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IBR 03/2020 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht wird die Leistung bisweilen anders ausgeführt, als dies im Bauvertrag im Sinne der Gesamtheit sämtlicher Vertragsunterlagen (einschließlich der technischen Vertragsbestandteile wie Pläne oder Leistungsverzeichnis) vereinbart wurde. Das führt dazu, dass die erbrachte Leistung (die Ist-Beschaffenheit) von der vereinbarten (Soll-)Beschaffenheit abweicht und mangelhaft ist (siehe § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB und § 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B). Das gilt auch, wenn die ausgeführte mit der im Vertrag vorgesehenen Leistung gleichwertig oder technisch sogar besser ist (vgl. BGH, Dokument öffnen IBR 2015, 539). Im Kaufrecht stellt das niemand in Frage: Ein ausgeliefertes weißes Auto ist mangelhaft, wenn der Käufer ein schwarzes Fahrzeug bestellt hat, und zwar unabhängig davon, ob die Farbe Weiß z. B. im Hinblick auf das Aufheizen des Innenraums dem Erwerber sogar Vorteile bringt. Gleichwohl gibt es im Bereich des Baurechts durchaus Konstellationen, in denen es unbillig erscheint, dem Auftraggeber die Ausübung von Mängelansprüchen zuzugestehen, obwohl ihm die Herstellung einer 100%-ig vertragskonformen Leistung keinen wirklichen Vorteil bringt. So kann sich der Auftragnehmer im Einzelfall möglicherweise darauf berufen, dass die Mängelbeseitigung angesichts der damit verbundenen Kosten unverhältnismäßig ist (§ 635 Abs. 3 BGB; § 13 Abs. 6 VOB/B). Die Hürden sind allerdings hoch (siehe z. B. OLG München, Dokument öffnen IBR 2019, 191). Dann ist der Auftraggeber berechtigt, die Vergütung zu mindern. Einen anderen Weg – den über § 242 BGB – geht das OLG Koblenz. Führt die Abweichung zu einer qualitativ höherwertigen Ausführung, soll es dem Auftraggeber nach Treu und Glauben verwehrt sein, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen (Dokument öffnen S. 120).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist gleich auf vier Entscheidungen hinzuweisen, die sich mit der Frage nach der Fortgeltung der HOAI-Mindestsätze nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 (Dokument öffnen IBR 2019, 436) beschäftigen. Der EuGH selbst hat die Vorlagefrage des LG Dresden, ob die Honorarklage eines Architekten ohne Weiteres abzuweisen ist, soweit statt des vereinbarten Honorars das höhere Mindestsatzhonorar verlangt wird, wenn der EuGH die Unionsrechtswidrigkeit der HOAI-Mindestsatzregelungen feststellt (Dokument öffnen IBR 2019, 384), in seinem Urteil vom 06.02.2020 (leider) nicht abschließend beantwortet. Die Luxemburger Richter weisen lediglich erneut darauf hin, dass Art. 15 Abs. 1, 2 g und Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es verboten ist, in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren Tarife zu vereinbaren, die die Mindestsätze unterschreiten, die sich nach dieser Regelung für Architekten und Ingenieure ergeben (Dokument öffnen S. 130). Für die verbindliche (Weiter-)Geltung des Honorarrechts der HOAI spricht sich das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 30.01.2020 aus (Dokument öffnen S. 131), das LG München I (Dokument öffnen S. 132) und das OLG Celle (Dokument öffnen S. 133) gehen hingegen davon aus, dass sich Honorarvereinbarungen zwischen Bauherrn und Architekt nicht mehr an den Mindestsätzen der HOAI messen lassen müssen.

Hervorzuheben ist zudem ein Beschluss des OLG Köln, der allerdings nicht in Rechtskraft erwachsen ist, weil sich die Parteien nach dessen Verkündung verglichen haben. In der Sache geht es um eine sog. 60:40-Klausel für den Fall einer sog. freien Auftraggeberkündigung. Will sich der Auftraggeber grundlos von „seinem“ Planer trennen, kann er den Architekten- oder Ingenieurvertrag nach § 648 Satz 1 BGB jederzeit kündigen. Der Architekt bzw. Ingenieur kann die vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt bzw. zu erwerben böswillig unterlässt (§ 648 Satz 2 BGB). Es erfolgt also eine Abrechnung „von oben“. Da in Architektur- oder Ingenieurbüros oftmals keine oder nur sehr geringfügige Aufwendungen erspart werden, enthalten auftragsgegenseitig gestellte Verträge bisweilen eine Klausel, wonach dem Planer nach einer freien Kündigung „nur“ 60% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Leistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen bzw. der Anteil an ersparten Aufwendungen mit 40% des Honorars vereinbart wird. Solche Regelungen sind oftmals AGB-widrig und unwirksam (z. B. BGH, Dokument öffnen IBR 1998, 389). Das soll dem OLG Köln zufolge nicht gelten, wenn beiden Parteien die Möglichkeit offengelassen wird, höhere oder niedrigere ersparte Aufwendungen oder anderweitigen oder böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb nachzuweisen (Dokument öffnen S. 134).

Im Vergaberecht hat das OLG Düsseldorf vor rund zwei Jahren in einem sog. obiter dictum die Auffassung geäußert, dass ein auf der Grundlage einer öffentlichen Ausschreibung geschlossener Vertrag unwirksam sein kann, wenn der Auftraggeber gegen die Verpflichtung zur Vorinformation, die auch unterhalb der Schwellenwerte zu beachten ist, verstoßen hat (Dokument öffnen IBR 2018, 156). Anders sieht dies das OLG Celle in seinem Urteil vom 09.01.2020. Danach besteht im Unterschwellenbereich keine generelle Informations- und Wartepflicht (Dokument öffnen S. 140).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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