Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Zivilprozess & Schiedswesen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2024, 0627OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.01.2024 - 12 KN 61/21
1. Ein anerkannter Umweltverband kann keinen zulässigen Normenkontrollantrag gegen einen Regionalplan stellen, der Flächen für die Windenergienutzung ausweist.*)
2. Die Kosten einer anwaltlichen Vertretung des Antragsgegners einer Normenkontrolle sind grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts erst erfolgt ist, nachdem sich die Normenkontrolle bereits im Hinblick auf § 45 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO und die Rechtskraft eines Normenkontrollurteils in einem Parallelverfahren in der Hauptsache erledigt hatte.*)
VolltextOnline seit 8. Mai
IBRRS 2024, 1523OLG München, Beschluss vom 17.04.2024 - 7 U 242/24
1. Ein elektronisch übermitteltes, einfach signiertes Dokument erfüllt die für bestimmende Schriftsätze erforderliche Form, wenn es auf einem sicheren Übermittlungswege übermittelt wurde und die Authentizität einfach signierter Dokumente dadurch gewährleistet wird, dass die das Dokument verantwortende Person selbst das Dokument an die Justiz übermittelt hat.
2. Enthält der dem Schriftsatz zugehörige Prüfvermerk den Vermerk „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“, ist davon auszugehen, dass die Versendung des einfach signierten elektronischen Dokuments von dem entsprechenden Anwalt als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs selbst vorgenommen wurde.
VolltextOnline seit 7. Mai
IBRRS 2024, 1505OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.04.2024 - 8 W 7/24
1. Gegenanträge sind im selbständigen Beweisverfahren nur zulässig, wenn sie rechtzeitig gestellt werden und nicht zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens führen (Anschluss OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.09.2002 - 13 W 2914/02, IBRRS 2003, 1704 = IMRRS 2003, 0677).*)
2. Eine Beweisanordnung kommt - auch im selbständigen Beweisverfahren - nicht in Betracht, wenn sie eine Bauteilöffnung in einer Wohnung erfordert, der der Berechtigte nicht zustimmt.*)
VolltextOnline seit 3. Mai
IBRRS 2024, 1470BAG, Beschluss vom 21.03.2024 - 2 AZN 785/23
Die Partei, die die Vernehmung eines Zeugen beantragen will, hat den Zeugen zu benennen und die Tatsachen zu bezeichnen, über die dieser vernommen werden soll. Der Beweisführer muss sich nicht dazu äußern, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptung hat.
VolltextOnline seit 2. Mai
IBRRS 2024, 1447BGH, Beschluss vom 26.03.2024 - VIII ZR 89/23
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der Inanspruchnahme eigener Sachkunde des Gerichts im Rahmen der Schadensschätzung (hier entgangener Gewinn, § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO; im Anschluss an BVerfG, NJW 2003, 1655, unter II. 1.; BVerfG, Beschluss vom 09.10.2007 - 2 BvR 1268/03, BeckRS 2007, 28255; ; BVerfG, NJW 2021, 50, Rz. 20; BGH, Urteil vom 06.12.1995 - VIII ZR 270/94, NJW 1996, 584, unter II. 3. b) cc); Beschluss vom 09.01.2018 - VI ZR 106/17, Rz. 16, IBR 2018, 424 = NJW 2018, 2730).*)
VolltextOnline seit 30. April
IBRRS 2024, 1417BVerfG, Beschluss vom 04.03.2024 - 2 BvR 184/22
1. Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Verfahrensbeteiligten das Recht, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten, sich nicht nur zum Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern.
2. Grundsätzlich verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen.
3. Lediglich in besonderen Fällen ist es von Verfassungs wegen geboten, den Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zu Grunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Art. 103 Abs. 1 GG enthält damit ein auf die Rechtslage bezogenes Verbot von Überraschungsentscheidungen.
4. Die Parteien eines Berufungsverfahrens dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihnen das Berufungsgericht, wenn es in einem entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkt von der Rechtsauffassung des vorinstanzlich mit der Sache befassten Gerichts abweicht, einen Hinweis gem. § 139 ZPO erteilt.
5. Den Parteien ist im Berufungsverfahren nach einem Hinweis des Berufungsgerichts, dass und aufgrund welcher Erwägungen es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, auch Gelegenheit zu geben, ihren Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten.
VolltextOnline seit 26. April
IBRRS 2024, 1384OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.03.2024 - 21 W 13/24
1. Die Frage der Zulässigkeit einer Streitverkündung ist grundsätzlich nicht im Hauptprozess, sondern erst im Folgeprozess zwischen dem Streitverkünder und dem Streitverkündungsempfänger zu prüfen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Streitverkündung nicht statthaft ist.
2. Die Streitverkündung kann nur einem Dritten gegenüber erklärt werden. Keine Dritten in diesem Sinne sind - insoweit bereits denklogisch - die Parteien selbst.
3. Eine unstatthafte Streitverkündung muss nicht zugestellt werden.
VolltextOnline seit 24. April
IBRRS 2024, 1362BGH, Beschluss vom 14.03.2024 - V ZB 2/23
Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17.01.2024 - XII ZB 88/23, IBRRS 2024, 0706 = BeckRS 2024, 2621).*)
VolltextOnline seit 22. April
IBRRS 2024, 1330OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2024 - 12 U 127/22
1. Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.*)
2. Die Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.*)
3. Es ist den Parteien nicht möglich, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1233
LG Itzehoe, Beschluss vom 24.05.2023 - 11 T 46/22
Bei der Anfechtungsklage gegen einen Nichtbeschluss beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf die Feststellung, dass ein Beschluss nicht gefasst wurde. Eine auch nicht potentielle inhaltliche Prüfung des von dem "Nichtbeschluss" erfassten Streitgegenstands erfolgt nicht. Damit ist lediglich der Mindeststreitwert anzusetzen.
VolltextOnline seit 19. April
IBRRS 2024, 1300OLG Köln, Beschluss vom 02.04.2024 - 17 W 42/24
1. Die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH, IBR 2012, 431).
2. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war. Hierzu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH, a.a.O.; OLG Köln, IBR 2010, 1129 - nur online).
VolltextOnline seit 18. April
IBRRS 2024, 1303BGH, Beschluss vom 09.11.2023 - I ZB 32/23
1. Unter die Geschäftsgeheimnisstreitsachen i.S.d. § 16 Abs. 1 GeschGehG fallen auch selbständige Beweisverfahren.*)
2. Soweit § 20 Abs. 5 Satz 4 GeschGehG die Anfechtbarkeit von Anordnungen nach § 16 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 GeschGehG beschränkt, gilt dies nicht für in einem selbständigen Beweisverfahren ergangene Anordnungen. Insbesondere kann ein dem selbständigen Beweisverfahren eventuell nachfolgendes Klageverfahren nicht als Hauptsache i.S.d. § 20 Abs. 5 Satz 4 GeschGehG zu dem selbständigen Beweisverfahren angesehen werden.*)
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