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IBR 06/2022 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht kommt es immer wieder – die Gründe hierfür sind vielfältig – zu Störungen und Unterbrechungen des geplanten Bauablaufs, was auf Auftragnehmerseite zu einem erheblichen Mehraufwand und damit einhergehend zu Mehrkosten führen kann. Bauablaufstörungen gehören zu den Ereignissen, die für den Auftragnehmer die „bedeutsamste Verlustquelle“ sein können (Thode, ZfBR 2004, 214). Die Geltendmachung von Nachtragsforderungen wegen „baubetrieblicher Ablaufstörungen“ stellt sich jedoch vielfach als aussichtsloses Unterfangen dar (siehe z. B. OLG Zweibrücken, Dokument öffnen IBR 2021, 341), was u. a. daran liegt, dass die Behinderungen verschiedene Ursachen haben können und rechtlich unterschiedlich zu bewerten sind. So weist etwa das OLG Hamburg darauf hin, dass das Unterlassen eines Leistungsabrufs aufgrund von verzögerten Vorunternehmerleistungen keine leistungsändernde Anordnung des Auftraggebers ist, sondern allenfalls eine vertragswidrige Behinderung der Ausführung. Gleiches gilt für die Mitteilung an den Auftragnehmer, es lägen veränderte (Bau-)Umstände vor. Dies stellt keine vertragsändernde Anordnung i.S.v. § 1 Abs. 3 VOB/B dar, weshalb kein Anspruch auf Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 VOB/B besteht. Da der Vorunternehmer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Dokument öffnen IBR 2000, 216) kein Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum Nachfolgeunternehmer ist, scheiden auch Schadensersatzansprüche gem. § 6 Abs. 6 VOB/B aus. Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB schließlich umfasst nicht die Mehrkosten wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Auftraggebers infolge Unterlassens einer ihm obliegenden Mitwirkungshandlung, aber erst nach dessen Beendigung anfallen, nämlich bei Ausführung der verschobenen Werkleistung (Dokument öffnen S. 283).

Vom Auftraggeber vorformulierte Vertragsbedingungen enthalten mitunter Regelungen, mit denen Bauzeitennachträge bereits dem Grunde nach „abgewehrt“ werden sollen. So kann etwa ein „abschnittsweises, kleinteiliges, zeitversetztes und diskontinuierliches“ Arbeiten vorgesehen sein. Auch wenn eine solche Klausel bei öffentlichen Ausschreibungen gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2019 verstoßen dürfte, wonach die Leistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist, dass die Bieter ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten kalkulieren können, ist sie nach Ansicht des OLG Celle weder überraschend, noch benachteiligt sie den Auftragnehmer unangemessen (Dokument öffnen S. 284). Da das Vergaberecht kein Vertragsrecht ist und sich Vergaberechtsverstöße dementsprechend grundsätzlich nicht auf den Inhalt des geschlossenen Bauvertrags auswirken (BGH, Dokument öffnen IBR 1996, 487, und Dokument öffnen IBR 1992, 349; siehe aber BGH, Dokument öffnen IBR 1994, 223), müssen Bieter, wenn sie sich nicht zu einer sicheren Preiskalkulation im Stande sehen, solche Regelungen rügen (§ 160 Abs. 3 GWB) und gegebenenfalls ein Vergabenachprüfungsverfahren einleiten.

Im Recht der Architekten und Ingenieure hat das OLG Hamburg am 22.04.2022 die – soweit ersichtlich – erste Entscheidung nach dem Urteil des EuGH vom 18.01.2022 (Dokument öffnen IBR 2022, 74), wonach der Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht dazu führt, dass die HOAI 2013 im Verhältnis zwischen Privaten nicht mehr anzuwenden ist, verkündet. Das sog. Aufstockungsverlangen eines Architekten, der mit seinem Auftraggeber ein unter den Mindestsätzen der HOAI liegendes Pauschalhonorar vereinbart hat und der später das Mindestsatzhonorar geltend macht, kann dessen ungeachtet gegen innerstaatliches Recht, vor allem gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), verstoßen. Diese Voraussetzung ist aber nur dann erfüllt, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung vertraut hat und darauf vertrauen durfte und er sich darauf in der Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags nicht zugemutet werden kann (Dokument öffnen S. 300).

Im Vergaberecht muss der öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen klar und eindeutig formulieren und Widersprüche vermeiden. Die Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen klar, präzise und eindeutig formuliert werden, so dass zum einen alle mit der üblichen Sorgfalt handelnden Unternehmen die genaue Bedeutung dieser Bedingungen und Modalitäten verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und zum anderen der Auftraggeber tatsächlich überprüfen kann, ob die Teilnahmeanträge oder Angebote die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen. Nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben. Derart unklare Vorgaben dürfen nicht zu Lasten der Bieter gehen. Darauf weist das OLG Schleswig in seinem Beschluss vom 28.03.2022 hin (Dokument öffnen S. 311).

In der Rubrik „Prozessuales“ ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.03.2022 besonders hervorzuheben, das sich mit der Frage befasst, wann die Zustellung einer Klage „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO erfolgt. Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass bei der Prüfung, ob die Klage „demnächst“ zugestellt worden ist, bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse des Klägers in die für die Bewertung als unmaßgebliche Verzögerung bedeutsame Frist nicht mit einzurechnen sind. Hat der Kläger alle von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße Klagezustellung erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt, sind er und sein Prozessbevollmächtigter im Weiteren grundsätzlich nicht mehr gehalten, das gerichtliche Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf eine beschleunigte Zustellung hinzuwirken (Dokument öffnen S. 328).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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