Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK

IBR 10/2021 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Bauvertragsrecht gilt als komplex. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass sich Streitigkeiten am Bau oftmals nicht nur an einem einzelnen Punkt entzünden, sondern sie ihre Ursache in einem Zusammenspiel von tatsächlichen, technischen, baubetrieblichen, rechtlichen und manchmal auch politischen oder menschlichen Gesichtspunkten haben. Kommt es dann zu einer Auseinandersetzung zwischen den Bauvertragsparteien, werden auf schwierige Fragen gerne einfache Antworten gegeben. Dazu zwei Beispiele:

Haben die Parteien als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart, wurde und wird gerne eine Unterscheidung zwischen Detail- und Global-Pauschalvertrag vorgenommen und Inhalt sowie Umfang der vom Auftragnehmer geschuldeten Leistung anschließend danach bestimmt, welcher „Vertragstyp“ vorliegt (siehe z. B. OLG Brandenburg, Urteil vom 06.03.2007 – 11 U 166/05, IBRRS 2007, 2697). Eine derartige Vorgehensweise verbietet sich gleich aus mehreren Gründen: Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst und welche Arbeiten zusätzlich zu vergüten sind, kommt es nämlich allein auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an. Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst sind, ist durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (BGH, Dokument öffnen IBR 2006, 605). Hinzu kommt, dass es sich bei Detail- und Global-Pauschalverträgen nicht um (gesetzliche) Vertragstypen, sondern nur um Vertragsmodelle handelt. Dementsprechend heißt es bei Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Bd. 2: Pauschalvertrag, 6. Aufl., Rz. 14: „Natürlich haben die beiden Schlagwörter ‚Detail-Pauschalvertrag’ und ‚Global-Pauschalvertrag’ keinen Erkenntniswert an sich. Sie sind aber praktisch, um die beiden Pole des Haupttypus ‚Pauschalvertrag’ zu kennzeichnen …“, und weiter unter Rz. 205: „Für beide Typen, also nicht nur den Detail-Pauschalvertrag, sondern auch für den Global-Pauschalvertrag, gilt jedenfalls, dass die Leistungsbeschreibung die Leistung bestimmt.“ Von diesem Grundsatz geht auch das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 12.03.2021 bei der Beantwortung der Frage aus, ob bei einem Bauvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung und pauschalierter Vergütung (sog. Global-Pauschalvertrag) die Beseitigung von Kontaminationen von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst ist oder zusätzlich vergütet werden muss (Dokument öffnen S. 505). Über das Auslegungsergebnis kann man allerdings geteilter Meinung sein.

Kommt es bei der Ausführung des Bauvorhabens zu Baugrundproblemen, werden die damit verbundenen finanziellen und terminlichen Konsequenzen vielfach dem Auftraggeber zugewiesen. Das ist aber nicht zwingend. Denn, dass es „vor der Hacke dunkel“ ist, ist zwar eine Tatsache, aber kein Argument. Es gibt auch keinen Grundsatz, dass der Auftraggeber stets das „Baugrundrisiko“ trägt. Vielmehr kommt es in erster Linie auf die Vertragsauslegung und die Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften an, worauf bereits vor Jahren u. a. der ehemalige BGH-Richter Johann Kuffer hingewiesen hat (NZBau 2006, 1 ff.). Zu diesen Vorschriften gehört § 645 Abs. 1 BGB. Danach kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen, wenn das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffs oder infolge einer vom Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden ist, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat. Nach Ansicht des OLG Hamburg ist der Baugrund ein in diesem Sinn vom Auftraggeber „gelieferter Stoff“ (Dokument öffnen S. 511). Auch das kann man anders sehen, zumal der Baugrund bereits begrifflich nicht geliefert werden kann und er auch nicht mangelhaft, sondern so ist, wie er ist. Lesenswert ist deshalb insbesondere der Praxishinweis von Markus Vogelheim.

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.04.2021 besonders hervorzuheben. Danach ist die in Musterverträgen zu Gunsten von Architekten verwendete Klausel „Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags –, das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.“ gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie bei der gebotenen objektiven Auslegung den Vertragspartner des Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (Dokument öffnen S. 522). Im Vergaberecht darf auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden (§ 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2019). Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist vom Bieter gem. § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VOB/A 2019 Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf kann der Auftraggeber auch dann in die Preisprüfung eintreten, wenn die sog. Aufgreifschwelle (siehe OLG Naumburg, Dokument öffnen IBR 2021, 146) nicht erreicht ist, das Angebot aber aus anderen Gründen – etwa weil der Angebotspreis unangemessen niedrig erscheint und zugleich Anhaltspunkte für eine Mischkalkulation bestehen – konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt. Mit dem Nachforderungs- und Aufklärungsschreiben kann der Auftraggeber den Bieter zugleich dazu auffordern, sich zu bestimmten Einzelpreispositionen näher zu erklären. Dabei ist es dem Bieter grundsätzlich zumutbar, auch die Preise solcher Leistungspositionen aufzuschlüsseln, die von Nachunternehmern erbracht werden (Dokument öffnen S. 535).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

Zum Inhaltsverzeichnis