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Aktuelles zum Feuerwehrbeschaffungskartell

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(20.03.2012) Der Deutsche Städte- und Gemeindebund möchte nachfolgend über aktuelle Entwicklungen in Sachen "Feuerwehrbeschaffungskartell" informieren:

1. Bundeskartellamt verhängt weiteres Millionen-Bußgeld gegen Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen (IVECO)
Das Bundeskartellamt hat am 07.03.2012 ein Bußgeld in Höhe von 30 Mio. Euro gegen die IVECO Magirus Brandschutztechnik GmbH, Ulm, verhängt. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, gemeinsam mit drei weiteren Herstellern von Feuerwehrlöschfahrzeugen seit mindestens 2001 verbotene Preis- und Quotenabsprachen praktiziert und den Markt für Feuerwehrlöschfahrzeuge in Deutschland untereinander aufgeteilt zu haben.

Gegen die weiteren Beteiligten, die Unternehmen Albert Ziegler GmbH & Co. KG, Giengen an der Brenz, die Schlingmann GmbH & Co. KG, Dissen, die Rosenbauer-Gruppe mit Standorten in Luckenwalde und Leonding/Österreich sowie gegen einen Schweizer Wirtschaftsprüfer, hatte das Bundeskartellamt nach einvernehmlicher Verfahrensbeendigung (so genanntes Settlement) bereits im Februar letzten Jahres Bußgelder in einer Gesamthöhe von 20,5 Mio. Euro festgesetzt. Hierüber hatte der DStGB ausführlich berichtet. Gegen das Unternehmen Iveco war zudem in einem weiteren Verfahren ein Bußgeld in Höhe von 17,5 Mio. Euro wegen verbotener Absprachen im Bereich Drehleiterfahrzeuge erhoben worden. Letztere Bußgelder sind inzwischen rechtskräftig.


2. Hinweise zu aktuellen Vergabeverfahren (Bietereignung)

Der DStGB möchte angesichts aktueller sowie in Aussicht genommener Vergabeverfahren zur Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen nochmalig darauf hinweisen, dass auf die Prüfung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit (Bietereignung) grundsätzlich Wert gelegt werden sollte.

Bei Ausschreibungsverfahren ist daher zu prüfen, ob die Bietereignung beteiligter Unternehmen nachgewiesen wird. Dies gilt auch für die Ziegler Safety GmbH & Co.KG, Giengen/Brenz sowie die Albert Ziegler GmbH & Co.KG, Giengen/Brenz. Hierbei ist grundsätzlich eine Prognoseentscheidung durch den Auftraggeber zu treffen. Dieser hat einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Festlegung der konkret verlangten Eignungskriterien.

Nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände ist insbesondere die Frage nach der Mitwirkung der Unternehmen bei der Schadensaufklärung grundsätzlich zulässig. Wir verweisen insoweit auf die von den kommunalen Spitzenverbänden erstellte Checkliste "Bietererklärung zur Zusicherung der Zuverlässigkeit beziehungsweise zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit (Selbstreinigung) - Ziffer 5".

In diesem Zusammenhang verweisen wir auf eine Entscheidung der Vergabekammer Niedersachsen (VgK-05/2012) vom 14.02.2012. In dieser - noch nicht rechtskräftigen - Entscheidung hat die Vergabekammer im Ergebnis die Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach einer umfassenden Selbstreinigung der am Kartellverfahren beteiligten Unternehmen und deren "Mitwirkung bei der Schadensaufklärung" bestätigt.
Die Vergabekammer Niedersachsen hat in ihrem Beschluss unter anderem ausgeführt, dass "(...) die Wiederherstellung der Zuverlässigkeit nicht nur voraussetzt, dass das betroffene Unternehmen bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt, personelle Konsequenzen zieht und Compliance-Maßnahmen zur Vorbeugung ergreift, um vergleichbare Verstöße vorzubeugen. In ihrem Beschluss vom 24.03.2011 (VgK-04/2011) hat die Vergabekammer daneben ausdrücklich verlangt, dass Pläne zur Schadenswiedergutmachung beim Mutterunternehmen einzuholen sind. (...)" Die Vergabekammer hat im Weiteren ausgeführt, dass es ohne Beteiligung an der Schadenswiedergutmachung angesichts der außerordentlich schweren Rechtsverletzungen bei dem in Rede stehenden Feuerwehrbeschaffungskartell eine Wiederherstellung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit nicht denkbar sei. Die von der Antragstellerin geschilderten Selbstreinigungsmaßnahmen seien bei Verstößen des hier in Rede stehenden Ausmaßes nicht ausreichend. Zudem könne die Antragstellerin nicht mit ihren Argumenten durchdringen, dass sie unter Berufung auf insolvenzrechtliche Vorschriften an Schadensersatzleistungen an die betroffenen Kommunen gehindert sei. Zunächst laute die streitige Anforderung lediglich "Mitwirkung bei der Schadensaufklärung", für die ein insolvenzrechtlicher Hinderungsgrund überhaupt nicht erkennbar sei. Maßgeblich sei die Insolvenz für sich ein weiterer Grund für eine mögliche vergaberechtliche Unzuverlässigkeit, der - und dies verkenne die Antragstellerin - eindeutig in der Sphäre der Antragstellerin selbst liege.

Wir möchten darauf hinweisen, dass gemäß § 6 Abs. 6 VOL/A-EG Bewerber von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden können, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzliches Verfahren eröffnet (...) worden ist.
Insoweit besteht - losgelöst von der Frage der Wiederherstellung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit (Mitwirkung bei der Schadensaufklärung) - ein eigenständiger Ausschlussgrund, der im Ermessen der jeweiligen Vergabestelle liegt. Im Falle der Albert Ziegler GmbH & Co.KG ist das Insolvenzverfahren bereits eröffnet. Kommunale Auftraggeber haben mithin im Rahmen einer Ermessensentscheidung eine Prüfung der Eignung des Unternehmens vorzunehmen. Hierzu sollten vorab (vor Zuschlagserteilung) aussagekräftige Unterlagen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens eingefordert werden. Auch die Inanspruchnahme einer Bürgschaft über die Brutto-Auftragssumme kommt in einem solchen Fall (§ 11 Abs. 4 VOL/A/EG) in Frage. Soweit neue Fahrzeuge bei der Ziegler Safety GmbH & Co.KG oder bei der Albert Ziegler GmbH & Co.KG bestellt werden, ist dringend zu empfehlen, Bürgschaften für die Vertragserfüllung und bezüglich der Gewährleistung zu verlangen. Anzahlungen werden augenblicklich zur Insolvenzmasse geleistet.

Die Zertifizierung Bau e. V. prüft vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit festgestellten Kartellrechtsverstöße zudem auf Antrag betroffener Unternehmen die Einhaltung der in der "Bietererklärung" der kommunalen Spitzenverbände (Checkliste) angegebenen Maßnahmen. Ausweislich der Internetseite www.zert-bau.de haben - Stand 14.03.2012 - weder die Ziegler Safety GmbH & Co.KG noch die Albert Ziegler GmbH & Co.KG eine Bescheinigung der Zertifizierung Bau e. V. über die vergaberechtliche Zuverlässigkeit ausgestellt bekommen.

(Quelle: dstgb-vis)

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