Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2021, 0609
BGH, Urteil vom 08.12.2020 - XIII ZR 19/19
1. Verletzt der öffentliche Auftraggeber eine Rücksichtnahmepflicht im vorvertraglichen Schuldverhältnis, indem er ein Vergabeverfahren rechtswidrig aufhebt (hier: ohne einen Aufhebungsgrund nach § 17 Abs. 1 VOB/A 2016), steht dem Bieter, auf dessen Angebot bei Vergabe des Auftrags der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre, ein Schadensersatzanspruch zu. Der Anspruch ist auf den Ersatz des Schadens gerichtet, der dem Bieter durch die mangelnde Beachtung der für das Verfahren und seine mögliche Aufhebung maßgeblichen Vorschriften entstanden ist.*)
2. Dieser zu ersetzende Schaden besteht grundsätzlich in den Aufwendungen, die der Bieter zur Wahrnehmung seiner Chance auf einen Zuschlag vorgenommen hat und hierzu für erforderlich halten durfte. Personalkosten für die Angebotserstellung sind dabei auch ohne konkreten Nachweis des Bieters, dass er ohne diesen Aufwand durch deren Tätigkeit anderweitig Einnahmen erwirtschaftet hätte, ersatzfähig.*)
3. Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn das Vergabeverfahren mit einem Zuschlag abgeschlossen wird, der Zuschlag jedoch nicht demjenigen Bieter erteilt wird, auf dessen Angebot bei Beachtung der maßgeblichen vergaberechtlichen Vorschriften allein ein Zuschlag hätte erteilt werden dürfen.*)
4. Dem Abschluss eines Vergabeverfahrens mit dem Zuschlag an einen nicht zuschlagsberechtigten Bieter ist es gleichzustellen, wenn der öffentliche Auftraggeber ein wirtschaftlich und wertungsmäßig entsprechendes Ergebnis dadurch herbeiführt, dass er die Ausschreibung aufhebt, ohne dass ein anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt, und den Auftrag außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens oder in einem weiteren Vergabeverfahren an einen Bieter vergibt, an den der Auftrag nach dem Ergebnis des aufgehobenen Vergabeverfahrens nicht hätte vergeben werden dürfen.*)
5. Voraussetzung hierfür ist, dass der später vergebene Auftrag bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betrifft und die Auftragsvergabe einem Zuschlag im aufgehobenen Vergabeverfahren an einen nicht zuschlagsberechtigten Bieter gleichzustellen ist. Dies ist namentlich der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht - im Hinblick auf die Vergabe an den Bieter mit dem annehmbarsten Angebot - aus sachlichen und willkürfreien Gründen aufgehoben hat, sondern um den Auftrag außerhalb dieses Verfahrens an einen anderen Bieter vergeben zu können (Fortführung von BGH, IBR 1998, 459, und BGH, IBR 2014, 292).*)

IBRRS 2021, 0601

BGH, Urteil vom 20.11.2020 - V ZR 64/20
Wenn mehrere Wohnungen nur teilweise identischen Miteigentümern gehören oder wenn der Miteigentümer einer Wohnung zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist, haben die Eigentümer jeder Wohnung bei Geltung des Kopfstimmenprinzips je eine Stimme. Das Kopfstimmrecht eines Wohnungseigentümers entfällt nicht, wenn er Miteigentümer einer anderen Wohnung wird oder bleibt. Das gilt auch, wenn er Mehrheitseigentümer anderer Wohnungen ist oder wird.*)

IBRRS 2021, 0499

OLG Bamberg, Beschluss vom 08.05.2019 - 4 U 125/18
1. Auch ein VOB-Vertrag kann auch wichtigem Grund gekündigt werden, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
2. Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung grundsätzlich nicht erforderlich.
3. Die Kündigung aus wichtigem Grund ist auch dann zulässig, wenn infolge einer dem Auftragnehmer zuzurechnenden nachhaltigen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses der Auftraggeber berechtigterweise das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers verloren hat und ihm unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Vertragsfortsetzung aus diesem Grunde unzumutbar geworden ist.
4. Das eigenes Verschulden des Kündigenden schließt das Kündigungsrecht nicht notwendig aus, sondern nur, wenn der Kündigende die Störung des Vertrauensverhältnisses überwiegend verursacht hatte.

IBRRS 2021, 0574

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.02.2021 - 1 LA 97/19
Ist einem klar und gradlinig begrenzten Siedlungsbereich ein einzelnes Wohnhaus in einigem Abstand (hier rund 90 m) vorgelagert, hat dieses nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich nicht am Bebauungszusammenhang des Siedlungsbereichs (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) teil, wenn nicht im Einzelfall besondere Gründe dafür streiten.*)

IBRRS 2021, 0363

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.05.2019 - 980b C 49/17 WEG
1. Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird.
2. Bei erheblichen Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum muss auch der aktuell geforderte Schallschutz eingehalten werden.
3. Werden auf bereits vorhandenen Dielen ein Trockenestrich und Teppichboden verlegt, fehlt es an einem solchen erheblichen Eingriff, auch wenn später der Teppichboden durch Eichenparkett ersetzt wird.
4. Die Gemeinschaftsordnung kann Regelungen zum Schallschutz enthalten, die über den Mindeststandard hinausgehen.

IBRRS 2021, 0586

OLG München, Beschluss vom 09.02.2021 - 5 U 6404/20
1. § 133 Abs. 2 InsO in der ab 05.04.2017 geltenden Fassung ist auch auf inkongruente Deckungen anzuwenden (vgl. BT-Drs. 18/7054 S. 13).*)
2. Bei einer Sicherungsübereignung wird das Schuldnervermögen bereits durch diese und nicht erst durch die Verwertung des Sicherungseigentums und den Entfall des Rückübertragungsanspruchs des Schuldners verkürzt (Anschluss an BGH, Urteil vom 14.09.2017 - IX ZR 108/16 = IBRRS 2017, 3346, Rn. 16; Urteil vom 21.11.2013 - IX ZR 128/13 = IBRRS 2013, 5219, Rn. 12; Urteil vom 26.04.2012 - IX ZR 67/09 = IBRRS 2012, 2303, Rn. 22). Daher kommt es in diesem Fall für den Fristlauf nach § 133 Abs. 2 InsO in der ab 05.04.2017 geltenden Fassung auf den Abschluss des Sicherungsübereignungsvertrags und dessen Erfüllung an.*)

IBRRS 2021, 0585

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.01.2021 - 12 U 221/20
1. Die Jahreshöchstfrist für den Widerspruch gem. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. findet im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung auch dann keine Anwendung, wenn der Versicherungsnehmer kein Verbraucher ist.*)
2. Eine Widerspruchsbelehrung, die den Versicherungsnehmer darauf hinweist, dass er „schriftlich widersprechen“ könne und „eine Erklärung in Textform, z. B. per Fax oder eMail mit Angabe Ihres Namens“ genüge, widerspricht nicht den Vorgaben des § 5a VVG in der ab dem 01.08.2001 geltenden Fassung.*)
3. Den Anforderungen gem. § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. i.V.m. der Anlage D zum VAG a.F. ist genügt, wenn ersichtlich ist, dass die angegebenen Rückkaufswerte und beitragsfreien Leistungen vertraglich vereinbart sind. Der ausdrücklichen Formulierung einer Garantie bedarf es nicht.*)

IBRRS 2021, 0581

OLG Dresden, Beschluss vom 21.12.2020 - 4 U 1544/20
Wird die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen, verliert eine im Berufungsverfahren erhobene Widerklage ihre Wirkung.*)

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IBRRS 2021, 0504
OLG Naumburg, Urteil vom 07.12.2018 - 7 U 40/18
1. Die Schadensabwendungs- und -minderungspflicht des Auftraggebers kann unter Umständen auch den Gebrauch von Rechtsbehelfen gebieten. Der Auftraggeber muss aber nur dann einen Rechtsbehelf einzulegen, wenn auch hinreichende Erfolgsaussichten bestehen und im Einzelfall keine Gesichtspunkte der Zumutbarkeit entgegen stehen.
2. Ein Mitverschulden kann dem Auftraggeber vorgeworfen werden, wenn für diesen klar zutage liegt, dass das Rechtsmittel Erfolg haben wird und er gleichwohl davon keinen Gebrauch macht.
3. Sofern der Rechtsbehelf nicht erkennbar aussichtslos ist, der Erfolg aber auch nicht gewiss, stellt es kein "Verschulden gegen sich selbst" dar, sondern entspricht vielmehr einem vernünftigen Prozessverhalten, wenn der Auftraggeber die Einlegung eines Rechtsmittels von einer eingeschränkten Kostenfreistellungserklärung des Auftragnehmers abhängig macht.

IBRRS 2021, 0566

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.02.2021 - 8 B 905/20
1. Ein Verfahrensfehler i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 1a UVPG liegt in Abgrenzung zu inhaltlichen Fehlern von Unterlagen, die Grundlage für die UVP sind, nicht schon dann vor, wenn lediglich einzelne Aspekte der UVP nicht mit einer hinreichenden Tiefe ermittelt, einzelne Angaben fehlerhaft, Unterlagen unzureichend oder Bewertungen fragwürdig sind.
2. Ein Verfahrensfehler kommt allenfalls in Betracht, wenn der Mangel so schwer wiegt, dass das zentrale gesetzgeberische Anliegen einer frühzeitigen und effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung grundsätzlich in Frage gestellt wäre, weil die Gutachten die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG a. F./§ 16 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 UVPG n. F. erforderliche Anstoßwirkung nicht entfalten.
3. Sind immissionsschutzrechtlich genehmigte Windenergieanlagen unter Ausnutzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits errichtet worden, bezieht sich das Suspensivinteresse einer Nachbargemeinde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen diese Genehmigung grundsätzlich nur noch auf den Betrieb der Anlagen.*)
4. Rügt eine Nachbargemeinde in einem solchen Fall die Verletzung ihrer Planungshoheit, ist in die im Rahmen des Eilverfahrens gebotene Interessenabwägung zugunsten des Vollziehungsinteresses des Anlagenbetreibers einzustellen, dass die Gemeinde ihr Ziel, bei der eigenen Planung die Windenergieanlagen bzw. deren Emissionen nicht berücksichtigen zu müssen, nicht hinreichend sicher in diesem Verfahren erreichen kann, sondern nur im Hauptsacheverfahren, in dem verbindlich geklärt wird, ob die Genehmigung rechtmäßig ist und die Anlagen dauerhaft an ihren Standorten bleiben dürfen.*)

IBRRS 2021, 0186

LG Berlin, Urteil vom 26.11.2020 - 65 S 72/20
1. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Es muss dann jedoch in diesem Zeitpunkt eine (gleichartige) Forderung bestehen, mit der aufgerechnet werden kann.
2. Die HeizkostenV sanktioniert nicht jeden Verstoß gegen ihre Regelungen mit dem pauschalierten Schadenersatzanspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV; kumulativ erforderlich ist, dass infolge des Verstoßes verbrauchsunabhängig abgerechnet wurde.

IBRRS 2021, 0231

AG Hamburg-Altona, Urteil vom 10.11.2020 - 316 C 284/19
1. Mahnungen werden nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugehen. Eine einem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegebene Erklärung geht dem gesetzlichen Verbrecher nur zu, wenn sie entweder an diesen gerichtet oder für ihn bestimmt und in seinen Bereich gelangt ist.
2. Die erstmalige Zusendung einer Rechnung - selbst mit Angabe eines Zahlungsziels - ist keine Mahnung. Um nichts anderes als eine Rechnung handelt es sich bei der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung mit der Aufforderung, die Nachzahlung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Ausgleich bringen zu lassen.
3. Der Geschäftsführer kann auch im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag für seinen Zeitaufwand immer Aufwendungsersatz (Entschädigung für den Zeitverlust) verlangen. Dieser orientiert sich an den Höchstsätzen der Zeugenentschädigung des JVEG.

IBRRS 2021, 0582

OLG Frankfurt, Urteil vom 05.11.2020 - 22 U 222/19
1. Zu den Anforderungen an die schriftliche Entscheidung des Versicherers gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG.*)
2. Die Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum führt im Regelfall nicht zu einer Verwirkung der Geltendmachung des Anspruchs.*)
3. Zur Aktivlegitimation bei Besitzdienerschaft.*)
4. Bei offensichtlichen Schreibfehlern im Urteil besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung der Berufung, wenn das Verfahren nach § 319 ZPO innerhalb der Rechtsmittelfrist durchgeführt werden kann.*)

IBRRS 2021, 0220

LG München I, Beschluss vom 30.07.2020 - 1 T 7253/20 WEG
1. Bei der Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, wonach auch Verwandte ersten Grades und Ehepartner als Vertreter eines Eigentümers in der Eigentümerversammlung mit Stimmrecht zugelassen werden können, ist der für die Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Auffangwert i.H.v. 5.000 Euro anzusetzen.
2. In Wohnungseigentumssachen ist gem. § 49a Abs. 1 GKG der Streitwert auf 50% des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen, wobei er allerdings das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten darf. Dabei liegt es auf der Hand, dass ein nur mit einer geringen Quote beteiligter Eigentümer auch ein deutlich geringeres Interesse an den Folgen einer beschlossenen Maßnahme hat als ein in größerem Umfange Beteiligter. Insbesondere bemessen sich mögliche Kostentragungen eines Eigentümers hinsichtlich denkbarer Schäden für das Gemeinschaftseigentum nach der Beteiligung des Einzelnen.

IBRRS 2021, 0579

BayObLG, Beschluss vom 10.02.2021 - 101 AR 163/20
Zur Ausübung des Wahlrechts nach § 35 ZPO beim Parteiwechsel auf Beklagtenseite.*)

IBRRS 2021, 0542

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.01.2021 - 2 O 137/20
Endet das Verfahren durch Klagerücknahme, beginnt der Lauf der Frist für die Streitwertbeschwerde mit Eingang der Rücknahmeerklärung bei Gericht.*)

Online seit 22. Februar
IBRRS 2021, 0573
BGH, Urteil vom 20.11.2020 - V ZR 196/19
1. Die Regelungen über die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) sind auf die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht entsprechend anwendbar.*)
2. Von dem teilenden Eigentümer vorgegebene Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die in einem spezifischen Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung stehen, unterliegen einer Inhaltskontrolle im Hinblick auf einen Missbrauch der einseitigen Gestaltungsmacht; diese Inhaltskontrolle richtet sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben gem. § 242 BGB aus.*)
3. Enthält die Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft für die Eigentümerversammlung folgende Regelung:
„Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung genügt die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist.“,
so setzt die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung nicht den Zugang, sondern lediglich die rechtzeitige Absendung der Ladung an die Wohnungseigentümer voraus; dies bezieht sich auf alle Wohnungseigentümer und nicht nur auf diejenigen, die einen Wohnsitzwechsel nicht mitgeteilt haben. Eine solche Regelung ist wirksam.*)
IBRRS 2021, 0426

OLG Celle, Urteil vom 04.03.2020 - 7 U 334/18
1. Können die Mitarbeiter des Auftragnehmers aufgrund einer vom Auftraggeber zu vertretenden Behinderung nicht auf der Baustelle arbeiten, kann der Auftragnehmer den Schaden erstattet verlangen, der konkret auf die Behinderung zurückgeht.
2. Stellt der Auftragnehmer seine Mitarbeiter aufgrund der Behinderung unter Fortzahlung des Arbeitslohn frei, stellen die aufgewendeten Lohnkosten und nicht die üblichen Stundensätze/Einheitspreise den zu erstattenden Schaden dar.
3. Ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB setzt voraus, dass der Auftraggeber eine Mitwirkungshandlung unterlässt und dadurch die Bauausführung behindert wird, dass der Auftragnehmer seine Leistung angeboten und die Behinderung anzeigt hat bzw. diese offenkundig ist.
4. Der Auftragnehmer muss hinsichtlich jeder einzelnen Behinderung konkret die unterlassene Mitwirkung nebst Behinderungsanzeige, den sich daraus ergebenen Annahmeverzug und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf den Bauverlauf und die übernommenen Arbeiten darlegen.
5. Maßgeblich für die Höhe des Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB ist die dem Vertrag zugrunde liegende Kalkulation des Auftragnehmers.

IBRRS 2021, 0556

VG Hannover, Urteil vom 15.01.2021 - 12 B 6417/20
1. Die von der öffentlichen Hand abgeschlossenen Grundstückskaufverträge gehören in aller Regel ausschließlich dem Privatrecht an.*)
2. Ebenfalls privatrechtlich ist grundsätzlich ein dem Abschluss des Vertrags ggf. vorausgehendes Verfahren, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen mehreren Kaufinteressenten dient.*)
3. Ausnahmen von dem Grundsatz einer rein privatrechtlichen Streitigkeit kommen nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Hand eine gesetzliche öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur bevorzugten Berücksichtigung eines bestimmten Personenkreises zu beachten hat bzw. die Zuordnung des Rechtsgeschäfts oder einzelner seiner Teile zum Kreis des öffentlichen Rechts aus einer rechtlichen bzw. gesetzlichen Regelung folgt.*)
4. Abgesehen davon lässt sich eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Veräußerungsentscheidung nicht durch Heranziehung der so genannten Zweistufentheorie begründen, sofern die Gemeinde für die Vergabe der Baugrundstücke nicht der Form nach ein Verwaltungsverfahren gewählt hat.*)
5. Für die Bestimmung des Rechtswegs ist es unerheblich, dass die öffentliche Hand bei ihrem Handeln möglicherweise auch öffentliche Aufgaben wahrnimmt bzw. öffentliche Ziele verfolgt.*)

IBRRS 2021, 0557

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.01.2021 - 7 B 1526/20
1. Die Umnutzung eines in den 1960er Jahren als "Werkswohngebäude für Schlossereibetrieb" genehmigten Vorhabens in ein Wohngebäude oder einen großen Beherbergungsbetrieb ist genehmigungspflichtig.
2. Bei einer formell illegalen Nutzung eine entsprechende Nutzungsuntersagung grundsätzlich gerechtfertigt und ermessensgerecht.

IBRRS 2021, 0570

LG Lübeck, Urteil vom 26.11.2020 - 14 S 61/20
1. Sofern ein Mieter über die Internetplattformen "couchsurfing.com" und "hospitalityclub.org" Dritten unentgeltlich einen Übernachtungsplatz in seiner Wohnung zur Verfügung stellt, liegt keine Gebrauchsüberlassung vor.
2. Die oben aufgeführten Internetplattformen beruhen auf dem Prinzip der Kostenlosigkeit und des wechselseitigen Vertrauens in einer großen "Community". Insbesondere ist bei "couchsurfing.com" die Idee, dass man andere Teilnehmer aus dieser Community besucht - während diese selbst daheim sind.
3. Die Besuche der Gäste sind in der Regel nur auf eine kurze Dauer angelegt. Bei lebensnaher Betrachtung behält der Gastgeber, der einem Dritten für einen kurzen Zeitraum einen Übernachtungsplatz überlässt, während er weiterhin in der Wohnung verbleibt, die Sachherrschaft über die Wohnung und räumt dem Dritten lediglich die Möglichkeit der Mitbenutzung ein.

IBRRS 2021, 0187

LG Berlin, Urteil vom 08.07.2020 - 65 S 232/19
1. Die Mitwirkung des Ehegatten an Änderungen des Mietvertrags im weitesten Sinn ist nicht nach § 1357 BGB entbehrlich, denn es handelt sich nicht um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs. Eine (wirksame) Vereinbarung über die zeitweise Aufgabe/Entziehung des Besitzes an der Mietsache bedarf danach der Mitwirkung aller Vertragspartner.
2. Muss der Mieter wegen Modernisierungsarbeiten aus der Mietwohnung ausziehen, kann der Vermieter keine Miete verlangen.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter im Gegenzug für die Umsetzwohnung keine Miete zahlen müsste - zumindest wenn nicht nachgewiesen ist, dass die Umsetzwohnung mit der Mietwohnung vergleichbar ist.

IBRRS 2021, 0568

BGH, Urteil vom 22.01.2021 - V ZR 12/19
1. Wird ein Grundstück so geteilt, dass eine Giebelmauer, an die von beiden Seiten angebaut ist, auf der neuen Grundstücksgrenze steht, wird die Mauer hierdurch im Zweifel eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung i.S.v. § 921 BGB.*)
2. Brennt ein an eine gemeinsame Giebelmauer (Nachbarwand) angebautes Gebäude ab, so dass die Mauer freigelegt und in ihrer Funktionstüchtigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt wird, hat der Nachbar einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 analog i.V.m. § 922 Satz 3 BGB gegen den Eigentümer des von dem Brand betroffenen Grundstücks auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nachbarwand. Ob und gegebenenfalls in welchem Maß die Wand zu dämmen ist, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang sie vor ihrer Freilegung (auch) die Funktion hatte, das Nachbargebäude vor Wärmeverlust zu schützen; dies ist nach den konkreten Umständen bei der Errichtung der Wand bzw. der Teilung des Grundstücks zu beurteilen oder gegebenenfalls nach dem Zustand, den die Wand aufgrund einer gemeinschaftlichen Ertüchtigung durch die Nachbarn zuletzt aufwies.*)
3. Der Anspruch des Nachbarn aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 analog i.V.m. § 922 Satz 3 BGB auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand ist kein Ersatzanspruch i.S.v. § 86 Abs. 1 VVG; er geht nicht auf die Gebäudeversicherung des Nachbarn über, wenn diese den durch den Brand an seinem Gebäude entstandenen Schaden reguliert.*)

IBRRS 2021, 0538

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.01.2021 - 1 M 144/20
1. Mit dem Recht der Verfahrensbeteiligten sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten äußern zu können, die entscheidungserheblich sein können, korrespondiert keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts, da regelmäßig erwartet werden kann, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können und entsprechend vortragen.*)
2. Dies gilt erst recht bei einer anwaltlichen Vertretung des Beteiligten.*)

Online seit 19. Februar
IBRRS 2021, 0309
LG Münster, Urteil vom 18.01.2021 - 212 O 120/20
Sicherheitsleistung nach § 650f Abs. 1 BGB kann auch zur Absicherung sog. Ersatzansprüche verlangt werden, zu denen Ansprüche des Unternehmers aus § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B sowie Entschädigungsansprüche aus § 642 BGB zählen.

IBRRS 2021, 0541

OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2020 - 5 U 356/19
1. Macht der Architekt Honoraransprüche geltend macht und werden dem Schadenersatzansprüche im Wege der Aufrechnung oder Verrechnung seitens des Bauherrn entgegengesetzt, muss der Architekt seine Haftpflichtversicherung informieren. Die Regulierungsbefugnis und die Entscheidung stehen dann der Versicherung zu.
2. Steht dem Architekten ein unstreitiger (Rest-)Honoraranspruch zu und erkennt die Versicherung den Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Architekten an, findet eine Verrechnung statt und der Honoraranspruch des Architekten erlischt.

IBRRS 2021, 0536

EuGH, Urteil vom 03.02.2021 - Rs. C-155/19
1. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einer Einrichtung, die mit im nationalen Recht abschließend festgelegten öffentlichen Aufgaben betraut ist, auch dann angenommen werden kann, dass sie im Sinne dieser Bestimmung zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie nicht in der Form einer öffentlichen Verwaltungsstelle, sondern in der Form eines privatrechtlichen Vereins gegründet wurde und bestimmte ihrer Tätigkeiten, hinsichtlich deren sie über Eigenfinanzierungskapazität verfügt, keinen öffentlichen Charakter haben.*)
2. Die zweite der in Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 aufgeführten Tatbestandsvarianten ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass ein nationaler Sportverband nach dem nationalen Recht über Leitungsautonomie verfügt, nur dann anzunehmen ist, dass die Leitung dieses Verbands der Aufsicht einer öffentlichen Einrichtung untersteht, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Befugnisse dieser Einrichtung gegenüber dem Verband ergibt, dass eine aktive Aufsicht über die Leitung vorliegt, die diese Autonomie faktisch so sehr in Frage stellt, dass sie es der Einrichtung ermöglicht, die Entscheidungen des Verbands im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen. Der Umstand, dass die verschiedenen nationalen Sportverbände die Tätigkeit der betreffenden öffentlichen Einrichtung dadurch beeinflussen, dass sie mehrheitlich an deren wichtigsten beratenden Kollegialorganen beteiligt sind, ist nur dann maßgeblich, wenn sich feststellen lässt, dass jeder dieser Verbände für sich genommen in der Lage ist, einen so erheblichen Einfluss auf die von dieser Einrichtung ihm gegenüber geführte öffentliche Aufsicht auszuüben, dass diese Aufsicht neutralisiert und er damit die Entscheidungshoheit über seine Leitung wiedererlangen würde, und zwar ungeachtet des Einflusses der anderen nationalen Sportverbände, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.*)

IBRRS 2021, 0534

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.11.2020 - 7 B 1499/20
Ein zweiter Rettungsweg muss auch im Brandfall funktionsfähig bleiben.

IBRRS 2021, 0563

LG Rostock, Urteil vom 02.12.2020 - 1 S 54/20
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gem. § 28 Abs. 3 WEG a.F. nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aller tatsächlich in dem abzurechnenden Jahr erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben zu erstellen. Das gilt ausnahmslos auch für die Heiz- und Warmwasserkosten.

IBRRS 2021, 0564

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.12.2020 - 2-13 O 227/20
Zur Frage der Gewährung von Baukindergeld bei vor Erwerb der zu fördernden Immobilie gestelltem Antrag.*)

IBRRS 2021, 0560

BGH, Beschluss vom 19.01.2021 - VI ZB 41/20
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben.*)

IBRRS 2021, 0535

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.01.2021 - 2 O 139/20
Der Beschwerdewert bei der Streitwertbeschwerde errechnet sich nicht aus dem Unterschied zwischen dem festgesetzten und dem mit der Beschwerde angestrebten Streitwert, sondern aus der Differenz der anfallenden Gebühren, die sich nach den beiden Streitwerten ergeben.*)

Online seit 18. Februar
IBRRS 2021, 0280
OLG München, Beschluss vom 22.10.2019 - 28 U 1245/19 Bau
1. Hat sich der Auftragnehmer vertraglich dazu verpflichtet, die brandschutztechnische Verwendbarkeit aller Produkte und Komponenten vor dem Einbau durch entsprechende Zertifikate nachzuweisen, ist seine Leistung mangelhaft, wenn er keine Zertifizierung vorlegt. Das gilt auch dann, wenn eine Zertifizierung brandschutztechnisch nicht erforderlich ist.
2. Ergibt sich aus dem Garantiepass des Herstellers, dass die 30-jährige Garantie nur für den Fall gilt, dass die Montageanleitung des Produkts beachtet wird, entfällt die Herstellergarantie, wenn der Auftragnehmer das Produkt nicht nach der Montageanleitung einbaut.
3. Eine Kündigung wegen Mängeln muss nicht begründet werden. Es kommt ausschließlich darauf an, ob objektiv ein Grund zur außerordentlichen Kündigung bestand, wobei ein nachgeschobener Grund rückblickend die Kündigung rechtfertigen muss.

IBRRS 2021, 0521

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.01.2021 - VK 1-22/19
1. Die Formerfordernisse, die an einen wirksamen Beschluss der Vergabekammer zu stellen sind, ergeben sich aus dem GWB und dem subsidiär unmittelbar anwendbaren Verwaltungsverfahrensgesetz. Für eine entsprechende Anwendung von § 315 Abs. 1 ZPO, § 173 VwGO bleibt mangels Regelungslücke kein Raum.*)
2. Die Vergabekammer ist Teil der Exekutive und entscheidet durch Verwaltungsakt in einem Verwaltungsverfahren. Der Beschluss muss gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift des vorsitzenden Mitglieds enthalten. Die Unterschriften der an der Entscheidung mitwirkenden hauptamtlich und ehrenamtlich beisitzenden Mitglieder sind entbehrlich.*)
3. Die in § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG enthaltenen Formvorschriften gelten nur für die Version des Verwaltungsakts, die den Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben wird. Bereits mit der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe des vorsitzenden Mitglieds der Vergabekammer am Ende des Verwaltungsakts wird den gesetzlichen Anforderungen Genüge getan.*)
4. Durch die Geschäftsordnung der Vergabekammer kann das Unterschriftserfordernis nach § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG nicht abbedungen bzw. verschärft werden in dem Sinne, dass auch die Unterschriften der beisitzenden Mitglieder erforderlich wären. Bei der Geschäftsordnung handelt es sich um reines Innenrecht, das allgemeinen gesetzlichen Regelungen nicht entgegenstehen darf.*)

IBRRS 2021, 0533

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.01.2021 - 8 C 10362/20
Die Festsetzung eines sonstigen Sondergebiets "Seniorenwohnen, Hotel, Wohnen" ist nach § 11 Abs. 1 BauNVO unzulässig, weil es sich nicht wesentlich von einem Mischgebiet bzw. urbanen Gebiet unterscheidet.*)

IBRRS 2021, 0555

OLG München, Beschluss vom 23.03.2020 - 32 U 265/20
1. Der besitzrechtliche Schutz des Mieters einer Eigentumswohnung gegen Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen anderer Eigentümer oder der Gemeinschaft unterscheidet sich danach, ob die Besitzbeeinträchtigung in einer Einwirkung auf die Mietsache selbst, an der der Mieter einen unmittelbaren und ausschließlichen Besitz hat oder in der Zuführung unwägbarer Stoffe besteht.*)
2. Gegen körperliche Einwirkungen auf die Mietsache selbst hat der Mieter aus § 862 Abs. 1 BGB einen negatorischen Anspruch, der dem Anspruch des Eigentümers aus den §§ 1004, 903 BGB entspricht.*)
3. Mieter haben keine Ansprüche aus § 862 Abs. 1 BGB auf das Unterlassen von Baumaßnahmen, die zu Lärm, Erschütterungen und ähnlichen mit den Baumaßnahmen verbundenen Einwirkungen in der Wohnung führen, wenn eine vertragliche Duldungspflicht besteht. Der vertraglichen Duldungspflicht steht eine Duldungspflicht des Vermieters aufgrund einer wohnungseigentumsrechtlichen Vereinbarung gleich, denn die Rechte eines Mieters gegenüber anderen Sondereigentümern in Bezug auf den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und anderer Sondereigentumseinheiten können nicht weitergehen als die Rechte des vermietenden Sondereigentümers selbst.*)
4. Gegen Handlungen, die außerhalb der Wohnung oder der Räume, an denen der Mieter ausschließlichen Besitz hat, vorgenommen werden und die nicht zu einer Besitzbeeinträchtigung im genannten Sinn führen, besteht grundsätzlich kein besitzrechtlicher Abwehranspruch.*)
IBRRS 2021, 0523

LG Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2021 - 13 S 130/20
Lässt der Käufer sein mangelhaftes Fahrzeug zur Werkstatt des Verkäufers überführen, weil dieser das Fahrzeug selbst überprüfen und den Mangel beseitigen will, kann er die dazu erforderlichen Transportkosten vom Verkäufer gem. § 439 Abs. 2 BGB auch dann ersetzt verlangen, wenn jener angesichts der großen Entfernung zum Ort, an dem sich der Mangel gezeigt hat, einen erbetenen Vorschuss für die Transportkosten verweigert hat.*)

IBRRS 2021, 0548

BGH, Urteil vom 21.01.2021 - III ZR 70/19
1. Leitet das sachlich unzuständige Amt zur Regelung offener Vermögensfragen einen bei ihm eingehenden Restitutionsantrag entgegen § 35 Abs. 4 VermG nicht unverzüglich an das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen weiter, verletzt es eine zugunsten des Antragstellers bestehende drittgerichtete Amtspflicht.*)
2. Das Handeln Dritter unterbricht den Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung und dem entstandenen Schaden erst dann, wenn dieser bei wertender Betrachtung in keinem inneren Zusammenhang mehr mit der zuerst gesetzten Ursache steht. Dies ist nicht der Fall, wenn die Ursache das Verhalten der Dritten herausgefordert hat, und zwar auch dann, wenn jenen ein gravierenderes Fehlverhalten vorgeworfen werden kann.*)

IBRRS 2021, 0554

OLG München, Beschluss vom 13.01.2021 - 20 W 1742/20
1. Die stark verzögerte Erstellung eines Gutachtens stellt im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund dar. Das gilt insbesondere dann, wenn der Sachverständige dafür nachvollziehbare Gründe angegeben hat und die Verzögerung zum nicht unerheblichen Teil auch auf dem Prozessverhalten der beteiligten Parteien beruht.
2. Legt der Sachverständige sein (Ergänzungs-)Gutachten vor, ohne die Entscheidung über einen gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag abzuwarten, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Gleiches gilt, wenn der Sachverständige keine Stellungnahme zu dem Befangenheitsantrag abgibt.

IBRRS 2021, 0553

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.02.2020 - 9 W 55/19
1. Im selbständigen Beweisverfahren richtet sich der Gegenstandswert nach dem voraussichtlichen Streitwert der Klage in einem späteren Hauptsacheprozess.*)
2. Soll ein Sachverständiger Gebäudeschäden und deren Ursachen klären, sind die im Gutachten angegebenen Sanierungskosten für den Streitwert maßgeblich. Auf die Frage, wie hoch der Antragsteller selbst in seinem Antrag den Streitwert angegeben hat, kommt es in der Regel nicht an, wenn die im Gutachten ermittelten Mangelbeseitigungskosten von der Schätzung des Antragstellers abweichen.*)
3. Enthält das Gutachten eine Schätzung der Sanierungskosten, sind diese für den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens auch dann maßgeblich, wenn der Sachverständige bei der Frage nach der Ursache eines Gebäudeschadens keine Gründe für eine Verantwortlichkeit des Antragsgegners festgestellt hat.*)

IBRRS 2021, 0516

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14.01.2021 - 14 O 327/20
1. Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
2. Besteht danach eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Käufers, ist der käuferische Wohnsitz bei Vertragsschluss ausschlaggebend. Der Wohnsitz im Zeitpunkt der Klageerhebung begründet keinen Gerichtsstand.

Online seit 17. Februar
IBRRS 2021, 0543
BGH, Urteil vom 20.01.2021 - XII ZR 40/20
Zur formellen Ordnungsmäßigkeit von in einem Mietverhältnis über gewerblich genutzte Räume erteilten Nebenkostenabrechnungen (im Anschluss an BGH, IMR 2020, 135).*)

IBRRS 2021, 0400

OLG Hamm, Urteil vom 16.01.2020 - 24 U 22/18
1. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch wegen eines Planungsmangels ist neben einem Mangel eine vom Planer zu vertretende Pflichtverletzung.
2. Einen TA-Planer trifft kein Verschulden bei der Umsetzung der vereinbarten Lüftungsanlage, wenn sich der vom Auftraggeber geforderte Volumenstrom mit den auf dem Markt erhältlichen Lüftungsgeräten zum Zeitpunkt von Planung und Errichtung des Werks nicht einstellen lässt.
3. Ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen eines Leistungshindernisses bei Vertragsschluss setzt voraus, dass sich der Planer zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet hat.

IBRRS 2021, 0500

VK Bund, Beschluss vom 19.01.2021 - VK 2-109/20
1. Der Auftraggeber verstößt nicht gegen die Grundsätze zur Bezuschlagung des wirtschaftlichsten Angebots, wenn er bei der Vergabe eines Rahmenvertrags über die Lieferung von Waren und Gütern den Schwerpunkt der Preisprüfung auf das sog. Kernsortiment legt und das Randsortiment lediglich stichprobenartig überprüft.
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Auftragsbekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt worden sind.
3. Erkennbar ist ein Vergaberechtsverstoß, wenn sich die zugrunde liegenden Tatsachen aus den Vergabeunterlagen ergeben und sie ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen als Vergaberechtsverstoß erkennen konnte, ohne dazu anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.

IBRRS 2021, 0530

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.02.2021 - 2 B 1964/20
1. Das Wohnen in einem Mehrfamilienhaus (hier: 5-Familien-Haus) ist bauplanungsrechtlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht anders zu werten sei als das Wohnen in Ein- oder Zweifamilienhäusern. In beiden Fällen handelt es sich um in einem - entweder festgesetzten oder faktischen - reinen Wohngebiet zulässiges "Wohnen".
2. In bebauten innerstädtischen Gebieten müssen Nachbarn regelmäßig hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des baurechtlich vorgegebenen Rahmen genutzt werden, auch wenn es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten (selbst in Wohnräume) kommt, wie sie in einem bebauten Gebiet üblich sind.
3. Die im Rahmen einer genehmigten Nutzung einer Terrasse bzw. Dachterrasse typischerweise entstehenden Lebensäußerungen haben die Nachbarn regelmäßig zu dulden.

IBRRS 2021, 0503

VG Freiburg, Beschluss vom 25.01.2021 - 4 K 3469/20
Eine alternative Anordnung der Sicherung oder des Abbruchs einer ohne erforderliche Baugenehmigung errichteten sogenannten Futtermauer ist rechtmäßig, wenn ihre Standsicherheit nachträglich nicht mehr überprüfbar nachgewiesen werden kann.*)

IBRRS 2021, 0539

LG Berlin, Beschluss vom 30.11.2020 - 64 T 49/20
1. Die Forderung des Vermieters, in Aussicht genommene Untermieter persönlich vor einer Entscheidung über die Erlaubnis zur Untervermietung kennenzulernen, läuft auf eine Ablehnung der Untervermietungserlaubnis hinaus.
2. Mehr als den Namen sowie zur eindeutigen Identifikation auch Geburtsdatum und Geburtsort sowie Angaben über die beruflichen und sonstigen Tätigkeiten des in Aussicht genommenen Untermieters muss der Mieter nicht mitteilen.

IBRRS 2021, 0540

LG Berlin, Urteil vom 11.11.2020 - 64 S 80/20
Voraussetzung des Beginns der Kündigungssperrfrist nach § 577a Abs. 1 BGB ist ein tatsächlicher Wechsel in der Person des Vermieters. An einem solchen Übergang der Vermieterstellung nach §§ 566/571 a.F. BGB auf den Erwerber eines Miteigentumsanteils fehlt es, wenn die Miteigentümer eines Grundstücks, die zugleich dessen Vermieter sind, das Eigentum an dem Grundstück durch Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG teilen und sodann einem Miteigentümer durch Auflassung und Eintragung in das Wohnungsgrundbuch das alleinige Wohnungseigentum an einer bestimmten vermieteten Wohnung übertragen.*)

IBRRS 2021, 0509

BGH, Urteil vom 02.02.2021 - VI ZR 449/20
1. Knüpft der Käufer sein Angebot auf Rückgabe der Kaufsache an eine unberechtigte Bedingung (hier: die Zahlung von Deliktszinsen seit Kaufpreiszahlung), schließt dies einen Annahmeverzug des Verkäufers aus.
2. Zur Beschränkung der Revision durch die Revisionsanträge.*)

IBRRS 2021, 0524

OLG Dresden, Beschluss vom 28.01.2021 - 4 U 1691/20
1. Ist nach den maßgelblichen Versicherungsbedingungen in der Kaskoversicherung ein Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen, hat der Versicherungsnehmer innerhalb dieser Frist zugleich die wesentlichen, den Versicherungsfall begründenden Tatsachen mitzuteilen. Hierzu gehören Angaben zu Ort und Zeit des Versicherungsfalls und die Bezugnahme auf einen bestimmten Versicherungsvertrag.*)
2. Die Beweislast für die Behauptung, dass sich eine verspätete oder unzureichende Anzeige des Versicherungsfalls nicht ausgewirkt hat, trägt der Versicherungsnehmer. Der Versicherer hat aber im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast vorzutragen, was er bei rechtzeitiger Meldung getan hätte. Die pauschale Behauptung des Verlusts eigener Erkenntnismöglichkeiten genügt hierfür nicht.*)
