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IBR 07/2022 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

ordnet der Auftraggeber im VOB/B-Vertrag eine Änderung des Bauentwurfs an (§ 1 Abs. 3VOB/B) oder verlangt er die Ausführung einer zusätzlichen Leistung (§ 1 Abs. 4 VOB/B), entsteht der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nach § 2 Abs. 5 bzw. Abs. 6 VOB/B „automatisch“, ohne dass z. B. eine sog. Nachtragsvereinbarung geschlossen werden muss (siehe BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 346/01, IBRRS 2004, 0083). Hinzukommen muss bei einer Zusatzleistung gem. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B jedoch grundsätzlich (OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 2015, 238; zu den Ausnahmen BGH, Dokument öffnen IBR 1996, 313), dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber den Anspruch ankündigt, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.

Mit Änderungs- oder Zusatzleistungen geht aber bisweilen auch ein zeitlicher Mehraufwand einher, weshalb es dem Auftragnehmer zu empfehlen ist, den Auftraggeber hierauf rechtzeitig hinzuweisen und eine Behinderungsanzeige nach § 6 Abs. 1 VOB/B zu schreiben, um nicht zu
riskieren, seinen Anspruch auf Bauzeitverlängerung zu verlieren (siehe OLG München, Dokument öffnen IBR 2020, 392). Denn Mehrmengen und geänderte sowie zusätzliche Leistungen werden von der Rechtsprechung als Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers i.S.v. § 6 Abs. 2 Nr. 1 a VOB/B angesehen (siehe z. B. BGH, Dokument öffnen IBR 1990, 212; OLG Dresden, Dokument öffnen IBR 2015, 593; kritisch Popescu, in: Bolz/Jurgeleit, ibr-online-Kommentar VOB/B, Stand: 08.06.2022, § 6, Rz. 30). Das wirft zugleich die Frage auf, ob und wenn ja nach welchen Maßstäben der Auftragnehmer die Erstattung solcher Mehrkosten ersetzt verlangen kann, die sich – wie etwa Gerätestillstandskosten in einem anderen Bauabschnitt – nur als mittelbare Folgen aus der Anordnung des Auftraggebers darstellen. Dabei ist grundsätzlich anerkannt, dass zu den Mehr- oder Minderkosten i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B sämtliche Kosten gehören, die adäquat-kausal auf die Änderung des Bauentwurfs bzw. das Verlangen einer zusätzlichen Leistung zurückzuführen sind. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof am 23.03.2022 entschieden, dass eine zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B auch aus mittelbaren bauzeitlichen Auswirkungen, wie etwa Gerätestillstand, von – unmittelbar Änderungen des Bauentwurfs betreffenden – Anordnungen gem. § 1 Abs. 3 VOB/B resultieren kann. Gleiches gilt für einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 6 VOB/B i.V.m. § 1 Abs. 4 VOB/B (Dokument öffnen S. 339).

In der Rubrik „Bauvertragsrecht“ ist zudem auf das Urteil des OLG Zweibrücken vom 29.03.2022 hinzuweisen. Danach liegt ein Verbraucherbauvertrag auch bei gewerkeweiser Vergabe vor, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen. Da das KG erst kürzlich gegenteilig entschieden hat (Dokument öffnen IBR 2022, 128), hat das OLG Zweibrücken u. a. wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Dokument öffnen S. 347).

Im Recht der Architekten und Ingenieure sind dem Auftraggeber – wie bei jedem Werkvertrag – während der Vertragsabwicklung grundsätzlich „die Hände gebunden“, wenn er mit dem Architekten oder Ingenieur keine verbindlichen Zwischentermine vereinbart hat und der Planungsfortschritt aus Sicht des Auftraggebers zu wünschen übrig lässt (vgl. OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2020, 581). Denn in Verzug gerät der Planer erst, wenn er einen Vertragstermin aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhält oder er seine Leistung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums zügig zu Ende führt (vgl. BGH, Dokument öffnen IBR 2001, 251). Die Parteien eines Architekten- oder Ingenieurvertrags können – und sollten – die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen. Eine solche Vereinbarung kann nach Ansicht des KG auch konkludent getroffen werden und setzt nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist gegebenenfalls durch Auslegung zu bestimmen. Erbringt der Architekt oder Ingenieur eine Teilleistung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht, kann der Auftraggeber vom Vertrag zurücktreten bzw. ihn aus wichtigem Grund kündigen (Dokument öffnen S. 353).

Im Vergaberecht hat der Auftragnehmer die Möglichkeit, durch die Abgabe eines Nebenangebots sein Know-how in das Vergabeverfahren einzubringen und z. B. durch ein vom Amtsentwurf abweichendes Bauverfahren seine Zuschlagschancen zu verbessern, wenn der öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zugelassen hat. Sind Nebenangebote zulässig, hat der öffentliche Auftraggeber Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist jedoch nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen. Darauf weist das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 15.03.2022 hin (Dokument öffnen S. 364).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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