Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 2699
Bauvertrag
LG Köln, Urteil vom 09.05.2025 - 18 O 254/23
1. Wird eine Photovoltaikanlage durch einen Sturm vom Dach abgehoben, streitet der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie gerade nicht sturmsicher montiert wurde.
2. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder sorgfältig unterhaltenes Werk nicht standhalten kann. Dies ist nur bei einem Orkan im Binnenland mit dort bisher nicht gemessenen Windstärken der Fall. Im Übrigen ist in der heutigen Zeit verstärkt mit orkanartigen Stürmen zu rechnen.
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IBRRS 2025, 2936
Vergabe
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2025 - Verg 25/24
1. Bezugsmaßstab für den Umsatz, die Kosten oder einen anderen tätigkeitsgestützten Wert sind Tätigkeiten, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die gemeinsam kontrollierte juristische Person von den teilnehmenden öffentlichen Auftraggebern betraut worden ist.
2. Für die Betrauung mit der Ausführung einer Aufgabe im Sinne von § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB ist es erforderlich, dass die öffentlichen Auftraggeber der von ihnen kontrollierten juristischen Person eine eigene bisher in ihren Bereich fallende Aufgabe durch einen erkennbaren und inhaltlich festgelegten Akt zur Ausführung übertragen, ohne dass es hierzu eines Hoheitsakts oder eines Vertragsschlusses bedarf. Die Betrauung ist gleichzusetzen mit der Übertragung der Ausführung einer eigenen Aufgabe auf einen anderen.
3. Erhaltene institutionelle und projektbezogene Fördermittel stellen keinen berücksichtigungsfähigen "tätigkeitsgestützten Wert" und danach keinen Umsatz und keine Kostenerstattung für Tätigkeiten dar, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die juristische Person betraut wurde.
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IBRRS 2025, 2945
Öffentliches Baurecht
BVerwG, Beschluss vom 14.02.2025 - 4 BN 24.24
1. Aus der unterschiedlichen Zweckbestimmung des allgemeines Wohngebiets einerseits und des urbanen Gebiets andererseits folgt, dass die Festsetzung eines urbanen Gebiets nicht erforderlich ist, wenn die nach den Planungsvorstellungen der Gemeinde angestrebte Mischung aus Wohn-, gewerblicher und sonstiger Nutzung nach Art und Umfang nicht über das in einem allgemeinen Wohngebiet Zulässige hinausgeht, der Sache nach also ein Gebiet mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets geplant wird.
2. Die Gemeinde verstößt mit der Festsetzung eines urbanen Gebiets gegen das Verbot des "Etikettenschwindels", wenn die Schutzwürdigkeit der Wohnnutzung mit Blick auf Lärmimmissionen gemindert werden soll, sie die diesem Gebietstyp eigene Nutzungsstruktur tatsächlich aber nicht anstrebt.
3. Macht die Gemeinde von der Gliederungsbefugnis nach § 1 Abs. 4 BauNVO Gebrauch, kann sie innerhalb desselben Baugebietes eine Verteilung der nach dem Baugebietstypus zulässigen Nutzungsweisen festsetzen. Dass dabei nicht jeder Teilbereich des so gegliederten Baugebietes - wird er für sich allein betrachtet - alle Anforderungen der allgemeinen Zweckbestimmung erfüllt, widerspricht dem nicht, solange das Baugebiet bei einer Gesamtbetrachtung noch seinen planerischen Gebietscharakter bewahrt. Dies gilt auch für das urbane Gebiet.
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IBRRS 2025, 2559
Gewerberaummiete
LG Berlin, Urteil vom 22.12.2023 - 2 O 51/23
1. Besteht auf Vermieterseite eine (Eigentümer-)Gemeinschaft, so kann jeder Miteigentümer den Anspruch auf Miete - im Prozess als gesetzlicher Prozessstandschafter - geltend machen, solange er nur Leistung an alle verlangt.
2. Nicht jeder Verstoß gegen die nach § 546 Abs. 1 BGB bestehende Rückgabepflicht führt zu einem Nutzungsentschädigungsanspruch. Insofern ist zwischen der Schlecht- und der Nichterfüllung der Rückgabepflicht zu unterscheiden, wobei nur eine Nichterfüllung derselben zu einem Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB führt.
3. Die Marktmiete des § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB ist eine fiktive Miete. Maßstab für den zu beanspruchenden Marktmietzins ist, zu welchem Preis ein vergleichbares Objekt während der Zeit der Vorenthaltung weiterzuvermieten bzw. anzumieten gewesen wäre.
4. Ein Ladenraum, der durch einen hinter diesem wohnenden Mieter zwingend betreten werden muss und zudem über keine eigene Klingel, keinen eigenen Stromzähler und auch nicht über eine - jedenfalls gesondert abrechenbare - Heizung verfügt, wäre am Mietmarkt nicht vermittelbar.
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IBRRS 2025, 2928
Immobilien
OLG Brandenburg, Urteil vom 25.09.2025 - 5 U 76/24
1. Der Erbbauberechtigte kann dem Heimfallanspruch keinen Anspruch auf Entschädigung für Investitionen entgegenhalten, die nicht gemäß den vertraglichen Bestimmungen genehmigt wurden.*)
2. Die Ausübung eines Ankaufsrechts durch einen Gesellschafter ohne die erforderliche Vertretungsmacht ist unwirksam.*)
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IBRRS 2025, 2937
Rechtsanwälte
BGH, Beschluss vom 24.10.2025 - AnwZ (Brfg) 32/25
1. Eine der Aus- oder Fortbildung dienende Veranstaltung setzt jedenfalls voraus, dass ein Referent einer gewissen Anzahl an hörenden Teilnehmenden ein fachbezogenes Thema strukturiert im Sinne eines Vortrags vermittelt (hier verneint für eine individuelle Beratung des Rechtsanwalts durch externe Fachleute).
2. Die Pflicht, sich in einem bestimmten Jahr fortzubilden, kann nach Ablauf des Jahres nicht mehr erfüllt werden. Sie kann jedoch möglicherweise einen ansonsten wegen Nichterfüllung der Fortbildung drohenden, im Ermessen der Rechtsanwaltskammer stehenden Widerruf der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung verhindern.
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IBRRS 2025, 2946
Schiedswesen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.10.2025 - 32 Sch 4/25
1. Im Haftungsrecht brauchen sich Vorsatz und Fahrlässigkeit grundsätzlich nur auf den die Haftung begründenden Tatbestand zu erstrecken, um die Ersatzpflicht für alle daraus folgenden (adäquaten) Schäden auszulösen.*)
2. § 397 Abs. 2 ZPO findet auch in all den Verfahren Anwendung, in denen kein Anwaltszwang herrscht.*)
3. Einer Partei ist es verwehrt, eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs durch das Schiedsgericht, die sie nicht unverzüglich gerügt hat, später geltend zu machen, wenn sie die Möglichkeit hatte, diese Verletzung unverzüglich zu rügen, und zudem die Möglichkeit bestand, diese Verletzung zu heilen.*)
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IBRRS 2025, 2934
Prozessuales
KG, Beschluss vom 07.06.2024 - 2 W 10/24
Versäumt ein Antragsteller die rechtzeitige Vollziehung einer von ihm erwirkten einstweiligen Verfügung, führt dies regelmäßig dazu, dass die Dringlichkeitsvermutung für einen erneuten Antrag mit gleichem Inhalt als widerlegt anzusehen ist.*)
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IBRRS 2025, 2812
Bauvertrag
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.10.2025 - 12 U 134/24
1. Die werkvertraglichen Mängelrechte kommen vor Abnahme nur zur Anwendung, wenn und sobald das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist und der Besteller dementsprechend nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlangen kann.
2. Verhandeln die Parteien während einer laufenden Nacherfüllungsfrist über die Mängelbeseitigungspflicht, kann darin eine konkludente Verlängerung der gesetzten Nacherfüllungsfrist zu sehen sein mit der Folge, dass ein vor Ablauf der (verlängerten) Frist erklärter Rücktritt verfrüht wäre. Jedenfalls erwiese sich ein ohne Fristverlängerung erklärter Rücktritt als treuwidrig.
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IBRRS 2025, 2914
Vergabe
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.10.2025 - 11 Verg 3/25
1. Die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist im Ausgangspunkt von den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht zu kontrollieren. Allerdings kann auch in der Ausgestaltung von Wertungskriterien eine gemäß § 31 Abs. 6 VgV, § 97 Abs. 2 GWB vergaberechtswidrige verdeckt produktspezifische Ausschreibung liegen, wenn die Wertungskriterien so ausgestaltet sind, dass bestimmte Unternehmen in besonderem Maß die Anforderungen erfüllen und es den anderen Unternehmen nicht möglich ist, auch unter Berücksichtigung etwaiger weiterer Zuschlagskriterien, den Zuschlag zu erhalten.*)
2. Sieht sich ein Bieter aufgrund eigener von ihm zuvor geschlossener Verträge gehindert, eine ausgeschriebene Rahmenvereinbarung mit einer bestimmten Gestaltung der Bezugsberechtigung zu schließen, liegt hierin jedenfalls dann keine Ungleichbehandlung iSv § 97 Abs. 2 GWB, wenn die Ausgestaltung der Bezugsberechtigung seitens der Vergabestelle von einem nachvollziehbaren sachlichen Grund getragen ist.*)
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IBRRS 2025, 2922
Öffentliches Baurecht
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.10.2025 - 10 B 1003/25
1. Der Senat hält daran fest, dass die Grenze der Gesundheitsgefahr für Wohngebiete (jedenfalls) regelmäßig bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts beginnt.*)
2. Es kann im Normenkontrolleilverfahren offen bleiben, an welchem (technischen) Regelwerk - mit ggf. welchen Modifizierungen - die Berechnung und Bewertung von Lärmimmissionen öffentlicher Parkplätze auszurichten ist. Jedenfalls bestimmen die Maximalwerte der TA Lärm für kurzzeitige Geräuschspitzen insoweit nicht die grundrechtsrelevante Zumutbarkeitsschwelle.*)
3. Die Annahmen in der Bayerischen Parkplatzlärmstudie von 2007 betreffend die Schallleistungspegel für das Türenschließen bei Pkw sind nicht mehr aktuell.*)
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IBRRS 2025, 2927
Wohnraummiete
OLG Dresden, Beschluss vom 13.10.2025 - 12 U 565/25
1. Wird eine der Vertragsparteien des Mietvertrags, hier die Vermieterin als GbR, durch eine Mehrzahl an Personen, hier durch ihre Gesellschafter, vertreten, so ist in dem Fall, dass nur eine der zur Vertretung berufenen Personen den Mietvertrag unterzeichnet, die Schriftform nur gewahrt, wenn die Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Mitglied auch die anderen vertretungsberechtigten Mitglieder vertreten will.
2. Unterschreibt für eine Personenmehrheit nur ein Mitglied ohne einen Vertreterzusatz, so ist nicht auszuschließen, dass auch die Unterschrift des anderen Mitglieds oder die Unterschriften der anderen Mitglieder hinzugefügt werden sollten, so dass angenommen werden kann, dass mindestens eine weitere Unterschrift fehlt.
3. Die Bezeichnung der vermietenden GbR unter der Unterschriftszeile steht der Verwendung eines Firmenstempels nicht gleich.
4. Der spätere Formfehler eines Nachtrags infiziert den gesamten Vertrag mit der Folge seiner ordentlichen Kündbarkeit.
5. Der Einwand treuwidriger Ausnutzung einer Rechtsposition kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der formwidrig vereinbarte Umstand allein der kündigenden Vertragspartei zum Vorteil gereicht oder die Kündigungsfolgen zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen, insbesondere die wirtschaftliche Existenz des Vertragspartners bedrohen.
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IBRRS 2025, 2925
Wohnraummiete
AG Hamburg, Urteil vom 24.10.2025 - 49 C 518/24
1. Die Vorgabe des Pflegens und Reinigens der Fußböden als Teil der auf die Mieterseite abgewälzten Schönheitsreparaturen führt wegen Verstoßes gegen § 538 BGB zur Unwirksamkeit der mietvertraglichen Abwälzungsklausel. Danach würde die Mieterseite bei kundenfeindlichster Auslegung auch Reinigungsvorgänge schulden, die über die allgemein vertraglich geschuldete besenreine Rückgabe im Sinne einer üblichen Reinigung des sich allmählich ansammelnden Schmutzes verbunden mit der Entfernung von groben Verunreinigungen hinausgeht. Für die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen kommt es nicht auf den leeren, sondern den bewohnten Zustand der Wohnung an, da entscheidend ist, ob bei Fortdauer des Mietverhältnisses eine Renovierung laufend erforderlich gewesen wäre. Die gegenständliche Beschränkung des Begriffs der Schönheitsreparaturen in § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV auf die in dieser Bestimmung aufgeführten Arbeiten bildet zugleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen.*)
2. Schon die Position "Beleuchtung/Allg. Strom Am Sandtorkai 1" ist als unzulässige Vermischung verschiedenster Kostenarten formell unwirksam, da sie über die reinen Kosten der Beleuchtung hinausgeht. Die Begriffe "Allgemeinstrom" und "Kosten der Beleuchtung" werden auch nicht synonym verwendet. Vielmehr handelt es sich in der Verwaltungspraxis um eine Auffangposition, in der alle Stromkosten erfasst werden, für die es keine separaten Zähler gibt.*)
3. Die Verwendung von nicht erläuterten, unverständlichen Abkürzungen von Kostenpositionen führt zur formellen Teilunwirksamkeit der Abrechnungsposition. Unbeachtlich ist, ob die Mieterseite durch entsprechende Nachfragen bei der Hausverwaltung Klarheit über die Bedeutung bekommen könnte.*)
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IBRRS 2025, 2931
Versicherungsrecht
OLG Schlewsig, Beschluss vom 01.10.2025 - 16 U 98/24
1. Fliesen sind zwar kein Hausrat im Sinne des § 6 VHB, können aber gleichwohl als "Bodenbeläge" im Sinne des § 8 Nr. 1 h) VHB zu qualifizieren sein.*)
2. Ein Versicherungsfall "Leitungswasserschaden" liegt nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch dann vor, wenn der Bodenbelag (hier: Fliesen) nur wegen notwendiger Reparaturarbeiten am Unterboden (Estrich) - als gewöhnlicher Durchfeuchtungs-Folgeschaden - zwangsläufig entfernt werden muss.*)
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IBRRS 2025, 2932
Sachverständige
OLG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2025 - 4 W 153/25
1. Die Anhörung des Sachverständigen im Rahmen des Ablehnungsverfahrens ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Einholung einer Äußerung des Sachverständigen kann sich aber dann als notwendig erweisen, wenn dies zur sachlichen Prüfung des Befangenheitsantrages erforderlich ist (hier verneint).
2. Nimmt der Sachverstände in enger Abstimmung mit dem Gericht und unter Befolgung gerichtlicher Weisungen bestimmte Messungen nicht vor, kommt eine Besorgnis der Befangenheit wegen Unterlassens dieser Messungen von vornherein nicht in Betracht.
3. Eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen kommt aber unter anderem dann in Betracht, wenn der Sachverständige den Eindruck erweckt, eine streitige Behauptung zu Lasten einer Partei als erwiesen zu erachten, wenn die Feststellungen des Sachverständigen über die durch den Beweisbeschluss vorgegebenen Beweisfragen hinausgehen und vom Auftrag nicht erfasste Fragen beantworten oder wenn er sich zu Rechtsfragen äußert (hier jeweils im Ergebnis verneint).
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IBRRS 2025, 2935
Rechtsanwälte
OLG Köln, Beschluss vom 08.03.2024 - 7 U 57/23
1. Der Rechtsanwalt darf nach seine Angestellten erst dann anweisen, den verschobenen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender zu notieren, wenn das Gericht seinem darauf gerichteten Fristverlängerungsantrag entsprochen oder zumindest die für eine Fristverlängerung über einen Monat hinaus erforderliche Einwilligung der Gegenseite vorgelegen hätte.
2. Wenn der Rechtsanwalt nicht mit der beantragten Fristverlängerung rechnen darf, weil diese die einwilligungsfreie Dauer überstieg und eine Einwilligung des Beklagten zu einer weitergehenden Fristverlängerung weder erteilt noch von dessen Prozessbevollmächtigten angekündigt war, muss er sich rechtzeitig nach dem Schicksal des von ihm gestellten Fristverlängerungsantrags erkundigen.
3. Einer Partei ist auch bei einem ihr zuzurechnenden Verschulden an der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sich das Verschulden wegen einer hierfür ursächlichen Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht nicht ausgewirkt hat (hier verneint).
4. Die Regelung des § 518 ZPO, wonach bei einer Urteilsergänzung mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist - und damit zugleich der Berufungsbegründungsfrist - auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem beginnt, gilt nur, wenn das Ergänzungsurteil vor Ablauf der Frist für die Berufung gegen das ursprüngliche Urteil erlassen wird.
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IBRRS 2025, 2940
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 16.10.2025 - V ZB 36/25
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, ansonsten liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor. Diese Anforderungen gelten auch für einen Beschluss, durch den die Berufung als unzulässig verworfen wird.
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IBRRS 2025, 2915
Prozessuales
OLG Hamburg, Beschluss vom 20.02.2025 - 6 W 55/24
1. Dass der Schuldner nicht bereits bei Fälligkeit gezahlt hat, bedeutet nicht, dass er Veranlassung zur Klage gegeben hätte. Regelmäßig gibt ein Schuldner erst dann Veranlassung zur Klageerhebung, wenn er eine fällige Forderung trotz Aufforderung nicht erfüllt, insbesondere dann, wenn er in Verzug geraten ist oder auf mehrere Anspruchsschreiben über einen längeren Zeitraum überhaupt nicht reagiert.
2. Es spricht gegen eine Veranlassung zur Klageerhebung, wenn eine Forderung erst in der Klage konkret berechnet wird.
3. Der Umstand, dass der beklagte Schuldner zunächst Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, ist unschädlich, sofern er keinen auf Klageabweisung gerichteten Sachantrag gestellt hat.
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IBRRS 2025, 2873
Bauvertrag
OLG Frankfurt, Urteil vom 26.03.2025 - 9 U 47/24
1. Der Besteller hat nach Kündigung (hier: wegen unberechtigter Leistungsverweigerung) Anspruch auf Erstattung der durch die Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten der Fertigstellung. Dabei ist er so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der ursprüngliche Unternehmer das Werk ordnungsgemäß hergestellt hätte. Dies umfasst auch die Beseitigung etwaiger vor Abnahme vorhandener Mängel.
2. Berücksichtigt das erstinstanzliche Gericht Vortrag aus einem innerhalb der Schriftsatzfrist eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz nicht, weil der Schriftsatz erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils vorgelegt worden war, liegt gleichwohl ein Gehörsverstoß vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Berufung führen kann, wenn die Entscheidung darauf beruht.*)
3. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO regelmäßig nicht, wenn es lediglich allgemeine und pauschale Hinweise - z.B. auf fehlende Schlüssigkeit - erteilt. Es muss die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen, indem es den einzelnen Mangel konkret anspricht.*)
4. Ein Beweisangebot "Zeuge N.N. Mitarbeiter der Firma (Name)" ist wegen des begleitenden Hinweises auf den Arbeitgeber nicht von vornherein unbeachtlich.*)
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IBRRS 2025, 2900
Vergabe
VK Nordbayern, Beschluss vom 02.10.2025 - RMF-SG21-3194-10-31
1. Verlangt der öffentliche Auftraggeber eine aktuell gültige EfBV-Zertifizierung, beziehen sich die Anforderungen auf den für die Leistungserbringung vorgesehenen Betriebsstandort.
2. Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten.
3. Ist das Angebot des Bieter unauskömmlich, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zu einer weiteren Prüfung, ob der Bieter mit der Preisgestaltung wettbewerskonforme Ziele verfolgt und den Auftrag ordnungsgemäß ausführen kann, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft.
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IBRRS 2025, 2761
Öffentliches Baurecht
VGH Bayern, Beschluss vom 14.10.2025 - 15 CS 25.1711
1. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.
2. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen.
3. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.
4. Die allgemeine Zulässigkeit der Stellplätze und Garagen gem. § 12 Abs. 2 BauNVO begründet im Regelfall eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen.
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IBRRS 2025, 2916
Öffentliches Baurecht
VG Karlsruhe, Urteil vom 15.08.2025 - 2 K 6252/24
1. Der Tatbestand des § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO-BW ist bereits dann erfüllt, wenn eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt wird (formelle Illegalität). Er erfordert keine Prüfung der materiellen Rechtslage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2020 - 3 S 2590/18 -, VBlBW 2021, 326). § 76 Abs. 1 Satz 2 LBO-BW der ab dem 28.06.2025 gültigen Fassung hat hieran nichts geändert.*)
2. Zur Frage, ob § 76 Abs. 1 Satz 2 LBO-BW Bestandsschutz für eine formell illegale, materiell aber zeitweise legale Nutzungsänderung gewährt (hier offengelassen).*)
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IBRRS 2025, 2845
Wohnraummiete
AG Wedding, Urteil vom 23.06.2025 - 18 C 4/25
1. Voraussetzung für eine wirksame Befristung des Mietvertrags ist unter anderem, dass der Vermieter dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt.
2. Bei der Absicht baulicher Maßnahmen ist die Art der Arbeiten so konkret mitzuteilen, dass der Mieter erkennt, inwiefern sie seine Räume betreffen und das Mietverhältnis geeignet ist, die Durchführung der Arbeiten zu erschweren.
3. Eine Erschwernis liegt nicht nur dann vor, wenn ein Mieter die Arbeiten nicht dulden muss, vielmehr wird hiervon jeder bedeutende Mehraufwand des Vermieters erfasst.
4. Eine Duldungspflicht des Mieters schließt eine erhebliche Erschwerung nicht aus, falls die Baumaßnahmen nur deutlich umständlicher und damit teurer durchzuführen wären, wenn der Mieter in der Wohnung verbleiben würde.
5. Für die Wirksamkeit der Befristung reicht es aus, wenn das Vorhaben im Prinzip genehmigungsfähig ist, ihm also keine unüberwindbaren rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
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IBRRS 2025, 2800
Immobilien
LG Tübingen, Urteil vom 29.04.2025 - 1 S 86/24
1. Ansprüche wegen Beeinträchtigung oder Beschädigung des Sondereigentums stehen allein den betroffenen Wohnungseigentümern zu. Der einzelne Wohnungseigentümer ist daher befugt, sämtliche Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums eigenständig abzuwehren; diese Befugnis steht nicht zur Disposition der WEG.
2. Sie steht dem einzelnen Wohnungseigentümer auch dann zu, wenn durch eine abzuwehrende Störung nicht allein sein Sondereigentum, sondern gleichzeitig auch das Sondereigentum anderer Miteigentümer oder das Gemeinschaftseigentum betroffen ist.
3. Der Beseitigungsanspruch verjährt innerhalb von 10 Jahren beginnend mit der Pflanzung bzw. der Aufhebung des Heckencharakters. Besteht danach ein Dichtschluss, der durch Wachstum oder Rückschnitt wieder aufgehoben wird, entsteht der Anspruch erneut.
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IBRRS 2025, 2913
Schiedswesen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.10.2025 - 32 SchH 2/25
1. Das Verfahren der Ablehnung eines Schiedsrichters wegen der Besorgnis der Befangenheit dient nicht der Fehler- und Verfahrenskontrolle.*)
2. Ein Schiedsgericht ist grundsätzlich nicht gezwungen, eine (positive) Zuständigkeitsentscheidung im Wege eines Zwischenentscheids treffen. Eine Abweichung von der Regelvorgabe des § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist etwa bei offensichtlicher Erfolglosigkeit der Zuständigkeitsrüge gerechtfertigt.*)
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IBRRS 2025, 2917
Prozessuales
OLG München, Beschluss vom 26.09.2025 - 19 U 2796/24
1. Unsachliches Verhalten eines Richters stellt einen Befangenheitsgrund dar, wenn es den Schluss auf die mangelnde Unvoreingenommenheit gegenüber einer Partei nahelegt. Grobe Fehlgriffe in der Wortwahl, Unsachlichkeiten und abfällige, herabwürdigende oder gar beleidigende Äußerungen des Richters können daher die Besorgnis der Befangenheit begründen.
2. Soweit es um persönliche Spannungen und scharfe, etwa auch von starken Emotionen getragene Diskurse zwischen einem Richter und den Prozessbevollmächtigten geht, gilt als Maßstab zunächst der Befund, dass Streit, mag er auch emotional oder scharf geführt werden, zum Wesenskern eines kontradiktorischen Zivilprozessverfahrens gehört. Der Richter darf daher lebhaft sein, auch laut und deutlich sprechen und seiner Pflicht mit Eifer und Leidenschaft nachgehen.
3. Je nach Verhandlungssituation sind eine pointierte Reaktion eines Richters in der mündlichen Verhandlung, eine umgangssprachliche oder selbst drastische Ausdrucksweise für sich unbedenklich. Auch geben freimütige oder saloppe Formulierungen grundsätzlich keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit.
4. Von einem Richter wird mehr Disziplin erwartet als von den anderen Prozessbeteiligten. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Richter stets und in jeder Situation "Engelsgeduld" aufbringen muss und nicht klare Worte gebrauchen darf.
5. Soweit die Erklärung eines Richters inhaltlich eine gewisse Deutlichkeit und Schärfe enthält, sich diese allerdings allein auf der Sachebene bewegt und keine persönliche Missachtung einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten ausdrückt, ist sie unbedenklich.
6. Im Falle der Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei hat diese vor dem Gericht zu erscheinen oder wenigstens zur Verhandlung einen Vertreter zu entsenden, der zur Tatbestandsaufklärung in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen ermächtigt ist. Die lapidare Angabe, dass das Fernbleiben einer Partei "der Deeskalation dienen sollte", stellt keine ausreichende Entschuldigung dar.
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IBRRS 2025, 2550
Prozessuales
LG Dortmund, Urteil vom 26.11.2024 - 1 S 178/24
1. Nach § 189 ZPO ist ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt anzusehen, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist, wozu der tatsächliche Erhalt des Dokumentes erforderlich ist. Zwar reicht hierzu der Zugang eines inhaltsgleichen anderen Schriftstücks per Telefax als Kopie oder Scan aus; nicht hinreichend ist indes die durch Akteneinsicht erlangte Kenntnis, weil es insoweit an dem Zustellungswillen des Gerichtes bei der Kenntnisvermittlung fehlt.
2. Die Kündigung des Mandats wird in Anwaltsprozessen erst wirksam, wenn sich ein neuer Anwalt bestellt.
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Online seit 11. November
IBRRS 2025, 2889
Bauvertrag
OLG Köln, Urteil vom 08.11.2023 - 16 U 171/21
1. Auch wenn eine vom Auftragnehmer vorgelegte Schlussrechnung keine Bindungswirkung entfaltet und er nicht gehindert ist, nachträglich weitere Forderungen geltend zu machen, setzt eine solche Geltendmachung jedoch eine inhaltliche Abänderung und erneute Vorlage der Schlussrechnung voraus.
2. Der Auftraggeber muss einem Nachunternehmereinsatz nur zuzustimmen, wenn insoweit die berechtigten Belange des Auftragnehmers ausnahmsweise überwiegen. Das unvorhergesehene Nichtausreichen eigener personeller und sächlicher Mittel zur Erfüllung der vertraglichen Leistungspflichten unterfällt grundsätzlich dem eigenen wirtschaftlichen Risiko des Auftragnehmers.
3. Die Frist zur Wiederaufnahme der Leistungen im eigenen Betrieb muss so bemessen sein, dass sie für eine unverzügliche Inangriffnahme aller Vorbereitungsmaßnahmen des Auftraggebers und eine zügige Arbeitsaufnahme ausreichend ist. In der Regel genügen hierfür wenige Tage.
4. Wenn ein Auftraggeber nach Ablauf der unangemessen kurzen, aber noch vor Ablauf der angemessenen Frist die Kündigung ausspricht, ist diese grundsätzlich unwirksam. Das gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass die geschuldete Leistung auch bis zum Ablauf der angemessenen Frist nicht erbracht worden wäre (hier bejaht).
5. Verlangt der Auftraggeber nach einer Kündigung vom Auftragnehmer die Erstattung der Fertigstellungsmehrkosten, sind etwaige Mehrmengen bei der Ausführung durch den Drittunternehmer (hier) nach den ursprünglichen Vertragspreisen abzurechnen.
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IBRRS 2025, 2899
Vergabe
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2025 - 3 VK LSA 47-49/24
1. Die Antragsbefugnis fehlt, soweit der Antragsteller sich nur auf eine Absicht des Antragsgegners beruft, das Vergabeverfahren aufzuheben - insoweit ist weder ein Schaden bereits entstanden, noch droht ein solcher zu entstehen.*)
2. Für eine Rüge muss nach dem objektiven Empfängerhorizont dem betreffenden Vorbringen zweifelsfrei zu entnehmen sein, welcher Sachverhalt für vergaberechtswidrig gehalten und dass "Abhilfe" verlangt bzw. erwartet wird. Der Rügende muss eine ernsthafte, verbindliche und/oder konkrete vergaberechtliche "Beanstandung" zum Ausdruck bringen. Der Vergabestelle soll die Möglichkeit der Korrektur gegeben werden. Eine bloße Anmerkung oder die Äußerung einer Rechtsauffassung ist noch keine Rüge.*)
3. In den Fällen einer Präklusion aufgrund nicht erhobener Rüge ist auch das Vorbringen gegen einen Ausschluss wegen der nicht/nicht rechtzeitig gerügten Umstände ebenfalls präkludiert. Hier haben sich die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße lediglich fortgesetzt.*)
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IBRRS 2025, 2904
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.10.2025 - 1 ME 37/25
1. Dass ein Vorhaben, das sich nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zu seiner Legalisierung einer Bauleitplanung bedürfte, in der Nachbarn ihre Interessen einbringen könnten, begründet allein noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.*)
2. Die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung beschränkt sich grundsätzlich auf das zu errichtende Bauwerk als solches (Festhalten an Senatsbeschluss vom 10.10.2022, IBR 2022, 650). Die Genehmigungsbehörde mag befugt und in Extremfällen auch verpflichtet sein, bei Genehmigungserteilung bereits absehbar drohenden, dem Bauordnungsrecht unterfallenden Gefahren präventiv durch bauaufsichtliche Anordnungen zu begegnen, die dann als Auflagen mit der Baugenehmigung verbunden werden mögen. Ihr Fehlen macht die Baugenehmigung selbst aber nicht rechtswidrig.*)
3. Damit setzt auch die Schlusspunkttheorie für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht voraus, dass sonstige behördliche Zulassungsakte, die sich ausschließlich auf die Bauarbeiten beziehen, zum Erteilungszeitpunkt bereits vorliegen.*)
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IBRRS 2025, 2745
Wohnraummiete
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 07.10.2025 - 8 C 166/24
1. Der Umstand, dass die Verfliesung im Spritzwasserbereich nicht bis zur Decke reicht, stellt kein wohnwertminderndes Merkmal dar.
2. Ein großzügiger Schnitt der Wohnung stellt kein wohnwerterhöhendes Merkmal im Sinne der Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels dar.
3. Der Vermieter muss nicht unabhängig vom konkreten Bedarf eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen für Fahrräder proportional zur Anzahl der Mietparteien vorhalten.
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IBRRS 2025, 2563
Wohnungseigentum
AG Schöneberg, Urteil vom 06.03.2024 - 774 C 9/23
1. Es fehlt der WEG an der Beschlusskompetenz für eine Regelung, wonach der zum Dachgeschossausbau berechtigte Eigentümer den anderen Eigentümern die Mietminderungen deren Mieter zu ersetzen hat und, wenn er die Minderung für unberechtigt hält, berechtigt ist, mit diesem Mieter einen Prozess führen. Denn hierdurch wird dem vermietenden Eigentümer seine Prozessführungsbefugnis entzogen.
2. Ein Beschluss, wonach die WEG zur Fortführung eines Mandats den Kostenrahmen von 5.000 Euro auf 14.000 Euro aufstockt, widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen sachlichen Gründen der Kostenrahmen für die beabsichtigte Vertretung fast verdreifacht werden soll und muss.
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IBRRS 2025, 2808
Steuerrecht
FG München, Urteil vom 25.06.2025 - 4 K 1196/22
1. Wird im Gründungs- und Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG unter anderem verpflichtend geregelt, dass
- die KG von einem Gesellschafter ein unbebautes Grundstück kaufen soll, das anschließend in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt und von der Komplementär-GmbH gegen einen festgelegten Preis mit Wohnungen und Tiefgaragenstellplätzen bebaut werden soll,
- jeder Kommanditist sofort einen Anspruch auf Übertragung einer schon festgelegten Sondereigentumseinheit (Wohnung mit Keller samt Tiefgaragenstellplatz) erhalten soll,
- die Kommanditisten eine erste "Pflichteinlage" zu leisten haben, die dem Erwerbspreis des ihnen im Rahmen der späteren Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens der KG zugewiesenen Sondereigentums entspricht,
- die Kommanditisten einen zweiten Teil der Pflichteinlage, der auf die Errichtung des Sondereigentums entfällt, in Raten nach Baufortschritt zu zahlen haben,
so hat jeder Kommanditist ein grunderwerbsteuerbares "anderes Rechtsgeschäft" i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG abgeschlossen, in dessen Bemessungsgrundlage nach den Grundsätzen zum einheitlichen Vertragswerk in der Grunderwerbsteuer auch die Baukosten für die Errichtung der jeweiligen Sondereinheit samt Tiefgarage einzubeziehen sind.
2. Der Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steht nicht entgegen, dass zu diesem Zeitpunkt der Abschlusses des Gesellschaftsvertrags der GmbH & Co. KG
- das Grundstück noch nicht im Eigentum der KG stand bzw. dass es unsicher war, ob die KG überhaupt Eigentum erlangen wird,
- die Teilungserklärung noch nicht vollzogen war, das Wohnungsgrundbuch noch nicht angelegt und das Wohnungs- bzw. Teileigentum mangels Gebäudeerrichtung noch nicht entstanden war.
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IBRRS 2025, 2907
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 24.09.2025 - XII ZB 627/24
1. Erhebt ein Verfahrensbeteiligter Einwendungen gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, hat der Tatrichter diese zu berücksichtigen.
2. Dabei ist er auch verpflichtet, sich mit einem vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich aus dem Privatgutachten ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergeben kann.
3. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat er von Amts wegen nachzugehen. Das Gericht ist gehalten, sich mit den Streitpunkten zwischen dem gerichtlichen Sachverständigengutachten und dem Privatgutachten sorgfältig und kritisch auseinanderzusetzen und die Streitpunkte zu würdigen. Insbesondere hat es zu begründen, warum es einem von ihnen den Vorzug gibt
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IBRRS 2025, 2855
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 25.09.2025 - I ZR 149/25
1. Das Gericht ist verpflichtet, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden.
2. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen (hier entscheidungserheblichen Vortrag übergangen).
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IBRRS 2025, 2954
Prozessuales
OLG Saarbrücken, Urteil vom 25.06.2024 - 2 U 48/24
1. Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Fehlt jedoch ein Sachantrag, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der auf einen Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts gestützte Antrag als Rechtsmittelziel die Weiterverfolgung des in der Vorinstanz gestellten Antrags enthält.
2. Die Ersatzzustellung (hier: eines Versäumnisurteils) durch Einlegen in den Briefkasten setzt voraus, dass der Zustellungsempfänger die Wohnung, in der der Zustellungsversuch unternommen wird, tatsächlich innehat, also dort seinen Lebensmittelpunkt hat bzw. bei Einlegen in den Briefkasten zu einem Geschäftsraum diesen tatsächlich als solchen nutzt. Der bloße dem Empfänger zurechenbare Rechtsschein, dieser unterhalte unter der betreffenden Anschrift eine Wohnung oder Geschäftsräume, genügt für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht.
3. Die Berufung auf die Unwirksamkeit der Zustellung scheidet nur dann aus, wenn der Zustellungsadressat bei dem Gericht oder einem Verfahrensbeteiligten bewusst einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt als Voraussetzung für eine Zustellung an dem betreffenden Ort hervorruft (hier verneint).
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Online seit 10. November
IBRRS 2025, 2756
Bauvertrag
OLG Köln, Beschluss vom 13.02.2025 - 16 U 144/23
1. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Auftraggeber erst für eine Zeit verlangen, in der die Fälligkeit der Leistung bereits eingetreten war und der Auftragnehmer trotz anschließender Mahnung nicht geleistet hat oder die Mahnung ausnahmsweise entbehrlich war.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der Fälligkeit, Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung trägt der Anspruchsteller (hier: Auftraggeber).
3. An einer rechtzeitigen Herstellung des Werkes fehlt es, wenn die für die Herstellung bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Übernimmt der Auftragnehmer im Laufe der Auftragsausführung zusätzliche Arbeiten, verlängert sich die Zeit für die Bewirkung der Leistung entsprechend.
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IBRRS 2025, 2890
Architekten und Ingenieure
OVG Sachsen, Beschluss vom 19.08.2025 - 6 A 395/22
1. Ein achtsemestriges Architekturstudium mit Schwerpunkt Städtebau genügt für die Eintragung als Stadtplaner der Architektenkammer Sachsen nach SächsArchG a.F.
2. Im Gegensatz zur aktuellen Fassung des Gesetzes enthält das SächsArchG a.F. über die Studiendauer keine besonderen inhaltlichen Anforderungen.
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IBRRS 2025, 2898
Vergabe
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.04.2025 - 3 VK LSA 14/25
Öffentliche Aufträge für bestimmte Maßnahmen des Bundes, die durch das Land im Wege der Organleihe durchgeführt werden (§ 159 Abs. 1 Nr. 5 GWB) - hier Neubau einer Ausbildungshalle auf einem Truppenübungsplatz -, sind grundsätzlich einer Nachprüfung durch die Vergabekammer des Bundes zugänglich. Dies gilt jedoch nicht, wenn der EU-Schwellenwert nicht erreicht ist (s. § 106 GWB).*)
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IBRRS 2025, 2834
Öffentliches Baurecht
VGH Bayern, Beschluss vom 10.07.2025 - 15 N 24.622
1. Das Interesse, von planbedingtem Verkehrslärm verschont zu bleiben, ist nur dann ein abwägungserheblicher Belang, wenn das entsprechende Grundstück über die Bagatellgrenze hinaus betroffen wird.
2. Ein Unterschreiten der abwägungsirrelevanten Bagatellgrenze ist vor allem in Fällen einer durch das Hinzukommen von nur wenigen Wohnhäusern verursachten Verkehrslärmbelastung angenommen (hier bejaht für maximal zehn hinzukommende Wohneinheiten).
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IBRRS 2025, 2733
Wohnraummiete
LG Köln, Urteil vom 10.07.2025 - 1 S 141/24
1. Macht der Mieter in einem Kündigungsprozess Ausführungen, die zwar zur Verteidigung gegen die Klageforderung nicht zwingend notwendig waren, jedoch in Zusammenhang mit dem Rechtsstreit stehen, rechtfertigt dies keine (erneute) Kündigung.
2. Auch wenn der Mieter eine Zweckentfremdung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Vermieter anzeigt, rechtfertigt dies keine Kündigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es keine Behauptung "ins Blaue hinein" ist.
3. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs muss die Wohnnutzung im Vordergrund stehen.
4. Grundsätzlich müssen die Gerichte die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf respektieren und dürfen ihm nicht fremde Vorstellungen über angemessenes Wohnen und seine weitere Lebensplanung aufdrängen.
5. Gerichte dürfen aber den Wunsch des Eigentümers, die Wohnung zurückzuerlangen, daraufhin überprüfen, ob er missbräuchlich ist, etwa, weil der Vermieter einen weit überhöhten Wohnbedarf geltend macht.
6. Dies ist zu bejahen, wenn der Vermieter alleine in eine über 200 qm große Wohnung mit 6,5-Zimmer, Küche, Bad ziehen möchte und selbst nach eigenen Angaben davon max. 4 Zimmer nutzen möchte/braucht.
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IBRRS 2025, 2897
Wohnungseigentum
AG Düsseldorf, Urteil vom 06.01.2025 - 290a C 2/24
1. An die Anforderung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Rahmen einer Anfechtungsklage sind strenge Anforderungen zu stellen, weil es um den Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte des betroffenen Wohnungseigentümers geht.
2. Von einem Rechtsmissbrauch bei der Erhebung von Beschlussanfechtungsklage ist daher nur auszugehen, wenn sie ausschließlich wohnungseigentumsfremden oder -feindlichen Zielen dient und nach Intensität und Umfang ihrer Instrumentalisierung für solche Ziele den übrigen Wohnungseigentümern nicht mehr zuzumuten ist.
3. Zwar hat ein Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen, die dem Laden elektrischer Fahrzeuge dienen, jedoch besteht ein solcher Anspruch nur insofern, als dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten sind.
4. Ein Gestattungsbeschluss für derartige bauliche Veränderungen bedarf der Vorgaben zu Art und Weise der Ausführungen, insbesondere zu den Leitungsführungen und Ort der Anbringung.
5. Aus § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG gibt es keinen Anspruch für eine bauliche Veränderung unter Inanspruchnahme fremden Sondereigentums, etwa für Leitungsführungen. Dazu fehlt dem Verband die Beschlusskompetenz.
6. Sollen mehrere Wallboxen gebaut werden, bedarf es konkreter Vorgaben, um sicherzustellen, dass die einzelnen Wallboxen technisch per Konfiguration so in ihrer Leistungsaufnahme eingestellt werden, dass in Summe der Hausanschluss nicht überlastet werden kann.
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IBRRS 2025, 2876
Öffentliches Recht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2025 - 5 S 612/24
1. Typische Baumimmissionen wie Laub, Nadeln und Harz, die als Folge einer natürlichen Lebensäußerung zu qualifizieren sind, stellen keine von einem Baum ausgehende Gefahr dar, welche die Fällung eines nach § 31 Abs. 2 NatSchG-BW geschützten Baums im Einzelfall rechtfertigt.*)
2. Zur Frage, ob Baumimmissionen in Form von Nadeln und Harz die Nutzung von Gartenflächen unzumutbar beeinträchtigen und deshalb eine Fällgenehmigung nach Ermessen erteilt werden kann (hier bejaht).*)
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IBRRS 2025, 2823
Zwangsvollstreckung
LG Darmstadt, Beschluss vom 06.10.2025 - 5 T 520/25
Der Schuldner hat das rechtzeitige Bestehen von Ersatzraum nicht nur darzulegen, sondern durch Vorlage eines unterzeichneten neuen Mietvertrags auch nachzuweisen.
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IBRRS 2025, 2905
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 14.10.2025 - VI ZR 137/25
Im Anwaltsprozess tritt nach § 244 Abs. 1 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens ein, wenn der einzige zu ihrer Vertretung befugte Rechtsanwalt einer Partei stirbt; auf eine Kenntnis des Gerichts vom Unterbrechungsgrund kommt es nicht an. Eine trotz der Unterbrechung ergangene und nicht nach § 249 Abs. 3 ZPO zulässige gerichtliche Entscheidung ist allerdings nicht nichtig, sondern anfechtbar. Die Unwirksamkeit muss daher mit dem zulässigen Rechtsmittel geltend gemacht werden.*)
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IBRRS 2025, 2862
Prozessuales
FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.08.2025 - 5 K 342/19
1. Die vom abgelehnten Richter in der mündlichen Verhandlung getroffene Aussage, "die Kläger sind vor ihrem Anwalt zu schützen", ist geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
2. Von der Wartepflicht des abgelehnten Richters ausgenommen sind unaufschiebbare Handlungen. Dazu gehört grundsätzlich auch die Anfertigung, Fertigstellung oder Berichtigung des Protokolls über den durchgeführten Termin.
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Online seit 7. November
IBRRS 2025, 2852
Werkvertrag
OLG Celle, Urteil vom 08.05.2024 - 14 U 85/23
1. Reparaturarbeiten sind nur dann Arbeiten an einem Bauwerk und unterliegen der fünfjährigen Mängelverjährungsfrist, wenn der Bearbeitungsgegenstand mit dem Bauwerk fest verbunden und die Arbeiten für das Bauwerk wesentlich sind, sodass sie den Arbeiten bei einer Neuerrichtung vergleichbar sind.
2. Werden nur einzelne Teile einer Heizungsanlage (hier: Wärmepumpe) repariert oder ausgetauscht, handelt es sich nicht um Arbeiten an einem Bauwerk.
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IBRRS 2025, 2892
Vergabe
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.10.2025 - 3 VK LSA 35/25
Hat der Antragsteller im Nachprüfungsantrag seine Wohnanschrift i. S. einer ladungsfähigen Anschrift nicht angegeben, sondern etwa nur eine c/o-Anschrift, ist der Antrag unzulässig.*)
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IBRRS 2025, 2747
Öffentliches Baurecht
VG Köln, Urteil vom 24.09.2025 - 23 K 6618/22
1. Festsetzungen zur höchstzulässigen Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden sind nur dann rechtmäßig, wenn sie dem Erhalt oder der Sicherung eines bestimmten städtebaulichen Charakters dienen. Sicherheitsrechtliche Ziele rechtfertigen die Begrenzung der Anzahl der Wohnungen nicht.
2. Unzulässig ist eine solche Festsetzung stets in Mischgebieten oder für Gebäude mit gemischter Nutzung.
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IBRRS 2025, 2828
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 26.09.2024 - 64 S 143/23
1. Stellt der gerichtlich bestellte Sachverständige erhöhtes Aufkommen von Schimmelpilzsporen fest, die ihrer Gattung nach eine Gesundheitsgefahr indizieren und die in Innenräumen bei starken Anfeuchtungen wachsen, liegt ein Mangel der Mietwohnung vor, wenn der Sachverständige nicht ausschließen kann, dass die Entstehung der Feuchtigkeit baulich bedingt ist, es der Mieterin nämlich nach Feststellung des Sachverständigen praktisch unmöglich sei, bestimmte Bereiche der Wandoberflächen bei niedrigen Außentemperaturen über den Taupunkt hinaus zu erwärmen.*)
2. Eine Haftung des Vermieters für durch Schimmelsporen verursachte Gesundheitsschäden und seine Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld scheiden aus, wenn die nach § 536c Abs. 1 BGB gebotene Mangelanzeige unterblieb und der Vermieter deswegen nicht erkennen konnte, dass von der Wohnung womöglich eine Gefahr für die Mieterin ausging.*)
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