Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
Online seit gestern
IBRRS 2024, 1432VG Karlsruhe, Beschluss vom 26.03.2024 - 2 K 4388/23
1. Bei der Formulierung in einer Angrenzerbenachrichtigung, Einwendungen könnten "schriftlich oder zur Niederschrift" bei der Behörde eingereicht werden, handelt es sich im Rahmen des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO (BauO BW 2010) in der vom 01.08.2019 bis zum 24.11.2023 geltenden Fassung um einen fehlerhaften und irreführenden Zusatz, der eine Präklusion ausschließt.*)
2. Fehlen in den Bauvorlagen Angaben zum Standort einer nach den sonstigen Aussagen der Bauantragsunterlagen geplanten Luft-Wasser-Wärmepumpe, so begründet dies für sich genommen in der Regel einen nachbarrechtsrelevanten Bestimmtheitsmangel der Baugenehmigung, wenn es möglich erscheint, dass die Wärmepumpe oder ein immissionsrelevanter Teil hiervon in kritischer Nähe zu Immissionsorten auf einem Nachbargrundstück aufgestellt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.01.2019 - 5 S 1913/18 -, VBlBW 2019, 415).*)
3. Die Frage, ob die Aufstellung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe in kritischer Nähe zu Immissionsorten möglich erscheint, ist unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu treffen, die die Eigenart der Nutzung der Grundstücke, die Immissionstoleranz der Umgebung und die bekannten immissionsrelevanten Parameter der Luft-Wasser-Wärmepumpe einbeziehen; es ist hierbei eine "Worst-Case-Betrachtung" anzustellen.*)
4. Zu der Frage, unter welchen Umständen hintere bzw. seitliche Baugrenzen mit Blick auf die ihnen gegenüberstehenden Grundstücke nachbarschützend oder allein im öffentlichen städtebaulichen Interesse wirken.*)
5. Erweist sich eine Baugenehmigung allein wegen eines Bestimmtheitsmangels, der aus unzureichenden Angaben im Bauantrag zur Immissionsneigung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe herrührt, als materiell rechtswidrig, so kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gleichwohl das Vollzugsinteresse des Bauherrn im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung das Suspensivinteresse des Antragstellers im Einzelfall überwiegen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 07.06.2023 - 2 Bs 38/23 -, NVwZ-RR 2023, 881).*)
VolltextOnline seit 23. Mai
IBRRS 2024, 1662BVerwG, Urteil vom 09.11.2023 - 4 CN 2.22
Die raumplanerische Zielfestlegung "Regionaler Grünzug" ist keine flächenscharfe, sondern eine funktionale Vorgabe und bedarf deshalb regelmäßig in besonderer Weise der Konkretisierung und Ausgestaltung durch die nachfolgende Planung.*)
VolltextOnline seit 22. Mai
IBRRS 2024, 1646OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.11.2023 - 1 KN 11/19
Eine Abweichung zwischen Auslegungszeit und Verfügbarkeit im Internet mag mit einem Tag zwar marginal sein. Vor dem Hintergrund eines einfachen und effektiven Zugangs der Öffentlichkeit sind indes strenge Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Online-Beteiligungsverfahren zu stellen.
VolltextOnline seit 17. Mai
IBRRS 2024, 1615OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2024 - 2 M 18/24
1. Die tatsächlich vorhandenen Bebauungen bzw. Nutzungen sind für die Bestimmung der Zulässigkeit der Nutzungsart gem. § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB unabhängig davon maßgeblich, ob sie vormals in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Vorschriften errichtet und genutzt worden sind.*)
2. Ist die Geltungsdauer eines zugesicherten Verwaltungsakts selbst - wie im Fall der Baugenehmigung (§ 72 Abs. 1 BauO-SA) - gesetzlich befristet, geht der Bindungswille der Behörde bei einer Zusicherung in der Regel nicht weiter als die gesetzliche Frist des zugesicherten Verwaltungsakts.*)
3. Auf den konkreten Betrieb bezogene Gründe, die eine Betriebswohnung als notwendig erscheinen lassen, können dann vorliegen, wenn die Art der Betriebsorganisation eine Flexibilität des Betriebsinhabers und -leiters verlangt, nach der er praktisch jederzeit für die Abwicklung von Kundenwünschen zur Verfügung stehen muss; zudem kann in solchen Fällen der Aspekt der erhöhten Einbruchssicherung dann von Bedeutung sein, wenn Gegenstände von nicht ganz unbedeutendem Wert gelagert werden. Allerdings rechtfertigt nicht jede abstrakte Gefahr eines Diebstahls die Anwesenheit des Betriebsinhabers auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten und damit die Zulassung einer Wohnnutzung im Gewerbegebiet.*)
4. Wegen der Grundstücksbezogenheit des materiellen Baurechts müssen persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen beim Erlass bauaufsichtlicher Verfügungen im Rahmen des Ermessens – jedenfalls im Regelfall - nicht berücksichtigt werden.*)
5. Die sofortige Vollziehung einer Untersagung der Nutzung von Wohnraum muss nicht schon deshalb unterbleiben, weil der Nutzer zum Aus-. bzw. Umzug gezwungen ist, wenn ihm die Behörde eine Frist zur Einstellung der Wohnnutzung einräumt, die ausreicht, um eine andere, bedarfsgerechte Wohnung zu finden.*)
VolltextOnline seit 16. Mai
IBRRS 2024, 1608OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.04.2024 - 2 M 22/24
1. Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird auch dann überschritten, wenn durch die Änderung andere Emissionsverhältnisse oder sonstige veränderte Auswirkungen begründet werden, an die das Städtebaurecht zugleich andere Folgen knüpft, etwa hinsichtlich der Zumutbarkeit für Nachbarn.*)
2. Um den erforderlichen Vergleich zwischen genehmigter und ausgeübter Nutzung anstellen zu können, kommt es maßgeblich auf den Inhalt der bestehenden Baugenehmigung an. Derjenige, der sich auf einen Bestandsschutz für die von ihm ausgeübte Nutzung aufgrund einer früheren Baugenehmigung beruft, ist nicht nur für das Vorliegen einer Baugenehmigung beweispflichtig, sondern auch für deren Umfang bzw. Inhalt.*)
3. Die Bauaufsichtsbehörde darf sich beim Einschreiten gegen nicht genehmigte Nutzungen auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag.*)
VolltextIBRRS 2024, 1611
VG Karlsruhe, Urteil vom 08.04.2024 - 2 K 3865/23
Einem "Einreichen" eines Bauantrags bzw. einer Bauvoranfrage bei der Gemeinde i. S. des § 36 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 BauGB und i. S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 LBO-BW (i.d.F. vom 01.08.2019) entspricht es nicht, wenn der Bauherr diese an die Baurechtsbehörde des Landratsamts adressiert und in Textform per E-Mail an die Baurechtsbehörde versendet, wenn er gleichzeitig der Gemeinde lediglich eine Kopie der E-Mail zukommen lässt.*)
VolltextOnline seit 15. Mai
IBRRS 2024, 1568OVG Thüringen, Beschluss vom 06.02.2020 - 1 ZKO 548/18
1. Die Frage, ob die für eine Bebauung vorgesehene Fläche Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist oder planungsrechtlich im Außenbereich liegt, ist unabhängig von den Grundstücksgrenzen anhand äußerlich erkennbarer Umstände zu beurteilen (wie BVerwG, Beschluss vom 08.10.2015 - 4 B 28.15 -, IBRRS 2015, 3585).*)
2. Das planerisch gesteuerte Ausufern eines Ortsteils stellt auch dann die unerwünschte Entstehung einer Splittersiedlung dar, wenn es auf lange Sicht zu einem "Lückenschluss" und damit zu einem ungeplanten Zusammenwachsen zweier Ortsteile führt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1572
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.11.2023 - 10 A 1016/21
1. Eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte GmbH in der Rolle der Klägerin und Berufungsbeklagten ist nicht deshalb ausnahmsweise beteiligtenfähig, weil sie im Fall der Zurückweisung der Berufung einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte erlangt.*)
2. Eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte GmbH kann eine begehrte Baugenehmigung nicht mehr ausnutzen und grundsätzlich auch nicht wirtschaftlich verwerten, so dass ihrer Klage das Rechtschutzbedürfnis fehlt.*)
3. Bei einer wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöschten GmbH ist für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch erforderlich, die Liquidität der Gesellschaft im Hinblick auf die Finanzierung eines nachfolgenden Amtshaftungsprozesses substantiiert darzulegen.*)
4. Führt ein Vertreter für eine nicht mehr beteiligtenfähige Gesellschaft ein gerichtliches Verfahren fort, sind ihm - wie einem vollmachtlosen Vertreter - die Kosten aufzuerlegen.*)
VolltextOnline seit 14. Mai
IBRRS 2024, 1566BVerwG, Urteil vom 09.11.2023 - 4 CN 2/22
Die raumplanerische Zielfestlegung "Regionaler Grünzug" ist keine flächenscharfe, sondern eine funktionale Vorgabe und bedarf deshalb regelmäßig in besonderer Weise der Konkretisierung und Ausgestaltung durch die nachfolgende Planung.*)
VolltextIBRRS 2024, 1571
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.12.2023 - 1 ME 121/23
1. Der Grundsatz, dass bei bauaufsichtlichen Verfügungen, die zum Verlust von Bausubstanz führen, das Aussetzungs- regelmäßig das Vollzugsinteresse überwiegt, gilt nicht nur dann, wenn die zu beseitigende Bausubstanz in der Vergangenheit Bestandsschutz genossen hat oder teilweise noch genießt.*)
2. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn die Rechtswidrigkeit in einer Weise auf der Hand liegt, dass sich die Inanspruchnahme von Rechtsbehelfen von vornherein als missbräuchlich darstellte.*)
3. Eine Ausnahme kommt ferner in Frage, wenn wiederholte Baurechtsverstöße darauf hindeuten, dass Bauherren die mit Widerspruch und Anfechtungsklage verbundene aufschiebende Wirkung gezielt instrumentalisieren, um von ihnen selbst als baurechtswidrig erkannte Vorhaben möglichst lange nutzen zu können ("notorischer Schwarzbauer").*)
4. Eine besondere Breiten- bzw. Nachahmungswirkung rechtfertigt die sofortige Vollziehung einer Beseitigungsverfügung nur, wenn entweder bereits ein konkreter Nachahmungsfall benannt werden kann oder aber das Vorhaben seiner Natur nach so attraktiv ist, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit einer stark erhöhten Nachahmungsgefahr zu rechnen ist. Hinzukommen muss, dass ausnahmsweise schon der vorübergehende Fortbestand der Anlage bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens die Nachahmungsgefahr bewirkt.*)
VolltextOnline seit 13. Mai
IBRRS 2024, 1493OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.11.2023 - 1 KN 66/21
1. Für die Frage, wann Geruchsimmissionen, denen das Plangebiet ausgesetzt ist, so belästigend wirken, dass sie der Ausweisung von zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebieten entgegenstehen oder jedenfalls einer Überwindung durch gewichtigere Belange bedürfen, geben namentlich die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) und die TA Luft 2021 Orientierungspunkte. Werden die dort für den geplanten Baugebietstyp genannten Immissionswerte eingehalten, so kann die planende Gemeinde in ihrer Abwägung regelmäßig ohne weitere Überlegungen davon ausgehen, dass sich das Plangebiet für die vorgesehene Nutzung in geruchstechnischer Hinsicht eignet.*)
2. Sind die Immissionswerte überschritten und intensiviert die planende Gemeinde bestehende oder ermöglicht sie neue Nutzungen, muss sie gewichtige städtebauliche Gründe anführen und sich um kompensatorische Maßnahmen bemühen, um den gebotenen Immissionsschutz anderweitig sicherzustellen.*)
3. Die Ausweisung von Außenbereichsflächen mit teilprivilegierter Wohnnutzung als Baugebiet ist in der Regel selbst dann eine Nutzungsintensivierung mit der Folge, dass etwaige Immissionskonflikte planerisch zu bewältigen sind, wenn eine räumliche Ausdehnung des Baubestands durch Festsetzungen unterbunden wird. Gleiches gilt, wenn vorhandene, im Außenbereich nicht entwicklungsfähige Gemeinbedarfsnutzungen planerisch festgesetzt werden.*)
VolltextOnline seit 10. Mai
IBRRS 2024, 1492OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.2023 - 10 D 275/21
1. Für die Frage, ob ein Einzelhandelskonzept wegen seines Alters seine rechtfertigende Wirkung für einen Einzelhandelsausschluss in einem Bebauungsplan verloren hat, gibt es keine bestimmte zeitliche Grenze, sondern kommt es maßgeblich darauf an, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass gerade die auf die jeweils in Rede stehende Bauleitplanung bezogenen Prämissen des Konzepts nicht mehr gelten könnten.*)
2. Werden durch Festsetzungen eines Bebauungsplans Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten ausgeschlossen, verstoßen diese grundsätzlich nicht gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wenn der Flächennutzungsplan den Bereich als Kerngebiet darstellt.*)
3. Sieht ein Einzelhandelskonzept eine Ausnahmemöglichkeit von einem grundsätzlich vorgesehenen Einzelhandelsausschluss vor, setzt ein abwägungsfehlerfreies Absehen von der Ausnahme nicht voraus, dass deren im Konzept genannten Voraussetzungen zutreffend durchgeprüft und verneint worden sind.*)
VolltextOnline seit 8. Mai
IBRRS 2024, 1413OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.10.2023 - 1 MB 16/23
Flüchtlingsunterkünfte stellen bauliche Anlagen für soziale Zwecke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO dar und sind in einem faktischen Dorfgebiet planungsrechtlich zulässig.
VolltextOnline seit 7. Mai
IBRRS 2024, 1506OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.2024 - 7 A 494/23
1. Zur Abgrenzung einer dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnende Baulücke von einer sog. Außenbereichsinsel.
2. Von einer Außenbereichsinsel ist auszugehen, wenn der Bereich, in dem das geplante Vorhaben errichtet werden soll, zwar auf allen vier Seiten von Bebauung umgeben ist, die bestehende Freifläche aber so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt. Dagegen liegt eine Baulücke - und damit ein Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB - vor, wenn das Baugrundstück noch durch die den Rahmen für die Umgebungsbebauung bildende Bebauung (vor-) geprägt wird.
3. Wesentliche Kriterien sind der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Die Umgebungsbebauung muss das Grundstück in einer Weise prägen, dass eine Bauleitplanung nicht erforderlich ist, weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen selbst setzt.
4. Für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich und damit auch zwischen Baulücke und Außenbereichsinsel ist maßgeblich, ob das unbebaute Grundstück, das sich an einen Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht. Das wiederum hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.
5. Die Frage, ob ein Grundstück im Bebauungszusammenhang liegt, ist nicht ausschließlich danach zu beurteilen, ob es von Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, also selbst an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt.
VolltextOnline seit 6. Mai
IBRRS 2024, 1480OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.04.2024 - 1 MN 161/23
1. Sollen die Flächen eines Solarparks unterhalb der Module zu einem vergleichsweise hochwertigen Biotop entwickelt werden und handelt es sich insofern um ein identitätsbestimmendes Merkmal des Vorhabens (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB), muss der Vorhaben- und Erschließungsplan die dafür erforderlichen Mindestabstände und -höhen der Module verbindlich festsetzen.*)
2. Bei der nach Nr. 18.7 der Anlage 1 zum UVPG erforderlichen Bestimmung der zulässigen Grundfläche des Städtebauprojekts im Außenbereich sind bei einem Solarpark auch die Flächen mitzurechnen, die von den einzelnen Modulen ohne Bodenkontakt lediglich überdeckt werden.*)
3. Ein Solarpark im Außenbereich, der in einer flachen, offenen Landschaft weithin sichtbar ist, bewirkt grundsätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds i.S.v. § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB, § 14 Abs. 1 BNatSchG. Diese Beeinträchtigung ist nach Maßgabe des § 1a Abs. 3 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 2 BNatSchG auszugleichen. Der notwendige Ausgleich kann insbesondere durch eine randlliche Eingrünung in ausreichender Höhe erfolgen.*)
4. Wird ein Solarpark auf Flächen errichtet, die ein - wenngleich weniger geeignetes - Brut- und Rastgebiet für vom Aussterben bedrohte Vogelarten darstellen, ist die damit verbundene Veränderung des Naturhaushalts auszugleichen oder zu ersetzen (§ 15 Abs. 2 BNatSchG). Ersatzmaßnahmen erfordern die Herstellung ähnlicher, wenngleich mit der beeinträchtigten Funktion nicht identischer Funktionen. Erforderlich ist mindestens die Herstellung oder Aufwertung eines Lebensraums für artenschutzrechtlich vergleichbar bedeutende Tierarten.*)
VolltextOnline seit 3. Mai
IBRRS 2024, 1471OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.04.2024 - 10 B 96/24
1. Ein hinsichtlich seines Äußeren denkmalwertes Gebäude stellt im Regelfall insgesamt ein Baudenkmal dar, da das Äußere und das Innere eines Gebäudes grundsätzlich eine Einheit bilden und daher eine einheitliche Unterschutzstellung auch dann nahe legen, wenn das Innere des Gebäudes in seiner Bedeutung gegenüber dem Äußeren in gewissem Umfang zurücktritt.
2. Ein Baudenkmal ist zwingend in die Denkmalliste einzutragen, wenn die Denkmaleigenschaft gegeben ist. Daran ändert sich nichts, wenn es im Geltungsbereich einer Denkmalbereichssatzung steht.
VolltextOnline seit 2. Mai
IBRRS 2024, 1454VGH Bayern, Beschluss vom 27.03.2024 - 1 ZB 23.1548
1. Eine Wohnhauserweiterung im Außenbereich ist nur dann angemessen, wenn sie ausgehend von den objektiven Verhältnissen des Eigentümers und seiner Familie der angemessenen Wohnraumversorgung der Familienangehörigen zu dienen bestimmt ist. Auf die selbst bestimmten Bedürfnisse der Bewohner kommt es dabei nicht an.
2. „Erweiterung“ bedeutet in diesem Zusammenhang die bloße Vergrößerung des eigengenutzten Wohngebäudes, ohne dass dadurch dessen bisheriger Charakter verloren ginge.
3. Die Verfestigung einer vorhandenen Splittersiedlung ist „zu befürchten“, wenn sich die geplante Erweiterung dem vorhandenen Bestand nicht deutlich unterordnet.
VolltextOnline seit 30. April
IBRRS 2024, 1424BVerwG, Beschluss vom 26.03.2024 - 4 B 1.24
1. Die Verfestigung einer Splittersiedlung meint die Auffüllung eines schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs, was bei einer Erweiterung eines Bestandsbaus gegeben ist. Sie ist dann zu befürchten, wenn sie im Sinne eines Vorgangs der Zersiedlung unerwünscht ist.
2. Davon ist unter anderem dann auszugehen, wenn das Vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich weiter zersiedelt würde.
VolltextOnline seit 29. April
IBRRS 2024, 1396OVG Niedersachsen, Urteil vom 17.04.2024 - 1 LB 41/23
1. Eine Grundstücksgrenze kann auch ohne weitere trennende Elemente ausnahmsweise die Grenze zwischen zwei faktischen Baugebieten i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB bilden. Das setzt aber voraus, dass dort - auch äußerlich erkennbar - zwei in sich homogene, aber voneinander in der Nutzungsstruktur klar abgegrenzte Bebauungszusammenhänge aufeinandertreffen.*)
2. Eine Spielhalle mit einer Nutzfläche von 101 qm ist kerngebietstypisch i.S.v. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, wenn die in der gebotenen Gesamtschau zu betrachtenden weiteren Merkmale - hier Verbundstandort mit Gaststättenbetrieb, Ausstattung mit acht Geldspielgeräten, großzügige Öffnungszeiten, verkehrsgünstige Lage an überörtlicher Hauptverkehrsstraße - nicht ausnahmsweise ein anderes Bild ergeben.*)
VolltextIBRRS 2024, 0955
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.11.2023 - 8 B 1049/23
1. Die Einbeziehung eines Änderungsbescheids in ein gegen die ursprünglich erteilte Genehmigung anhängiges Klageverfahren ist sachgerecht und geboten, weil die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung die Ursprungsgenehmigung nicht gegenstandslos werden lässt, sondern vielmehr mit der Ursprungsgenehmigung verschmilzt, wenn der Betreiber sie umgesetzt oder wenn dieser während eines noch gegen die Ursprungsgenehmigung anhängigen Klageverfahrens unmissverständlich erklärt hat, von der Genehmigung in der ursprünglichen Form keinen Gebrauch mehr zu machen.*)
2. Die Klagebegründungsfrist nach § 6 UmwRG wird nur durch die (erstmalige) Klageerhebung ausgelöst, nicht aber die Einbeziehung von angewachsenen Änderungen oder Ergänzungen eines Bescheides in das Klagebegehren (wie OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.08.2020 - 20 A 1923/11 -, NVwZ-RR 2021, 568).*)
3. Die Auswechslung des Anlagentyps einer Windenergieanlage bedarf keiner Neugenehmigung, sondern nach § 16b Abs. 7 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 BImSchG lediglich einer Änderungsgenehmigung.*)
4. § 16b Abs. 7 Satz 1 BImSchG, wonach im Rahmen des Änderungsgenehmigungsverfahrens nur dann Anforderungen geprüft werden, soweit durch die Änderung des Anlagentyps im Verhältnis zur genehmigten Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden und diese für die Prüfung nach § 6 BImSchG erheblich sein können, ist - mangels abweichender Überleitungsvorschriften - als nachträgliche Rechtsänderung zugunsten des Vorhabenträgers zu berücksichtigen.*)
VolltextOnline seit 26. April
IBRRS 2024, 1387OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2024 - 10 S 33/23
1. Eine Gutachtenauflage ist geeignet und erforderlich, um gesicherte Aussagen über die Standsicherheit des Gebäudes und die zur Gefahrenabwehr gebotenen Maßnahmen zu erhalten.
2. Der Umstand, dass der von der Baubehörde in Anspruch genommene Eigentümer das Eigentum an dem Bauwerk kraft Erbfolge erlangt und nicht durch Rechtsgeschäft erworben hat, macht seine Inanspruchnahme als (Zustand-)Störer nicht unverhältnismäßig.
VolltextIBRRS 2024, 1308
VG Hamburg, Urteil vom 15.01.2024 - 12 K 4309/19
1. Eine Fiktion des Beginns der Entscheidungsfrist des § 61 Abs. 3 Satz 1 HBauO wegen treuwidrigen Verhaltens der Bauaufsichtsbehörde kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Unvollständigkeit der Bauvorlagen mit einer Unbestimmtheit des zur Genehmigung gestellten Vorhabens einhergeht.*)
2. Wenn die Gemeinde infolge der Unwirksamerklärung eines Bebauungsplans im Normenkontrollverfahren ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchführt, nach dessen Abschluss der Bebauungsplan rückwirkend in Kraft gesetzt werden soll, kann sie eine nach § 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft getretene Veränderungssperre unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 bis 3 BauGB erneut beschließen.*)
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