Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
Online seit gestern
IBRRS 2024, 0943BGH, Beschluss vom 14.02.2024 - VII ZR 221/22
Das zwingende Preisrecht der HOAI 2013 ist bei Aufstockungsklagen auch gegenüber öffentlichen Auftraggebern weiterhin anwendbar.
VolltextOnline seit 27. März
IBRRS 2024, 0876OLG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2022 - 2 U 2012/14
1. Der Bauherr hat gegen den Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 = IBRRS 2018, 0964).
2. Bei der Frage, welche Sanierungslösung dem geschädigten Bauherrn zuzumuten ist (hier: Versickerung oder Abdichtung), ist insbesondere auf die Risiken, Erschwernisse und Belastungen des Bauherrn abzustellen.
3. Der geschädigte Bauherr ist auf Sanierungsmaßnahmen beschränkt, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Bauherrn zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Auch ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch wird nicht den Aufwand einer sich über Jahre hinweg und immer teurer werdenden Sanierungslösung hinnehmen, die letztlich nicht sicher zum Erfolg führt.
4. Eine merkantile Wertminderung des Grundstücks ist nicht in den Vorschussanspruch einzubeziehen. Sie gehört nicht zu den Kosten der Mangelbeseitigung, sondern stellt einen zusätzlichen Schadensposten dar.
5. Eine vorbehaltlose Zahlung auf die Honorarschlussrechnung kann eine konkludente Abnahme der (gesamten) geschuldeten Leistungen darstellen. Dabei kommt es darauf an, wie wichtig die noch ausstehenden Teile der geschuldeten Leistung für den Bauherrn sind. Gerade die Leistungsphase 9, die die ordnungsgemäße Kontrolle hinsichtlich möglicher Mängel des Bauwerks betrifft, ist für den Bauherrn wichtig.
VolltextOnline seit 22. März
IBRRS 2024, 0860LG Krefeld, Urteil vom 28.06.2023 - 5 O 303/21
1. Die Prüfbarkeit der Rechnung gem. § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB ist kein Selbstzweck, vielmehr ist auf das Informationsinteresse des Bestellers abzustellen, wie es sich aus seiner substantiiert vorgetragenen Einwendung ergibt.
2. Eine pauschal vorgetragene Rüge reicht nicht, sondern der Besteller muss deutlich machen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen. Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Besteller wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen einzusteigen.
3. § 650q Abs. 2 Satz 2, § 650c BGB ist anwendbar, wenn die Leistungen nicht vom Anwendungsbereich der HOAI erfasst sind. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten, wobei der Mehraufwand des Unternehmers meist in zusätzlich aufgewendeter Arbeitszeit besteht. Haben die Parteien einen Stundenlohnsatz vereinbart, muss für die zusätzlich aufgewandte Arbeitszeit auch dieser Stundensatz berücksichtigt werden.
VolltextOnline seit 19. März
IBRRS 2024, 0829OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2022 - 29 U 108/20
1. Ein Vertrag über die Dokumentation von Baumängeln und deren monetärer Bewertung ist als Werkvertrag zu qualifizieren. Das gilt auch dann, wenn es im Angebot heißt, dass auf den Vertrag die Vorschriften über den Dienstvertrag Anwendung finden.
2. Die Erklärung des Auftraggebers "Hau ab! Ich bin fertig mit Dir!", kann als fristlose Kündigung verstanden werden. Für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung ist aber nicht nur die Kündigungserklärung erforderlich, sondern auch das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrunds.
3. Haben die Parteien eines Werkvertrags vereinbart, dass der Vertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, kann eine aus wichtigem Grund erklärte Kündigung nicht in eine sog. freie Kündigung umgedeutet werden, wenn kein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt.
VolltextOnline seit 14. März
IBRRS 2024, 0811OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.01.2024 - 21 U 49/23
1. Bei einem per E-Mail geschlossen Architektenvertrag handelt es sich um ein Fernabsatzgeschäft, wenn die Parteien für den Vertragsschluss ausschließlich per Fernkommunikationsmittel kommuniziert haben.
2. Ein Verbraucher hat ein Widerrufsrecht, wenn er einen Fernabsatzvertrag geschlossen hat. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage.
3. Der Verbraucher ist nach einem erklärten Widerruf nicht zur Zahlung von Architektenhonorar oder Wertersatz verpflichtet, wenn der Architekt den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über die Pflicht zur Zahlung eines angemessenen Betrags für den Fall des Widerrufs informiert hat.
4. Einem Verbraucherwiderruf steht nicht entgegen, dass der Widerrufende als Rechtsanwalt tätig ist und somit über rechtliche Kenntnisse verfügt. Denn auch eine als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin berufstätige Person ist grundsätzlich Verbraucher.
VolltextOnline seit 7. März
IBRRS 2024, 0549KG, Beschluss vom 22.05.2023 - 7 U 4/23
1. Im Rahmen von Vertragsverhandlungen besteht keine generelle Pflicht über die Vorstrafen einer Person zu informieren, die in die Vertragserfüllung einbezogen werden soll. Vorstrafen müssen nur dann offenbart werden, wenn sie berechtigten Anlass zu der Befürchtung geben, dass eine Seite bei Abschluss des Vertrags diesen entweder nicht ordnungsgemäß erfüllen oder aber der Gegenseite durch die Verletzung von Nebenpflichten Schaden zufügen wird.
2. Die Vorbestraftheit einer Person genügt unabhängig von dem konkreten Tatvorwurf für sich genommen nicht, um berechtigte und schwerwiegende Zweifel an ihrer Eignung zur Vertragserfüllung zu begründen. Die Vorstrafe muss deshalb einschlägig sein, das heißt, in der Vorstrafe muss ein Eignungsdefizit in einem Persönlichkeits- und Anforderungsbereich zum Ausdruck kommen, der auch für den in Rede stehenden Vertrag von Bedeutung ist.
3. Die Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit ist einschlägig, wenn Vertragsgegenstand u. a. Leistungen der Leistungsphasen 7 und 8 nach der HOAI sind.
VolltextOnline seit 5. März
IBRRS 2024, 0741OLG Celle, Urteil vom 27.02.2024 - 13 U 57/23
Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks bei der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung in der Regel vor. Etwas anderes kann bei der Abwägung zwischen dem Erhaltungsinteresse des Urhebers einer Platzgestaltung und dem Interesse der Gemeinde an einer Umgestaltung des Platzes für eine geänderte Nutzung gelten, solange die Gemeinde weder Planungen für die endgültige Platzgestaltung erstellt hat noch die Planungen für eine beabsichtigte Zwischennutzung - über eine Ideenskizze hinaus - näher konkretisiert wurden.*)
VolltextOnline seit 1. März
IBRRS 2024, 0726OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.03.2023 - 21 U 69/21
1. Der Architekt hat bei der Prüfung der Schlussrechnung grundsätzlich nur die bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen für die Berechtigung der geltend gemachten Werklohnforderung zu prüfen.
2. Es liegt grundsätzlich außerhalb der Prüfungspflicht des Architekten, ob dem Nachtrag nach dem Ergebnis der erforderlichen Vertragsauslegung eine Mehrvergütungsansprüche rechtfertigende Änderung des Bauentwurfs zugrunde gelegen hat und die übrigen rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Mehrvergütungsanspruch vorgelegen haben.
3. Die Beantwortung der Frage, ob eine Nachtragsforderung des bauausführenden Unternehmers berechtigt ist, liegt außerhalb der Fragestellungen, für deren Richtigkeit der rechnungsprüfende Architekt mit seiner Rechnungsprüfung im Verhältnis zum Auftraggeber einzustehen hat. Geprüft werden muss allein das Zahlenwerk, nicht das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines möglichen Nachtragsanspruchs.