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IBR 12/2020 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Bauverträge sind – insbesondere bei größeren Bauvorhaben – leider nicht immer frei von Widersprüchen, was vor allem dann zu Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer führt, wenn die Leistungsbeschreibung z. B. zu einem bestimmten Detail unterschiedliche, nicht miteinander übereinstimmende Angaben enthält, die Leistungsbeschreibung mit anderen Worten also widersprüchlich ist. In einem solchen Fall ist zunächst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, welche Angabe das Detail konkreter beschreibt, so dass im Ergebnis gar kein Widerspruch verbleibt (BGH, Dokument öffnen IBR 2003, 117). Gelingt dies nicht, wird das Ergebnis der Auslegung nicht dadurch beeinflusst, dass der Auftragnehmer etwaige Unklarheiten in den Vertragsunterlagen nicht vor Vertragsschluss aufgeklärt hat (BGH, Dokument öffnen IBR 2013, 664). Verbleibt auch nach der Auslegung der Leistungsbeschreibung noch ein Widerspruch, haben die Bauvertragsparteien nach Ansicht des OLG Dresden keine Einigung über die auszuführende Teilleistung getroffen, so dass mit der vereinbarten (Pauschal-)Vergütung nur die preiswertere Variante abgegolten wird. Verlangt der Auftraggeber die Ausführung einer höherwertigen Leistung, hat er sie besonders zu vergüten (Dokument öffnen S. 627).

Der u. a. für das Bauvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im vergangenen Jahr bekanntermaßen nicht nur die sog. Korbion´sche Preisformel „kassiert“ (Dokument öffnen IBR 2019, 536), sondern sich auch bereits 2018 von der bis dahin bestehenden Möglichkeit verabschiedet, den Schaden wegen eines nicht beseitigten Baumangels nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu bemessen, und seine bisherige Rechtsprechung insoweit ausdrücklich aufgegeben (Dokument öffnen IBR 2018, 196). Der (auch) für das Kaufvertragsrecht zuständige V. Zivilsenat hat sich aufgrund dieser geänderten Rechtsprechung gehindert gesehen, dem Erwerber einer Eigentumswohnung wegen nicht beseitigter Mängel geltend gemachte fiktive Mängelbeseitigungskosten zuzusprechen, und beim VII. Zivilsenat Anfang des Jahres angefragt, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalten will (Dokument öffnen IBR 2020, 371). In seinem Beschluss vom 08.10.2020 hat der VII. Senat dies mit ausführlicher Begründung bejaht (Dokument öffnen S. 636). Der V. Senat kann sich mit dieser Antwort entweder zufriedengeben, was zu einem Auseinanderlaufen des kauf- und werkvertraglichen Schadensbegriffs führen würde, oder wegen Divergenz bzw. grundsätzlicher Bedeutung den Großen Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anrufen.

Im Recht der Architekten und Ingenieure bleibt es aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2020 ebenfalls bis auf Weiteres dabei, dass sich der Schadensersatzanspruch des Bestellers gegen den Architekten bei Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk realisiert haben, auf Vorfinanzierung „in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags“ und nicht auf Zahlung fiktiver Mängelbeseitigungskosten richten kann (Dokument öffnen S. 644).

Im Vergaberecht ist zunächst die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 14.10.2020 von besonderer praktischer Bedeutung, zumal das Gericht darin ausdrücklich von seiner früheren Rechtsprechung zur „rechtlichen Leistungsfähigkeit“ eines Bieters abrückt. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 GWB dürfen die Eignungskriterien ausschließlich die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit betreffen. Dieser Katalog ist abschließend. Für ungeschriebene Eignungsmerkmale oder Ausschlussgründe bleibt daneben kein Raum. Das gilt auch für den Tatbestand der „rechtlichen Leistungsfähigkeit“ (Dokument öffnen S. 650).

Im Zusammenhang mit dem Thema Eignungskriterien steht auch der Beschluss des OLG Rostock vom 12.08.2020. Das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob es zulässig ist, das Angebot eines Bieters zu bevorzugen, der die Leistung im eigenen Betrieb ausführt. Hierin könnte man eine unzulässige Vermischung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien sehen. Während die Eignungsprüfung dazu dient festzustellen, ob ein Bieter dazu in der Lage ist, die ausgeschriebene Leistung auszuführen, dienen die Zuschlagskriterien der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Die persönliche Qualifikation kann aber Einfluss auf die Qualität der Leistung haben. Weist ein Zuschlagskriterium eine gewisse inhaltliche Nähe zu einem Eignungskriterium auf, ist darauf abzustellen, ob es im Schwerpunkt die fachliche Eignung des Bieters oder die Wirtschaftlichkeit des Angebots betrifft (Dokument öffnen S. 651).

Im Kaufrecht ist auf das Urteil des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 09.09.2020 hinzuweisen, das sich mit der Frage befasst, ob ein gewöhnlicher Verschleiß einen Mangel der Kaufsache darstellt. Der Senat verneint sie. Das gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit – insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung – ein Erneuerungsbedarf ergibt (Dokument öffnen S. 667). Die Entscheidung ist auch für das Bauvertragsrecht von Bedeutung, weil dort die gleichen Grundsätze gelten (vgl. OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 1992, 150).

In der Rubrik Prozessuales ist schließlich das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.09.2020 hervorzuheben, das zwar keinen „Meilenstein“, aber zumindest ein weiteres „Mosaikteilchen“ in der scheinbar unendlichen Geschichte der Bauteilöffnung durch den Gerichtssachverständigen bildet. Denn der Bundesgerichtshof lässt offen, ob das erkennende Gericht einen Sachverständigen überhaupt zur Bauteilöffnung anweisen darf. Eine solche Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Bei der Ausübung dieses Ermessens hat es konkret drohende Haftungsrisiken für den Sachverständigen zu berücksichtigen und kann deshalb ermessensfehlerfrei von einer Weisung absehen (Dokument öffnen S. 676).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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