Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK

IBR 10/2022 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 08.08.2019 bekanntermaßen die sog. Korbion’sche Preisformel, wonach die Berechnung der Höhe der Nachtragsvergütung im VOB/B-Vertrag nach dem Grundsatz „Guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis“ erfolgt, „gekippt“ (Dokument öffnen IBR 2019, 536). Dem Bundesgerichtshof zufolge ist die Preisbildung in erster Linie Sache der Bauvertragsparteien. Einigen sich die Parteien nicht über die Preisbildung des neuen Einheitspreises für Mengenmehrungen gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass der neue Einheitspreis auf Basis der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu bemessen ist (BGH, a.a.O.). Die Entscheidung betrifft allerdings nur die Preisbildung bei Mehrmengen ohne Eingriff des Auftraggebers nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B. Das wirft die Frage auf, ob diese Grundsätze auch für die Bildung des neuen (Einheits-)Preises für geänderte oder zusätzliche Leistungen gem. § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B gelten. Von zahlreichen Baubetrieblern wird sie getreu § 6 des Kölschen Grundgesetzes („Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet!“ – übersetzt: „Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, weg damit!“) verneint, obwohl der nahezu identische Wortlaut von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B und § 2 Abs. 5 Satz 1 VOB/B („so ist (....) ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren“), durchaus dafür spricht.

Das OLG Celle sieht das anders. Es hat entschieden, dass im Rahmen der Vergütungsanpassung nach § 2 Abs. 5 VOB/B den vorkalkulatorischen Kostenansätzen des Auftragnehmers insoweit indizielle Bedeutung zukommt, als sich hieraus Anhaltspunkte für die vom Gericht vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung ableiten lassen. Wenn die Parteien in ihrem Vertragswerk für eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen Preise vereinbart haben, spricht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie sich an diesen Preisabreden orientiert hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall von vorneherein bedacht hätten. Maßgeblich ist dabei, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten. Die kalkulierten Kosten sind ein Hilfsmittel für die Ermittlung des „neuen Preises“ (Dokument öffnen S. 503).

Hervorzuheben ist zudem der Beschluss des OLG München vom 03.02.2022, der das inzwischen nicht mehr wirklich „neue“ Bauvertragsrecht 2018 betrifft. Das Gericht weist darauf hin, dass ein Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten nach einer Kündigungserklärung des Auftraggebers voraussetzt, dass der Bauvertrag (§ 650a BGB) wirksam gekündigt wurde. Die Kündigung eines Bauvertrags ist gem. § 650h BGB schriftlich zu erklären. Die Kündigungserklärung muss vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Mit einer Kündigungserklärung per E-Mail mit angehängter PDF-Datei wird das Schriftformerfordernis – auch im VOB/B-Vertrag – nicht gewahrt (Dokument öffnen S. 507).

Im Recht der Architekten und Ingenieure darf der Objektplaner auf die Richtigkeit der statischen Berechnungen des Tragwerkplaners vertrauen, sofern kein erkennbarer Anlass für eine Überprüfung besteht. Ihn trifft keine fachspezifische Kontrollverpflichtung in Bezug auf das vom Sonderfachmann geschuldete und zu verantwortende Werk. Das gilt auch dann, wenn der Tragwerksplaner vom Architekten als Subplaner beauftragt wurde. Der Architekt ist allerdings verpflichtet, die statischen Berechnungen einzusehen und sich zu vergewissern, ob der Tragwerksplaner von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen, beispielsweise den vorhandenen Bodenverhältnissen, ausgegangen ist. Nur insoweit ist der Architekt zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet, so das OLG Karlsruhe (Dokument öffnen S. 525).

Im Bauvergaberecht darf dem Auftragnehmer gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2019 bzw. § 7 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2019 kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann. Ein ungewöhnliches Wagnis kommt in Betracht, wenn das Wagnis über die üblichen Risiken hinausgeht, sich nicht abschätzen lässt und demzufolge eine Kalkulation unmöglich macht. Unzumutbar ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß, das Bietern typischerweise obliegt, hinausgehen, und zwar unabhängig davon, ob das Wagnis beherrschbar ist. Preissteigerungen wegen des Ukraine-Kriegs sind ein solches ungewöhnliches Wagnis. Deshalb sind öffentliche Auftraggeber nach Ansicht der VK Westfalen gehalten, Stoffpreisgleitklauseln – insbesondere durch Nutzung des Formulars 225 – vorzusehen (Dokument öffnen S. 532).

In der Rubrik Allgemeines Zivilrecht ist schließlich auf ein Urteil des OLG Frankfurt hinzuweisen. Das Gericht erinnert daran, dass die Vorlage eines Fax-Sendeberichts mit OK-Vermerk keinen Anscheinsbeweis für den Zugang des Telefaxes begründet. Durch den Vermerk wird nur festgestellt, dass eine Verbindung zwischen dem Sende- und dem Empfangsgerät zu Stande gekommen ist. Der Sendebericht sagt aber nichts darüber aus, ob die Daten tatsächlich übermittelt wurden (Dokument öffnen S. 542).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

Zum Inhaltsverzeichnis