Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 18. April
IBRRS 2024, 1297OLG Köln, Urteil vom 08.04.2024 - 11 U 215/22
1. Die gegenüber einem Verbraucher bestehende Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI 2021 auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines über oder unter dem Basishonorarsatz liegenden Honorars gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars oder Pauschalhonorars.*)
2. Belehrt der Architekt oder Ingenieur den Verbraucher nicht ordnungsgemäß gem. § 7 Abs. 2 HOAI 2021 über die Möglichkeit, ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln vereinbarten Werte zu vereinbaren, führt dieser Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung, sondern nur dazu, dass das Honorar nach oben durch das Honorar nach den Basishonorarsätzen der HOAI begrenzt ist.*)
3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Falle eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI 2021 das vereinbarte Honorar unter dem sich aus den Basishonorarsätzen ergebenden Honorar liegt, trägt der Architekt bzw. Ingenieur.*)
4. Die auf das vereinbarte Honorar gestützte Klage ist nur schlüssig, wenn der Architekt oder Ingenieur neben dem vereinbarten Honorar auch das sich aus den Basishonorarsätzen ergebende Honorar schlüssig darlegt.*)
VolltextOnline seit 16. April
IBRRS 2024, 1038KG, Urteil vom 19.12.2023 - 21 U 24/23
1. Für die Einstufung der Leistungen eines Architekten als Dienst- oder Werkvertrag kommt es darauf an, ob ein Erfolg oder nur ein für das Arbeitsergebnis mittelbarer bedeutsamer Arbeitseinsatz geschuldet ist.
2. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Architekten, nach der dem Architekten ein Erfolgshonorar i.H.v. 10% des allein von ihm geschätzten Einsparpotenzials zusteht, räumt dem Architekten in unzulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein und ist unwirksam.
3. Gleichfalls unwirksam ist eine Regelung, nach der das Honorar 30 Tage nach Vorlage des Berichts über die vom Architekten ermittelten Einsparpotenziale fällig wird, weil sie dem gesetzlichen Leitbild in § 641 BGB widerspricht.
Online seit 9. April
IBRRS 2024, 1002OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.05.2023 - 11 U 144/22
1. Eine wissentliche Pflichtverletzung des Architekten führt zum Leistungsausschluss der Architektenhaftpflichtversicherung. Ein Verstoß gegen elementare Berufspflichten, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsträger vorausgesetzt werden kann, indiziert die Wissentlichkeit.
2. Zur Geltendmachung eines Deckungsanspruchs aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherten ist der geschädigte Dritte nicht aktivlegitimiert. Bei Haftpflichtversicherungsverträgen handelt es sich nicht um Verträge zugunsten Dritter. Der Geschädigte ist als möglicher Haftpflichtgläubiger auch kein Versicherter im Sinne der §§ 43 ff. VVG.
3. Zwischen Haftpflichtverhältnis und Deckungsverhältnis ist streng zu trennen (Trennungsprinzip). Rechtskräftige Entscheidungen im Haftpflichtprozess entfalten Bindungswirkung im späteren Deckungsprozess, soweit sie identische Voraussetzungen betreffen. Keine Bindungswirkung besteht, wenn der Geschädigte den Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der Direktklage in Anspruch nimmt.
4. Macht der Geschädigte gegen den Versicherer einen Direktanspruch klageweise geltend, hat er neben den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG auch alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den Haftpflichtanspruch gegen den versicherten Schädiger begründen.
VolltextOnline seit 4. April
IBRRS 2024, 0966OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2021 - 16 U 182/20
1. Bei schwer wiegenden, unvorhersehbaren und nicht vom Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen besteht ein Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (hier verneint).
2. Die konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe ist auch Voraussetzung für die schlüssige Darlegung eines Honoraranpassungsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
VolltextOnline seit 28. März
IBRRS 2024, 0943BGH, Beschluss vom 14.02.2024 - VII ZR 221/22
Das zwingende Preisrecht der HOAI 2013 ist bei Aufstockungsklagen auch gegenüber öffentlichen Auftraggebern weiterhin anwendbar.
VolltextOnline seit 27. März
IBRRS 2024, 0876OLG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2022 - 2 U 2012/14
1. Der Bauherr hat gegen den Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 = IBRRS 2018, 0964).
2. Bei der Frage, welche Sanierungslösung dem geschädigten Bauherrn zuzumuten ist (hier: Versickerung oder Abdichtung), ist insbesondere auf die Risiken, Erschwernisse und Belastungen des Bauherrn abzustellen.
3. Der geschädigte Bauherr ist auf Sanierungsmaßnahmen beschränkt, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Bauherrn zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Auch ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch wird nicht den Aufwand einer sich über Jahre hinweg und immer teurer werdenden Sanierungslösung hinnehmen, die letztlich nicht sicher zum Erfolg führt.
4. Eine merkantile Wertminderung des Grundstücks ist nicht in den Vorschussanspruch einzubeziehen. Sie gehört nicht zu den Kosten der Mängelbeseitigung, sondern stellt einen zusätzlichen Schadensposten dar.
5. Eine vorbehaltlose Zahlung auf die Honorarschlussrechnung kann eine konkludente Abnahme der (gesamten) geschuldeten Leistungen darstellen. Dabei kommt es darauf an, wie wichtig die noch ausstehenden Teile der geschuldeten Leistung für den Bauherrn sind. Gerade die Leistungsphase 9, die die ordnungsgemäße Kontrolle hinsichtlich möglicher Mängel des Bauwerks betrifft, ist für den Bauherrn wichtig.
Online seit 22. März
IBRRS 2024, 0860LG Krefeld, Urteil vom 28.06.2023 - 5 O 303/21
1. Die Prüfbarkeit der Rechnung gem. § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB ist kein Selbstzweck, vielmehr ist auf das Informationsinteresse des Bestellers abzustellen, wie es sich aus seiner substantiiert vorgetragenen Einwendung ergibt.
2. Eine pauschal vorgetragene Rüge reicht nicht, sondern der Besteller muss deutlich machen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen. Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Besteller wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen einzusteigen.
3. § 650q Abs. 2 Satz 2, § 650c BGB ist anwendbar, wenn die Leistungen nicht vom Anwendungsbereich der HOAI erfasst sind. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten, wobei der Mehraufwand des Unternehmers meist in zusätzlich aufgewendeter Arbeitszeit besteht. Haben die Parteien einen Stundenlohnsatz vereinbart, muss für die zusätzlich aufgewandte Arbeitszeit auch dieser Stundensatz berücksichtigt werden.
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