Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Immobilienrecht
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Online seit 3. Mai
IBRRS 2024, 1376OLG München, Urteil vom 02.08.2023 - 27 U 2547/22 Bau
1. Die Ermächtigung des WEG-Verwalters, die zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu treffen, erstreckt sich nicht auf außergewöhnliche, nicht dringende Instandsetzungsarbeiten größeren Umfangs (hier: Dachsanierungsarbeiten).
2. Die Regelung in der Teilungserklärung, wonach der WEG-Verwalter berechtigt ist, "die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich in allen Angelegenheiten der Verwaltung zu vertreten und im Rahmen seiner Verwalteraufgaben Verträge abzuschließen und andere Rechtshandlungen vorzunehmen" führt nicht zu einer Vertretungsmacht für den Vertragsschluss einer nicht beschlossenen Dachsanierung.
3. Schließt der hierzu nicht bevollmächtigte WEG-Verwalter im Namen der Eigentümergemeinschaft mit einem Unternehmen einen Bauvertrag, ist er dem Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Eigentümergemeinschaft die Genehmigung des Vertrags verweigert.
4. Einem Handwerksunternehmen muss nicht bekannt sein, dass ein WEG-Verwalter nicht dazu berechtigt ist, im Namen der Eigentümergemeinschaft Bauverträge über Dachsanierngsarbeiten zu schließen.
VolltextOnline seit 29. April
IBRRS 2024, 0796OLG München, Beschluss vom 22.02.2024 - 34 Wx 2/24
Ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht kann auch dann nicht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden, wenn der neue Berechtigte Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist.*)
VolltextOnline seit 24. April
IBRRS 2024, 1354OLG Dresden, Beschluss vom 27.03.2023 - 5 U 2520/20
1. Außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel i.S.v. § 536 BGB begründen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die behördlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden.*)
2. Ausgangspunkt der Auslegung eines Mietvertrages gem. §§ 133, 157 BGB ist der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch und vor allem die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck, weswegen eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung geboten ist, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt, welches die Nichtigkeit vermeidet.*)
VolltextOnline seit 23. April
IBRRS 2024, 1230LG Lübeck, Urteil vom 28.03.2024 - 14 S 117/22
1. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB gilt auch für Ansprüche, die wirtschaftlich an die Stelle des in § 548 Abs. 2 BGB genannten Erfüllungsanspruchs treten.
2. Bevor der Vermieter Dübellöcher selbst beseitigen kann, muss er zuvor dem Mieter erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
3. Der Aufrechenbarkeit der gegenseitigen Ansprüche (hier: Rückzahlung der Kaution und Schadensersatansprüche des Vermieters) steht nicht entgegen, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist des Vermieters fällig wird. Denn § 387 BGB verlangt für das Vorliegen einer Aufrechnungslage lediglich, dass der Aufrechnende die ihm obliegenden Leistungen bewirken kann, seine Leistung mithin erfüllbar ist. Fälligkeit der Leistung des Aufrechnenden, also das Recht des Gläubigers, diese Leistung zu verlangen, ist keine Voraussetzung für eine Aufrechnungslage.
4. Einer Aufrechnungslage steht auch nicht entgegen, dass der Vermieter nicht innerhalb der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB gegenüber dem Mieter sein Schadensersatzbegehren zum Ausdruck gebracht hat. Dies führt nicht dazu, dass sich die gegenseitigen Ansprüche der Parteien nicht unverjährt i.S.v. § 215 BGB gegenübergestanden hätten (entgegen LG Berlin, IMR 2024, 96, und KG, IMR 2020, 206).
VolltextIBRRS 2024, 0846
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 02.02.2024 - 980a C 21/23 WEG
1. Bei der Wiederbestellung der amtierenden Verwaltung besteht keine Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten.
2. Der Verwaltervertrag geht bei der Verschmelzung von juristischen Personen auf den übernehmenden Rechtsträger über; nichts anderes gilt für die Organstellung des Verwalters.
3. Den Wohnungseigentümern steht bei der Wiederwahl der Verwaltung im Ermessenspielraum zu, der auch ein sog. Verzeihungsermessen umfasst. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft, bei der (Wieder-)Bestellung des Verwalters dessen frühere Verfehlungen bei günstiger Zukunftsprognose nicht gegen ihn zu verwenden.
4. Dieser Beurteilungsspielraum ist erst überschritten, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass die Wohnungseigentümer den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände erneut bestellen.
5. Es wird regelmäßig nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn wesentliche, vor allem auch kostenintensive Maßnahmen komplett oder im Kernbereich auf den Verwalter übertragen werden, weil es dabei bleiben muss, dass die Wohnungseigentümer über wesentliche Maßnahmen selbst entscheiden müssen.
6. Auch die Auswahl eines Fachunternehmens für die Durchführung einer nicht unbedeutenden Sanierungsmaßnahme gehört zu den Kernrechten der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer als Willensbildungsorgan, die ihnen nicht durch einen Beschluss (der Mehrheit) entzogen werden kann.
7. Ein Sanierungsbeschluss, aus dem nicht ersichtlich wird, welche Fachfirma beauftragt werden soll, ist unbestimmt.
8. Das "Wie" einer Sanierungsmaßnahme kann bei Kosten um 5.000 Euro auf die Verwaltung delegiert werden.
9. Der Verwalter ist grundsätzlich verpflichtet, einen Beschluss über eine Erhaltungsmaßnahme dadurch umzusetzen, indem er Vergleichsangebote einholt, diese prüft und den Auftrag an einen Anbieter erteilt.
VolltextOnline seit 22. April
IBRRS 2024, 1319LG Berlin II, Beschluss vom 11.03.2024 - 67 S 289/23
1. Bei der gerichtlichen Überprüfung einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfordert die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "erheblich" nicht anders als bei § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Berücksichtigung und Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen nicht nur die "grundsätzlichen", sondern auch die konkreten Interessen des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 12.11.2003 - 1 BvR 1424/02, ZMR 2004, 95).*)
2. Zur Berücksichtigung fehlender Bemühungen des Vermieters um Abmilderung der - sozialen und wirtschaftlichen - Kündigungsfolgen durch Unterbreitung eines an den Mieter gerichteten und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unwiderruflichen Angebots zur Anmietung von Ersatzwohnraum.*)
VolltextIBRRS 2024, 0992
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 12.01.2024 - 980b C 21/23 WEG
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Änderung des Versammlungsprotokolls ist nur gegeben, wenn die Protokollberichtigung das Ziel hat, die Auslegung von Beschlüssen zu beeinflussen.
2. Das Versammlungsprotokoll dient nicht dazu, Erklärungen Einzelner, die für einen Wohnungseigentümer in eigener Sache Beweisrelevanz und/oder -wert haben könnten, zu dokumentieren.
VolltextIBRRS 2024, 1233
LG Itzehoe, Beschluss vom 24.05.2023 - 11 T 46/22
Bei der Anfechtungsklage gegen einen Nichtbeschluss beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf die Feststellung, dass ein Beschluss nicht gefasst wurde. Eine auch nicht potentielle inhaltliche Prüfung des von dem "Nichtbeschluss" erfassten Streitgegenstands erfolgt nicht. Damit ist lediglich der Mindeststreitwert anzusetzen.
VolltextOnline seit 19. April
IBRRS 2024, 1280BGH, Beschluss vom 07.03.2024 - V ZB 46/23
1. Weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage ("Duplexparker") noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. sondereigentumsfähig.*)
2. Nach der Neuregelung für Stellplätze in § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 1251
BGH, Urteil vom 21.03.2024 - I ZR 185/22
1. § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.*)
2. Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.*)
3. Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gem. § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.*)
4. Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gem. § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gem. § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.*)
Online seit 18. April
IBRRS 2024, 0996LG Hamburg, Urteil vom 15.08.2023 - 311 O 274/22
1. Miete bleibt unabhängig von etwaigen Einwendungen wegen corona-bedingter Nutzungsbeeinträchtigung/Untersagung geschuldet (§ 535 Abs. 2 BGB).
2. Die - ohne Urkundenbeweis - eingeführte GuV-Rechnung erlaubt eine Anpassung nach § 313 BGB allenfalls im Nachverfahren.
3. Zur Prima-facie-Liquidität des Anspruchs aus der (Mietvertrags-)Urkunde (ebenso schon BGH, Urteil vom 18.09.2007 - XI ZR 211/06, IMRRS 2007, 2442).
VolltextIBRRS 2024, 0983
AG Dortmund, Urteil vom 31.05.2023 - 514 C 25/21
1. Ein Wohnungseigentümer als Streithelfer ist als streitgenössischer Streithelfer anzusehen.
2. Als Streitgenosse hat der streitgenössische Nebenintervenient gegenüber dem einfachen Streithelfer erweiterte Möglichkeiten, den Prozess zu beeinflussen. Insbesondere kann er selbstständig, auch bei Widerspruch der Partei, Angriffs- und Verteidigungsmittel aus deren Recht vorbringen und (sonstige) Prozesshandlungen vornehmen.
3. Im Fall der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Wohnungseigentumsrechts ist der Erwerber aus eigenem Recht zur Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse und zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ungültigkeit ab dem Zeitpunkt berechtigt, in dem er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
4. Ist zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung bereits eine noch vom Veräußerer erhobene Anfechtungsklage rechtshängig, bleibt dieser nach Maßgabe des § 265 Abs. 2 ZPO berechtigt, das Verfahren fortzuführen.
5. Wird trotz Vorliegens eines Nichtbeschlusses das Zustandekommen eines positiven oder negativen Eigentümerbeschlusses verkündet, ist hiergegen die Anfechtungsklage zu erheben.
6. Wird die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung nicht eingehalten, führt dies zur Ungültigerklärung der gefassten Beschlüsse, es sei denn, dass sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wären.
7. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist erst zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des durch den Mangel betroffenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
8. Wenn es bereits im Vorfeld zu Auseinandersetzungen und einem Polizeieinsatz kommt, und sodann ein Teil der zuvor noch erschienenen Eigentümer den Ort der Versammlung verlässt, stellt sich die Durchführung einer Eigentümerversammlung durch eine Minderheit der Eigentümer als treuwidrig dar. Eine solche Versammlung ist schon aus formellen Gründen nicht beschlussfähig.
VolltextOnline seit 16. April
IBRRS 2024, 1244LG Wuppertal, Beschluss vom 29.08.2023 - 8 S 5/23
1. Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Allerdings müssen diese baulichen Veränderungen auch erforderlich sein.
2. Erforderlichkeit bedeutet, dass der Mieter unter mehreren möglichen nur die bauliche Veränderung beanspruchen kann, die mit dem geringsten Eingriff in die Gebäudesubstanz, in die Interessen des Vermieters und der übrigen Mieter verbunden ist.
3. Werden durch die Einrichtung Sicherheitsbelange tangiert (Statik, Elektrizität, Sanitär), so kann der Vermieter verlangen, dass die Arbeiten von einer Fachfirma ausgeführt werden.
4. Die Abwägung der wechselseitigen Interessen kann nur im Einzelfall erfolgen. Erfordert der Einbau der vom Mieter begehrten bodengleichen (barrierefreien) Dusche nicht nur den Umbau des bestehenden Bades der vom Mieter bewohnten Wohnung, insbesondere die Entfernung der vorhandenen Badewanne, sondern einerseits eine größere Durchbohrung der Geschossdecke und andererseits die räumliche, optische und wohl auch akustische Beeinträchtigung des Bades der unter der Wohnung des Mieters liegenden Wohnung, muss das Interesse des Mieters, der nicht substanziiert dargetan hat, dass und welche weniger belastenden Maßnahmen bestehen, am Einbau der beantragten Duschwand zurückstehen.
VolltextIBRRS 2024, 0845
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.11.2023 - 980a C 19/23 WEG
1. Legt der Verwalter eigenmächtig gegen ein Urteil Berufung ein und informiert die Eigentümer auf einer Versammlung über das laufende Berufungsverfahren trotz ausdrücklicher Nachfragen einzelner Eigentümer nicht, so kann der Verwaltervertrag aus wichtigem Grund - ohne Abmahnung - gekündigt werden.
2. Zumindest in einem Fall der Interessenkollision ist die Verwaltung gehalten, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung über den Fortgang des Rechtsstreits einzuholen, weil sie anderenfalls ein eigenes Fehlverhalten zu retten versucht.
3. Nach einer Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund kann der Verwalter auch keine Vergütung mehr für die nächsten sechs Monate verlangen.
VolltextOnline seit 15. April
IBRRS 2024, 1235LG Krefeld, Urteil vom 25.10.2023 - 2 S 16/23
1. Eine unberechtigte Kündigung (ebenso ein Widerruf) stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung aus dem Mietverhältnis dar, so dass der Kündigungsempfänger den durch die Kündigung entstandenen Schaden ersetzt verlangen kann.
2. Allerdings muss der Schaden nach den allgemeinen Kausalitätsgrundsätzen auch ursächlich auf die unberechtigte Kündigung zurückzuführen sein.
3. Dies ist dann der Fall, wenn das Verhalten des Gekündigten hierdurch herausgefordert wurde und keine ungewöhnliche oder gänzlich unangemessene Reaktion darstellt. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Kündigende die Kündigungsvoraussetzungen schlüssig dargetan hat und der Kündigungsempfänger keine Veranlassung hat, daran zu zweifeln; außerdem ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Kündigungsempfänger sich dem Druck des Kündigenden beugt, sofern dieser Druck ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit übersteigt-
4. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kündigungsempfänger die Unwirksamkeit der Kündigung/des Widerrufs kennt.
5. Zwar begründet eine Geltendmachung unbegründeter Ansprüche nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Ersatz der zur außergerichtlichen Abwehr des Anspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten. Besteht zwischen den Parteien aber ein Vertragsverhältnis oder eine sonstige Verbindung, kann die Geltendmachung eines unberechtigten Anspruchs eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB darstellen.
6. Darüber hinaus muss sich die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverteidigung auch als vernünftig und zweckmäßig darstellen.
VolltextOnline seit 12. April
IBRRS 2024, 0824AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.10.2023 - 980b C 13/23 WEG
Unterscheidet die Teilungserklärung an mehreren Stellen zwischen Instandhaltung und Instandsetzung, dann werden von einer Vereinbarung, nach der die Sondereigentümer die Kosten der Instandhaltung der Fenster in ihrem Sondereigentum zu tragen haben, die Kosten für die Instandsetzung dieser Fenster nicht erfasst; hier verbleibt es vielmehr bei der Kostentragung durch die Gemeinschaft.
VolltextOnline seit 11. April
IBRRS 2024, 0821LG Koblenz, Urteil vom 20.11.2023 - 2 S 29/22 WEG
1. Die Vergabe von Aufträgen an Bauunternehmen und Architekten, um Abbruch- und Abdichtungsarbeiten durchführen sowie Ausführungspläne erstellen zu lassen, ist keine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung und führt zu erheblichen finanziellen Verpflichtungen der Gemeinschaft. Daher muss die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Auswahl eines speziellen Angebots selbst entscheiden.
2. Ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Ersterrichtung des Gemeinschaftseigentums. Die Grenze bildet die Unzumutbarkeit i.S.v. § 242 BGB.
3. Da eine Beschlussersetzung das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer beschneidet, darf sie stets nur soweit gehen wie dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist.
4. Dementsprechend ist bei einem bereits beim Abriss des Altgebäudes steckengebliebenen Bauvorhaben der zunächst anstehende Beschluss daher die Einholung eines Gutachtens zu den voraussichtlichen Kosten für die Errichtung des Gemeinschaftseigentums, damit die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Folge sachgerecht darüber entscheiden kann, ob es bei der Pflicht zur Errichtung der Wohnungseigentumsanlage (Gemeinschaftseigentum) verbleibt oder eine Ausnahme wegen Unzumutbarkeit gegeben ist.
VolltextIBRRS 2024, 0994
LG Lübeck, Urteil vom 18.01.2024 - 14 S 41/23
1. Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen Mangel der Kaufsache begründen.
2. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss umfasst auch solche Mängel, die bereits bei Vertragsschluss vorhanden waren.
3. Die Entfernung vermeintlich belasteter Bauteile eines Gebäudes auf Wunsch des Käufers ist für sich noch kein Anerkenntnis einer Gewährleistungspflicht auf Seiten des Verkäufers.
VolltextOnline seit 10. April
IBRRS 2024, 1197AG Wedding, Urteil vom 03.03.2023 - 16 C 301/21
1. Fehlt eine vertragliche Vereinbarung über das Ausmaß des zu gewährleistenden Schallschutzes, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet, wobei jedoch grundsätzlich nur der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen ist.
2. Auch wenn der Mieter sozialüblichen Kinderlärm grundsätzlich hinnehmen muss, gilt dies jedenfalls nicht für dasjenige Mehr an Lärm, das bei Einhalten der Bauvorschriften nicht wahrnehmbar wäre.
3. Ansonsten ist Kinderlärm wie Rennen und Schreien, jedenfalls sofern der Lärm nicht regelmäßig über lange Zeit anhält, während der üblichen Tageszeiten hinzunehmen.
VolltextIBRRS 2024, 1003
AG Pforzheim, Urteil vom 27.02.2024 - 12 C 1654/23
Es kann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn ein Verwalter bestellt wird, der sich den Wohnungseigentümern zuvor nicht persönlich vorgestellt hat.
VolltextIBRRS 2024, 0997
AG Karlsruhe, Urteil vom 09.08.2023 - 3 C 294/23
1. Wird durch einen Mieter die gerichtliche Feststellung seiner Minderungsberechtigung wegen eines Mietmangels begehrt, ist ein unbezifferter Antrag zulässig.
2. Eine Klage auf Feststellung des Rechts zur Mietminderung ist hinreichend begründet, wenn die Mängel substanziiert dargelegt werden.
3. Wirkt sich ein Mangel nur periodisch in einem vorhersehbaren Zeitraum erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist die Mietminderungsquote der jeweiligen Jahreszeit entsprechend anzupassen.
4. Bei Ausfall der Heizung im Wohnzimmer ist während der Wintermonate eine Minderung um 30%, in den Sommermonaten um 5% gerechtfertigt.
VolltextOnline seit 9. April
IBRRS 2024, 1196BGH, Urteil vom 09.02.2024 - V ZR 6/23
1. Auch in einer verwalterlosen Zweiergemeinschaft können jedenfalls auf Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums bezogene Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche (hier: Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung) nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht im Wege der actio pro socio von einem einzelnen Wohnungseigentümer geltend gemacht werden (Fortführung von Senat, Urteil vom 28.01.2022 - V ZR 86/21, IMR 2022, 204 = NJW-RR 2022, 733).*)
2. Die verwalterlose Zweiergemeinschaft wird bei der Geltendmachung von Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen, die sich auf Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen der Wohnungseigentümer beziehen, von dem jeweils anderen Wohnungseigentümer vertreten; einer Vorbefassung der Eigentümerversammlung vor Klageerhebung bedarf es insoweit nicht (Fortführung von Senat, Urteil vom 16.09.2022 - V ZR 180/21, IBRRS 2022, 3031 = IMRRS 2022, 1311 = NJW 2022, 3577).*)
IBRRS 2024, 0869
LG Lübeck, Urteil vom 15.02.2024 - 14 S 31/23
1. In den Fällen, in denen das Mieterhöhungsverlangen noch mit einem älteren Mietspiegel begründet wurde, aber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein neuerer Mietspiegel vorliegt, dessen Erhebungsstichtag vor dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens liegt, ist auf die Werte des neueren Mietspiegels zurückzugreifen, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.
2. Die Fläche eines Balkons ist regelmäßig nur mit 25% zu berücksichtigen. Balkone, die aufgrund ihrer Lage und Ausstattung im Vergleich zu "normalen" Balkonen einen sehr hohen Wohnwert besitzen, zur Hälfte bei der Wohnfläche berücksichtigt werden.
3. Die Angabe einer zu kleinen Wohnungsgröße führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens.
VolltextOnline seit 8. April
IBRRS 2024, 0984LG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.2023 - 25 S 60/22
Nach der Neufassung des WEG ist die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für Kosten von Erhaltungsmaßnahmen nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt. Vielmehr können die Wohnungseigentümer nunmehr auch beschließen, dass die Kosten von Erhaltungsmaßnahmen auch generell nach einem anderen Verteilungsschlüssel abgerechnet werden.
VolltextIBRRS 2024, 1006
OLG Frankfurt, Urteil vom 06.02.2024 - 9 U 35/23
1. Bei der Zerstörung eines Baumes ist in der Regel keine Naturalrestitution zu leisten, vielmehr ist der Anspruch des Geschädigten auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines jungen Baumes und darüber hinaus ein Ausgleich für eine etwa verbleibende Werteinbuße des Grundstücks zu leisten.*)
2. Die Werteinbuße ist nach § 287 ZPO durch den Tatrichter zu schätzen, wobei regelmäßig auf die sog. Bewertungsmethode von Koch zurückzugreifen ist. Hiernach wird der Wertverlust bestimmt, indem die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und kapitalisiert werden. Der danach errechnete Wert wird mit Blick auf eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige wertbeeinflussende Umstände bereinigt.*)
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