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Mängelhaftung - Hinweis- und Aufklärungspflicht - Prüf- und Bedenkenhinweispflicht
Von Uwe Liebheit

OLG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2014 - 2 U 2205/12

Sachverhalt

Für das Verputzen der Innenseite von Kelleraußenwänden hat ein Unternehmer einen Kalkzementputz und einen nicht näher definierten "Sanierputz" angeboten. Der im Baugewerbe tätige Besteller erteilte ihm ohne eine Nachfrage den Auftrag zur Ausführung des kostengünstigeren Kalkzementputzes. Dessen Verwendung hat zu Mängeln geführt deren Beseitigung 3.265 Euro gekostet hat.

Der Besteller hat gerügt, dass ein Kalkzementputz statt eines Sanierputzes verwendet wurde, bzw. die dass er vom Auftragnehmer nicht darüber aufgeklärt worden ist, dass der aufgebrachte Kalkzementputz "bei derartig feuchten Kellerwänden, wie sie beim streitgegenständlichen Objekt vorlägen, nicht dauerhaft halte".

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Kalkzementputz "für sich gesehen mangelfrei aufgebracht worden sei".

Die Entscheidung des OLG Nürnberg

Das OLG Nürnberg hat angenommen, dass sich ein Anspruch des Bestellers gegen den Unternehmer auf Ersatz der "Ausbesserungskosten" allenfalls daraus ergeben könne, dass dieser ihn nicht hinreichend darauf hingewiesen habe, dass der von ihm angebotene Kalkzementputz weniger geeignet sei als ein Sanierputz, weil "das Gebäude bekanntermaßen feuchte Kellerwände aufweist". Eine entsprechende Hinweis- und Aufklärungspflicht hat es verneint, weil der Besteller wegen seiner langjährigen Erfahrung im Baugewerbe insoweit als sachkundig anzusehen sei. Wenn er sich bei Vorlage zweier Angebote über zwei verschiedene Putzarten ohne Nachfrage für eine von ihnen entscheide, wisse er um deren Vor- und Nachteile.

Urteilsbesprechung von Bröker

Bröker bespricht die Entscheidung unter der Überschrift: "Keine Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht bei sachkundigem Auftraggeber"(Hinweis: Die Redaktion hat die Überschrift inzwischen geändert). Die Wertung des OLG erscheint ihm vertretbar. Gegenüber einem bauerfahrenen Auftraggeber seien zwar umfangreiche Hinweispflichten beispielsweise dann denkbar, wenn der Auftragnehmer über Spezialwissen (z. B. wenn es um Spezialtiefbau geht) verfüge, ein derartiger Fall habe aber nicht vorgelegen. Gänzlich anders wäre der Fall aber zu beurteilen gewesen, wenn der angebotene Kalkzementputz von Beginn an nicht dazu geeignet gewesen wäre, auf den nassen Kelleraußenwänden aufgetragen zu werden. Wenn von vorneherein feststehe, dass dieser Putz ungeeignet ist, hätte nur der Sanierputz angeboten werden dürfen.

Stellungnahme

Weyer hat in einem Blog-Beitrag vom 25.06.2013 (ibr-online), der sich auf das Urteil des OLG München vom 05.06.2013 bezieht, zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst Oberlandesgerichte offensichtlich nach wie vor Schwierigkeiten mit der zutreffenden Anwendung des Mangelbegriffs des § 633 Abs.2 Satz 1 BGB und des im Wesentlichen gleichlautenden § 13 Abs.1 Satz 2 VOB/B oder des § 4 Abs.7 VOB/B haben.

Ein Mangel liegt gem. § 633 Abs. 2 S.1 BGB vor, wenn die Ist-Beschaffenheit des Werks von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht. Insoweit ist nicht nur die ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung relevant. Bei der Auslegung der ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung ist vielmehr u.a. zu berücksichtigen, dass der Besteller vom Auftraggeber erkennbar erwartet, dass sich sein Angebot auf die Herstellung eines zweckentsprechenden und funktionstauglichen Werks bezieht, das den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Das Sachverständigengutachten muss sich auf diese entscheidungsrelevanten Voraussetzungen des Mangelbegriffs beziehen .

Der BGH hat in der Blockheizkraftwerk-Entscheidung und den weiteren in der Fußnote zitierten Urteilen wiederholt klargestellt, dass die verschuldensunabhängige Mängelhaftung nur durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werkes begründet werden kann. Wenn das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt, ist es mangelhaft. Das entspricht der ganz herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur .

Ein Kalkzementputz, der "auf feuchten Kellerwänden nicht dauerhaft hält", erfüllt die Anforderun-gen, die an die Funktion eines Putzes gestellt werden, unabhängig davon nicht, ob er "für sich gesehen mangelfrei aufgebracht worden ist". Er ist deshalb mangelhaft.

Die Erfolgshaftung für diesen Mangel setzt entgegen der Auffassung des OLG nicht voraus, dass der Unternehmer nur haftet, wenn ihm zusätzlich eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht vorzuwerfen ist, dass der von ihm angebotene Kalkzementputz für den konkreten Verwendungszweck nicht funktionstauglich ist. Er muss vielmehr einen für den konkreten Verwendungszweck funktionstauglichen Putz anbieten. Das folgt auch aus der DIN 18299 Abs. 2.1.3., nach der Bauteile aufeinander abgestimmt werden müssen. Erkennt er erst unmittelbar vor oder während der Herstellung des Werks, dass das Gebäude feuchte Kellerwände aufweist für die der Kalkzementputz ungeeignet ist, muss er den Besteller unverzüglich darauf hinweisen. Nicht die Verletzung dieser Aufklärungs- und Beratungspflicht, sondern der Mangel in Form eines nicht funktionstauglichen Werks, das nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, begründet die Mängelhaftung des Unternehmers gem. §§ 633, 634 BGB .

Kommt nach einer unzureichenden vorvertraglichen Beratung oder Aufklärung über die Eigenschaften eines Werkes und dessen Funktionstauglichkeit ein Vertrag mit einem Unternehmer zustande, z.B. aufgrund eines Telefonats ohne die gebotene Untersuchung des Bauwerks, gehen etwaige Schadensersatzansprüche aus der vorvertraglichen Beratung in den Mängelansprüchen auf, die sich aus der Herstellung des mangelhaften Werks ergeben, wenn sich der aus der fehlerhaften Beratung oder Aufklärung geltend gemachte Schaden mit dem aus der Mängelhaftung deckt .

Die Auffassung von Bröker, dass ein Haftung des Unternehmers für die Putzmängel nur dann zu bejahen sei, "wenn von vorneherein feststehe, dass dieser Putz ungeeignet ist" entspricht nicht der vom BGH bereits in dem Putzsystem I Urteil vom 17.05.1984 vertretenen Auffassung und herrschenden Meinung:

"Der Auftragnehmer hat die Entstehung eines mängelfreien, zweckgerechten Werks zu gewährleisten. Entspricht seine Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie fehlerhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ausschlaggebend ist allein, dass der Leistungsmangel zwangsläufig den angestrebten Erfolg beeinträchtigt."


Die Überschrift der Urteilsbesprechung von Bröker: "Keine Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht bei sachkundigem Auftraggeber"(Hinweis: Die Redaktion hat die Überschrift inzwischen geändert) ist irreführend und sehr bedenklich. Die Prüf- und Bedenkenhin-weispflicht, deren Erfüllung zu einer Befreiung von der Mängelhaftung führt, greift nur ein, wenn ein Mangel auf die Leistungsbeschreibung oder auf verbindliche Anordnungen des Bestellers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder eine von ihm verbindlich vorgeschriebene Ausführungsweise zurückzuführen ist. Voraussetzung ist, dass die Vorgaben des Bestellers vom Unternehmer zwingend zu befolgen sind, die ihm also keine Wahl lassen.

Diese Voraussetzungen ergeben sich aus der OLG-Entscheidung nicht, sondern nur, dass der Unternehmer dem Besteller 2 Angebote unterbreitet hat. Wenn der Besteller lediglich ein Angebot des Unternehmers angenommen hat, liegt selbst dann keine bindende Anordnung des Bestellers vor, wenn er einen bestimmten Baustoff vorgeschlagen hat. Insoweit haftet der Unternehmer ohne jede Beschränkung auf sein Fachwissen, dass die Angebote zur Herstellung eines zweckentsprechenden und funktionstauglichen Werks geeignet sind.

Die Prüf- und Hinweispflicht des Unternehmers entfällt zudem nur ausnahmsweise, wenn er sich darauf verlassen kann, dass der fachkundige Besteller selbst oder seine bauleitenden Vertreter ein bestimmtes Risiko erkannt und bewusst in Kauf genommen haben und diese insoweit nicht von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind . Dass muss der Auftragnehmer beweisen. Die Erfahrung lehrt, dass auch erfahrenen Planern versehentliche Planungsfehler unterlaufen können. Daraus folgt, dass aus langjährigen Erfahrungen im Baugewerbe nicht gefolgert werden kann, dass einem Auftraggeber das Risiko der mangelnden Funktionstauglichkeit einer Leistung bewusst gewesen sein muss. Dass er einen Auftrag zur Herstellung eines nicht funktionstauglichen Werks erteilt hat, deutet darauf hin, dass ihm die entsprechende Konsequenz nicht bewusst war. Deshalb muss der Auftragnehmer sich in einer Weise vergewissern, dass der Besteller das Risiko der mangelnden Funktionstauglichkeit des Werks bewusst in Kauf genommen hat, dass ihm im Streitfall der entsprechende Beweis möglich ist. Diese Klärung entspricht letztlich einem nachweislichen Bedenkenhinweis.

Die eigene Sachkunde des Auftraggebers begründet deshalb nach zutreffender Auffassung grundsätzlich keine Beschränkung der Hinweispflicht des Auftragnehmers. Der sachkundige Auftraggeber hat die gleichen vertraglichen Rechte wie ein nicht sachkundiger . Die Sachkunde des Auftraggebers hat lediglich Einfluss auf den Umfang und den Inhalt des Bedenkenhinweises des Auftragnehmers

Das gilt erst recht, wenn keine verbindliche Vorgabe des Bestellers vorliegt. Darauf deutet der vom OLG mitgeteilte Sachverhalt hin. Der Besteller darf entgegen der Auffassung des OLG darauf vertrauen, dass der Unternehmer ihm Bauleistungen anbietet, die zur Herstellung eines funktionstauglichen Werks geeignet ist. Für den Ausschluss der Mängelhaftung des Unternehmers reicht es entgegen der Auffassung des OLG nicht aus, dass der Besteller aufgrund seiner Fachkunde erkennen konnte, dass die vereinbarte Bauleistung nicht zur Herstellung eines funktionstauglichen Werks geeignet ist und er eine Nachfrage beim Unternehmer unterlassen hat. Eine entsprechende Risikoübernahme durch den Besteller kann nur angenommen werden, wenn der Unternehmer ihn vor Abschluss des Vertrages oder jedenfalls vor Ausführung der Leistung über das vorhandene Risiko aufgeklärt und der Bauherr sich rechtsgeschäftlich mit der Risikoübernahme einverstanden erklärt hat .

Eine stillschweigende Vereinbarung eines Haftungsausschlusses kommt nur in Betracht, wenn sich aus dem Verhalten des Bestellers klar ergibt, dass er mit einem entsprechenden Haftungsausschluss einverstanden war. Das setzt voraus, dass sich der Unternehmer vergewissert hat, dass der Besteller das Baurisiko richtig erkannt hat und gleichwohl an der Baumaßnahme festhalten will .

Liegen ein Mangel und kein rechtsgeschäftlicher Haftungsausschluss oder keine rechtsgeschäftliche Risikoübernahme vor, so bleibt es bei der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung des Unternehmers.

Fußnoten:

IBRRS 2014, 2510
OLG München Urt. v. 05.06.2013 - 13 U 1425/12 Bau, IBRRS 2013, 2375
Vgl. Liebheit in Abstimmung mit Kniffka, Aachener Bausachverständigentage 2014
BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05 - Blockheizkraftwerk, Rdnr. 22; BGHZ 174, 110 = BauR 2008, 344 = NZBau 2008, 109; BGH, Urt. v. 29.09.2011 - VII ZR 87/11 - Dükervermessung, NJW 2011, 3780, BauR 2012, 115; BGH Urt. v. 21.4.2011 - VII ZR 130/10 - Rundbogenfenster, NZBau 2011, 415, IBR 2011, 399 m.w.Nachw.; Kniffka/Koeble, 6. Teil Rdnr. 25, 36.
Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. Rdnr. 1964 m.w.Nachw.
Eingehend Liebheit, BauSV 5/2014, 54, 55
BGH, Urt. v. 25.5.1972 - VII ZR 165/70; Urt. v. 27.2.1975 - VII ZR 138/74; Urt. v. 10.7.1975 - VII ZR 243/73; Kniffka, ibr-online Kommentar Bauvertragsrecht, vor § 631 BGB Rdnr. 117; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. § 311 Rdnr. 47, 18; MüKoBGB/Emmerich 6. Aufl., § 311 BGB, Rdnr. 95
BGH Urt. v. 17.05.1984 - VII ZR 169/82 (Putzsystem I), BauR 1984, 510, IBRRS 2007,0992
Kniffka/Krause-Allenstein, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 23.06.2014, § 634 Rdn. 39
BeckOK-VOB/B/Fuchs § 4 Abs. 3 VOB/B Rdnr. 2; Preussner, Der fachkundige Bauherr, 1. Aufl. 1998
Kniffka/Krause-Allenstein, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 23.06.2014, § 634 Rdn. 28; BGH, Urt. v. 17.5.1984 - VII ZR 169/82.
BGH, Urt. v. 20.06.2013 - VII ZR 4/12 (gefährliche Steilhanglage - Prüfung eines Mitverschuldens des Auftrag-gebers gem. § 254 BGB), BauR 2013, 1472; NZBau 2013, 515, IBR 2013, 546
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