Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 2801
Architekten und Ingenieure
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 16.09.2025 - 9 O 47/24
1. Das vom Amts wegen zu berücksichtigende Schwarzarbeitsverbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.
2. Die nachträgliche "Ohne-Rechnung-Abrede" betreffend eine Bauvoranfrage führt zur Gesamtnichtigkeit des Architektenvertrags.
3. Einem nichtigen Vertrag kann nicht dadurch zur Wirksamkeit verholfen werden, dass der Architekt nachträglich Rechnungen stellt.
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IBRRS 2025, 2817
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.06.2024 - 1 VK 2/24
1. Der öffentliche Auftraggeber kann auch dann in eine Preisprüfung eintreten, wenn zwar die sog. Aufgreifschwelle nicht erreicht ist, das Angebot aber aus anderen Gründen konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt.
2. Bei einem hinsichtlich des Gesamtpreises unauffälligen Angebot darf der Auftraggeber Aufklärung zu Einzelpreisen verlangen darf, wenn diese von den Preisen der Konkurrenten exorbitant abweichen und diese Abweichungen weder durch einen höheren Leistungsumfang noch durch Marktgegebenheiten oder -besonderheiten zu erklären sind.
3. Das Aufklärungsverlangen muss dem Bieter die Möglichkeit einräumen, die Zweifel des Auftraggebers zu widerlegen und darzulegen, dass er in der Lage ist, seine Leistungen auftragsgerecht zu erbringen.
4. Bei der Entscheidung über den Angebotsausschluss steht dem Auftraggeber ein Ermessen zu. Der Bieter hat einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessenausübung.
5. Ein unzureichend begründetes Informationsschreiben kann vor Vertragsschluss "geheilt" werden und löst für sich genommen die Unwirksamkeitsfolge des § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB nicht aus.
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IBRRS 2025, 2783
Öffentliches Baurecht
VGH Hessen, Beschluss vom 21.10.2025 - 5 A 2395/21
Ein öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag, in dem trotz vollständig ausermittelten Sachverhalts und zutreffender Rechtserkenntnis eine im Außenbereich belegene Baufläche als dem Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB zugehörig behandelt wird, ist unwirksam*)
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IBRRS 2025, 2707
Mietrecht
AG München, Urteil vom 28.11.2024 - 191 C 12116/24
1. Eine Verschmutzung der Paneele einer vermieteten Solaranlage begründet jedenfalls dann keinen Sachmangel, solange die Anlage insgesamt die nach dem Vertrag erwartete Leistung erbringt.
2. Eine (fahrlässige) falsche Angabe des Vermieters über den Vertragsinhalt und zu den Leistungen bei der Wartung stellt eine vorvertragliche Pflichtverletzung des Vermieters dar.
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IBRRS 2025, 2183
Grundbuchrecht
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2025 - 5 W 27/25
1. Ein Sondernutzungsrecht ist "verdinglicht", wenn es nach § 5 Abs. 4 Satz 1, § 10 Abs. 3 WEG durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht wurde. Hierzu bedarf es der Einigung aller Wohnungseigentümer bzw. einer diese Vereinbarung ersetzenden Erklärung des Grundstückseigentümers bei der einseitigen Aufteilung gem. § 8 Abs. 1 WEG, jeweils in der Form des § 29 GBO und der Eintragung in das Grundbuch.
2. Ein Flurstück kann unter Beibehaltung eines Sondernutzungsrechts nicht abgeschrieben werden, weil das Sondernutzungsrecht als Teil des Sondereigentums wiederum Teil des eingetragenen Wohnungseigentums ist und nicht von dem damit verbundenen Miteigentumsanteil getrennt werden kann.
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IBRRS 2025, 2836
Immobilienmakler
OLG Celle, Urteil vom 02.10.2025 - 11 U 23/25
Immobilienmaklerverträge, die dem Textformerfordernis gemäß § 656a BGB unterliegen, können in formwirksamer Weise nicht durch lediglich konkludente Willenserklärungen geschlossen werden.*)
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IBRRS 2025, 2835
Kaufrecht
OLG Stuttgart, Urteil vom 28.10.2025 - 6 U 33/25
1. Aus der gesetzlichen Pflicht des Herstellers, von einem fehlerhaften Produkt (hier: Batteriespeicher) ausgehende Gefahren für die Rechtsgüter des Käufers so effektiv wie möglich und zumutbar auszuschalten, kann nicht die Verpflichtung abgeleitet werden, dem Erwerber ein fehlerfreies, in jeder Hinsicht gebrauchstaugliches Produkt zur Verfügung zu stellen und dadurch dessen Äquivalenzinteresse zu befriedigen.
2. Gegenstand einer Feststellungsklage können grundsätzlich nur gegenwärtige Rechtsverhältnisse sein. Nicht ausreichend ist dagegen ein Rechtsverhältnis, das noch nicht besteht, sondern erst in Zukunft unter Voraussetzungen, deren Eintritt noch völlig offen ist, entstehen kann.
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IBRRS 2025, 2839
Verbraucherrecht
BGH, Beschluss vom 22.10.2025 - I ZR 192/24
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. L 304 vom 22. November 2011, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Beginnt die vierzehntägige Widerrufsfrist des Art. 9 Abs. 1 der RL 2011/83/EU zu laufen, wenn der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung gestellt hat?
2. Ergibt sich aus Bestimmungen der RL 2011/83/EU, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie fortbesteht, obwohl sowohl er als auch der Unternehmer einen zwischen ihnen geschlossenen Fernabsatzvertrag vollständig erfüllt haben? Gilt dies gegebenenfalls jedenfalls dann, wenn der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung gestellt hat?*)
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IBRRS 2025, 2837
Rechtsanwälte
OLG Brandenburg, Urteil vom 21.10.2025 - 6 U 126/24
1. Der die Zahlung eines Zeithonorars beanspruchende Rechtsanwalt hat grundsätzlich den Nachweis zu führen, dass der geltend gemachte zeitliche Arbeitsaufwand überhaupt angefallen ist. Dies erfordert zunächst eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, wobei über pauschale Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise darzulegen sind
2. Nicht genügend sind allgemeine Hinweise über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche, weil sie jedenfalls bei wiederholter Verwendung inhaltsleer sind und ohne die Möglichkeit einer wirklichen Kontrolle geradezu beliebig ausgeweitet werden können.
3. Eine Minderung der vereinbarten Vergütung wegen mangelhafter Leistung ist bei einem Dienstvertrag wie dem Anwaltsvertrag ausgeschlossen.
4. Die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühren kann nur dann entfallen, wenn die Belastung mit der Honorarverbindlichkeit Bestandteil des aus einer Verletzung vertraglicher Pflichten resultierenden - vom Auftraggeber darzulegenden und zu beweisenden - Schadens ist.
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IBRRS 2025, 2844
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 14.10.2025 - VI ZR 24/25
Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch offenkundig überspannte Anforderungen an die Substantiierungspflicht des Geschädigten hinsichtlich des Eintritts eines Haushaltsführungs- und Mehrbedarfsschadens.*)
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IBRRS 2025, 2742
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 01.10.2025 - VII ZB 24/25
1. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Zurückweisung einer Anhörungsrüge ist nicht statthaft.
2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 ZPO ist nur gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht statthaft, nicht gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts.
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IBRRS 2025, 2308
Bauvertrag
OLG München, Beschluss vom 13.08.2024 - 28 U 4768/23 Bau
1. Wenn Produktionsmittel so unzureichend sind, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer eines VOB/B-Vertrags auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen.
2. Das gilt auch dann, wenn für die Ausführung keine verbindliche Frist vereinbart ist, da der Auftragnehmer nach allgemeinen Grundsätzen die Leistung nach Beginn mit dem jeweils gebotenen vollen Einsatz zügig durchzuführen und zu beenden hat (sog. angemessene Herstellungsfrist).
3. Der Auftraggeber, der eine Kündigung auf die Verletzung der Abhilfepflicht stützen will, ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Überschreitung der Ausführungsfrist aufgrund unzureichender Produktionsmittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.
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IBRRS 2025, 2816
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.12.2024 - 3 VK 10/24
1. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber eine Gesamtvergabe (hier: von Architekten- und Ingenieurleistungen), hat er eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden wirtschaftlichen und technischen Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
2. Eine unzureichende Berücksichtigung mittelständischer Interessen kann nicht durch die Einschaltung von Subplanern ausgeglichen werden.
3. Eine für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrag hinreichende konkrete Wiederholungsgefahr besteht, wenn die Vergabestelle eine erneute Ausschreibung der gleichen Leistungen beabsichtigt und die gerügten Ausschreibungsbedingungen im Vergabenachprüfungsverfahren verteidigt hat.
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IBRRS 2025, 2766
Öffentliches Baurecht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.05.2025 - 5 S 1824/23
1. Bei der gerichtlichen Überprüfung, ob eine Gemeinde ihren durch § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat, ist von den Grundsätzen für die verwaltungsgerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen mit Beurteilungsspielraum auszugehen. Es kommt nicht darauf an, ob die Gemeinde offensichtlich rechtsmissbräuchlich gehandelt hat.*)
2. Zur Ermittlung der Lärmbetroffenheit eines an mehrere Gewerbegebiete heranrückenden Wohngebiets mit Hilfe eines abstrakten Modells unter Heranziehung der DIN 18005 und der DIN 45691.*)
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IBRRS 2025, 2804
Wohnungseigentum
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 09.07.2025 - 2-13 S 68/24
Ein Beschluss nach § 28 Abs. 1 WEG über die Vorschüsse zur Kostentragung kann nicht deshalb mit Erfolg angefochten werden, weil keine Ansparung einer Erhaltungsrücklage vorgesehen ist.*)
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IBRRS 2025, 2782
Sachverständige
LSG Thüringen, Beschluss vom 08.10.2025 - L 1 JVEG 313/25
1. Die reine Darstellung des Akteninhalts ist mit dem Zeitaufwand für die Aktendurchsicht bereits vergütet. Werden die einzelnen ärztlichen Befunde nicht nur nachrichtlich wiedergegeben, sondern bereits gezielt im Hinblick auf das Beweisthema bzw. ihre Bedeutung hierfür erläutert, ist es gerechtfertigt, sie dem Beurteilungsteil des Gutachtens hinzuzurechnen und entsprechend zu vergüten.*)
2. Der Beurteilungsteil eines Sachverständigengutachtens kann sich durchaus an mehreren Stellen eines Gutachtens befinden, ohne dass sämtliche Beurteilungen am Ende des Gutachtens zu finden oder unter einschlägigen Überschriften zusammengefasst sein müssen.*)
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IBRRS 2025, 2807
Steuerrecht
FG München, Urteil vom 13.08.2025 - 4 K 164/25
1. Die Vorschriften des BayGrStG zu den Äquivalenzbeträgen der Grundsteuer B für Grundstücke des Grundvermögens sind formell und materiell verfassungsgemäß. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
2. Die Ausgestaltung der Grundsteuer B als wertunabhängiges Flächenmodell ist vom Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt und mit dem Grundsatz der Lastenfreiheit vereinbar.
3. Auch für ausschließlich in eigener Sache tätige Steuerberater besteht eine Nutzungspflicht des seit dem 1.1.2023 für Steuerberater eingerichteten besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs.
4. Die Versäumung der Klagefrist ist nicht verschuldet, wenn ein Steuerberater eine Klage in eigener Sache zu einem Zeitpunkt, in dem höchstrichterlich noch nicht sicher entschieden war, ob ein in eigener Sache klagender Steuerberater die Klage zwingend in der Form des § 52d FGO erheben muss, nur in Papierform eingereicht hat.
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IBRRS 2025, 2723
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 22.09.2025 - I ZB 70/25
1. Der Bundesgerichtshof ist nicht zur Entscheidung berufen, wenn das eingelegte Rechtsmittel offensichtlich unzulässig ist und nicht den recht verstandenen Interessen entspricht.
2. Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn sie weder in dem angefochtenen Beschluss zugelassen wurde noch durch einen zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt wurde.
3. Die Umdeutung einer Eingabe in ein anderes Rechtsmittel setzt die Zulässigkeit des anderen Rechtsmittels voraus.
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IBRRS 2025, 2731
Prozessuales
LG Berlin II, Urteil vom 27.08.2025 - 64 S 127/23
Das Gericht darf die ortsübliche Vergleichsmiete nach §§ 286, 287 ZPO auch dann an Hand einer Schätzung unter Heranziehung der "Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung" auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2019 ermitteln, wenn ein Sachverständigengutachten vorliegt, das zu einem abweichenden Ergebnis gelangt.*)
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IBRRS 2025, 2785
Bauhaftung
OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2025 - 10 U 32/25
1. Wasserversorgungsunternehmen haben bei der Verlegung der Hausanschlüsse auf die berechtigten Interessen der Anschlussnehmer Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört es, bei der Auswahl des Verfahrens zur Herstellung des Anschlusses diejenige Methode zu wählen, die bei vergleichbarem Aufwand möglichst wenig Einwirkung auf die Substanz des Gebäudes des Anschlussnehmers nimmt.
2. Ein Wasserversorgungsunternehmen muss die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik planen und ausführen und hat die im jeweiligen Fall gebotene Sorgfalt anzuwenden, um Schäden am Eigentum der Anschlussnehmer zu vermeiden.
3. Kann und muss das Wasserversorgungsunternehmen erkennen, dass der vorhandene Zustand der Bausubstanz eines Gebäudes nicht geeignet ist, um den Hausanschluss in einer den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Weise zu verlegen, muss es den Gebäudeeigentümer darauf hinweisen und das weitere Vorgehen mit ihm abstimmen.
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IBRRS 2025, 2781
Bausicherheiten
LG Bonn, Urteil vom 08.08.2025 - 7 O 302/24
Die Verjährung der Bürgschaftsforderung bei Insolvenz des Hauptschuldners richtet sich ebenfalls nach § 259b InsO.*)
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IBRRS 2025, 2787
Vergabe
VG Regensburg, Beschluss vom 29.07.2025 - 4 E 25.1699
1. Mit Art. 13 Abs. 4 BayRDG soll den für den Rettungsdienst verantwortlichen Personen eine Möglichkeit an die Hand gegeben werden, schnell ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens auf unwesentliche Änderungen reagieren zu können.
2. Wird mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag lediglich die Erbringung von Dienstleistungen vereinbart, sodass der Vertrag selbst keine belastenden Auswirkungen für einen Konkurrenten des ausgewählten Dienstleistungserbringers mit sich bringt und der Konkurrent nur durch eine Minderung seiner Erwerbschancen aufgrund des Abschlusses des mit dem Dienstleistungserbringer statt mit ihm abgeschlossenen Vertrags indirekt betroffen ist, ist § 58 Abs. 1 BayVwVfG auf solche Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzsituationen bei der Vergabe von Aufträgen nicht anwendbar.
3. Aus Art. 13 BayRDG kann kein subjektives Recht eines einzelnen abgeleitet werden, dass zwingend ein Auswahlverfahren für den Interimsbetrieb gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG durchgeführt werden muss.
4. Es obliegt dem Aufgabenträger für den öffentlichen Rettungsdienst, zu entscheiden, ob er seinem Sicherstellungsauftrag aus Art. 5 BayRDG durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt.
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IBRRS 2025, 2769
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Urteil vom 30.05.2025 - 12 KS 59/24
Zum Rechtsschutz gegen die rechtswidrige Änderung einer vormals bestandskräftigen, ebenfalls zumindest teilrechtswidrigen artenschutzrechtlichen Auflage zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (hier: Schutzmaßnahmen zu Gunsten des Baumfalkens)*)
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IBRRS 2025, 2775
Wohnraummiete
AG Neustadt/Rübenberge, Urteil vom 24.09.2025 - 41 C 332/25
1. Wird der Kautionsabrechnungsanspruch verfrüht geltend gemacht, ist die Klage als - derzeit - unbegründet abzuweisen.
2. Der (ehemalige) Vermieter muss die Kaution nicht unverzüglich abrechnen.
3. Korrekturen sind innerhalb der gesetzlichen Fristen möglich.
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IBRRS 2025, 2216
Wohnraummiete
AG Neustadt/Rübenberge, Urteil vom 17.02.2025 - 44 C 483/23
1. Will der Vermieter die vom Mieter bewohnte Wohnung seinem Sohn zu Wohnzwecken zur Verfügung stellen und beabsichtigt dieser, dort einzuziehen, liegt Eigenbedarf vor.
2. Auch wenn der Kündigungsausspruch zeitlich mit der Korrespondenz zwischen dem Vermieter und dem Mieter über bestehende Unklarheiten in der Abrechnung von Nebenkosten zusammenfällt, kann daraus nicht zugleich der Schluss gezogen werden, dass die Kündigung motivational auf diesem Ereignis beruht.
3. Auch unterhalb absoluter und irreparabler Folgen wie eines zu besorgenden Suizids, nämlich in Fällen, in denen die Verschlechterung des - auch psychischen - Gesundheitszustands des Mieters als Kündigungsfolge ernsthaft droht, ist seine Grundrechtsposition unter Berücksichtigung ihres objektiven Gewichts im Rahmen der Prüfung des Durchgreifens eines Sozialwiderspruchs mit den Vermieterinteressen an der Nutzung des Wohnraums zur Abwägung zu stellen.
4. Auf Vermieterseite ist allerdings auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Vermieter ebenfalls psychisch gestört ist und das enge Zusammenleben mit dem Sohn seiner Gesundheit nicht förderlich ist; sprich der Auszug des Sohns in die vermietete Wohnung die Gesundheit des Vermieters verbessert.
5. Ist ein Überwiegen des Mieterinteresses gegenüber dem Beendigungsinteresse des Vermieters nach den Umständen des Einzelfalles nicht klar erkennbar, fehlt es also an einem klaren Ergebnis, ist die tatbestandlich eng gefasste Kündigungsberechtigung für Wohnraummietverhältnisse nicht durch die Härtefallregelung des § 574 Abs. 1 BGB begrenzt.
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IBRRS 2025, 2770
Sachverständige
OLG Köln, Beschluss vom 22.04.2025 - 17 W 40/25
1. Die sofortige Beschwerde ist bei der Ablehnung eines "Gesuchs" dann statthaft, wenn die abgelehnte Entscheidung nur auf Antrag ergehen konnte. Ist dagegen die Entscheidung von Amts wegen zu treffen, liegt in dem "Gesuch" einer Partei inhaltlich eine bloße Anregung, die das Rechtsmittel der Beschwerde nicht eröffnet.
2. Der "Antrag", dem Sachverständigen konkrete Beweisfragen vorzugeben, ist prozessual eine bloße Anregung, den Sachverständigen - von Amts wegen - anzuleiten und entsprechende Weisungen zu erteilen.
3. Eine Beschwerde kann ausnahmsweise statthaft sein, wenn ansonsten ein bleibender rechtlicher Nachteil eintreten würde, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben lässt (hier verneint).
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IBRRS 2025, 2793
Insolvenzrecht
BGH, Beschluss vom 11.09.2025 - IX ZB 15/24
Für die Festsetzung der Vergütung des Sachwalters ist der Rechtspfleger im eröffneten Insolvenzverfahren auch dann funktionell zuständig, wenn im Verfahren ein Insolvenzplan vorgelegt wurde.*)
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IBRRS 2025, 2058
Rechtsanwälte
LG München I, Beschluss vom 12.12.2024 - 1 S 7231/24 WEG
1. Ein sicherer Übermittlungsweg nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO ist nur gegeben, wenn die verantwortende Person den Schriftsatz selbst versendet.
2. Ein Defekt am Endgerät des Rechtsanwalts stellt keine technische Störung i.S.v. § 130d Satz 2 ZPO dar.
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IBRRS 2025, 2725
Prozessuales
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.09.2025 - 10 U 116/24
1. Der abgelehnte Richter ist in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert.
2. Hat sich eine Partei in vollumfänglicher Kenntnis der zur Begründung des Ablehnungsgesuchs angeführten Umständen in die Sacherörterung eingelassen und ihre Sachanträge wiederholt, führt das zum Verlust des Ablehnungsrechts.
3. Eine falsche oder ungünstige Rechtsauffassung und -anwendung ist kein Ablehnungsgrund.
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Online seit 28. Oktober
IBRRS 2025, 2709
Bauträger
OLG München, Beschluss vom 12.03.2024 - 27 U 3051/23 Bau
1. Ein Vertrag, mit dem die Verpflichtung begründet werden soll, Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, bedarf der notariellen Beurkundung. Dem Formzwang unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören, einschließlich vor der Beurkundung bewirkte Zahlungen sowie Sonderentgelte.
2. Haben die Parteien bewusst Unrichtiges beurkunden lassen, ist der beurkundete Vertrag als Scheingeschäft und der wirklich gewollte Vertrag wegen Formmangels nichtig (hier bejaht).
3. Die Berufung auf die Formnichtigkeit des Vertrags kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen treuwidrig sein. Der Treuwidrigkeitseinwand scheidet jedoch in Fällen aus, in denen die Parteien wissentlich und willentlich einen einen niedrigeren als den tatsächlich gewollten Kaufpreis beurkunden lassen.
4. § 817 Satz 2 BGB steht dem Rückforderungsanspruch des Erwerbers hinsichtlich der an den Verkäufer geleisteten (nicht beurkundeten) Kaufpreiszahlungen nicht entgegen.
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IBRRS 2025, 2780
Vergabe
EuGH, Urteil vom 16.10.2025 - Rs. C-282/24
Art. 72 Abs. 2 Richtlinie 2014/24/EU ist dahingehend auszulegen, dass die Änderung der in einer Rahmenvereinbarung, die anhand des Zuschlagskriteriums des niedrigsten Preises vergeben wurde, vorgesehenen Vergütungsmethode, durch die das Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung geändert und zugleich die Preise so angepasst werden, dass sich der Gesamtauftragswert nur geringfügig ändert, nicht als Veränderung des Gesamtcharakters der Rahmenvereinbarung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, es sei denn, die Änderung der Vergütungsmethode führt zu einer grundlegenden Verschiebung des Gleichgewichts der Rahmenvereinbarung.*)
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IBRRS 2025, 2767
Öffentliches Baurecht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.06.2025 - 5 S 1487/24
1. Ein klagender Grundstückseigentümer ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nur dann gehindert, eine zu seinen Lasten gehende Verletzung des Grenzstands auf dem benachbarten Baugrundstück zu rügen, wenn er selbst den Grenzabstand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nicht eingehalten hat.*)
2. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Grundstück des klagenden Grundstückseigentümers an einer anderen, nicht gemeinsamen Grundstücksgrenze über einen Grenzbau verfügt. Denn ein abstandsflächenrechtlich relevantes nachbarliches Austauschverhältnis besteht nur hinsichtlich der jeweils gemeinsamen Grundstücksgrenze.*)
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IBRRS 2025, 2716
Öffentliches Baurecht
VG Berlin, Urteil vom 02.04.2025 - 19 K 17/22
1. Für die Annahme, dass ein Ausstattungszustand demjenigen einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB entspricht, ist nicht erforderlich, dass dieser einen bestimmten prozentualen Verbreitungsgrad erlangt. Vielmehr ist im Rahmen einer bundesweiten Betrachtung aller Wohnungen wertend auf einen "mittleren Ausstattungszustand" abzustellen. Nicht mehr dem Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB zuzurechnen sind Änderungen einer baulichen Anlage, die sich als ungewöhnlich kostenaufwändige Maßnahmen darstellen.*)
2. Die jeweils geltenden bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen umschreiben den zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB nicht abschließend.*)
3. Der Genehmigungsanspruch des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen erstmals der zeitgemäße Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung hergestellt wird.*)
4. Der Anbau eines Balkons mit einer Größe von 4 qm dient der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB.*)
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IBRRS 2025, 2714
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 03.01.2025 - 66 S 216/24
1. Vorkommnisse, die vor einer Abmahnung geschahen, können nicht als Grund für eine spätere Kündigung herangezogen werden.
2. Auch Vorkommnisse nach Ausspruch der Kündigung können diese nicht nachträglich rechtfertigen.
3. Das Bellen eines Hundes rechtfertigt eine Kündigung nur, wenn es eine solche Intensität besessen hat, dass von einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens ausgegangen werden kann.
4. Beleidigungen und Anfeindungen können grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen.
5. Wird die Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung in das freie Ermessen des Vermieters ohne überprüfbare Voraussetzungen gestellt, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor.
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IBRRS 2025, 2754
Sachverständige
OLG Köln, Beschluss vom 20.08.2025 - 19 W 21/25
1. Bei einer Kenntniserlangung der Gründe für die Ablehnung des Sachverständigen während der mündlichen Erstattung des Sachverständigengutachtens ist das Befangenheitsgesuch unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, anzubringen.
2. Der Verlust des Ablehnungsrechts nach rügelosem Verhandeln zur Sache umfasst hiernach jedenfalls die der Partei bekannten Ablehnungsgründe, d.h. solche, die sich aus Äußerungen des Gutachters im Rahmen seiner Anhörung ergeben.
3. Der allgemein gehaltene Antrag auf Gewährung einer Frist zur Stellungnahme zur Beweisaufnahme genügt nicht.
4. Eine fehlerhafte Tatsachengrundlage für das Sachverständigengutachten kann allenfalls Anlass für die Einholung einer ergänzenden erläuternden Stellungnahme oder/und einer (weiteren) mündlichen Anhörung des Sachverständigen geben, keinesfalls aber die Besorgnis einer Befangenheit begründen.
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IBRRS 2025, 2779
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 30.09.2025 - II ZR 70/24
1. Zum Klagegrund des Schuldbeitritts gehört die Schuld, der beigetreten worden ist.*)
2. Das Berufungsgericht verletzt den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör, wenn es der Klägerin mehr zuspricht, als diese beantragt hat.
3. Die Bestimmung des Streitgegenstands obliegt dem Kläger, der bei der Einführung eines neuen Streitgegenstands klar zum Ausdruck bringen muss, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt.
4. Eine Klagestattgabe unter dem Gesichtspunkt gleichwertigen Parteivorbringens erfordert, dass der Kläger sich den entsprechenden Vortrag des Beklagten hilfsweise zu eigen macht und seine Klageforderung darauf stützt.
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IBRRS 2025, 2739
Prozessuales
OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2023 - 16 U 39/22
1. Der Besteller genügt seiner Darlegungspflicht, wenn er einen Mangel in seinem äußeren Erscheinungsbild behauptet und belegt (sog. Symptomtheorie). Erforderlich ist nur eine hinreichend genaue Bezeichnung von Mangelerscheinungen, die einer fehlerhaften Leistung eines Baubeteiligten zugeordnet werden können. Der Besteller ist nicht gehalten, auch die Mängelursachen im Einzelnen anzugeben.
2. Eine schlüssige Klage setzt die Darstellung des Sachverhalts voraus, und zwar in dem Sinne, dass der Schriftsatz aus sich heraus verständlich und die Bezugnahme auf Anlagen nachvollziehbar bleibt. Der Vortrag darf insgesamt nicht so angelegt sein, dass die Bezugnahme auf Anlagen substantiierten Vortrag ersetzt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich etwaige Tatsachengrundlagen für die Subsumtion aus den Anlagen herauszusuchen.
3. Ein gerichtlicher Hinweis ist nicht erforderlich, wenn der Mangel des Vortrages auf der Hand liegt und von einer gewissenhaften und sachkundigen Prozesspartei hätte erkannt werden müssen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Prozessgegner auf den Mangel des Vortrages hinweist und dieser Hinweis auch zutreffend ist.
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Online seit 27. Oktober
IBRRS 2025, 2736
Architekten und Ingenieure
OLG Bamberg, Beschluss vom 25.04.2023 - 12 U 96/22
1. Erbringt der Planer Leistungen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung (noch) nicht erforderlich sind ("Vorpreschen"), steht ihm eine Vergütung hierfür grundsätzlich nicht zu.
2. Das ist auch dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber einen vorübergehenden "Planungsstopp" angeordnet hat.
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IBRRS 2025, 2752
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 11.09.2025 - VK 1-76/25
1. Eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber ausschreibt, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht.
2. Ein Angebotsausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen kommt nur in Betracht, wenn echte Änderungen vorliegen, die einen manipulativen Eingriff in die Vergabeunterlagen darstellen. Bloße Unklarheiten sind hingegen im Wege der Aufklärung zu beseitigen.
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IBRRS 2025, 2730
Öffentliches Baurecht
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.06.2025 - 1 C 10220/24
Sieht ein Bebauungsplan den Betrieb einer Kindertagesstätte auf dem Nachbargrundstück vor, kann von der Einrichtung ausgehender Lärm trotz der Regelung des § 22 Abs. 1a BImSchG im Einzelfall abwägungserheblich sein. Die Vorschrift definiert eine Zumutbarkeitsschwelle und lässt nicht die Schlussfolgerung zu, dass Kinderlärm von vornherein als geringfügig einzustufen ist.*)
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IBRRS 2025, 2732
Gewerberaummiete
OLG Schleswig, Urteil vom 20.08.2025 - 12 U 74/24
1. Der Einwand eines Verstoßes gegen die Schriftform ist von Amts wegen zu berücksichtigen, selbst wenn sich keine Partei auf den Formmangel berufen hat.
2. Für die Festlegung des Mietobjekts reichen konkrete Angaben der Örtlichkeiten sowie eine Circa-Angabe an Quadratmetern, während sich die präzise Lage und Anordnung regelmäßig an Ort und Stelle feststellen lässt. Es genügt also, wenn das Mietobjekt vor Ort bestimmbar ist.
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IBRRS 2025, 2737
Wohnungseigentum
LG München I, Beschluss vom 22.05.2025 - 1 S 9755/24 WEG
Ein Anspruch auf eine Änderung der Teilungserklärung besteht nicht, wenn das Ziel (hier bauliche Veränderung) auch durch einen Beschluss erreicht werden kann.
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IBRRS 2025, 2750
Immobilien
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.2025 - 14 W 46/24
1. Gegenstand eines Rangvorbehalts gem. § 881 BGB kann auch die Möglichkeit der inhaltlichen Abänderbarkeit eines bereits bestehenden und im Grundbuch eingetragenen Erbbaurechts sein.*)
2. Soweit § 881 Abs. 1 BGB hinsichtlich des vorbehaltenen Rechts ein "dem Umfang nach bestimmtes Recht" verlangt, setzt dies voraus, dass der Inhaber des mit dem Rangvorbehalt belasteten Rechts die Tragweite des potentiellen Nachrangs hinreichend zuverlässig einschätzen kann.*)
3. Die hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach § 27 ErbbauRG gewählte Formulierung, wonach "beliebige Vereinbarungen über Entschädigungsansprüche nach Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf vereinbart werden" können, genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 881 Abs. 1 BGB nicht.*)
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IBRRS 2025, 2757
Rechtsanwälte
BGH, Beschluss vom 29.09.2025 - AnwZ (Brfg) 26/25
1. Eine Entscheidung über einen Antrag auf Videoübertragung noch vor der mündlichen Verhandlung kann von einem Beteiligten nur dann erwartet werden, wenn er auch seinen prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten genügt.
2. Dafür hat jedenfalls ein anwaltlich vertretener Beteiligter den Antrag möglichst zeitnah zur Terminsmitteilung zu stellen oder einen - gegebenenfalls erst später entstandenen - Grund anzugeben, der aus seiner Sicht seiner persönlichen Teilnahme an der mündlichen Verhandlung entgegensteht und eine Videoübertragung erfordert.
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IBRRS 2025, 2755
Schiedswesen
OLG Köln, Beschluss vom 30.05.2025 - 19 SchH 15/25
1. Die Unzulässigkeit des Schiedsgerichtsverfahrens kann sich daraus ergeben, dass die Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung geschlossen haben, oder dass der konkrete Rechtsstreit nicht vom Umfang der Schiedsvereinbarung gedeckt ist.
2. Eine Unwirksamkeit einer Schiedsabrede ist nur dann anzunehmen, wenn selbst eine weitgehende Auslegung keinen Schluss darüber zulässt, ob und auf welches Schiedsgericht sich die Parteien geeinigt haben (hier: hinreichender Verweis auf die Bestimmungen der SL Bau).
3. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Streit entstanden ist oder entstehen kann, muss in der Schiedsvereinbarung bestimmt sein.
4. Der Antrag auf Feststellung der (Un-)Zulässigkeit eines Schiedsgerichtsverfahren kann nur bis zur Bildung des Schiedsgerichts eingeleitet werden. Die bloße Benennung der Schiedsrichter ist für die Konstituierung des Schiedsgerichts nicht ausreichend, erforderlich ist vielmehr, dass die Schiedsrichter die Annahme ihres Amts erklärt haben.
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IBRRS 2025, 2753
Prozessuales
BFH, Beschluss vom 26.09.2025 - III B 112/24
1. Eine Gehörsverletzung liegt vor, wenn ein Gericht trotz beantragter Terminverlegung und Bestehen eines Verlegungsgrundes die mündliche Verhandlung durchführt und in der Sache entscheidet. Gleiches gilt, sofern sich ‑ ohne dass das Vorliegen eines Verlegungsgrundes abschließend beurteilt werden könnte ‑ aus der Art und Weise der Behandlung des abgelehnten Terminverlegungsantrages oder der Begründung für dessen Ablehnung ergibt, dass das Gericht die Bedeutung und die Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt hat.*)
2. Eine Gehörsverletzung kann insbesondere dann gegeben sein, wenn das Gericht einen nicht "in letzter Minute" gestellten Antrag auf Verlegung des Termins für die mündliche Verhandlung erst im Schlussurteil unter Verweis auf die unzureichende Substantiierung oder Glaubhaftmachung ablehnt, ohne zuvor Gelegenheit gegeben zu haben, in der vom Gericht gewünschten Weise den Antrag zu substantiieren beziehungsweise den Verlegungsgrund glaubhaft zu machen.*)
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Online seit 24. Oktober
IBRRS 2025, 2697
Bauvertrag
LG Mannheim, Urteil vom 20.10.2025 - 1 O 8/24
1. Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 6 Abs. 6 VOB/B wegen einer Bauablaufstörung setzt grundsätzlich eine unverzügliche Behinderungsanzeige voraus.
2. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige gebietet eine Information des Auftraggebers bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Befürchtung des Auftragnehmers, die Behinderung werde eintreten, verdichtet.
3. Zeigt der Auftragnehmer die Behinderung nicht unverzüglich an, steht ihm kein gegen den Auftraggeber kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 6 Abs. 6 VOB/B zu.
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IBRRS 2025, 2740
Vergabe
EuGH, Urteil vom 11.09.2025 - Rs. C-764/23
1. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 19 EUV sowie von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die zum einen die Wirkungen von Rechtsbehelfen, die von Wirtschaftsteilnehmern gegen Rechtsakte eingelegt werden, die die Zuteilung von Rechten zur Nutzung von Funkfrequenzen im Rahmen der Neukonfiguration des Frequenzbands 694-790 MHz betreffen, auf die Gewährung einer finanziellen Entschädigung beschränkt und zum anderen den Umfang des vorläufigen Rechtsschutzes, der bis zur Prüfung eines solchen Rechtsbehelfs gewährt werden kann, auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränkt, nicht entgegensteht, sofern die Modalitäten dieser finanziellen Entschädigung es ermöglichen, die den Wirtschaftsteilnehmern durch die Anwendung dieser Rechtsakte entstandenen Schäden vollständig auszugleichen.*)
2. ...
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IBRRS 2025, 2701
Öffentliches Baurecht
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.09.2025 - 1 C 11017/23
1. Eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes kommt unter dem Aspekt der Verkehrszunahme in Betracht, wenn eine Planung für die Nachbargemeinde städtebaulich zu bewältigende Nachteile hervorruft (Anschluss an: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.12.2016 - 1 MN 82/16, IBRRS 2017, 0927).*)
2. Soweit ein verkehrstechnisches Gutachten eine Verkehrssituation unzureichend untersucht hat, ist das Normenkontrollgericht hinsichtlich der Frage, ob ein daraus resultierendes Ermittlungsdefizit auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, nicht verpflichtet aufzuklären, ob eine fehlerfreie Untersuchung städtebaulich zu bewältigende Nachteile für die Nachbargemeinde ergeben hätte.*)
3. Eine Höhenfestsetzung in einem Bebauungsplan, deren unterer Bezugspunkt i.S.d. § 18 BauNVO die Geländeoberfläche ist, genügt auch bei ebenem Gelände nicht den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot, wenn für den Plangeber bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erkennbar ist, dass im Rahmen der Ausbauplanung eine Geländemodulation erfolgen muss.*)
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IBRRS 2025, 2556
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 01.07.2025 - 67 S 285/24
1. Die Gerichte können zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein von der beweisbelasteten Partei angebotenes Sachverständigengutachten einholen, wenn ein Mietspiegel vorliegt, der - wie der Berliner Mietspiegel 2023 - tabellarisch Mietspannen ausweist und zusätzlich eine Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung enthält.
2. Hierzu besteht allerdings keine Pflicht.
3. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen die Mietenbegrenzungsverordnung kann der Berliner Mietspiegel 2023 und 2024 herangezogen werden.
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