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IBR 06/2017 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Auftragnehmer beklagen sich häufig über die Qualität der auftraggeberseitig erstellten Ausschreibungen und darüber, dass diese immer schlechter würden. Das wirft die Frage auf, welche Konsequenzen Fehler in der Ausschreibung auf den geschlossenen Bauvertrag haben und ob dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung zusteht, wenn die Leistung anders als ausgeschrieben ausgeführt wird. Sie sollte eigentlich unproblematisch zu bejahen sein. Dessen ungeachtet wird von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung dem Auftragnehmer ein solcher Anspruch versagt, wenn die Ausschreibung offenkundig fehlerhaft war und der Auftragnehmer den Auftraggeber auf diesen Umstand nicht vor Vertragsschluss hingewiesen hat (siehe OLG Celle, Dokument öffnen S. 300). Dem ist zu widersprechen. Weder aus den gesetzlichen Vorschriften des BGB und den Regelungen der VOB/B noch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich eine derartige Rechtsfolge herleiten. Hält man den späteren Auftragnehmer aus § 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB für verpflichtet, den Auftraggeber vorvertraglich auf „ins Auge springende Mängel“ hinzuweisen, und kommt der Auftragnehmer dem nicht nach, begeht er eine Pflichtverletzung und haftet dem Auftraggeber auf Schadensersatz. Der Auftraggeber muss also so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn der Auftragnehmer seinen Hinweispflichten ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Hätte der Auftragnehmer einen entsprechenden Hinweis erteilt, hätte der (öffentliche) Auftraggeber alle Bieter hierüber informieren müssen (vgl. VK Sachsen, Dokument öffnen IBR 2017, 269) und die Angebotspreise wären gestiegen. Bei der später für die aufgrund des Planungsfehlers zusätzlich zu zahlenden Vergütung handelt es sich also um sog. Sowieso-Kosten. Das gilt auch im VOB-Vertrag. Denn in § 1 Abs. 3, 4 i.V.m. § 2 Abs. 5, 6 VOB/B ist ausdrücklich vorgesehen, dass dem Auftragnehmer ein Anspruch auf geänderte/zusätzliche Vergütung zusteht, wenn die Leistung anders als ursprünglich ausgeschrieben ausgeführt wird (§ 1 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 5 VOB/B) oder vom Auftragnehmer die Ausführung zusätzlicher, d. h. „vergessener“, aber technisch notwendiger Leistungen verlangt wird (siehe BGH, Dokument öffnen IBR 2013, 333). Die oben dargestellte Rechtsauffassung lässt sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen. Das genaue Gegenteil ergibt sich beispielsweise aus den Urteilen des VII. Senats zu den sog. sittenwidrigen Einheitspreisen. In den diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalten waren die Vordersätze in den „bauseits“ erstellten Leistungsverzeichnissen erkennbar deutlich zu niedrig angesetzt. Die jeweiligen Bieter hatten dies erkannt, in den betreffenden Positionen hohe Einheitspreise angeboten und so versucht, die späteren Mengenmehrungen zu ihren Gunsten auszunutzen. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Fällen den Auftragnehmern gleichwohl einen Anspruch auf Mehr- bzw. Zusatzvergütung zugesprochen, obwohl diese ihren Auftraggeber vor Zuschlagserteilung nicht auf die offenkundigen Ausschreibungsmängel hingewiesen hatten. Waren die Einheitspreise allerdings extrem überhöht und somit sittenwidrig, konnten die Auftragnehmer aber „nur“ die ortsübliche Vergütung verlangen (BGH, Dokument öffnen IBR 2013, 333, und Dokument öffnen IBR 2009, 128).

Im VOB-Vertrag trägt der Auftraggeber gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 c VOB/B das mit ungewöhnlichen Witterungsverhältnissen verbundene zeitliche Risiko. Schadensersatz muss der Auftraggeber hingegen nicht zahlen, weil er schlechtes Wetter nicht i.S.v. § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B zu vertreten hat. Ob dies allerdings auch für den verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB gilt, war höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Der Bundesgerichtshof hat hierzu am 20.04.2017 entschieden, dass es vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 BGB ist, während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das Baugrundstück in Form von Frost, Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren (Dokument öffnen S. 302). Die mit ungünstigen Witterungsumständen einhergehenden finanziellen Risiken hat folglich – sofern im Bauvertrag nicht etwas anderes vereinbart wurde – der Auftragnehmer zu tragen.

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf hinzuweisen, die sich mit dem Problem des Umfangs eines – wie in der Praxis üblich – nur mündlich geschlossenen Architektenvertrags befasst. Wird ein solcher Vertrag vom Auftraggeber vorzeitig beendet und macht der Architekt daraufhin das vereinbarte Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen geltend, weil er meint, er sei mit der Vollarchitektur beauftragt worden, und der Auftraggeber habe den Vertrag „frei“ gekündigt, trifft ihn grundsätzlich die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für Art und Umfang der vereinbarten Architektenleistungen. Er kann sich dabei regelmäßig nicht auf eine Anscheinsvermutung für einen bestimmten Auftragsumfang (insbesondere nicht in Bezug auf einen Auftrag zur Vollarchitektur) stützen (Dokument öffnen S. 323).

Im Vergaberecht ist bei der Schätzung des Auftragswerts von dem voraussichtlichen Gesamtwert der geplanten Leistung auszugehen (§ 3 Abs. 1 VgV). Werden im Zusammenhang mit der Errichtung eines Bauvorhabens Planungsleistungen vergeben, sind für den geschätzten Gesamtwert alle Lose mit gleichartigen Leistungen zu Grunde zu legen. Fraglich ist, welche Leistungen gleichartig in diesem Sinne sind. Objektplanung, Tragwerksplanung und die Planung der technischen Gebäudeausrüstung für ein einheitliches Bauvorhaben sind jedenfalls dann als gleichartige Leistungen anzusehen und für die Schwellenwertberechnung zu addieren, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung ausführt, dass die Planungsleistungen als Einheit zu betrachten und zu bewerten sind. Das hat das OLG München entschieden (Dokument öffnen S. 336).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen

Ihr

Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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