Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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IBRRS 2025, 3188
Bauhaftung
OLG Schleswig, Urteil vom 24.10.2025 - 10 U 32/25
1. Das Wasserversorgungsunternehmen hat auf die berechtigten Interessen der Anschlussnehmer Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört es, bei der Auswahl des Verfahrens zur Herstellung des Anschlusses diejenige Methode zu wählen, die bei vergleichbarem Aufwand möglichst wenig Einwirkung auf die Substanz des Gebäudes des Anschlussnehmers nimmt.
2. Das Unternehmen muss die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik planen und ausführen und hat die im jeweiligen Fall gebotene Sorgfalt anzuwenden, um Schäden am Eigentum der Anschlussnehmer zu vermeiden.
3. Jedenfalls bei einem erkennbar besonders schlechten Zustand einer altersbedingt abgängigen Kellerabdichtung hat der Wasserversorger den Anschlussnehmer darauf hinzuweisen, dass zunächst eine funktionierende Abdichtung herzustellen ist, ehe neue Wasserleitungen verlegt werden.
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IBRRS 2025, 3177
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 15.10.2025 - VK 2-83/25
1. Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Frage, ob ihm der Gesamtpreis (einschließlich sämtlicher Optionen) eines Bieters ungewöhnlich niedrig erscheint, grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum zu.
2. Der Einschätzungsspielraum verdichtet sich zu einer Pflicht zur Durchführung einer Auskömmlichkeitsprüfung, wenn die Aufgreifschwelle von mindestens 20% zwischen dem Angebotspreis und dem nächsthöheren Angebotspreis überschritten wird; Bezugspunkt kann auch die Auftragswertschätzung des öffentlichen Auftraggebers sein.
3. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der öffentliche Auftraggeber bei einem Auftrag über Ingenieurleistungen mit einem vorgesehenen HOAI-Berechnungshonorar die Angemessenheit des Gesamtpreises in der Weise prüft, dass er den vom Bieter kalkulierten Zeitaufwand für die Auftragsdurchführung dem - nach einer plausiblen Schätzung des öffentlichen Auftraggebers - objektiv erforderlichen Zeitaufwand gegenüberstellt.
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IBRRS 2025, 3185
Öffentliches Baurecht
BVerwG, Urteil vom 08.04.2025 - 9 C 1.24
Zu den Voraussetzungen einer Erschließung sogenannter gefangener Hinterliegergrundstücke bei Eigentümeridentität.*)
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IBRRS 2025, 3215
Gewerberaummiete
OLG München, Urteil vom 13.11.2025 - 32 U 1397/25
1. Zu den Voraussetzungen einer fristlosen Mieterkündigung ohne Abmahnung.*)
2. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters wird fällig mit Rückgabe der Mietsache und Zugang einer Abrechnung beim Mieter.*)
3. Kommt der Vermieter einem Auskunftsverlangen des Mieters hinsichtlich der Abrechnung der Kaution nicht nach, so muss er sich gemäß §§ 242, 162 BGB so behandeln lassen, als hätte er über die Kaution abgerechnet.*)
4. Zur Abrechnungsfrist in einfachen Fällen.*)
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IBRRS 2025, 2749
Mietrecht
OLG Hamburg, Urteil vom 15.10.2025 - 4 U 33/25
1. Wird der Sportwagen des Mieters bei der Ausfahrt aus einer Tiefgarage durch das elektrisch betriebene Rolltor beschädigt, kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auch dann vorliegen, wenn ein Drucksensor und eine zweite Sicherheitseinrichtung in Form einer Lichtschranke vorhanden sind. Das ist dann der Fall, wenn der Abstand zwischen der Schließebene des Tores und dem öffentlichen Straßenraum ungewöhnlich gering ist.
2. Die Verkehrssicherungspflicht trifft nicht nur den Eigentümer, sondern auch den Vermieter, der sich nicht auf einen pauschalen Haftungsausschluss ohne Rücksichtig auf die Schadensursache oder auf technische Besonderheiten des beschädigten Fahrzeugs berufen kann.
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IBRRS 2025, 3193
Kaufrecht
OLG München, Beschluss vom 08.12.2025 - 24 U 2844/25
1. Der Käufer eines Batteriespeichers hat regelmäßig keinen Anspruch auf mangelbedingten Schadensersatz gegen den Hersteller eines Batteriespeichers.
2. Ansprüche aus einem Garantievertrag kommen nur in Betracht, wenn ein Garantiefall vorliegt (hier verneint), und sind regelmäßig nur auf Nachbesserung gerichtet.
3. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Produktsicherheitsgesetzes scheitern jedenfalls daran, dass sich der Schutzbereich des Gesetzes nur auf Personenschäden beschränkt.
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IBRRS 2025, 3212
Allgemeines Zivilrecht
BayObLG, Urteil vom 10.12.2025 - 102 ZRR 9/25
1. Der erste Bürgermeister einer bayerischen Kommune erledigt in eigener Zuständigkeit die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen.
2. Soweit der erste Bürgermeister nicht im Rahmen der eigenen Befugnisse tätig wird, kann er die Gemeinde vertreten, sofern ein wirksamer Gemeinderatsbeschluss vorliegt (hier verneint).
3. Liegt ein unwirksamer Gemeinderatsbeschluss vor, handelt der Bürgermeister als Vertreter ohne Vertretungsmacht.
4. Eine Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters kann sich auch nicht aus den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht ergeben.
5. Eine Berufung auf das Fehlen der Vertretungsmacht verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben.
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IBRRS 2025, 3216
Insolvenzrecht
OLG Dresden, Urteil vom 14.11.2025 - 13 U 581/25
1. Zahlungen eines Untermieters an den Hauptvermieter können bei einer vorherigen Kongruenzvereinbarung von der Anfechtung nach §§ 131, 132 InsO ausgeschlossen sein, wenn die Vereinbarung eine privilegierte Bargeschäftsgrundlage bietet.
2. Die Kenntnis des Schuldners von seiner eigenen Zahlungsunfähigkeit reicht für die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nicht aus. Es müssen zusätzliche Umstände vorliegen, die einen Benachteiligungsvorsatz begründen.
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IBRRS 2025, 3211
Prozessuales
OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.11.2025 - 26 W 15/25
1. Die Verweigerung einer beantragten Terminverlegung begründet die Besorgnis der Befangenheit dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung (§ 227 ZPO) offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt.*)
2. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn die mit dem Sach- und Streitstand vertraute Prozessbevollmächtigte aufgrund eines Todesfalls im engsten Familienkreis an der Wahrnehmung des Verhandlungstermins kurzfristig gehindert ist, die Entsendung eines Unterbevollmächtigten aufgrund Besonderheiten im Mandatsverhältnis (hier: erforderliche Spanischkenntnisse) unzumutbar ist und das Gericht die Verlegung von einem bestimmten prozessualen Verhalten (hier: Erklärung eines Teilanerkenntnisses) abhängig macht.*)
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IBRRS 2025, 3161
Bauvertrag
OLG Naumburg, Urteil vom 28.05.2025 - 2 U 77/24
1. Die besondere Kündigungsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 7 VOB/B beruht auf dem allgemeingültigen Grundsatz von Treu und Glauben. Deshalb kommt eine Kündigung nicht in Betracht, wenn Unterbrechungen vorliegen, die schon bei Vertragsabschluss bekannt waren oder mit denen zu jener Zeit mit hinreichender Sicherheit zu rechnen war.*)
2. Beruht eine (weitere) Verschiebung des Beginns der vertraglichen Leistungserbringung durch den Auftragnehmer auf einer nachträglich eintretenden, vom Auftraggeber bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbaren Baubehinderung, so ist für die Drei-Monats-Frist des § 6 Abs. 7 VOB/B isoliert auf diese Unterbrechung abzustellen.*)
3. Nach § 6 Abs. 5 VOB/B sind dem Auftragnehmer u.a. die Kosten zu vergüten, die ihm bereits entstanden und in den Vertragspreisen des nicht ausgeführten Teils der Leistungen enthalten sind. Das betrifft u.a. Materialkosten nebst Kosten der Anlieferung und Entladung abzüglich nicht ersatzfähiger Lagerkosten, aber regelmäßig nicht Mehrkosten wegen zwischenzeitlich eingetretener Materialpreissteigerungen.*)
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IBRRS 2025, 3146
Vergabe
OLG Schleswig, Urteil vom 21.11.2025 - 54 Verg 4/25
Die Teilaufhebung der Ausschreibung für ein Vergabelos ist vergaberechtswidrig, wenn die Ausschreibung aufgrund von Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers in den Vergabeunterlagen (hier einer "Loslimitierung") nicht von der Ausschreibung für ein weiteres Los abtrennbar ist.*)
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IBRRS 2025, 3123
Öffentliches Baurecht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2025 - 8 S 1932/23
Ein Normenkontrollantrag gegen eine Vorkaufsrechtssatzung ist regelmäßig unzulässig, soweit er über das Grundstück/die Grundstücke des Antragstellers hinausgreift.*)
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IBRRS 2025, 2926
Wohnraummiete
KG, Beschluss vom 20.10.2025 - 12 U 52/25
1. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses ist grundsätzlich nicht mehr zumutbar und eine fristlose Kündigung ist gerechtfertigt, wenn der Mieter nach Abmahnung wegen unpünktlicher Mietzahlung erneut (wenn auch nur um einen Tag) unpünktlich zahlt.
2. Jedenfalls liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vor, wenn der Mieter verstorben ist und die Person, die mit ihm einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führte, dies jahrelang unredlich verschweigt.
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IBRRS 2025, 3189
Amtshaftung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.2024 - 18 U 196/22
1. Jeder Amtsträger hat die Pflicht, Auskünfte und Belehrungen richtig, klar, unmissverständlich, eindeutig und vollständig zu erteilen, so dass der um sie nachsuchende Bürger als Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann, wobei diese Amtspflicht auch den Schutzzweck hat, den Empfänger vor schädlichen Vermögensdispositionen zu bewahren, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft vorgenommen werden.
2. Der geltend gemachte Schaden muss in den Schutzbereich der wahrzunehmenden Amtspflichten fallen. Gerade das im Einzelfall berührte Interesse muss nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden (hier Schutzzweckzusammenhang verneint zwischen Falschauskunft über Baulasten einerseits und Darlehensgewährung zur Erfüllung einer das Grundstück betreffenden Kaufpreisforderung andererseits).
3. Auch im Amtshaftungsrecht bedarf es eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden. Zu prüfen ist, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Falle die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde.
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IBRRS 2025, 3187
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 20.11.2025 - V ZR 4/25
Wird in einem Berufungsurteil die Berufung einer Partei als unzulässig verworfen und über die Berufung der Gegenpartei in der Sache entschieden, gilt im Hinblick auf die Sachentscheidung für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.*)
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IBRRS 2025, 3151
Prozessuales
OLG München, Beschluss vom 04.12.2025 - 31 W 1483/25
1. Bei der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist, sondern darauf, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Dafür genügt schon der "böse Schein", das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität.
2. Irrige Rechtsansichten, Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung oder fehlerhafte Entscheidungen sind grundsätzlich kein Ablehnungsgrund, es sei denn, dass sich daraus eine einseitige oder gleichsam "systematische", auf Willkür beruhende Benachteiligung einer Partei ersehen lässt.
3. Für Sachverständige gelten die für die Ablehnung von Richtern aufgestellten Maßstäbe entsprechend. Allerdings ist der Sachverständige - anders als der Richter - grundsätzlich nicht verpflichtet, eine "dienstliche Äußerung" zum Befangenheitsgesuch abzugeben.
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IBRRS 2025, 3160
Bauvertrag
OLG Naumburg, Urteil vom 22.07.2025 - 2 U 70/24
1. Zu den Voraussetzungen für ein außerordentliches Kündigungsrecht nach §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 5 Abs. 4 VOB/B 2019.*)
a) Auf eine Verzögerung des Beginns der Ausführung der Leistungen als Grund für eine außerordentliche Kündigung kann sich der Auftraggeber nicht mehr berufen, wenn der Auftragnehmer mit der Ausführung bereits begonnen hatte. Das gilt auch, wenn die ausgeführten Leistungen Arbeiten am Nebengebäude betreffen.*)
b) Eine Vertragsfrist für die Fertigstellung der vertraglichen Leistungen wird hinfällig, wenn der Auftragnehmer wegen der Verzögerung der Fertigstellung der Vorgewerke mit der Ausführung wesentlicher Teile seiner Leistungen erst nach Ablauf der Ausführungsfrist beginnen kann.*)
2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann sich auch in einem VOB/B-Bauvertrag aus § 648a Abs. 1 BGB ergeben.*)
3. Ein wichtiger, den Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Grund kann in der Weigerung des Auftragnehmers liegen, nach einer Bauzeitverschiebung mit der Erbringung wesentlicher Vertragsleistungen zu beginnen. Der Umstand, dass durch eine Baubehinderung die im Bauvertrag fest vereinbarten Termine und Fristen hinfällig geworden sind, bewirkt in keiner Weise ein Entfallen jeglicher zeitlichen Leistungsverpflichtung.*)
4. Zum Risiko des Auftragnehmers bei Festhalten an unberechtigten Baubehinderungsanzeigen.*)
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IBRRS 2025, 3153
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 VK 7/25
1. Die Maßstäbe für die Bewertung von Referenzen, die im Vergabevermerk verwendet werden, müssen mit den Kriterien übereinstimmen, die in der EU-Bekanntgabe und in den Unterlagen zum Teilnahmewettbewerb festgelegt wurden. Der öffentliche Auftraggeber handelt deshalb vergaberechtswidrig, wenn er sich bei der Bewertung nicht an die in der EU-Bekanntgabe gesetzten Mindestkriterien hält, sondern andere Bewertungskriterien heranzieht.
2. Die Kriterien müssen hinreichend bestimmt und eindeutig sein, d.h. bei den regelmäßig nicht selbsterklärenden Begriffen sind Erläuterungen erforderlich, um allen fachkundigen Bietern ein gleiches Verständnis zu vermitteln. Anstelle von Erläuterungen können auch Unterkriterien oder Bewertungsmethoden aufgeführt werden.
3. Der öffentliche Auftraggeber verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot schon dann, wenn eine Bewertungsmatrix dazu führt, dass Angebote unterschiedlich eingestuft werden, die keine gravierenden Unterschiede aufweisen.
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IBRRS 2025, 3175
Öffentliches Baurecht
BVerwG, Urteil vom 16.09.2025 - 4 CN 2.24
§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ermächtigt die Gemeinde nicht zu Festsetzungen der zulässigen Grundfläche für einzelne Anlagentypen, sondern verlangt eine einheitliche Festsetzung für alle baulichen Anlagen.*)
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IBRRS 2025, 3157
Wohnungseigentum
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.11.2025 - 2-13 S 60/24
Die Ablehnung der Beschlussfassung über eine Warmwasserversorgung im gemeinschaftliche Saunabereich stellt keinen Ermessenfehler dar.*)
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IBRRS 2025, 3152
Rechtsanwälte
OLG München, Urteil vom 11.11.2025 - 9 U 863/25 Bau
1. Zur Haftung des Erstanwalts wegen unzureichender Prozessführung, wenn der Zweitanwalt, der an seiner Stelle den Prozess fortführt, die Möglichkeit zur Behebung prozessualer Fehler des Erstanwalts nicht nutzt.*)
2. Schließt die Partei nach dem Ausscheiden des Erstanwalts einen der Höhe nach unangemessenen Prozessvergleich, unterbricht dies nicht den kausalen Zurechnungszusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden, wenn der Vergleichsabschluss maßgeblich davon beeinflusst war, eine wegen der unzureichenden Prozessführung des Erstanwalts drohende endgültige Klageabweisung zu verhindern.*)
3. Soweit der Vergleichsbetrag hinter dem materiell-rechtlichen Anspruch zurückbleibt, kann die Differenz nur dann in voller Höhe als erstattungsfähiger Schaden gegenüber dem Erstanwalt geltend gemacht werden, wenn es keine andere erfolgversprechende zivilprozessuale Möglichkeit für den Zweitanwalt gab, den durch die unzureichende Prozessführung des Erstanwalts drohenden Schadenseintritt (endgültige Klageabweisung) zu verhindern. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB vor, die zu einer Anspruchskürzung führt. Das Verschulden des Zweitanwalts muss sich die Klagepartei gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB i.V.m. § 278 BGB zurechnen lassen, da sie sich dessen im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht als Erfüllungsgehilfen bedient hat.*)
4. Besteht die Pflichtverletzung des Erstanwalts in einem unzureichendem oder verspätetem Sachvortrag, hat der Zweitanwalt die ihm prozessual zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, fehlenden oder unzureichenden Sachvortrag zu ergänzen und dessen Berücksichtigung im Prozess, soweit möglich, sicherzustellen. Hierzu kann für den Zweitanwalt auch die "Flucht in die Säumnis" gehören, zu der der Zweitanwalt auch gegen den Willen der Mandantin verpflichtet sein kann.*)
5. Alternativ zu einer Flucht in die Säumnis muss bei einer werthaltigen und ansonsten ohne weiteres durchsetzbaren Forderung vom Zweitanwalt auch die Klagerücknahme mit anschließender erneuter Klageerhebung - anstelle eines weitgehenden Forderungsverzichts im Vergleich - in Betracht gezogen werden, zumal dann, wenn bei diesem Vorgehen keine Verjährung der zugrunde liegenden Forderung droht.*)
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IBRRS 2025, 3170
Prozessuales
BGH, Beschluss vom 20.11.2025 - AnwZ (Brfg) 30/25
1. Eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit durch den abgelehnten Richter selbst ist zulässig, sofern das Ablehnungsgesuch gänzlich untauglich oder rechtsmissbräuchlich ist.
2. Eine völlige Ungeeignetheit des Ablehnungsgesuchs ist anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist, weil das Ablehnungsgesuch für sich allein, das heißt ohne jede weitere Aktenkenntnis, offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag.
3. Eine vermeintlich oder tatsächlich fehlerhafte Vorentscheidung vermag eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit erst zu rechtfertigen, wenn die betreffende richterliche Entscheidung einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt oder offensichtlich so grob fehlerhaft beziehungsweise unhaltbar ist, dass sie als willkürlich erscheint.
4. Richterliche Hinweise und Anregungen sind Aufgabe des Richters und rechtfertigen ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Befangenheitsablehnung.
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IBRRS 2025, 3081
Bauarbeitsrecht
KG, Urteil vom 25.11.2025 - 21 U 200/24
1. Verpflichtet sich ein Leistungserbringer, Arbeitnehmer auf einer Baustelle des Auftraggebers nach dessen Weisung einzusetzen, ohne dass eine konkrete Werkleistung beschrieben wäre, handelt es sich grundsätzlich nicht um einen Werk- oder Bauvertrag, sondern einen Dienstvertrag, der auf Arbeitnehmerüberlassung gerichtet ist (vgl. KG, IBR 2022, 188).*)
2. Ein solcher Dienstvertrag ist grundsätzlich wegen Verstoßes gegen § 1b Satz 1 AÜG nichtig.*)
3. Hat der Auftraggeber aufgrund des nichtigen Vertrags die Arbeitsleistungen ihm überlassener Arbeitskräfte erhalten, steht dem Verleiher ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Auftraggeber zu. Dieser Anspruch ist auf Herausgabe dessen gerichtet, was der Auftraggeber erspart hat, weil nicht er, sondern der Verleiher die Arbeitskräfte entlohnt hat.*)
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IBRRS 2025, 3076
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 02.10.2025 - VK 1-86/25
Zum Wert eines Interimsauftrags für Unterhaltungsarbeiten ist der Gesamtwert dieser regelmäßig auszuführenden Unterhaltungsarbeiten ("Hauptauftrag") selbst bei bestehendem funktionalen und technischen Zusammenhang nicht hinzuzurechnen, wenn dieser Zusammenhang wegen eines bestehenden Zuschlagsverbots objektiv unterbrochen ist.
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IBRRS 2025, 3129
Öffentliches Baurecht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.11.2025 - 14 S 103/25
1. § 6 UmwRG ist auf Klagen, mit denen sich ein Vorhabenträger – hier der Betreiber einer Windenergieanlage (WEA) – gegen belastende Nebenbestimmungen einer ihm erteilten Genehmigung wendet, nicht anwendbar (Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2025 - 10 S 1411/23 - ZNER 2025, 245, m. w. N.).*)
2. Zur Frage, ob es ermessensfehlerhaft ist, in einem Bescheid über die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer WEA die Sicherheitsleistung für deren Rückbau gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB in einer Höhe festzusetzen, die nicht nur den Fall eines (kostengünstigeren) Rückbaus durch Sprengung der WEA, sondern auch den Fall eines herkömmlichen (kostenintensiveren) Rückbaus durch Demontage abdeckt (hier Ermessensfehler verneint).*)
3. Der Betreiber einer WEA, ist, wenn er im Einzelfall Arbeitgeber im Sinne von § 2 Abs. 2 ArbSchG ist, gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Er kann sich dieser Pflicht nicht durch den Abschluss von Verträgen mit dem Hersteller der WEA, wonach der Hersteller und nicht der Betreiber die Wartung der WEA übernimmt, entledigen, sondern hat umgekehrt sicherzustellen, dass er, falls erforderlich, von dem Hersteller die notwendigen Angaben zur WEA erhält, um seine arbeitsschutzrechtliche Pflicht aus § 5 Abs. 1 ArbSchG erfüllen zu können.*)
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IBRRS 2025, 3158
Wohnungseigentum
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 04.12.2025 - 2-13 S 71/25
1. Eine Beschlussklage kann vom Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt werden.*)
2. In einer verwalterlosen Gemeinschaft, die nur aus zwei Personen besteht, kann das Anerkenntnis durch den die Wohnungseigentümergemeinschaft vertretenden nicht klagenden Eigentümer abgegeben werden.*)
3. Ein Widerruf des Anerkenntnisses in der Berufungsinstanz ist nur möglich, wenn ein Rechtsmissbrauch oder ein Restitutionsgrund gem. § 580 ZPO vorliegt; ein Irrtum über die Rechtslage genügt auch bei einem unzureichenden Hinweis des Gerichts nicht.*)
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IBRRS 2025, 3155
Rechtsanwälte
BGH, Beschluss vom 17.11.2025 - AnwZ (Brfg) 12/25
1. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist als Fallgruppe der unverschuldeten Fristversäumnis zwar die Überlastung einer unerfahrenen Person, der "die Dinge über den Kopf gewachsen sind", anerkannt. Bei dem langjährig als Rechtsanwalt tätigen Kläger kann eine solche exkulpierende Überlastungssituation aber nicht ohne weiteres angenommen werden.
2. Zwar ist auch bei als Rechtsanwalt tätigen Volljuristen eine das Verschulden ausschließende Überlastungssituation nicht von vornherein ausgeschlossen. Es kann aber von diesen Personen erwartet werden, dass sie in Angelegenheiten ihrer Mandanten für die Bestellung eines Vertreters sorgen und in eigenen Angelegenheiten einen Kollegen mit der Wahrnehmung ihrer Rechtssachen beauftragen.
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IBRRS 2025, 3150
Prozessuales
OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2025 - 9 W 15/25
Der auf einen Antrag nach § 33 RVG festzusetzende Gegenstandswert für eine (zurückgenommene, weil unstatthafte) Beschwerde gegen einen Beweisbeschluss, mit dem ein Antrag auf Vorlage von Dokumenten nach § 371 Abs. 1 und 2 ZPO teilweise zurückgewiesen wurde, entspricht nicht dem Wert des Hauptsacheverfahrens, sondern orientiert sich an der Streitwertfestsetzung für einen Auskunftsanspruch.*)
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Online seit 9. Dezember
IBRRS 2025, 3154
Wohnungseigentum
BGH, Urteil vom 14.11.2025 - V ZR 190/24
Im Hinblick auf den Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Zahlung der beschlossenen Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen ist das Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentümers generell ausgeschlossen; das gilt auch dann, wenn das Zurückbehaltungsrecht auf anerkannte oder rechtskräftig zuerkannte Ansprüche gestützt wird (hier: Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung).*)
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IBRRS 2025, 3027
Bauvertrag
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.08.2024 - 23 U 187/22
1. Eine Vertragsübernahme ist nicht wegen Verstoßes gegen zwingende Bestimmungen der Insolvenzordnung unwirksam, wenn der Übernahmevertrag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits vollständig erfüllt war.
2. Ein Eigeninsolvenzantrag des Unternehmers zerstört in der Regel das für die Fortführung des Bauvertrags erforderliche Vertrauensverhältnis und stellt somit einen wichtigen Kündigungsgrund dar.
3. Das Vertragsverhältnis geht unter anderem dann in ein Abrechnungsverhältnis über, wenn der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet und feststeht, dass keine Nacherfüllung mehr verlangt wird. Das ist auch dann der Fall, wenn die Selbstvornahme zwischenzeitlich erfolgreich durchgeführt worden ist, und zwar unabhängig davon, ob ein Selbstvornahmerecht bestand.
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IBRRS 2025, 3104
Vergabe
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2025 - Verg 27/24
1. Für für die Betrauung mit der Ausführung einer Aufgabe i.S.v. § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB ist es erforderlich, dass die öffentlichen Auftraggeber der von ihnen kontrollierten juristischen Person eine eigene bisher in ihren Bereich fallende Aufgabe durch einen erkennbaren und inhaltlich festgelegten Akt zur Ausführung übertragen, ohne dass es hierzu eines Hoheitsakts oder eines Vertragsschlusses bedarf.
2. Institutionelle und projektbezogene Fördermittel stellen keinen Umsatz und keine Kostenerstattung für Tätigkeiten dar, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die kontrollierte juristische Person von den kontrollierenden öffentlichen Auftraggebern betraut wurde, wenn die aufgrund der Zuwendungen erfolgenden Forschungen keine Tätigkeiten sind, die der kontrollierten juristischen Person von den kontrollierenden öffentlichen Auftraggebern übertragen worden sind.
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IBRRS 2025, 3128
Öffentliches Baurecht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.11.2025 - 5 S 695/24
1. Die Zustimmung der Gemeinde zur Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 3 BauGB muss im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegen.*)
2. Entsprechendes gilt für eine Abweichung nach § 246 e Abs. 1 BauGB.*)
3. Das Erfordernis der Zustimmung der Gemeinde nach § 31 Abs. 3 BauGB und gemäß § 246 e Abs. 1 und 2 BauGB dient der Wahrung und Ausgestaltung der kommunalen Planungshoheit. Das gerichtliche Verfahren ist zur Entscheidung der Gemeinde über die Erteilung der Zustimmung auch nicht in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO auszusetzen, wenn bereits nach Aktenlage feststeht, dass das Vorhaben mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht vereinbar ist.*)
4. Wird die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids aus anderen als planungsrechtlichen Gründen zu Unrecht abgelehnt, obwohl die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre oder einer Zurückstellung vorliegen, besteht kein Anlass, zum Schutz der kommunalen Planungshoheit von einer Anrechnung der "faktischen" Zurückstellung auf die Geltungsdauer einer später erlassenen Veränderungssperre abzusehen (Abgrenzung zu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2020 - 8 S 1081/19 -, VBlBW 2020, 519).*)
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IBRRS 2025, 3115
Wohnraummiete
AG Pankow, Urteil vom 25.11.2025 - 101 C 69/24
1. Zwar können Mietvertragsparteien grundsätzlich auch einen bei Abschluss des Mietvertrages vorhandenen Substandard als vertragsgemäß vereinbaren. Das gilt aber nur so lange, wie durch diesen Substandard die Verwirklichung des eigentlichen Vertragszwecks, nämlich des Wohnens überhaupt, nicht gefährdet wird.
2. Das aber ist der Fall, wenn die in der Wohnung verbaute Elektroanlage nicht betriebssicher ist.
3. Eine Kostenbeteiligung des Mieters kann der Vermieter keinesfalls verlangen, auch dann nicht, wenn sich die Betriebssicherheit der Elektroanlage nicht herstellen lässt, ohne deren Standard gegenüber dem bei Beginn des Mietverhältnisses vorhandenen zu verbessern.
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IBRRS 2025, 3143
Wohnraummiete
AG Koblenz, Urteil vom 10.04.2025 - 154 C 2008/24
1. Eine nachhaltige Zahlungsunpünktlichkeit als Kündigungsgrund setzt eine fortdauernde und erhebliche Pflichtverletzung durch den Mieter voraus, die nicht durch gelegentliche Zahlungsverzögerungen begründet werden kann.
2. Die vertragliche Klausel, die für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf die Ankunft des Geldes abstellt, ist unwirksam, da sie das Risiko einer Verzögerung durch den Zahlungsdienstleister dem Mieter auferlegt
3. Ein einmaliger Zahlungsverzug nach Abmahnung stellt nicht stets eine nachhaltige Verzögerung dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
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IBRRS 2025, 3130
Prozessuales
OLG Hamburg, Beschluss vom 14.10.2025 - 7 W 299/25
Macht der Antragsteller mehrere identische Verfügungsanträge bei verschiedenen Gerichten rechtshängig, verhält er sich rechtsmissbräuchlich.
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Online seit 8. Dezember
IBRRS 2025, 3140
Bauvertrag
BGH, Urteil vom 27.11.2025 - VII ZR 112/24
Eine Vorteilsausgleichung wegen eines Abzugs neu für alt aufgrund der Beseitigung eines Mangels kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Mangel sich relativ spät auswirkt und der Besteller keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.*)
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IBRRS 2025, 3112
Bauträger
OLG Celle, Urteil vom 25.11.2025 - 3 U 171/24
1. Der Geschäftsführer einer als Bauträger tätigen Projektgesellschaft haftet persönlich auf Schadensersatz, wenn er sämtliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Anforderung und Entgegennahme der Raten an Mitarbeiter delegiert hat, ohne diese entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu instruieren bzw. anzuleiten, sowie die Vorgehensweise der Mitarbeiter im Übrigen nicht überwacht und dadurch die jeweiligen Baufortschrittsraten vor Erreichen des Baufortschritts am Gemeinschaftseigentum vereinnahmen lässt.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für das tatsächliche Vorliegen des jeweiligen Baufortschritts ist der Zeitpunkt der Entgegennahme.
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IBRRS 2025, 3126
Vergabe
VK Niedersachsen, Beschluss vom 08.04.2025 - VgK-11/2025
1. Beginnt der Bestbieter im Einvernehmen mit dem öffentlichen Auftraggeber bereits vor Ablauf der Wartefrist und vor Zuschlagerteilung mit der Ausführung der Leistungen, handelt es sich um eine vergaberechtswidrige De-facto-Vergabe.
2. Die Dokumentation des Ausschlusses eines Bieters wegen erheblich oder fortdauernd mangelhafter Erfüllung bedarf einer angemessenen Darlegung des Sachverhalts, der zur Kündigung geführt hat, und der Abwägung zwischen den Interessen und der Position des öffentlichen Auftraggebers wie auch eine Auseinandersetzung mit der konträren Position und den Interessen des Bieters.
3. Vor der Entscheidung über den Ausschluss ist eine Anhörung des Bieters durchzuführen.
4. Nach niedersächsischem Landesrecht sind öffentliche Auftraggeber bei einer Abweichung von mindestens 10% zum nächsthöheren Angebot zur Prüfung verpflichtet, ob der Angebotspreis unangemessen niedrig ist.
5. Die vorherige Ausführung von Bauleistungen für das gleiche Bauvorhaben aufgrund einer Direktvergabe führt jedenfalls dann nicht zu einem den Wettbewerb verzerrenden Informationsvorsprung, wenn die Leistungen geringfügig waren und nicht Bestandteil der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung sind.
IBRRS 2025, 3127
Öffentliches Baurecht
VGH Hessen, Beschluss vom 05.11.2025 - 5 B 808/25
1. Eine im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung kann weder wegen einer Verletzung von Vorschriften, die nicht zum Prüfprogramm gehören rechtswidrig werden, noch führt ein Verstoß gegen derartige nachbarschützende Vorschriften automatisch zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens im Sinne des § 15 BauNVO.*)
2. Zu den Voraussetzungen einer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung nach § 6 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 HBO für nachträglich angebaute Aufzüge.*)
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IBRRS 2025, 3120
Wohnraummiete
LG Hamburg, Beschluss vom 30.04.2025 - 316 S 77/24
1. Die bloße Tatsache, dass der Stellplatz sich auf demselben Grundstück befindet wie die vermietete Wohnung, muss nicht zwingend den Schluss zulassen, dass ein einheitlicher Mietvertrag gegeben ist, wenn andere Umstände die Vermutung zweier separater Verträge bekräftigen (BGH, IMR 2022, 174).*)
2. Alleine der Umstand, dass der Vermieter ohne Widerspruch nach Ablauf der Kündigungsfrist die Mietzahlung entgegengenommen hat, ist nicht ausreichend, um von der erforderlichen Kenntnis des Vermieters von einer Gebrauchsfortsetzung des Mieters auszugehen.*)
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IBRRS 2025, 3119
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 03.06.2025 - 65 S 169/24
1. Liegen die Änderungen der Miethöhe vor Beginn des Mietverhältnisses, bleibt es bei der Anwendung der §§ 556d ff. BGB.
2. Wird also zunächst bei Vertragsschluss eine Miete vereinbart, die die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10% überschreitet, erfolgt dann allerdings eine Mieterhöhung - und zwar vor dem Mietbeginn! -, die zu einer Überschreitung der Höchstgrenze führt, ist die vereinbarte Überschreitung unwirksam.
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IBRRS 2025, 3133
Kaufrecht
LG Bochum, Urteil vom 11.07.2025 - 2 O 307/24
1. Ein Batteriespeicher mit einer vertraglich vereinbarten Speicherkapazität von 7,5 kWh ist mangelhaft, wenn seit der Inbetriebnahme der Anlage die Kapazität des Speichers jedenfalls nicht vollständig nutzbar, sondern auf 50 % bzw. im weiteren Verlauf auf 70 % gedrosselt ist. Das gilt auch dann, wenn die Drosselung auf einem Fernzugriff durch den nicht am Vertragsverhältnis der Parteien beteiligten Hersteller beruht.
2. Ein Batteriespeicher ist auch dann mangelhaft, wenn das vereinbarte Leistungsmaximum nicht unter Gewähr der erforderlichen Produktsicherheit erreicht werden kann.
3. Die Beurteilung, ob eine Pflichtverletzung unerheblich i. S. des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. Der Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert in der Regel die Erheblichkeit einer Pflichtverletzung.
4. Tritt der Käufer wegen eines (wesentlichen) mangels vom Vertrag zurück, ist Wertersatz für gezogene Nutzungen, deren Herausgabe unmöglich ist, zu leisten. Die Höhe des Nutzungsersatzanspruchs bemisst sich beim Wertersatz für Gebrauchsvorteile grundsätzlich anhand der zeitanteiligen linearen Wertminderung.
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IBRRS 2025, 3111
Prozessuales
OLG Celle, Beschluss vom 03.11.2025 - 4 U 127/25
Nach der Rücknahme der Berufung ist eine Abänderung der vom Berufungsgericht als falsch erkannten erstinstanzlichen Kostenentscheidung jedenfalls dann nicht möglich, wenn die Abänderung zulasten des Berufungsklägers ginge und der Berufungsbeklagte selbst keine eigenständige Berufung, sondern lediglich eine Anschlussberufung eingelegt hat.*)
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Online seit 5. Dezember
IBRRS 2025, 3095
Bauhaftung
LG Konstanz, Urteil vom 19.03.2025 - B 4 O 117/24
1. Die Verkehrssicherungspflicht des Unternehmers endet grundsätzlich mit dem ordnungsgemäßen Abschluss der Arbeiten ("Räumen der Baustelle").
2. Dies gilt auch für den Unternehmer, der seine Arbeiten vorläufig zum Abschluss gebracht hat. Eine Verpflichtung, Vorkehrungen gegen das spätere Entfernen einer Absicherung zu treffen, besteht nicht.
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IBRRS 2025, 3100
Vergabe
VK Südbayern, Beschluss vom 31.10.2025 - 3194.Z3-3_01-25-56
1. Auch bei Verhandlungsfahren mit Teilnahmewettbewerben für Architekten- und Ingenieursleistungen ist eine festgelegte Höchstzahl nach § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV verbindlich und darf nicht überschritten werden.*)
2. Die Sonderregelung § 75 Abs. 6 VgV gestattet lediglich, die Auswahl unter den verbleibenden, gleich geeigneten Bewerbern durch Los zu treffen, was aufgrund der zufälligen Auswahl den sonst streng eignungs- und leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Vergaberechts fremd ist.*)
3. Aus § 75 Abs. 6 VgV kann nicht entnommen werden, dass der öffentliche Auftraggeber ein Wahlrecht hat, zwischen einer Auslosung des letzten freien Platzes und der nachträglichen Verbreiterung des Wettbewerbs durch Aufforderung weitere Bieter zur Angebotsabgabe frei auszuwählen.*)
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IBRRS 2025, 3080
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 21.11.2025 - 1 ME 92/25
1. Der Umstand, dass gut sieben Wochen nach Satzungsbeschluss noch keine Bekanntgabe erfolgt ist, lässt jedenfalls bei einem Bebauungsplan, dessen Rechtmäßigkeit umstritten ist, die für eine Baugenehmigungserteilung nach § 33 Abs. 1 BauGB erforderliche materielle Planreife regelmäßig nicht entfallen.*)
2. Jedenfalls Änderungen des Umweltberichts, die lediglich zusätzliche Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen aufzeigen, erfordern keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung.*)
3. Nr. 18.7 der Anlage 1 zum UVPG beschränkt die UVP- bzw. Vorprüfungspflicht nicht auf den für ein Städtebauprojekt aufgestellten Bebauungsplan. Die UVP- bzw. Vorprüfungspflicht besteht auch für das durch diesen Bebauungsplan ermöglichte Städtebauprojekt selbst, sofern es die in der Norm genannte Grundfläche erreicht.*)
4. Wurden sämtliche auf Zulassungsebene relevanten Umweltauswirkungen des Vorhabens bereits im Rahmen der Umweltprüfung für den Bebauungsplan untersucht, so ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung ausnahmsweise entbehrlich. Dies gilt auch, wenn die Baugenehmigung nicht auf der Grundlage von § 30, sondern von § 33 BauGB erteilt werden soll.*)
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IBRRS 2025, 3009
Wohnraummiete
AG Bielefeld, Urteil vom 19.07.2025 - 413 C 266/24
Handelt es sich beim direkten Wohnumfeld um ein weitgehend durchgrüntes Gebiet, sind weitere Grünanlagen in ca. 400 m erreichbar sowie Lärmimission kaum vorhanden und verfügt die Wohnlage über ein positives Image, ist die Wohnlage als gut zu bewerten.
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IBRRS 2025, 3003
Wohnungseigentum
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.07.2025 - 33067 C 577/24
1. Wenn die Kosten von Erhaltungsmaßnahmen durch Vereinbarung objektbezogen verteilt sind, ist in typisierender Betrachtung davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist.
2. In diesem Fall hat ein Beschluss, der in einer solchen Konstellation von der vereinbarten Kostentrennung abweicht, indem er die übrigen Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet, in der Regel eine mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung unvereinbare ungerechtfertigte Benachteiligung der zuvor kostenbefreiten Wohnungseigentümer zur Folge.
3. Es bedarf in dieser Fallkonstellation - anders als bei üblichen Beschlüssen über die Änderung der Kostenverteilung - eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen.
4. Ein solcher Grund ist zu bejahen, wenn die Kosten für den Austausch des Rolltores der Tiefgarage auf alle Eigentümer verteilt werden sollen, da nicht nur die Stellplatzeigentümer, sondern alle Eigentümer Zugang zur Tiefgarage haben, die Mülltonnen in selbiger stehen und auch Handwerker den Zugang durch die Tiefgarage nutzen.
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IBRRS 2025, 3113
AGB
BGH, Urteil vom 13.11.2025 - III ZR 165/24
Sind an einem Vertragsverhältnis mehr als nur zwei Parteien beteiligt, ist es möglich, dass eine Bestimmung individuell vereinbart und gleichwohl als Allgemeine Geschäftsbedingung zu behandeln ist. Das kann dann der Fall sein, wenn sie für eine Vielzahl von vertraglichen Verhältnissen vorformuliert ist, vom Vertragsgegner dementsprechend verwendet wird und es der Schutzzweck der §§ 305 ff BGB gebietet, sie der Inhaltskontrolle zu unterwerfen (Bestätigung von Senat, Urteil vom 19.11.2009 - III ZR 108/08, IBRRS 2009, 4840 = BGHZ 183, 220).*)
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IBRRS 2025, 3110
Prozessuales
OLG Jena, Beschluss vom 24.11.2025 - 8 W 310/25
1. Die Kosten eines von einer Partei eingeholten prozessbegleitenden Privatgutachtens sind ausnahmsweise dann als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden ist und die Partei zur sachgerechten Darlegung ihres Anspruchs, zur Erfüllung ihrer Substantiierungspflicht oder zur Stellungnahme zu einem vom Gericht eingeholten Gutachten sachverständiger Hilfe bedarf, mithin die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (hier verneint).
2. Eine Partei, die selbst vom Fach ist, wird sich nicht sachverständiger Hilfe bedienen müssen, selbst wenn der nicht sachkundige Gegner seinerseits ein Privatgutachten vorgelegt hat.
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