Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK

IBR 04/2023 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht ist auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hinzuweisen:

In seinem Beschluss vom 01.02.2023 weist das Gericht erneut (siehe u. a. BGH, Dokument öffnen IBR 2017, 121) darauf hin, dass der Unternehmer zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags setzt grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Sie muss vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung vertraglich vereinbart haben (Dokument öffnen S. 175). Hält der Besteller den angerechneten Stundenaufwand für zu hoch, ist es seine Sache, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Auch soweit infrage steht, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, obliegt es dem Besteller, diese Umstände darzulegen (Dokument öffnen S. 176).

Eine für die Praxis höchst relevante Grundsatzentscheidung hat der Bundesgerichtshof zu der Frage getroffen, ob die Regelung des § 4 Nr. 7 VOB/B (2002), wonach der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären kann, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 8 Nr. 3 VOB/B 2002), sofern der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung eines während der Ausführung erkannten Mangels nicht nachkomme, einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhält, wenn die VOB/B nicht „als Ganzes“ vereinbart ist (siehe dazu Dokument öffnen S. 173, 174). Das ist in Rechtsprechung und Literatur u. a. deshalb umstritten, weil der Auftraggeber im BGB-Bauvertrag keine Mängelrechte vor der Abnahme geltend machen kann (BGH, Dokument öffnen IBR 2017, 186).

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hält § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Denn die Kündigungsregelung ist anhand der richterlich entwickelten Grundsätze zu messen, nach denen der Auftraggeber einen Werkvertrag aus wichtigem Grund kündigen kann. Voraussetzung einer Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass der Auftragnehmer durch ein den Vertragszweck gefährdendes Verhalten die vertragliche Vertrauensgrundlage derart erschüttert hat, dass dem Auftraggeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine vertragswidrige oder mangelhafte Werkleistung in der Ausführungsphase kann nur dann ein wichtiger Grund sein, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die Vertragsfortsetzung für den Auftraggeber unzumutbar machen. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002) weicht von diesen wesentlichen Grundgedanken ab, weil die Kündigung einschränkungslos in jedem denkbaren Fall festgestellter Vertragswidrigkeit oder Mangelhaftigkeit ausgesprochen werden kann und selbst unwesentliche Mängel zur Kündigung aus wichtigem Grund führen können (Dokument öffnen S. 178, 179). Für die gleichlautende Regelung in der VOB/B 2016 gilt nichts anderes.

Der Auftraggeber eines VOB-Vertrags fällt dadurch nicht ins Bodenlose. Soweit eine Vertragsklausel unwirksam ist, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Er hat deshalb – wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen – jedenfalls bei gravierenden Mängeln vor der Abnahme die Möglichkeit, den Vertrag nach § 648a BGB aus wichtigem Grund zu kündigen (siehe OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2014, 403; OLG Schleswig, Dokument öffnen IBR 2011, 12).

Im Recht der Architekten und Ingenieure betont das OLG Schleswig, dass ein Architekt regelmäßig seine Vertragspflichten verletzt, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt (BGH, Dokument öffnen IBR 2013, 284). Gleichwohl fehlt es an der Verursachung eines Schadens durch eine fehlerhafte Kostenschätzung oder Kostenkontrolle, wenn der Bauherr trotz ansteigender Baukosten an der Verwirklichung des unveränderten Vorhabens festhält oder gar Mehrkosten verursacht (Dokument öffnen S. 199).

In einem elektronischen Vergabeverfahren hat die gesamte Bieterkommunikation in „Textform“ stattzufinden. An die Textform (hier: eines Nachforderungsschreibens des öffentlichen Auftraggebers) werden erheblich geringere Anforderungen als an die Schriftform gestellt. Die Textform verlangt die Nennung der Person des Erklärenden. Gleichgültig ist, wo der Name des Erklärenden genannt wird. Möglich ist also eine Nennung in einer faksimilierten Unterschrift, aber etwa auch im Kopf oder Inhalt der Erklärung. Die Textform kann ihre Funktion – Information und Dokumentation von Erklärungen – nur dann erfüllen, wenn für den Empfänger ersichtlich ist, ob die Erklärung rechtlich bindend sein soll und vollständig ist. Daher muss bei der Textform der Abschluss der Erklärung erkennbar gemacht werden. Lässt sich der Aussteller eines Schreibens sowohl der E-Mail-Adresse im Briefkopf als auch dem abgedruckten Namen unter der Grußformel entnehmen, genügt das Schreiben dem Textformerfordernis, so die VK Lüneburg (Dokument öffnen S. 205).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

Zum Inhaltsverzeichnis