Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 2654
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.08.2025 - 10 U 149/24
1. Haben die Parteien eines VOB-Bauvertrags sich darauf geeinigt, dass die vertraglichen Leistungen nach Einheitspreisen abzurechnen sind (Einheitspreisvertrag), ist auch die Vergütung für geänderte oder ergänzende Werkleistungen grundsätzlich nach Einheitspreisen abzurechnen.*)
2. Das gilt auch dann, wenn die Parteien im Bauvertrag vorsorglich Taglohnarbeiten dem Grunde nach ohne Zuordnung einer Bauleistung vereinbart haben; diese betreffen bei einem Einheitspreisvertrag lediglich ergänzende zusätzlichen Arbeiten in einem geringen Umfang, bei denen der Stunden- und/oder Material- und Geräteaufwand schwer abschätzbar ist.*)

IBRRS 2025, 2637

OLG Dresden, Beschluss vom 28.08.2025 - Verg 1/25
1. Das objektive Fehlen von Wettbewerb aus technischen Gründen ist vom öffentlichen Auftraggeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
2. Vor einer Vergabe ohne Wettbewerb bedarf es einer belastbaren Prüfung des Auftraggebers, ob alternative wettbewerbliche Lösungen unter Einbeziehung bekannter Bewerber oder Bieter im Wege eines Mini-Wettbewerbs in Betracht kommen. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere Unternehmen für die Auftragsdurchführung in Frage kommen, muss ausgeschrieben werden.
3. Eine wirksame, freiwillige ex-ante-Transparenzbekanntmachung setzt unter anderem voraus, dass der öffentliche Auftraggeber bei seiner Bewertung, den Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung vergeben zu dürfen, sorgfältig gehandelt hat und ob er insofern der Ansicht sein durfte, dass die (in einer Ausnahmevorschrift) hierfür geltenden Voraussetzungen tatsächlich erfüllt waren (hier verneint).

IBRRS 2025, 2593

VGH Bayern, Beschluss vom 31.07.2025 - 1 ZB 24.1908
1. Im unbeplanten Innenbereich sind bei der Bestimmung des Maßes der (tatsächlich vorhandenen) baulichen Nutzung die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO nicht unterschiedslos und mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen.
2. Die Vorschriften der Baunutzungsverordnung dürfen insoweit nur als Auslegungshilfe berücksichtigt werden; maßgeblich bleibt die konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung.
3. Gebäude erzielen ihre optisch maßstabsbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild und nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren. Daher ist kumulierend vor allem auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihrem Verhältnis zur Freifläche abzustellen.

IBRRS 2025, 2557

LG Berlin II, Urteil vom 11.02.2025 - 63 S 141/24
1. Eine gewerbliche Zwischenvermietung i.S.d. § 565 BGB kann auch dann vorliegen, wenn der Vermieter mit der Eigennutzung durch den Mieter einverstanden war und dem Mieter (Zwischenvermieter) nur wenige Wohnungen überlassen wurden.
2. Bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse liegt in einer späteren Mietsenkung keine Vereinbarung über die zukünftigen Mietforderungen, die den Beschränkungen des § 556d BGB nicht unterliegt; aus der Entscheidung des BGH (GE 2022, 1201) zu einer Mieterhöhungsvereinbarung folgt nichts anderes.

IBRRS 2025, 2645

AG Böblingen, Urteil vom 28.01.2025 - 23 C 866/24 WEG
Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die "untergeordnete Bedeutung" haben und "nicht zu erheblichen Verpflichtungen" führen. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ erfüllt sein. Nur für eine Geldverwaltung, die sich im Rahmen üblicher, ordnungsmäßiger Verwaltung hält, besteht eine Befugnis gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Die Befugnis besteht jedoch nicht für die Anlage von Geldern mit einer festen Laufzeit von mehreren Jahren, die nur unter wirtschaftlichen Einbußen zurückgezahlt werden können.

IBRRS 2025, 2658

BGH, Beschluss vom 17.09.2025 - V ZB 22/24
1. § 878 BGB ist auf den Antrag auf Vollzug der Teilungserklärung nicht anzuwenden, wenn sich die Teilungserklärung auf mehrere Grundstücke bezieht und es an der für die Grundstücksvereinigung oder Bestandteilszuschreibung erforderlichen materiell-rechtlichen Erklärung und dem darauf bezogenen verfahrensrechtlichen Antrag fehlt.*)
2. Der Erlass einer Zwischenverfügung dient der Beseitigung eines der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses und ist nur zulässig, wenn der Mangel des Antrags rückwirkend geheilt werden kann. Ist das nicht der Fall und erlässt das Grundbuchamt gleichwohl eine - unzulässige - Zwischenverfügung, ist der Antrag erst ab Behebung des Mangels als i.S.d. § 17 GBO eingegangen anzusehen und kann erst ab diesem Zeitpunkt eine rangwahrende oder sonstige Rechtswirkung, die sich nach dem Eingang des Antrags richtet, entfalten.*)

IBRRS 2025, 2655

LG Flensburg, Urteil vom 09.10.2025 - 4 O 80/25
Ist ein Rechtsanwalts-Mandatsvertrag als Fernabsatzgeschäft abgeschlossen worden, und ist der Mandant dabei nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden, so kann der Anwalt nach einem Widerruf keine Vergütung für seine bereits geleistete Tätigkeit verlangen, auch nicht nach Bereicherungsrecht, weil § 357a BGB insoweit eine abschließende Regelung enthält.*)

IBRRS 2025, 2651

BGH, Beschluss vom 25.09.2025 - III ZR 297/23
1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Partei in der gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
2. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots stellt - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter - dann einen Gehörsverstoß dar, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet.
3. Das Schweigen des Gerichts bei seiner Befassung mit der Stellungnahme zum Hinweisbeschluss kann den Schluss zulassen, dass der Parteivortrag nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet worden ist.

Online seit gestern
IBRRS 2025, 2625
OLG Schleswig, Urteil vom 04.04.2025 - 1 U 38/24
Enthält ein Werkvertrag Regelungen, die dazu dienen, dass der Unternehmer seine sich aufgrund des Vertrags ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, ist der Vertrag nichtig, wenn der Besteller den vorsätzlichen Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Preisvorteil ausnutzt. Eine Kenntnis des Bestellers liegt nahe, wenn der Unternehmer ihn auffordert, Werklohnzahlungen gestückelt auf verschiedene Konten, z. B. auch solche von Familienangehörigen zu leisten, und keine Rechnung ausgestellt wird. Die Nichtigkeit des Vertrags hat zur Folge, dass dem Unternehmer keine Zahlungs-, dem Besteller keine Gewährleistungs- und keine Rückzahlungsansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung zustehen.*)

IBRRS 2025, 2638

VK Bund, Beschluss vom 07.08.2025 - VK 2-59/25
1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB "zu mehr als 50 Prozent subventioniert" wird, ist der Zeitpunkt der Bewilligung der Subvention.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Vorgabe von Leitfabrikaten verpflichtet, die Gründe zu dokumentieren, welche die Gleichwertigkeit von Produkten mit dem vorgegebenen Leitfabrikat begründen.
3. Liegt diese Dokumentation nicht vor, muss aufgrund der negativen Beweiskraft des Vergabevermerks davon ausgegangen werden, dass eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht stattgefunden hat.
4. Die Nachholung einer Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag im Nachprüfungsverfahren ist vergaberechtlich nur insoweit zulässig, als fehlende Details einer bereits vorhandenen Dokumentation nachträglich präzisiert und ergänzt werden. Eine Nachholung ist indes nicht zulässig, wenn eine Dokumentation gänzlich fehlt.

IBRRS 2025, 2477

VGH Bayern, Urteil vom 29.07.2025 - 1 N 22.1753
1. In § 9 BauGB und in den Vorschriften der BauNVO wird der festsetzungsfähige Inhalt eines Bebauungsplans abschließend geregelt. Der Gemeinde kommt kein bauplanerisches Festsetzungsfindungsrecht zu, vielmehr besteht für bauplanungsrechtliche Festsetzungen ein Typenzwang.
2. Die Festsetzung von gebäudebezogenen Mindestgrundstücksgrößen ist mangels Rechtsgrundlage unwirksam.

IBRRS 2025, 2567

AG Brakel, Urteil vom 09.01.2025 - 7 C 223/23
Bei der Umlage verbrauchsunabhängiger Betriebskosten (hier: Müllabfuhr) hat der Vermieter im Verhältnis zur Gesamtheit der Mieter im Regelfall den Kostenanteil zu tragen, der auf leerstehende Wohnungen entfällt, da er das Vermietungsrisiko trägt.

IBRRS 2025, 2486

AG Bad Homburg, Urteil vom 19.12.2024 - 218 C 760/24
1. Dass Kosten im Rahmen von Bauarbeiten immer gewissen Schwankungen unterliegen, weil im Zuge der Arbeiten - gerade auch bei der Sanierung von älteren Gebäuden - unvorhersehbare Zusatzkosten entstehen können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend können Angebote die angebotene Summe nicht garantieren.
2. Ist mit gravierenden Folgeschäden am Gemeinschafts- und Sondereigentum zu rechnen bei einem Zurückstellen der Sanierungsmaßnahme, entspricht nur die Vornahme dieser Sanierungsmaßnahme billigem Ermessen.
3. Sind die Dachterrassen über 40 Jahre alt und treten seit mehreren Jahren regelmäßig Wassereintritte in den unter den Dachterrassen gelegenen Wohnungen auf, so entspricht ein Beschluss, keine Leckortung und Reparatur, sondern eine umfassende Sanierung durchzuführen, ordnungsmäßiger Verwaltung.

IBRRS 2025, 2644

OLG München, Beschluss vom 01.10.2025 - 34 Wx 106/25
Es genügt, wenn die Zuweisungserklärung des in der Teilungserklärung ermächtigten Eigentümers durch Zugang beim Grundbuchamt wirksam geworden ist, als er noch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war (Anschluss an KG, FGPrax 2023, 49; Änderung der Rechtsprechung).*)

IBRRS 2025, 2648

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2025 - 80 N 1/25
1. Ein Rechtsanwalt kann das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen (§ 23 Abs. 3 Satz 5 RAVPV).*)
2. Ein Rechtsanwalt handelt nicht ohne Verschulden, wenn er die Nutzungsbedingungen für das beA nicht kennt bzw. nicht beachtet.

IBRRS 2025, 2641

BGH, Beschluss vom 30.09.2025 - II ZR 54/25
1. Klageerweiterungen, die in der Berufungsinstanz erhoben und durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen wurden, sind bei der Streitwertbemessung nicht zu berücksichtigen.
2. Die Wirkung von Klageerweiterungen erlischt entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO mit der Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss.
3. Im Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren sind Entscheidungen über Klageerweiterungen nicht nachprüfbar und daher bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.

IBRRS 2025, 2643

LAG Niedersachsen, Beschluss vom 06.06.2025 - 4 Ta 114/25
1. Eine per E-Mail eingereichte Beschwerdeschrift wahrt die nach Maßgabe des (…) § 130a ZPO zulässige elektronische Form der Einreichung nicht.*)
2. Auch wenn das der E-Mail angefügte Dokument eine Unterschrift aufweist und Bestandteil der elektronischen Akte geworden ist, ist die Schriftform nach (…) § 569 Abs. 2, § 130 Nr. 6 ZPO nicht gewahrt.*)

Online seit 13. Oktober
IBRRS 2025, 2518
OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.07.2025 - 19 U 128/24
Wird die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts gemäß § 650m Abs. 2 Satz 1 BGB in einer für den Verbraucher nicht nachvollziehbaren Weise in die Ratenzahlungsvereinbarung eines Bauträgervertrages integriert, so kann dies sowohl einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Intransparenz) als auch gegen § 3 Abs. 2 MaBV (8 Teilbeträge) zur Folge haben.*)

IBRRS 2025, 2612

VK Bund, Beschluss vom 23.04.2025 - VK 1-18/25
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf jedenfalls dann auf die Richtigkeit einer ihm vorgelegten offiziellen Bescheinigung einer Zertifizierungsstelle vertrauen, wenn keine objektive Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Zertifikats vorliegen (hier: Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001).
2. Beabsichtigt der Bieter, für die Auftragsausführung Ressourcen Dritter in Anspruch zu nehmen, muss er eine Verpflichtungserklärung des Dritten vorlegen, andernfalls die Eignung zu verneinen ist.
3. Referenzen eines anderen Unternehmens können einem Bieter grundsätzlich (nur) dann als Eigenreferenzen zugerechnet werden, wenn die Organisation des übernommenen Unternehmens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und wenn die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen mit übergegangen sind. Etwas anderes kann gelten, wenn und soweit die Betriebsmittel und die Betriebsstrukturen für die referenzierte Leistung ohne Bedeutung sind.
4. Auch wenn einem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung der Angebote ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, muss dieser daher seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
5. Analog zum im allgemeinen Prozessrecht anerkannten Institut der gewillkürten Prozessstandschaft ist auch im Vergabenachprüfungsverfahren ein Antragsteller befugt, eine Verletzung fremder Bewerber- oder Bieterrechte im eigenen Namen geltend zu machen, sofern er dazu vom Berechtigten ermächtigt worden ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens im eigenen Namen hat.

IBRRS 2025, 2628

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2025 - 7 B 412/25
Eine Duldung ist erst dann anzunehmen, wenn die zuständige Baubehörde in Kenntnis der formellen und gegebenenfalls materiellen Illegalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich mit dessen Existenz abzufinden gedenkt. Angesichts des Ausnahmecharakters und der weitreichenden Folgen einer solchen sog. „aktiven Duldung“, bei der die Behörde an der Beseitigung rechtswidriger Zustände gehindert ist, muss den entsprechenden Erklärungen der Behörde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, ob, in welchem Umfang und gegebenenfalls über welchen Zeitraum die Duldung des illegalen Zustands erfolgen soll.

IBRRS 2025, 2294

BVerfG, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 BvR 1428/24
1. Der Eigentumsschutz des Mieters steht gerichtlichen Entscheidungen entgegen, die die Bedeutung und Tragweite von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG für die Rechtsposition des Mieters verkennen.
2. Dies kann der Fall sein, wenn Fachgerichte Wohnenden die eigenverantwortliche Entscheidung darüber absprechen, wie sie ihr Wohnen gestalten wollen.
3. Zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit von Wohnraummietern gehört grundsätzlich, die eigene Wohnung so einzurichten und so zu leben, wie sie es für richtig halten.
4. Es ist mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar, wenn ohne Feststellungen dazu, welche konkreten Nachteile dem Vermieter aus dem Wohnverhalten des Mieters erwachsen, dessen Interessen der Vorrang gegeben wird, ohne entgegenstehende Belange des Mieters einzustellen.

IBRRS 2025, 2489

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 18.08.2025 - 980b C 18/25 WEG
1. Die Kosten einer sog. Erstmahnung sind nicht ersatzfähig.
2. Wird ein Beschluss im Umlaufverfahren mit abgesenkter Mehrheit gefasst, kommt der Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zu Stande.
3. Dies ist jedoch nicht im Sinne des Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen, sondern es genügt jede Form der Unterrichtung, die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann.
4. Das Wesen eines Umlaufbeschlusses mit abgesenkter Mehrheit bringt es mit sich, dass die Wohnungseigentümer im Anschluss an die Versammlung, in der dieser gefasst wird, einen weiteren (Sach-)Beschluss fassen können, aber nicht - und erst recht nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - fassen müssen.
5. Der Wohnungseigentümer ist im Rahmen des Zumutbaren nicht verpflichtet, von sich aus in regelmäßigen Zeitabständen bei der Verwaltung nachzufragen, ob und wann diese mit dem Umlaufverfahren begonnen hat bzw. wann mit der Mitteilung eines Beschlussergebnisses zu rechnen ist.
6. In Bezug auf die Möglichkeit, sich anwaltlicher Hilfe zur Durchsetzung offener Wohngeldforderungen gegen säumige Wohnungseigentümer zu bedienen, verbleibt im Hinblick auf eine Erstattung der Rechtsverfolgungskosten als Verzugsschaden im Fall eines Umlaufbeschlusses mit abgesenkter Mehrheit der Verwaltung der Gemeinschaft eine vorherige Mahnung des Schuldners.

IBRRS 2025, 2627

KG, Beschluss vom 17.09.2025 - 20 U 78/25
Die Kosten des Verfahrens sind nach dem Veranlasserprinzip dem Rechtsanwalt aufzuerlegen, wenn er eine umfassende Prozessvollmacht missbräuchlich zum Nachteil seines Mandanten verwendet (hier: Berufungseinlegung gegen den Willen des Mandanten).

IBRRS 2025, 2635

BGH, Beschluss vom 29.09.2025 - VIII ZR 193/24
1. Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig und vom abgelehnten Richter zu verwerfen, ohne dass es der vorherigen Einholung einer dienstlichen Stellungnahme bedürfte.
2. Das Ablehnungsgesuch in einem Parallelverfahren begründet keine Wartepflicht im vorliegenden Verfahren.

Online seit 10. Oktober
IBRRS 2025, 2636
OLG Köln, Urteil vom 17.09.2025 - 11 U 125/23
Die für die Kündigung wegen nicht gestellter Sicherheit nach § 648a Abs. 5 BGB a.F. (§ 650f Abs. 5 BGB n.F.) erforderliche Fristsetzung ist unwirksam, wenn die Höhe der Sicherheit für den Besteller nicht nachvollziehbar ist, auch auf seine Nachfrage vom Unternehmer nicht erläutert wird und der Besteller die aus seiner Sicht zutreffende Sicherheit anbietet.*)

IBRRS 2025, 2610

VK Bund, Beschluss vom 19.02.2025 - VK 1-2/25
1. Jedenfalls bei einem Abstand von mehr als 20% zwischen dem Angebotspreis des Bestbieters zum nächsten Angebot ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, die Angebotspreise zu überprüfen.
2. Mitbieter haben einen Anspruch darauf, dass diese Prüfung vergaberechtskonform erfolgt.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss seine für die abschließende Wertungsentscheidung maßgeblichen Erwägungen so dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, wie die Überprüfung der Angebotspreise und deren Kalkulation vorgenommen wurde (hier verneint).

IBRRS 2025, 2624

BVerwG, Urteil vom 17.06.2025 - 4 C 4.24
Ein Kaufvertrag zwischen rechtlich selbstständigen Gesellschaften, an denen identische Gesellschafter beteiligt sind, kann einen Vorkaufsfall nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 463 BGB begründen. Insoweit kommt es auf eine zivilrechtliche, nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Ein Verkehrsgeschäft muss nicht vorliegen.

IBRRS 2025, 2487

LG München I, Urteil vom 08.05.2024 - 14 S 7162/21
1. Bei separat abgeschlossenen Mietverträgen über einen Wohnraum und einen Stellplatz gilt regelmäßig eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der Verträge.
2. Diese tatsächliche Vermutung der rechtlichen Selbständigkeit kann aber widerlegt werden.
3. Befinden sich Stellplatz und Wohnraum auf demselben Grundstück, ist in der Regel ein beidseitiger Parteiwille zur Einbeziehung des Stellplatzmietvertrags in den Wohnraummietvertrag und damit ein Wille zur einheitlichen Behandlung beider Mietverträge anzunehmen.
4. Eine Klausel, wonach der Mietvertrag für den Stellplatz automatisch mit der Beendigung des Mietvertrags über die Wohnung endet, spricht dafür, dass die Parteien den Stellplatzvertrag in den Wohnraummietvertrag einbeziehen wollen und die Parteien den Willen haben, dass die beiden Verträge gerade nicht losgelöst voneinander bestehen sollen.

IBRRS 2025, 2534

LG Kempten, Urteil vom 28.10.2024 - 64 O 232/24
1. Gegen den ehemaligen Lebensgefährten besteht ein Räumungsanspruch für das im Eigentum der Klägerin stehende Haus.
2. Ein Verlöbnis begründet kein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB, auch nicht nach § 1298 Abs. 1 BGB, insoweit besteht allenfalls ein Ersatzanspruch.

IBRRS 2025, 2626

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.06.2025 - 15 WF 30/22
1. Der Honoraranspruch des Sachverständigen besteht unabhängig davon, ob das von ihm erstellte Gutachten objektiv richtig ist und wie die Beteiligten oder das Gericht das Gutachten bewerten.*)
2. Soweit das Gericht das Gutachten des Sachverständigen berücksichtigt, gilt die Leistung des Sachverständigen gem. § 8a Abs. 2 Satz 2 JVEG als verwertbar.*)
3. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit richtig ist und für die Gutachtenerstellung auch erforderlich war. Dementsprechend findet grundsätzlich lediglich eine allgemeine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt. Anlass zur Nachprüfung besteht nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung außergewöhnlich hoch erscheint.*)
4. Eine Hinweispflicht des Sachverständigen gem. § 30 Abs. 1 FamFG, § 8a Abs. 3 JVEG, § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO besteht jedenfalls in den von Amts wegen zu führenden Kindschaftssachen nicht.*)

IBRRS 2025, 2623

BGH, Beschluss vom 25.09.2025 - III ZR 58/23
1. Eine gehörswidrige Überraschungsentscheidung liegt unter anderem vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis einen Sachverhalt in einer Weise rechtlich würdigt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zu rechnen braucht (hier bejaht).
2. Das Gericht hat in diesem Fall auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen.

IBRRS 2025, 2545

BayObLG, Beschluss vom 25.09.2025 - 101 VA 105/25
1. Das Vorbringen, die Hinterlegungsstelle habe in Verkennung de Voraussetzungen des § 372 BGB die vom Schuldner beantragte Annahme eines Geldbetrags zur Hinterlegung angeordnet, zeigt keine Rechtsverletzung des Gläubigers auf, die ihm die Befugnis verschaffen könnte, die rechtswidrige Annahmeanordnung der Hinterlegungsstelle im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG anzufechten, denn im Fall eine fälschlich auf § 372 BGB gestützten Hinterlegung treten die für den Gläubiger nachteiligen Rechtsfolgen der §§ 378, 379 BGB nicht ein.*)
2. Dies gilt auch dann, wenn der Hinterleger mit der Hinterlegung bezweckte, die Vollstreckung des Gläubigers wegen der Forderung aus der vollstreckbaren Notarurkunde abzuwenden.*)
3. Die Hinterlegungsstelle ist zu der Prüfung verpflichtet, ob sich aus den vom Hinterleger vorgetragenen Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen sollen, schlüssig ein Hinterlegungsgrund ergibt.*)
4. Eine rechtswidrige Hinterlegungsanordnung kann die Hinterlegungsstelle in eigener Zuständigkeit nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 5 BayHintG i. V. m. Art. 48 BayVwVfG zurücknehmen.*)

Online seit 9. Oktober
IBRRS 2025, 2519
OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.09.2025 - 21 U 14/25
1. Soweit der Unternehmer eine zu hohe Bauhandwerkersicherheit verlangt hat, hindert dies die Wirksamkeit der Fristsetzung nicht. Ist nämlich die Höhe der zutreffenden Sicherheit etwa aufgrund vorliegender Rechnungen feststellbar, hat der Besteller Sicherheit in zutreffender Höhe anzubieten.
2. Die Kündigung wegen unterbliebener Sicherheitsleistung kann auch nach erfolgter Abnahme wirksam erklärt werden.
3. Weder die Kündigung des Vertrags noch eine zwischenzeitlich erfolgte Abnahme schließen den Anspruch auf Sicherheitsleistung aus. Gleiches gilt für eine danach vom Unternehmer erklärte "Kündigung der Mängelbeseitigung".
4. Gegenforderung des Bestellers finden nur Berücksichtigung, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind (hier verneint für Kostenumlagen für Baustrom, Bauwasser, Abfallbeseitigung und Versicherung).
5. Für die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erbrachten (Rest-)Leistungen richtet sich die abzuziehende Vergütung nach § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB, d.h. es sind nur die durch die Kündigung ersparten Aufwendungen abzuziehen. Für die zwischen den Parteien unstreitigen Mängel an den bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, die wegen einer erklärten "Kündigung der Mängelbeseitigung" vom Unternehmer nicht mehr zu beseitigen sind, kommt es hingegen auf deren Minderwert an.
6. Über den Anspruch auf Sicherheitsleistung darf im Prozess über den Werklohnanspruch trotz Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vorab durch Teilurteil entschieden werden.

IBRRS 2025, 2606

VK Bund, Beschluss vom 28.05.2025 - VK 1-38/25
1. Grundsätzlich ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen einhalten werden.
2. Eine Überprüfungspflicht des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich nur dann, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen (hier verneint).
3. Der öffentliche Auftraggeber kann sich auch bei einer vorgesehenen Zuschlagslimitierung den Zuschlag auf mehrere Lose desselben Bieters vorbehalten, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 VgV kumulativ vorliegen.

IBRRS 2025, 2594

VGH Bayern, Urteil vom 23.07.2025 - 9 N 24.161
1. Der Zweck eines Bebauungsplans kann darin bestehen, einen vorhandenen - und gegebenenfalls in großen Umfang nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechenden - Baubestand zu verändern.
2. Von einer Verhinderungsplanung ist erst auszugehen, wenn der Bebauungsplan keine positive Planungskonzeption hat oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (hier verneint).
3. Der Bebauungsplan muss eindeutig bestimmte oder bestimmbare feste Bezugspunkte zur Höhe baulicher Anlagen enthalten (hier verneint mit der Folge der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans).
4. Der Bebauungsplan leidet (hier) an beachtlichen Ermittlungs- und Abwägungsmängeln, wenn er die nach § 34 BauGB mögliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht ermittelt sowie die vorhandenen Immissionsbelastungen durch Verkehrslärm trotz hinreichender Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Orientierungswerte nicht erfasst wurden.
5. Eine bestehende faktische Gebietsart ist bei der Überplanung sorgfältig zu ermitteln und eine Änderung derselben unter Berücksichtigung des Interesses der Grundstückseigentümer am Erhalt des Gebietsbewahrungsanspruchs abzuwägen. Die Ermittlung der faktischen Gebietsart ist ein zentraler Bestandteil bei der Überplanung bebauter Innenbereichslagen.
6. Der Plangeber hat die Festsetzung über die überbaubaren Grundstücksflächen mit der Festsetzung der Grundflächenzahl bzw. der Grundfläche aufeinander abzustimmen.

IBRRS 2025, 2482

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.06.2025 - 3 W 14/25
Bei einer Leistungsverfügung ist ein Verfügungsgrund nur in Ausnahmefällen anzunehmen.*)

Online seit 8. Oktober
IBRRS 2025, 2546
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.03.2023 - 10 U 53/22
1. Sofern die Kosten einer vor Abnahme durchgeführten Ersatzvornahme geltend gemacht werden, müssen im Zeitpunkt der Ersatzvornahme alle formellen Anspruchsvoraussetzungen (Fristsetzung, Androhung und Kündigung) vorgelegen haben.
2. Eine Kündigungserklärung setzt nicht zwingend die Verwendung des Wortes "Kündigung" voraus. Die endgültige Abkehr vom Vertrag kann auch dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass der Auftraggeber äußert, er werde keine weiteren Arbeiten des Auftragnehmers mehr annehmen.
3. Für die Wahrung der (gewillkürten) Schriftformerfordernisse der VOB/B genügt die telekommunikative Übermittlung (z. B. per E-Mail).
4. Wählt der Auftraggeber im Rahmen der Ersatzvornahme einen Folgeunternehmer auf dem freien Markt aus, der für die herzustellenden Arbeiten grundsätzlich qualifiziert ist, so spricht der erste Anschein für die Angemessenheit der für im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung entstehende Maßnahmen abgerechneten Kosten.
5. Der Auftraggeber kann fiktive Mängelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzes verlangen, wenn keine Überkompensation droht (hier bejaht).
6. Für die Darlegung eines Kostenvorschussanspruchs genügt es, wenn der Auftraggeber die Kosten schätzt oder - wie hier - einen Kostenvoranschlag eines Unternehmers vorlegt und bei Bestreiten ein Sachverständigengutachten als Beweis anbietet.
7. Ein Kostenvorschussanspruch ist nur dann ausgeschlossen, wenn feststeht, dass der Auftraggeber die Nachbesserung nicht mehr ernsthaft betreibt oder den Mangel nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums beseitigen kann oder will.
8. Die Mängelbeseitigung ist nur dann unverhältnismäßig, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig ordnungsgemäßen, vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Dies gilt auch für den Kostenvorschussanspruch.

IBRRS 2025, 2597

VK Westfalen, Beschluss vom 09.04.2025 - VK 1-13/25
1. Ein Nachprüfungsantrag kann grundsätzlich unmittelbar nach einer Rüge gestellt werden. Einer weiteren Veranlassung durch den Auftraggeber bedarf es hierfür nicht.
2. Ein bereits während der Angebotsfrist gestellter Nachprüfungsantrag ist nicht vorzeitig eingereicht, wenn der Auftraggeber die Beantwortung der Rüge innerhalb einer bestimmten Frist in Aussicht stellt, die Frist dann aber fruchtlos verstreicht.
3. Durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens bzw. dessen Rückversetzung in den Stand vor Bekanntmachung - initiiert durch die Rüge eines Bieters - begibt sich der Auftraggeber in die Rolle der unterlegenen Partei, so dass er nach der Erledigung des Vergabenachprüfungsverfahrens die Kostenlast trägt.

IBRRS 2025, 2490

OVG Niedersachsen, Urteil vom 01.09.2025 - 1 KN 44/23
1. Von der Vorschrift des Plansatzes Nr. 2.3 Abs. 05 Satz 3 LROP 2017, nach der großflächiger nahversorgungsrelevanter Einzelhandel abweichend von den Vorgaben des raumordnungsrechtlichen Integrationsgebots ausnahmsweise auch in städtebaulich nicht integrierter Lage angesiedelt werden kann, darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn eine Ansiedlung zur Gewährleistung der wohnortnahen Nahversorgung erforderlich ist.*)
2. Lässt ein Bebauungsplan die Entstehung oder Erweiterung großflächigen Einzelhandels zu und ist dies aus raumordnungsrechtlichen Gründen nur bei - in einem weiteren Bebauungssplan festzusetzender - Reduzierung der Verkaufsfläche konkreter anderer, außerhalb des Plangebiets gelegener Einzelhandelsstandorte zulässig, so ist das Interesse der dortigen Grundeigentümer am Erhalt ihrer planungsrechtlichen Position schon im Rahmen des ersten Bebauungsplans abwägungserheblich.*)

IBRRS 2025, 2609

LG Berlin II, Urteil vom 30.09.2025 - 65 S 116/25
1. Die Qualität der ÖPNV-Anbindung und der Nahversorgung ist beim Berliner Mietspiegel im Rahmen der Wohnlagenausweisung abschließend berücksichtigt worden.
2. Es ist deshalb nicht möglich gem. § 19 Abs. 4 MsV (Mietspiegelverordnung) Zuschläge hierfür bei der Spanneneinordnung anzusetzen.
3. Die Zulässigkeit der Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 287 ZPO mittels Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung ist eine Frage des Einzelfalls.

IBRRS 2025, 2495

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 11.03.2025 - 8 C 269/24
1. Mängel sind im Rahmen der Bewertung der Miethöhe nicht relevant.
2. Aus der Höhe des Heizkostenvorschusses kann nicht auf eine fehlende oder unzureichende Wärmedämmung geschlossen werden.
3. Gute ÖPNV-Anbindung bzw. Nahversorgung ist kein wohnwerterhöhendes Merkmal.

IBRRS 2025, 2582

OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.08.2025 - 6 LA 128/24
1. Zwischen der Einbeziehung von Buchgrundstücken in das Abrechnungsgebiet und der Frage, ob sich der ausbaubeitragsrechtlich relevante Vorteil auf das gesamte Buchgrundstück in gleicher oder unterschiedlicher Weise oder nur auf eine Teilfläche erstreckt, ist zu differenzieren.*)
2. Ausgehend vom formellen Grundstücksbegriff bezieht sich die Vorteilslage grundsätzlich auf das gesamte Buchgrundstück.*)
3. Für den Fall, dass sich Vorteilswirkungen einer Maßnahme eindeutig auf eine Teilfläche eines Buchgrundstücks beschränken, ist eine entsprechende anteilige Einbeziehung in die Aufwandsverteilung und Zugrundelegung bei der Beitragsbemessung denkbar.*)
4. Der Begriff der Zugänglichkeit richtet sich nicht nach Festsetzungen eines Bebauungsplans im Bereich der Grundstückszuwegung, sondern stellt allein auf den wirtschaftlichen Vorteil ab, der dem Grundstück und den darauf befindlichen Baulichkeiten durch den Ausbau der öffentlichen Einrichtung Straße zuwächst.*)

IBRRS 2025, 2604

BGH, Beschluss vom 11.09.2025 - I ZB 29/25
1. Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um vier Wochen darf vom Rechtsanwalt nicht als Verlängerung um einen Monat missverstanden werden.
2. Eine (abweichende) telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts über die Fristverlängerung ersetzt nicht die Verfügung des Vorsitzenden und entlastet den Rechtsanwalt nicht.

IBRRS 2025, 2601

BGH, Beschluss vom 26.08.2025 - VIII ZR 262/24
Das Gericht verletzt den Anspruch des auf Räumung verklagten Mieters auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), wenn es das Vorliegen der geltend gemachten unzumutbaren Härte i.S.v. § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB auf der Grundlage unvollständiger, unzureichender und in sich widersprüchlicher - teils für den Mieter günstiger - Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ohne die gebotene weitere Beweiserhebung und zudem unter Inanspruchnahme nicht gegebener eigener Sachkunde verneint.*)
IBRRS 2025, 2529

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.06.2025 - 18 W 170/24
1. Der Rechtspfleger muss grundsätzlich die Festsetzung der Vergütung ablehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
2. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise, wenn der Einwand offensichtlich unbegründet ist, das heißt, wenn seine Haltlosigkeit ohne nähere Sachprüfung auf der Hand liegt, substanzlos ist oder erkennbar rechtsmissbräuchlich eingesetzt wird (hier bejaht).

Online seit 7. Oktober
IBRRS 2025, 2579
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.09.2025 - 10 U 69/24
1. Die Erklärung des Verbrauchers, er trete vom Bauvertrag zurück, kann als Widerrufserklärung auszulegen sein.
2. Eine Widerrufsbelehrung ohne Angabe des Namens des Widerrufsempfängers sowie dessen ladungsfähiger Anschrift ist nicht ordnungsgemäß.
3. Bei einem Verbraucherbauvertrag ist Wertersatz nur für diejenigen Leistungen zu entrichten, die zu einem Wertzuwachs beim Verbraucher führen, indem sie sich im Bauwerk verkörpern; einer Werterhöhung des Grundstücks bedarf es nicht.
4. Planungsleistungen sind als reine Vorbereitungshandlunge nur dann ersatzfähig, wenn sie vom Verbraucher genutzt und verwertet werden.

IBRRS 2025, 2575

VK Thüringen, Beschluss vom 10.12.2024 - 5090-250-4003/396
1. Der öffentliche Auftraggeber muss Referenzen nur bei begründeten Zweifeln überprüfen.
2. Die Erweiterung oder Reduzierung von in der Auftragsbekanntmachung genannten Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen ist unzulässig.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss, wenn er keine Vorgaben zur Abgeschlossenheit der Leistungen macht, auch solche Referenzaufträge berücksichtigen, die nur zu einem untergeordneten Teil in den zugelassenen Zeitraum fallen oder noch nicht beendet sind.
4. Eine vergleichbare Referenz erfordert, dass die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang - auch im finanziellen und personellen Umfang - ähneln und somit einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.
5. Die Eignung der Bieter wird in offenen Verfahren bezogen auf den Zeitpunkt der Wertung bzw. des Zuschlags geprüft.
6. Die Ablehnung des Zuschlags wegen ungewöhnlich niedrigen Preises ist grundsätzlich geboten, wenn der - insoweit darlegungs- und beweisbelastete - Bieter verbleibende Ungewissheiten nicht ausräumen kann.

IBRRS 2025, 2479

OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.09.2025 - 2 K 11/25
Berührt werden die Grundzüge der Planung nach § 245e Abs. 3 Satz 1 BauGB erst, wenn bei einem Repowering außerhalb der Konzentrationsflächen die vollständige oder teilweise Funktionslosigkeit der Planung droht.*)

IBRRS 2025, 2549

LG Darmstadt, Urteil vom 29.04.2025 - 30 S 59/25
1. Ein Mietverhältnis, an dem auf Mieterseite mehrere Personen beteiligt sind, kann wegen seiner Einheitlichkeit wirksam nur gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden. Eine Ausnahme wird dann angenommen, wenn sich das Berufen auf die Unwirksamkeit der Kündigung als treuwidrig darstellt.
2. Dies ist zu bejahen, wenn der zweite Mieter der Ehemann der Mieterin war, der vor über 40 Jahren sich hat scheiden lassen und ins Ausland gezogen ist.
3. Der Eigennutzungswunsch aufgrund einer beabsichtigten Familiengründung ist nicht als unbestimmtes Interesse zu qualifizieren.
4. Will der Erwerber die Wohnung vor dem Selbstbezug sanieren oder modernisieren und ist hierzu eine Baugenehmigung erforderlich, so setzt die Wirksamkeit der Kündigung nicht voraus, dass die Genehmigung bereits erteilt ist.
5. Jedoch darf es erst zur Kündigung kommen, wenn seine Planungen ein Stadium erreicht haben, in dem beurteilt werden kann, ob die Verwirklichung des Plans eine Kündigung rechtfertigt.
6. Den Mieter trifft eine Obliegenheit, sich mithilfe von Verwandten und Bekannten oder öffentlichen und privaten Stellen sowie unter Inanspruchnahme geeigneter Medien ernsthaft und nachhaltig um einen angemessenen Ersatzwohnraum zu bemühen.
7. Bemüht sich der Mieter in 35 Monaten lediglich um 23 Wohnungen, kann dies nicht als ernsthaftes und intensives Bemühen angesehen werden.
8. Der Mieter muss ausreichend darlegen, dass seine vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen einem Umzug entgegenstehen und dass ein solcher Umzug negative Auswirkungen auf seinen Gesundheitszustand haben würde.

IBRRS 2025, 2558

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 03.05.2024 - 14 S 3411/23 WEG
1. Eine unbillige Benachteiligung i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG wegen einer gestatteten baulichen Veränderung würde voraussetzen, dass einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet würden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürften. Dabei müsste die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung (einem "nicht hinzunehmendem Sonderopfer") des Wohnungseigentümers führen, indem ihm Nachteile in größerem Umfang zugemutet würden als den übrigen Wohnungseigentümern.
2. Tieffrequente Geräusche können nicht vorab durch Sachverständigengutachten prognostiziert werden. Sollte eine genehmigte Klimaanlage nach ihrer Errichtung durch ihren Betrieb unzumutbare Störungen für einen Wohnungseigentümer durch tieffrequente Schallemissionen verursachen, hätte er Ansprüche auf Unterlassung der konkreten Störung gegen deren Betreiber aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, § 1004 BGB. Abwehransprüchen gegen konkrete Schallimmissionen durch den Betrieb der Klimaanlage stünde die Bestandskraft des Beschlusses zur Gestattung der Errichtung der Anlage nicht gem. § 1004 Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG im Wege.
