Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 16. April
IBRRS 2024, 0845AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.11.2023 - 980a C 19/23 WEG
1. Legt der Verwalter eigenmächtig gegen ein Urteil Berufung ein und informiert die Eigentümer auf einer Versammlung über das laufende Berufungsverfahren trotz ausdrücklicher Nachfragen einzelner Eigentümer nicht, so kann der Verwaltervertrag aus wichtigem Grund - ohne Abmahnung - gekündigt werden.
2. Zumindest in einem Fall der Interessenkollision ist die Verwaltung gehalten, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung über den Fortgang des Rechtsstreits einzuholen, weil sie anderenfalls ein eigenes Fehlverhalten zu retten versucht.
3. Nach einer Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund kann der Verwalter auch keine Vergütung mehr für die nächsten sechs Monate verlangen.
VolltextIBRRS 2024, 1277
OLG Dresden, Beschluss vom 04.03.2024 - 4 U 1980/23
1. Zur gebotenen Ausgangskontrolle, die sicherstellen soll, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig beim zuständigen Gericht eingeht, gehört insbesondere ein Abgleich mit dem Fristenkalender und die Prüfung der Eingangsbestätigung des Gerichts.*)
2. Sieht der Rechtsanwalt davon ab, diese Aufgaben seinem Büropersonal zu übertragen, hat er selbst hierfür Sorge zu tragen.*)
3. Mit einem Wiedereinsetzungsantrag, in dem lediglich glaubhaft gemacht wird, infolge des Umstandes, dass die Versendung eines Schriftsatz einen „alltäglichen Routinevorgang“ darstelle, an den infolgedessen „keine unmittelbare Erinnerung" mehr besteht, genügt der Rechtsanwalt seiner Darlegungslast nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 1276
OLG Bamberg, Beschluss vom 13.02.2024 - 6 U 42/23
1. Der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit (auch „Dringlichkeit“) liegt vor, wenn die objektiv begründete Gefahr besteht, dass durch Veränderung des status quo die Rechtsverwirklichung des Gläubigers mittels des im Hauptsacheprozess erlangten Urteils einschließlich dessen Vollstreckung vereitelt oder erschwert werden könnte.
2. Den Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit hat der Gläubiger glaubhaft zu machen
3. Die Eilbedürftigkeit ist von der materiell-rechtlich notwendigen Wiederholungsgefahr zu unterscheiden und getrennt von dieser glaubhaft zu machen.
VolltextOnline seit 15. April
IBRRS 2024, 1027OLG Bamberg, Urteil vom 02.03.2023 - 12 U 48/22
1. Im VOB/B-Vertrag sind in sich abgeschlossene Teile der Leistung auf Verlangen gesondert abzunehmen (§ 12 Abs. 2 VOB/B).
2. In sich abgeschlossene Teile der Leistung liegen vor, wenn sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als selbstständig und von den übrigen Teilleistungen aus demselben Bauvertrag unabhängig anzusehen sind. Das ist anzunehmen, wenn sie sich in ihrer Gebrauchsfähigkeit abschließend für sich beurteilen lassen, und zwar sowohl in ihrer technischen Funktionsfähigkeit als auch im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung.
3. Leistungsteile innerhalb eines Gewerks können grundsätzlich nicht als in sich abgeschlossen angesehen werden. Ihnen mangelt es regelmäßig an der Selbständigkeit, die eine eigenständige Beurteilung der Teilleistung ermöglicht. Dies kann bei klarer zeitlicher oder räumlicher Trennung anders sein, etwa dann, wenn die Leistungsteile an verschiedenen Bauwerken, z. B. an mehreren zu errichtenden Häusern zu erbringen sind.
VolltextIBRRS 2024, 1219
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.04.2023 - Verg 27/22
1. Der Nachprüfungsantrag ist grundsätzlich nur so lange der statthafte Rechtsbehelf, wie ein Vergabeverfahren noch nicht durch einen wirksamen Zuschlag abgeschlossen ist.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur, wenn der Zuschlag ohne Einhaltung der Informations- und Wartepflicht vergeben wurde oder im Fall einer Vergabe ohne vorherige EU-weite Bekanntmachung, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet war.
3. Auch für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nur dann Raum, wenn sich ein Nachprüfungsverfahren nach seiner Einleitung erledigt hat. Ein in einem nach wirksamer Zuschlagserteilung eingeleitetem Nachprüfungsverfahren gestellter isolierter Feststellungsantrag ist unzulässig.
VolltextIBRRS 2024, 1007
BVerwG, Urteil vom 28.09.2023 - 4 C 6.21
1. Eine Umweltvereinigung kann sich nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 UmwRG gegen die Zulassung einer Abweichung von Zielen der Raumordnung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG a. F. wenden, wenn an deren Stelle eine Änderung des Regionalplans (§ 8 i. V. m. § 7 Abs. 7 ROG) erforderlich gewesen wäre.*)
2. Die Zielabweichung unterfällt dem funktionalen Planbegriff des § 2 Abs. 7 UVPG.
3. Die Grundzüge der Planung sind dann berührt, wenn voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen durch die Zielabweichung nicht ausgeschlossen werden können, die auf dieser Planungsebene erkennbar sind (vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 ROG) und bei der planerischen Entscheidung über den Raumordnungsplan nicht berücksichtigt wurden.
VolltextIBRRS 2024, 1267
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.04.2024 - 10 B 103/24
1. Die Lagerung von Containerelementen (hier: mit den Maßen von jeweils 6,39 m Länge, 3,00 m Breite und 2,60 m Höhe) stellt entweder die Errichtung einer baulichen Anlage (der Containerelemente selbst) oder die Errichtung einer baulichen Anlage (eines Lagerplatzes) dar.
2. Eine (unbefestigte) Freifläche kann die Qualität eines Lagerplatzes nur dann haben, wenn auf ihr Gegenstände abgestellt oder abgelegt werden, um sie dort für einen gewissen Zeitraum aufzubewahren.
VolltextIBRRS 2024, 1235
LG Krefeld, Urteil vom 25.10.2023 - 2 S 16/23
1. Eine unberechtigte Kündigung (ebenso ein Widerruf) stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung aus dem Mietverhältnis dar, so dass der Kündigungsempfänger den durch die Kündigung entstandenen Schaden ersetzt verlangen kann.
2. Allerdings muss der Schaden nach den allgemeinen Kausalitätsgrundsätzen auch ursächlich auf die unberechtigte Kündigung zurückzuführen sein.
3. Dies ist dann der Fall, wenn das Verhalten des Gekündigten hierdurch herausgefordert wurde und keine ungewöhnliche oder gänzlich unangemessene Reaktion darstellt. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Kündigende die Kündigungsvoraussetzungen schlüssig dargetan hat und der Kündigungsempfänger keine Veranlassung hat, daran zu zweifeln; außerdem ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Kündigungsempfänger sich dem Druck des Kündigenden beugt, sofern dieser Druck ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit übersteigt-
4. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kündigungsempfänger die Unwirksamkeit der Kündigung/des Widerrufs kennt.
5. Zwar begründet eine Geltendmachung unbegründeter Ansprüche nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Ersatz der zur außergerichtlichen Abwehr des Anspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten. Besteht zwischen den Parteien aber ein Vertragsverhältnis oder eine sonstige Verbindung, kann die Geltendmachung eines unberechtigten Anspruchs eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB darstellen.
6. Darüber hinaus muss sich die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverteidigung auch als vernünftig und zweckmäßig darstellen.
VolltextIBRRS 2024, 0843
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28.07.2023 - 980a C 7/23 WEG
1. Die Gemeinschaft kann einen Rechtsanwalt beauftragen, ausstehende Hausgeldforderungen einzufordern.
2. Der säumige Eigentümer hat diese Anwaltskosten zu tragen.
VolltextIBRRS 2024, 1264
OLG Rostock, Beschluss vom 03.04.2024 - 7 U 2/24
Zur Frage des Beweises des Zugangs einer (einfachen) E-Mail; Verneinung eines Anscheinsbeweises.*)
VolltextIBRRS 2024, 1265
OLG Hamburg, Beschluss vom 06.04.2024 - 4 W 32/24
Vertritt ein Rechtsanwalt im streitigen Verfahren erster Instanz nur einen Auftraggeber und erst in der nachfolgenden Berufungsinstanz mehrere Auftraggeber, so erhöht sich die Verfahrensgebühr für die erste Instanz nach Nr. 3100 RVG-VV nicht, weil die Vertretung in der ersten Instanz und die Vertretung im Berufungsverfahren nicht dieselbe Angelegenheit i.S.d. Nr. 1008 RVG-VV sind.*)
VolltextIBRRS 2024, 1259
LG Darmstadt, Urteil vom 18.03.2024 - 18 O 7/24
Ein Terminverlegungsantrag, der zu einer Verzögerung von drei Wochen führt, kann die Annahme einer fehlenden Dringlichkeit rechtfertigen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1261
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.03.2024 - 2 A 2372/22
Ein Klagebegehren, das auf die Feststellung des Erlöschens einer Baugenehmigung unabhängig von der Möglichkeit der Beeinträchtigung nachbarrechtlicher Belange gerichtet ist, ist unzulässig.*)
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