechende Formulierungen befinden.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist zur Nachforderung fehlender Unterlagen verpflichtet, wenn er weder in der Auftragsbekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen wirksam festgelegt hat, dass er fehlende Unterlagen nicht nachfordern wird.

4. Der Ausschluss einer Nachforderung muss eindeutig sein. Eindeutig ist der Ausschluss nur dann, wenn zweifelsfrei erkennbar ist, ob und in welchem Umfang die Nachforderung ausgeschlossen ist.

5. Intransparente Anforderungen oder widersprüchliche Vergabeunterlagen sind nicht eindeutig. Verbleiben Zweifel, geht diese zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.

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IBRRS 2023, 0534
VergabeVergabe
Stoffpreisklausel ist derzeit ein Muss!

VK Thüringen, Beschluss vom 03.06.2022 - 4002/779-2022-E-008-J

1. Dem Bieter darf in den Vergabe- und Vertragsunterlagen kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet werden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung insbesondere auf die Preise er nicht im Voraus schätzen kann.

2. Die Kriegsereignisse in der Ukraine und seine weltweiten Sanktionsfolgen sowie die dadurch ausgelöste und noch anhaltende dynamische Entwicklung dieser Preise bürden den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis auf.

3. Sind die Bieter derzeit einem ungewöhnlichen Wagnis ausgesetzt, kann dies durch die Aufnahme einer Stoffpreisklausel (Formblatt 225 VHB) in die Vergabeunterlagen beseitigt werden.

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IBRRS 2023, 0522
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auftragswertschätzung muss auf aktueller Datengrundlage beruhen!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.04.2022 - Verg 34/21

1. Der Auftragswert ist grundsätzlich anhand der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer zu schätzen. Dabei muss die Vergabestelle eine ernsthafte Prognose über den voraussichtlichen Auftragswert anstellen oder erstellen lassen.

2. Der Auftraggeber hat eine seriöse Prognose des voraussichtlichen Gesamtauftragswerts anhand objektiver Kriterien vorzunehmen, dabei Umsicht und Sachkunde walten zu lassen und die wesentlichen Kostenfaktoren zu berücksichtigen. Die Prognose darf nicht auf erkennbar unrichtigen Daten beruhen.

3. Soweit die der Schätzung zu Grunde gelegten Preise oder Preisbemessungsfaktoren im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens nicht mehr aktuell sind und sich nicht unerheblich verändert haben, ist sie anzupassen.




IBRRS 2023, 0514
VergabeVergabe
Wann ist die Hinzuziehung eines Anwalts auf Bieterseite notwendig?

KG, Beschluss vom 14.12.2022 - Verg 10/22

Die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts kann nicht schematisch beantwortet werden. Es ist eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalls gerecht wird. Hierzu ist die Frage zu beantworten, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falls auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen.*)

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IBRRS 2023, 0468
VergabeVergabe
Angebotswertung unter Einbeziehung des Nebenangebots soll wiederholt werden

OLG Koblenz, Beschluss vom 14.10.2020 - Verg 7/20

ohne amtlichen Leitsatz

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IBRRS 2023, 0487
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Nachforderung fehlender Unterlagen ist kein Muss!

VK Berlin, Beschluss vom 24.01.2023 - VK B 2-35/22

1. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich dazu berechtigt, die Vergabeunterlagen nachträglich zu ändern.

2. Es ist dem öffentlichen Auftraggeber nicht nur erlaubt, gar keinen Gebrauch von der Nachforderungsmöglichkeit zu machen, sondern auch, die Nachforderung auf bestimmte Unterlagen zu beschränken.

3. Die Tatsache, dass ein Wirtschaftsteilnehmer einen Nachprüfungsantrag stellt, begründet noch keinen Anspruch auf Akteneinsicht. Das grundsätzlich unumschränkte Akteneinsichtsrecht setzt voraus, dass der Nachprüfungsantrag statthaft und zulässig ist.

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IBRRS 2023, 0475
VergabeVergabe
Trotz wettbewerbswidriger Absprache: Rechtskräftig ist rechtskräftig!

EuGH, Urteil vom 09.02.2023 - Rs. C-53/22

Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die es einem Wirtschaftsteilnehmer, der an der Teilnahme an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags gehindert war, weil er eine der in der betreffenden Ausschreibung vorgesehenen Teilnahmevoraussetzungen nicht erfüllt hat, und dessen gegen die Aufnahme dieser Voraussetzung in die Ausschreibung gerichtete Klage durch eine rechtskräftige Entscheidung abgewiesen wurde, nicht erlaubt, die Weigerung des betreffenden öffentlichen Auftraggebers anzufechten, die Zuschlagsentscheidung aufzuheben, nachdem durch eine gerichtliche Entscheidung bestätigt worden war, dass sowohl der erfolgreiche Bieter als auch die anderen Bieter an einer Vereinbarung beteiligt waren, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln in demselben Sektor wie demjenigen der Vergabe dieses öffentlichen Auftrags darstellt.*)

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IBRRS 2023, 0451
VergabeVergabe
Dienstleistungkonzession nur im Ausnahmefall!

EuGH, Urteil vom 19.01.2023 - Rs. C-292/21

Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Vergabe von Kursen zur Sensibilisierung und Nachschulung für den Straßenverkehr zur Wiedererlangung von Punkten für die Fahrerlaubnis im Wege einer Konzession für eine öffentliche Dienstleistung erfolgen muss, soweit diese Regelung über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels von allgemeinem Interesse, nämlich der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit, erforderlich ist.*)

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IBRRS 2023, 0446
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Drum prüfe, wer sich in einer ARGE bindet? Keine Sippenhaft im Vergaberecht!

EuGH, Urteil vom 26.01.2023 - Rs. C-682/21

1. Art. 18 Abs. 1 und Art. 57 Abs. 4 Buchst. g der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02,2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder Praxis entgegenstehen, wonach dann, wenn der öffentliche Auftraggeber einen an eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern vergebenen öffentlichen Auftrag wegen erheblicher oder dauerhafter Mängel, die zur Nichterfüllung einer wesentlichen Verpflichtung im Rahmen dieses Auftrags geführt haben, vorzeitig beendet, jedes Mitglied dieser Gruppe automatisch in eine Liste unzuverlässiger Auftragnehmer eingetragen wird und damit vorübergehend grundsätzlich daran gehindert ist, an neuen Vergabeverfahren teilzunehmen.*)

2. Art. 18 Abs. 1 und Art. 57 Abs. 4 Buchst. g der Richtlinie 2014/24 sind dahin auszulegen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der Mitglied einer Bietergemeinschaft ist, an die ein öffentlicher Auftrag vergeben wurde, im Fall der vorzeitigen Beendigung dieses Auftrags wegen Nichterfüllung einer wesentlichen Verpflichtung zum Nachweis, dass seine Eintragung in eine Liste unzuverlässiger Auftragnehmer nicht gerechtfertigt ist, jeden Umstand einschließlich solcher, die Dritte wie das federführende Unternehmen dieser Bietergemeinschaft betreffen, geltend machen kann, der belegen kann, dass er die Mängel, die zur vorzeitigen Beendigung dieses Auftrags geführt haben, nicht verursacht hat und dass von ihm vernünftigerweise nicht verlangt werden konnte, mehr zu tun, als er getan hat, um ihnen abzuhelfen.*)

3. Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, der im Rahmen der Festlegung von Voraussetzungen für die Anwendung des in Art. 57 Abs. 4 Buchst. g der Richtlinie 2014/24 vorgesehenen fakultativen Ausschlussgrundes vorsieht, dass die Mitglieder einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, an die ein öffentlicher Auftrag vergeben wurde, im Fall der vorzeitigen Beendigung dieses Auftrags wegen Nichterfüllung einer wesentlichen Verpflichtung in eine Liste unzuverlässiger Auftragnehmer eingetragen werden und damit von der Teilnahme an neuen Vergabeverfahren vorübergehend grundsätzlich ausgeschlossen sind, diesen Wirtschaftsteilnehmern das Recht gewährleisten muss, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen ihre Eintragung in diese Liste einzulegen.*)




IBRRS 2023, 0413
VergabeVergabe
Konzeptbewertung ist nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren!

VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2023 - VK 1-49/22

1. Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers, wie er die Bewertung organisiert und strukturiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021 - Verg 34/20, IBRRS 2021, 1084 = VPRRS 2021, 0088).*)

2. Bei der Wertung der Angebote und namentlich auch bei der Bewertung von Qualitätskriterien wie Konzepten genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 04.04.2017 - X ZB 3/17, IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 - Verg 39/16, IBR 2017, 328 = VPR 2017, 82, oder OLG München, Beschluss vom 17.09.2015 - Verg 3/15, IBRRS 2015, 2656 = VPRRS 2015, 0307).*)

3. Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und - ganz wesentlich - nachvollziehbar sind (vgl. etwa VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022 - VK 2-24/22, IBRRS 2022, 1657 = VPRRS 2022, 0125). Die Nachvollziehbarkeit ist insbesondere im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens bedeutend und eng mit der gesetzlich statuierten Dokumentationspflicht verbunden.*)

4. Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass für die Nachprüfungsinstanzen nachverfolgbar ist, warum das ausgewählte Angebot unter den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde. Diese Gründe müssen derart detailliert sein, dass ein mit dem jeweiligen Vergabeverfahren vertrauter Leser sie als fassbar erachtet.*)

5. Der öffentliche Auftraggeber muss deswegen nach Eröffnung der Angebote seine maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten Details des jeweiligen Konzepts ausschlaggebend für die Punktevergabe gewesen sind. Die Begründung muss dazu alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021 - 13 Verg 1/21, IBR 2021, 317 = VPR 2021, 99, unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 04.04.2017 - X ZB 3/17, IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121).*)

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IBRRS 2023, 0403
VergabeVergabe
Bieter muss auch Anforderungen aus "Spezialvorschriften" erfüllen!

EuGH, Urteil vom 26.01.2023 - Rs. C-403/21

1. Art. 58 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG in Verbindung mit den in Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie garantierten Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz ist dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber als Eignungskriterien Verpflichtungen vorschreiben kann, die sich aus Spezialvorschriften für Tätigkeiten ergeben, die im Rahmen der Ausführung eines öffentlichen Auftrags möglicherweise durchgeführt werden müssen und die von geringer Bedeutung sind.*)

2. Die in Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/24 garantierten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die Auftragsunterlagen automatisch durch Qualifikationskriterien ergänzt werden, die sich aus für Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem zu vergebenden Auftrag geltenden Spezialvorschriften ergeben, die in den Auftragsunterlagen nicht vorgesehen sind und die der öffentliche Auftraggeber den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern nicht vorschreiben wollte.*)

3. Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er dem Ausschluss eines Bieters aus dem Vergabeverfahren mit der Begründung, dass er den Unterauftragnehmer nicht benannt habe, dem er die Erfüllung von Verpflichtungen zu übertragen beabsichtige, die sich aus Spezialvorschriften für Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Auftrag ergäben und die in den Auftragsunterlagen nicht vorgesehen seien, entgegensteht, wenn dieser Bieter in seinem Angebot angegeben hat, dass er diese Verpflichtungen unter Inanspruchnahme der Kapazitäten eines anderen Unternehmens erfüllen werde, ohne jedoch mit diesem Unternehmen durch einen Unterauftrag verbunden zu sein.*)

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IBRRS 2023, 0396
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Angebote verbundener Unternehmen unabhängig voneinander erstellt?

BayObLG, Beschluss vom 11.01.2023 - Verg 2/21

1. Die Aufzählung der fakultativen Ausschlussgründe in § 124 GWB ist abschließend.*)

2. Bei richtlinienkonformer Auslegung steht allerdings der in § 97 Abs. 2 GWB normierte Gleichbehandlungsgrundsatz einer Berücksichtigung von Angeboten miteinander verbundener Unternehmen entgegen, die zwar getrennt abgegeben wurden, aber weder eigenständig noch unabhängig sind.*)

3. Die Vergabestelle ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu prüfen, ob die Angebote miteinander verbundener Unternehmen eigenständig und unabhängig voneinander erstellt worden sind. Dies folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.*)

4. Die Eröffnung der sog. "zweiten Chance" durch eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens kommt nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann.*)




IBRRS 2023, 0336
VergabeVergabe
Unterlassungsanspruch setzt Vergaberechtsverstoß voraus!

LG Bonn, Urteil vom 26.10.2022 - 1 O 161/22

1. Einem Unternehmen steht gegen den öffentliche Auftraggeber ein Unterlassungsanspruch zu, wenn dieser Schutzpflichten aus einem vorvertraglichem Schuldverhältnis verletzt.

2. In einem Vergabeverfahren entsteht das vorvertragliche Schuldverhältnis bereits mit Interessenbekundung des Unternehmens (hier: durch eine Rüge) an der Ausschreibung.

3. Die sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis ergebende Schutzpflicht gegenüber dem Unternehmen wird verletzt, wenn kein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren nach den Regeln der einschlägigen Vergabeverordnung durchgeführt wird (hier verneint).

4. Der öffentliche Auftraggeber hat die Leistungsbeschreibung in einer Weise zu fassen, dass sie allen Unternehmen den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewährt.

5. In der Leistungsbeschreibung darf u. a. nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die von einem bestimmten Unternehmen bereitgestellten Produkte charakterisiert, verwiesen werden. Solche Verweise sind nur zulässig, wenn sie durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sind.

6. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehalten, die Ausschreibung so zuzuschneiden, dass sie zum Unternehmens- oder Betriebskonzept eines jeden möglichen Bieters passt.

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IBRRS 2023, 0335
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auftraggeber bestimmt die Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot!

KG, Beschluss vom 17.10.2022 - Verg 7/22

1. Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und was er beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht - offen oder versteckt - ein bestimmtes Produkt bevorzugt und andere Anbieter diskriminiert, ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Er bestimmt, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht.

2. Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. Aus den Vergabeunterlagen muss für Bieter oder Bewerber eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, was von ihnen verlangt wird. Die Vergabestellen trifft die Pflicht, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden.

3. Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt.

4. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.

5. Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist der Auftraggeber weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung beizumessen.




IBRRS 2023, 0332
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Keine hohen Anforderungen an „billigenden Prüfvermerk“!

VK Bund, Beschluss vom 07.12.2022 - VK 1-95/22

1. Die Wertungsentscheidung kann vom Auftraggeber nicht auf Dritte delegiert werden. Es handelt sich um eine eigenverantwortlich zu treffende Entscheidung des Auftraggebers.

2. Zieht der Auftraggeber - was grundsätzlich zulässig ist - externen Sachverstand bei der Angebotsbewertung hinzu, muss die Wertungsentscheidung dennoch vom Auftraggeber selbst getragen werden.

3. An den "billigenden Prüfvermerk", mit dem sich der Auftraggeber die Angebotswertungen des externen Dienstleisters zu eigen machen kann, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Der Vermerk "inhaltlich richtig" oder "einverstanden" auf dem Vergabevermerk reicht bereits aus.




IBRRS 2023, 0292
VergabeVergabe
Antragsrücknahme nach VK-Beschluss: Keine Gebührenreduzierung!

OLG Schleswig, Beschluss vom 15.08.2022 - 54 Verg 5/22

1. Nach der Rücknahme des Nachprüfungsantrags entspricht es regelmäßig der Billigkeit, dass der Antragsteller die Kosten trägt, da er sich durch die Rücknahme in die Rolle des Unterlegenen begibt.

2. Eine Reduzierung der Gebühren kommt nicht in Betracht, wenn die Rücknahme erst nach der Entscheidung der Vergabekammer erklärt wurde.

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IBRRS 2023, 0291
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Nicht plausibles Leistungsversprechen ist zu überprüfen!

OLG Schleswig, Beschluss vom 06.07.2022 - 54 Verg 4/22

1. Eine zum zwingenden Ausschluss des Angebots führende Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt.

2. Dazu ist keine körperliche Veränderung etwa im Sinne einer Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht.

3. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht.

4. Der Auftraggeber muss das Angebot eines Bieters darauf prüfen, ob dieser die Leistungszusage einhalten kann, wenn konkrete Tatsachen dessen Leistungsversprechen nicht plausibel erscheinen lassen.




IBRRS 2023, 0290
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Dringlichkeitsvergabe auch bei Versäumnissen der Vergabestelle!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2022 - 11 Verg 5/22

1. Unvorhersehbarkeit ist im Hinblick auf die eine Vertragsverlängerung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB oder auf einen Interimsauftrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfordernden Umstände nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber bei der Gestaltung des ursprünglichen Vertrags alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Ungewissheit ausgeschöpft hat und die eventuellen aus der Ungewissheit folgenden Notwendigkeiten zur Vertragsanpassung auch nicht als Option oder Überprüfungsklausel nach § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB abgebildet werden konnte.*)

2. Die Vergabestelle hat bei der Konzeption eines Vergabeverfahrens auch die Folgevergabe in den Blick zu nehmen und dabei immer mögliche Behinderungen dieses Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Vergabestelle den konkreten Grund der Verzögerung noch nicht kennt. Es genügt, dass der Ablauf eines Vergabeverfahrens vielfältigen Verzögerungen ausgesetzt sein kann.*)

3. Es ist daran festzuhalten, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich ist, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück (Festhaltung an Senat, Beschluss vom 30.01.2014 - 11 Verg 15/13 - "Stadtbusverkehr", IBRRS 2014, 0869 = VPRRS 2014, 0235; entgegen KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 1/22, IBRRS 2022, 2049 = VPRRS 2022, 0156; entgegen OLG Bremen, Beschluss vom 14.12.2021 - 2 Verg 1/21, IBRRS 2022, 2046 = VPRRS 2022, 0154).*)

4. Die besondere Dringlichkeit der (Interims-)Vergabe rechtfertigt es regelmäßig nicht, dass nur ein einziger von mehreren interessierten Bietern in die Verhandlungen einbezogen wird. Hat es einen vorangehenden Wettbewerb gegeben, ist der öffentliche Auftraggeber auch in diesen Fällen gehalten, zumindest die im Wettbewerb über den Auftrag hervorgetretenen Bieter zu beteiligen. Etwas Anderes kann sich nur ausnahmsweise je nach Lage des Falles aus den Umständen der Dringlichkeit ergeben (Festhaltung an Senat, Beschluss vom 30.01.2014 - 11 Verg 15/13 -"Stadtbusverkehr", IBRRS 2014, 0869 = VPRRS 2014, 0235).*)

5. ...




IBRRS 2023, 0284
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Unzweckmäßige Vorgaben rechtfertigen keine Änderung der Vergabeunterlagen!

OLG Bremen, Beschluss vom 04.11.2022 - 2 Verg 1/22

1. Wissenschaftliche Hochschulen in Form der Körperschaft öffentlichen Rechts sind öffentliche Auftraggeber.

2. Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen wurden, sind von der Wertung auszuschließen. Eine (unzulässige) Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, er also eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.

3. Hält ein Bieter die Vorgaben des Auftraggebers für unzweckmäßig, rechtfertigt dies keine Abweichung von für sich genommen eindeutigen Vorgaben der Leistungsbeschreibung. Es ist Sache des Auftraggebers, den eigenen Bedarf zu definieren.

4. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet, in der Ausschreibung eine weitergehende Vielfalt von technischen Lösungen zuzulassen.

5. Ein Nachprüfungsantrag ist grundsätzlich nur solange der statthafte Rechtsbehelf, solange ein Vergabeverfahren noch nicht durch einen wirksamen Zuschlag abgeschlossen ist.

6. Sobald der Zuschlag wirksam erteilt ist und eine damit verbundene Rechtsverletzung des Bieters nicht mehr verhindert werden kann, können die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht mehr in zulässiger Weise angerufen werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur in den beiden in § 135 Abs. 1 GWB genannten Fällen.




IBRRS 2023, 0253
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Mündliche Preisaufklärung ist umfassend zu dokumentieren!

VK Bund, Beschluss vom 18.11.2022 - VK 1-87/22

1. Erscheint der Angebotspreis ungewöhnlich niedrig, klärt der Auftraggeber die kalkulatorischen Grundlagen des Angebots auf (das Angebot bleibt unverändert). Der Auftraggeber ist hierbei frei darin, solange aufzuklären, bis er die zweckentsprechenden Informationen zur Prüfung des Ausschlussgrunds eines ungewöhnlich niedrigen Angebots erhalten hat.

2. Eine Aufklärung über die Angebote darf im offenen Verfahren mündlich geschehen.

3. Kann die mündliche Kommunikation mit Bietern Einfluss auf Inhalt und Bewertung von deren Angebot haben, hat der öffentliche Auftraggeber darauf zu achten, dass in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise dokumentiert wird.




IBRRS 2023, 0252
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Preisanpassungsklausel ist kein Muss!

VK Bund, Beschluss vom 19.10.2022 - VK 1-85/22

1. Nachdem es bei der Vergabe von Lieferleistungen kein allgemeines Verbot für öffentliche Auftraggeber mehr gibt, den Bietern ungewöhnliche Wagnisse aufzubürden, ist eine Preisanpassungsklausel nur dann anzuordnen, wenn den Bietern eine vernünftige kaufmännische Kalkulation unzumutbar ist (hier verneint).

2. Dass der öffentliche Auftraggeber bei Preisgleichstand von Angeboten über den Zuschlag durch Los entscheiden will, ist nicht vergaberechtswidrig.




IBRRS 2023, 0232
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Zuschlagskriterien können nachträglich präzisiert werden!

VK Bund, Beschluss vom 07.12.2022 - VK 2-96/22

1. Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

2. Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen aufgeführt werden müssen. Das gilt grundsätzlich sowohl für die Zuschlags(haupt)kriterien als auch für die Unterkriterien.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist aber nicht daran gehindert, nachträglich - auch erst nach dem Ablauf der Angebotsfrist - eine Präzisierung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien vorzunehmen.

4. Hinsichtlich der Entscheidung, in welcher Form ein Nachteilsausgleich zu gewähren ist, wenn ein Bieter im Vergabeverfahren mit unvorhersehbaren und nicht zu vertretenen Erschwernissen belastet wird, steht dem Auftraggeber ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu.




IBRRS 2023, 0171
VergabeVergabe
Unklare Vergabeunterlagen sind zu rügen!

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.05.2022 - Verg 2/22

1. Mehrdeutige und damit unklare Vergabeunterlagen verstoßen gegen das Transparenzgebot und sind vergaberechtswidrig.

2. Ob die Vergabeunterlagen mehrdeutig sind, ist aus Sicht der durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu beurteilen.

3. Ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz liegt nur dann vor, wenn die Vorgaben und Formulierungen in den Vergabeunterlagen auch nach erfolgter Auslegung noch mehrdeutig sind.

4. Die Mehrdeutigkeit der Vergabeunterlagen ist für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter zumindest erkennbar und muss daher bis spätestens zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden.

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IBRRS 2023, 0182
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Was ist ein „Gesamtprojektleiter“?

OLG Koblenz, Beschluss vom 22.06.2022 - Verg 1/22

1. Unter dem Begriff des "Gesamtprojektleiters" ist die Person gemeint, die die Federführung hinsichtlich des gesamten Projekts - und damit letztlich auch hinsichtlich der entsprechenden Teilprojekte - innehat. Auf eine gesetzliche Definition oder auf eine solche in den anerkannten Regeln der Technik kommt es nicht an.

2. Die Verwendung des Begriffs "Gesamtprojektleiter" führt nicht dazu, dass die Vergabeunterlagen - zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers - unklar sind.




IBRRS 2023, 0149
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Ausschreibung eines Rahmenvertrags: Auftraggeber muss Höchstwert/-menge angeben!

OLG Koblenz, Beschluss vom 12.12.2022 - Verg 3/22

Bei der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sind in der (Auftrags-)Bekanntmachung und/oder in den Vergabeunterlagen sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der zu erbringenden Dienstleistungen bzw. der zu liefernden Waren anzugeben. Außerdem ist anzugeben, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn die Höchstmenge oder der Höchstwert erreicht sind.