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IBR 12/2021 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht nach VOB/B bereitet die Abgrenzung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen bisweilen erhebliche Schwierigkeiten, was nach Ansicht des OLG Hamm darauf zurückzuführen ist, dass sich die Anwendungsbereiche von § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B aufgrund ihrer sprachlichen Fassung nicht sauber voneinander trennen lassen (Dokument öffnen S. 614). Da die Ermittlung der Vergütungsansprüche im Fall einer Änderungs- oder einer Zusatzleistung im Ergebnis gleich erfolgt, ist diese Abgrenzung nur in den Fällen von praktischer Relevanz, in denen der Auftragnehmer seinen Anspruch auf Mehrvergütung dem Auftraggeber nicht gem. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B vor der Ausführung angekündigt hat. Denn die Ankündigung ist grundsätzlich Anspruchsvoraussetzung (BGH, Dokument öffnen IBR 1991, 161), sofern sie nicht ausnahmsweise entbehrlich ist (BGH, Dokument öffnen IBR 1996, 313).

Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nimmt diese Abgrenzung danach vor, ob es sich um die Änderung einer im Vertrag beschriebenen Leistung handelt, also eine „Leistung anstatt“ vorliegt – dann ist § 2 Abs. 5 VOB/B einschlägig –, oder ob vom Auftraggeber die Ausführung einer überhaupt nicht beschriebenen, aber zur Herstellung eines funktionstauglichen Bauwerks erforderlichen und damit zusätzlichen Leistung – auf die § 2 Abs. 6 VOB/B Anwendung findet – verlangt wird (Nachweise bei Bolz, in: ders./Jurgeleit, ibr-online-Kommentar VOB/B, Stand: 11.11.2021, § 1 Rz. 143 ff.). Eine derartige Differenzierung stößt aber an ihre Grenzen, wenn etwa – wie im Fall des OLG Hamm – der Auftragnehmer nach dem Leistungsverzeichnis als Material Boden und Fels abzutragen und zu verwerten hat, sich aber in der Ausführungsphase herausstellt, dass das Erdreich mit Müll kontaminiert ist, der fachgerecht separiert und ordnungsgemäß entsorgt werden muss. Man könnte sich nämlich auf den Standpunkt stellen, dass dies eine geänderte Leistung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B ist, weil statt unkontaminiertem Boden nunmehr kontaminierter Boden abzutragen und zu verwerten ist. Es ließe sich aber auch mit guten Argumenten die Ansicht vertreten, dass zusätzlich zu dem Abtrag und der Verwertung von Boden und Fels auch Müll separiert und entsorgt werden muss und es sich deshalb um eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B handelt. Derartige Beispiele ließen sich in beliebiger Zahl fortsetzen. Im Ergebnis ist das OLG Hamm vom Vorliegen einer geänderten Leistung i.S.d. des § 2 Abs. 5 VOB/B ausgegangen. Der BGH hätte wohl ebenso entschieden (s. BGH, Dokument öffnen IBR 2012, 65).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist das Urteil des OLG Celle vom 06.10.2021 besonders hervorzuheben, das gleich mehrere praxisrelevante Aspekte enthält:

Zunächst weist das OLG darauf hin, dass eine schriftliche Vereinbarung, nach der zwischen den Parteien ein Umbauzuschlag von 0% vereinbart worden ist, den Fiktionen von § 35 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009 und § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI 2013 nicht entgegensteht, so dass der Auftragnehmer auch nachträglich keinen weiteren Umbauzuschlag fordern kann (Dokument öffnen S. 633).

Zudem betont das OLG Celle, dass Mehrkosten aufgrund von Bauzeitverlängerungen konkret darzulegen sind und Schätzungen auf der Basis von Durchschnittswerten nicht ausreichen, wenn der Planervertrag eine Regelung enthält, wonach der Architekt bzw. Ingenieur bei Überschreitung der festgelegten Ausführungszeit „gem. § 6 Abs. 6 VOB/B (...) einen Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens“ hat. Hierzu bedarf es vielmehr einer konkreten, bauablaufbezogenen Darstellung der jeweiligen Behinderung und eines Einzelnachweises für den Mehraufwand, der dem Planer durch die verlängerte Bauzeit entstanden ist. Eine Kostenaufstellung, wonach der mit der Bauzeitverzögerung verbundene Mehraufwand „einer Erhöhung von rund 41% entspricht, so dass sich auch die tatsächlich notwendigen Stunden um 41% erhöht haben", ist demgegenüber fiktiv und nicht dazu geeignet, einen Anspruch auf Mehrvergütung zu begründen (Dokument öffnen S. 635).

Im Vergaberecht können Abweichungen vom ausgeschriebenen Angebotsinhalt in einem Verhandlungsverfahren zwar grundsätzlich noch in den nächsten Verhandlungsrunden beseitigt werden. Im Zusammenhang mit der Vergabe von Planungsleistungen für den Neubau einer Eisenbahnstrecke im Verhandlungsverfahren hat die VK Bund allerdings entschieden, dass etwas anderes gilt, wenn sich der öffentliche Auftraggeber ausdrücklich vorbehalten hat, den Zuschlag gegebenenfalls auch auf die Erstangebote zu erteilen, und von diesem Vorbehalt tatsächlich Gebrauch macht, weil die Angebote dann nicht (mehr) indikativer Natur, sondern final sind (Dokument öffnen S. 644).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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