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IBR 11/2019 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht hat der Bundesgerichtshof am 08.08.2019 bekanntermaßen entschieden, dass sich die Bildung des neuen Einheitspreises bei Mengenmehrungen nicht nach den kalkulatorischen, sondern nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge richtet, wenn sich die Parteien nicht anderweitig einigen können (Dokument öffnen IBR 2019, 536). Nach dem Urteil des KG vom 27.08.2019 gilt das nicht nur im Fall von Mengenänderungen, sondern auch bei der Bemessung der Mehrvergütung für geänderte und zusätzliche Leistung gem. § 2 Abs. 5, 6 VOB/B. Im Streitfall kommt es nicht auf die Kosten an, die der Auftragnehmer in seiner Kalkulation angesetzt hat, sondern auf diejenigen, die ihm bei Erfüllung des nicht geänderten Vertrags tatsächlich entstanden wären. Die Preiskalkulation des Auftragnehmers ist nur ein Hilfsmittel bei der Ermittlung dieser Kostendifferenz. Allerdings dient die Kalkulation dazu, die Kosten anzugeben, die dem Auftragnehmer durch die Vertragsdurchführung entstehen. Daraus folgt nach Ansicht des KG, dass die auf der Basis der - unstreitig gebliebenen - Kalkulation errechnete Mehrvergütung im Zweifel auf Grundlage der tatsächlichen Mehrkosten ermittelt ist (Dokument öffnen S. 599).

Dem Baukaufrecht wird in der Praxis leider keine allzu große Bedeutung zugemessen. Dies mag daran liegen, dass sich viele Baubeteiligte gar nicht darüber bewusst sind, dass es sich etwa bei einem Vertrag über die Lieferung eines Baustoffs - wie etwa Frischbeton - um einen Werklieferungsvertrag handelt, auf den Kaufvertragsrecht Anwendung findet. Sind beide Vertragspartner, wie dies „unter Profis“ üblich ist, Kaufleute im handelsrechtlichen Sinne (z. B. GmbH, AG, oHG), hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlässt der Käufer die Anzeige, gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war oder den der Verkäufer arglistig verschwiegen hat. Darauf weist das OLG Köln hin (Dokument öffnen S. 609).

Im Recht der Architekten und Ingenieure wirkt immer noch das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 (Dokument öffnen IBR 2019, 436) nach. Der EuGH hat in dieser Entscheidung festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen Europarecht verstoßen, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. Umstritten ist, ob und - wenn ja - wie sich diese Entscheidung auf laufende Architektenhonorarprozesse auswirkt. Während z. B. das OLG Hamm der Auffassung ist, dass sich eine Partei trotz des EuGH-Urteils vom 04.07.2019 auf eine Unter- bzw. Überschreitung der Mindest- bzw. Höchstsätze gem. § 7 HOAI 2009/2013 berufen kann, ist das Preisrecht der HOAI u. a. dem OLG Celle zufolge nicht mehr verbindlich (Dokument öffnen IBR 2019, 563). Das KG wiederum vertritt eine differenzierende Sichtweise und hält das Mindestpreisgebot zumindest im Verhältnis zwischen Privaten weiterhin für anwendbar (Dokument öffnen IBR 2019, 564). Dem tritt das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.09.2019 entgegen: Aus der Feststellung des Vertragsverstoßes durch den EuGH folgt für den verurteilten Mitgliedstaat die Pflicht, den Verstoß zu beenden. Diese Pflicht trifft sämtliche Stellen des verurteilten Staats und somit auch die Gerichte. Hieraus folgt, dass das Preisrahmenrecht der HOAI nicht mehr angewendet werden darf (Dokument öffnen S. 622).

Das EuGH-Urteil vom 04.07.2019 wirkt sich aber nicht nur auf laufende Architektenhonorarprozesse, sondern auch auf das Vergaberecht, namentlich die auf die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen aus. So hat die VK Bund am 30.08.2019 entschieden, dass sich aus der Entscheidung des EuGH für einen öffentlichen Auftraggeber das Verbot ergibt, die EU-rechtswidrigen Vorschriften der HOAI bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen als Zuschlagskriterium anzuwenden. Es steht nicht zur Disposition des Auftraggebers und der Bieter, die Entscheidung des EuGH als nicht relevant zu qualifizieren. Auch wenn alle Beteiligten einer Vergabe „nach Mindestsätzen“ zustimmen, leidet die Vergabe unter einem schwer wiegenden Vergaberechtsverstoß, den die Nachprüfungsinstanzen von Amts wegen verfolgen müssen (Dokument öffnen S. 630).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

In eigener Sache: Dr. Mark Seibel, Vizepräsident des Landgerichts Siegen, ist auf eigenen Wunsch hin - u. a. aufgrund seiner Autorentätigkeit in einem führenden ZPO-Großkommentar und des damit verbundenen zeitlichen Aufwands - aus dem Kreis der Mitherausgeber ausgeschieden. Verlag und Redaktion danken Herrn Dr. Seibel vielmals für die geleistete Arbeit und die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

Mit den besten Grüßen

Ihr

Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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