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IBR 01/2022 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht nach VOB/B ist die auftraggeberseitige Kündigung eine Kunst – und Kunst kommt von Können, nicht von Wollen: Sonst hieß es "Wulst" (Ludwig Fulda). Das liegt daran, dass im VOB-Vertrag vor der Kündigungserklärung wegen Mängeln oder Verzugs ein bestimmtes "Kündigungsprozedere" zu durchlaufen ist und ein dabei gemachter Fehler zu einer finanziellen Katastrophe führen kann. Zu den häufigsten Fehlerquellen im Zusammenhang mit einer Verzugskündigung gehören:

- Vertragsfristen oder -termine wurden nicht (wirksam) vereinbart (OLG Celle, Dokument öffnen IBR 2020, 284; OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2013, 404), so dass bei einer Fristüberschreitung kein Verzug eintritt.
- Es werden zu wenig Zwischenfristen vereinbart (OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2020, 581) und die Kündigung wird auf eine Überschreitung einer im Bauzeitenplan enthaltenen Einzelfrist gestützt (KG, Dokument öffnen IBR 2015, 296). Solche Einzelfristen sind aber in der Regel keine Vertragsfristen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B).
- Wird der Bauablauf gestört, werden die Ausführungsfristen verlängert (§ 6 Abs. 2, 4 VOB/B) und die ursprünglich nach dem Kalender bestimmten Vertragsfristen entfallen. Für die Herbeiführung des Verzugs ist dann eine Mahnung des Auftraggebers erforderlich (OLG Bremen, Dokument öffnen IBR 2021, 509).
- Die Kündigung wird dem Auftragnehmer nicht angedroht, sondern der Auftraggeber behält sich lediglich "die Einleitung weiterer Schritte" vor (OLG Brandenburg, Dokument öffnen IBR 2011, 72).
- Obwohl der Verzugseintritt nicht sicher feststeht, erklärt der Auftraggeber die Kündigung vor Überschreitung der vereinbarten Fristen oder Termine (OLG Köln, Dokument öffnen IBR 2007, 1122 – nur online).
- Die Kündigung wird nicht unmittelbar nach Fristablauf ausgesprochen, so dass die Kündigungsandrohung ihre Warnfunktion verliert (OLG Frankfurt, Dokument öffnen IBR 2007, 500).

Eine wegen Mängeln oder Verzugs erklärte Kündigung wird aber, wenn die Kündigungsvoraussetzungen nicht vorliegen, in eine sog. freie Kündigung umgedeutet (BGH, Dokument öffnen IBR 2003, 595). Das bedeutet, dass der Auftraggeber nicht nur die ihm durch die Beauftragung eines Drittunternehmens entstehenden Mehrkosten selbst tragen muss, sondern dem Auftragnehmer darüber hinaus ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zusteht (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B). Erspart sind die Einzelkosten der Teilleistungen und die damit verbundenen Baustellengemeinkosten für die infolge der Kündigung nicht erbrachten Leistungen. Maßgeblich für die ersparten Aufwendungen sind die tatsächlichen, nicht die kalkulierten Kosten. Allerdings kann der Auftragnehmer – wie das OLG Düsseldorf entschieden hat – zur Darlegung der ersparten Aufwendungen auf seine Urkalkulation oder eine nachträglich erstellte Kalkulation Bezug nehmen. Dem Auftraggeber bleibt dann die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass die ersparten Aufwendungen tatsächlich höher sind, die Kalkulation also nicht zutreffend war (Dokument öffnen S. 9).

Im Recht der Architekten und Ingenieure weist das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 12.07.2021 darauf hin, dass ein Fachplaner der technischen Gebäudeausrüstung nicht zur emissionsschutzrechtlichen Planung in Bezug auf die umgebende Bebauung verpflichtet ist, wenn er nicht mit der Grundlagenermittlung beauftragt wurde. Die Grundlagenermittlung wird auch nicht deshalb Gegenstand des Ingenieurvertrags, weil sie für die weitere Planung notwendig ist. Auch aus einer im Vertrag enthaltenen Generalklausel, wonach die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beachten sind, kann keine Planungsverpflichtung hinsichtlich der Lärmauswirkungen abgeleitet werden (Dokument öffnen S. 23).

Im Vergaberecht sind zwei Entscheidungen des OLG Rostock hervorzuheben, die sich mit der Frage befassen, wann dem öffentlichen Auftraggeber die vorzeitige Erteilung des Zuschlags gestattet werden kann. Im Beschluss vom 16.09.2021 weist das Gericht darauf hin, dass allgemein gehaltene Verweise auf die Bedeutung der Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers ein besonderes Beschleunigungsinteresse regelmäßig nicht rechtfertigen können. Auch durch ein Nachprüfungsverfahren verursachte Verzögerungen eines Großbauvorhabens in der Anfangsphase und insoweit drohende finanzielle Einbußen rechtfertigen eine Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung nicht, da diese im weiteren Projektablauf gegebenenfalls wieder aufgeholt bzw. ausgeglichen werden können (Dokument öffnen S. 26). In Anlehnung an diese zum Nachprüfungsverfahren entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen des sich anschließenden Beschwerdeverfahrens der dadurch üblicherweise eintretende Zeitverlust regelmäßig keine vorzeitige Zuschlagserteilung rechtfertigen. Vielmehr müssen substanzielle und in der gebotenen Abwägung letztlich überwiegende Gründe für eine umgehende Zuschlagserteilung gerade in dem betreffenden Einzelfall streiten, die ein weiteres Zuwarten – jenseits des letztlich jedem öffentlichen Auftrag dem Grunde nach innewohnenden Allgemeininteresses an seiner möglichst zeitnahen Erteilung – als nicht hinnehmbar erscheinen lassen, so das OLG in seinem Beschluss vom 11.11.2021 (Dokument öffnen S. 27).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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