Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IMR 02/2023 - Vorwort
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Geschafft! Mit Ablauf des 31.12.2022 ging ein weiteres Jahr der Extreme zu Ende. Berichte über Kriege und Pandemien, aber auch Themen wie die Inflation und die Energiekrise waren Teil unseres täglichen Lebens. Der Gesetzgeber versuchte zwar im Rahmen seiner nationalen Möglichkeiten mit einer Flut gut gemeinter Gesetze dagegen anzusteuern, jedoch warfen diese mehr Fragen und Unsicherheiten auf, als dass sie effektiv zur Verbesserung der Situation beitrugen. Erfreulicherweise kann und konnte man aber als Jurist durch die Veranstaltungsreihe „Fit für die Zukunft“ der ARGE Mietrecht und Immobilien sein Wissen erweitern und trotz der vielen Gesetzesänderungen und -erlasse den Durchblick in dieser Spezialmaterie behalten.
Apropos Spezialmaterie. Die Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht nimmt wieder stark an Fahrt auf. Der BGH konnte bereits einige Grundsätze zum neuen WEG klären. So unterfallen z. B. die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum nicht der Ausübungsbefugnis gem. § 9a Abs. 2 WEG. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen ( S. 64). In einem weiteren Urteil entschied der BGH, dass der einzelne Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten des WEMoG nicht mehr von einem anderen Wohnungseigentümer oder dessen Mieter die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums verlangen kann ( IMR 2022, 204) . Entsprechende Unterlassungsansprüche können künftig allein von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümergeltend gemacht werden. Ausnahme: Die Störung, welche abgewehrt werden soll, bezieht sich auf den räumlichen Bereich des Sondereigentums.
Aber auch im Mietrecht bleibt es spannend. Corona-bedingte Betriebsbeschränkungen stellen keinen Mietmangel dar. Dafür stellte uns der BGH im Bereich des gesamten Immobilienrechts mit den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage ein weites und neues Betätigungsfeld zur Verfügung (vgl. etwa S. 59). Interessant ist weiter die Entscheidung des BGH zum Thema „Mieterhöhung aufgrund Modernisierungsmaßnahmen“, da sie mit Blick auf die (verneinte) Vertragsänderung einige Folgefragen aufwirft ( IMR 2023, 5).
Mit Blick auf das neue Jahr werden uns sicherlich wieder einige Herausforderungen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht erwarten, die es zu meistern gilt. Es bleibt daher rechtlich gesehen auch weiterhin spannend – und das ist auch gut so.
„Wenn ein Jahr nicht leer verlaufen soll, muss man beizeiten anfangen“ (Goethe). In diesem Sinne wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen nachträglich noch ein gutes neues Jahr verbunden mit der Hoffnung, dass sich die Welt wieder etwas beruhigt.
Ihr
Michael Sommer