Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Zivilprozess & Schiedswesen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 2. Juli
IBRRS 2025, 1682
OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2024 - 17 U 30/24
1. Der Auftraggeber kann unter besonderen Umständen nach Kündigung seinen Herausgabeanspruch bezüglich des bereits hergestellten Teilwerks im Wege einer Leistungsverfügung durchsetzen.
2. Die Verhinderung der Herausgabe des Werks stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Auftraggebers dar.
3. Dem Sicherungsbedürfnis des Auftragnehmers wegen etwaiger Vergütungsansprüche ist Rechnung zu tragen, indem die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe der glaubhaft gemachten Vergütung abhängig gemacht wird.
4. Ein insolvenzrechtliches Vollstreckungsverbot wirkt sich materiell-rechtlich nicht auf den Herausgabeanspruch aus, sondern steht nur der Zwangsvollstreckung entgegen.

Online seit 1. Juli
IBRRS 2025, 1084
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.04.2025 - 3 U 82/23
1. Auf den anrechenbaren Baukostenzuschuss ist nicht nur § 547 BGB, sondern - jedenfalls nach der Aufhebung des § 57c ZVG mit Wirkung zum 01.02.2007 - auch § 566c Satz 1 BGB anwendbar.
2. Im Einzelfall können unbillige Ergebnisse für den Mieter nach § 242 BGB korrigiert werden.

IBRRS 2025, 1658

OLG München, Urteil vom 26.03.2024 - 28 W 7458/22 Bau
1. Ein außergerichtlich geschlossener Vergleich entfaltet nur dann prozessbeendigende Wirkung, wenn er dem Gericht unter wörtlicher Wiedergabe zumindest der Vereinbarungen zur Prozessbeendigung von beiden Parteien übereinstimmend in der für Prozesshandlungen vorgeschriebenen Form (bestimmender Schriftsatz oder mündlich in der Verhandlung) mitgeteilt wird.
2. Die unzutreffende Protokollierung eines Vergleichs (hier: vertauschte Parteien infolge Vertippens) kann ausnahmsweise einer Berichtigung nach § 164 ZPO zugänglich sein.
3. Die Berichtigung kann ausnahmsweise durch das übergeordnete Rechtsmittelgericht erfolgen.
4. Wird die Anfechtung eines (Prozess-)Vergleichs in einem Schriftsatz erklärt, kommt es für die Wahrung der Anfechtungsfrist, die höchstens zwei Wochen ab Kenntnis vom Anfechtungsgrund beträgt, auf den Zugang des Schriftsatzes nicht beim Gericht, sondern beim Anfechtungsgegner an.

IBRRS 2025, 1660

LG Bamberg, Beschluss vom 07.05.2025 - 31 T 19/25
1. Kommt es aufgrund einer übereinstimmenden Erledigterklärung nicht mehr zu einer Beweisaufnahme und ist aus diesem oder aus sonstigem Grund offen, wie das Verfahren ohne die Erledigung geendet hätte, sind die Kosten in der Regel aufzuheben.
2. Diese Grundsätze sind analog auf die Beendigung des Verfahrens durch Vergleichsschluss und dem Gericht insoweit vorbehaltener Kostenentscheidung zu übertragen.
3. Lediglich in engen Grenzen ist eine Antizipation des Ergebnisses einer noch durchzuführenden Beweiserhebung zulässig, wenn aufgrund konkreter Umstände mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der beweisbelasteten Partei der Beweis gelungen oder misslungen wäre.

Online seit 30. Juni
IBRRS 2025, 1653
BayObLG, Beschluss vom 23.06.2025 - 102 AR 55/25
1. Ist ein gemeinsamer Gerichtsstand eröffnet, an dem der Kläger gegen alle Streitgenossen gemeinsam Klage führen kann, bedarf er zur Erreichung dieses Ziels keiner Gerichtsstandsbestimmung.
2. Bei Klagen des Bauherrn gegen den Bauunternehmer ist regelmäßig der Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Ort des Bauvorhabens begründet, was auch Sekundäransprüche, insbesondere auf Schadensersatz wegen Nicht- oder Schlechterfüllung von Haupt- und Nebenpflichten aus dem Bauvertrag erfasst. Nichts anderes gilt für Ansprüche, die auf die Versicherung übergegangen sind.
3. Auch für Ausgleichsansprüche im Gesamtschuldnerinnenverhältnis ist der Gerichtsstand am Ort des Bauvorhabens eröffnet.

IBRRS 2025, 1543

LG Berlin II, Beschluss vom 10.02.2025 - 63 T 18/25
Für die Klage auf Zustimmung zur Auswechslung eines Teils der Mieter bei einer Mietermehrheit ist ein Streitwert in Höhe der Jahresnettomiete anzusetzen.

Online seit 26. Juni
IBRRS 2025, 1662
OLG Celle, Beschluss vom 03.06.2025 - 14 U 226/24
1. Die Störung des Intermediärs der Justiz stellt eine dem Verantwortungsbereich des Gerichts zuzuordnende Verhinderung des fristgerechten Zugangs von Schriftsätzen, die über das beA eingereicht werden müssen, dar.*)
2. Ist wegen einer technischen Störung auf Seiten der Justiz keine Kommunikation mit dem Gericht möglich, besteht wegen einer darauf beruhenden Fristversäumnis ein Wiedereinsetzungsgrund. Der Absender muss dann auch keine andere Art der Einreichung wählen.*)
3. Eine gesetzliche Pflicht zur fristgemäßen Ersatzeinreichung bei Vorliegen einer vorübergehenden technischen Störung lässt sich aus § 130d Satz 2 ZPO jedenfalls dann nicht ableiten, wenn die Störung - wie hier - nicht der Partei des Rechtsstreits, sondern dem Gericht zuzurechnen ist.*)

Online seit 25. Juni
IBRRS 2025, 1583
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 07.05.2025 - 5 W 25/25
Die Einholung einer rechtzeitig beantragten Gutachtenergänzung im selbständigen Beweisverfahren - hier: gegen den Wohngebäudeversicherer - kann auch nach Klageerhebung und Beiziehung der Akten durch das Prozessgericht nicht mit dem Hinweis auf die "Beendigung" des Beweisverfahrens abgelehnt werden, wenn die zur Hauptsache getroffenen Anordnungen (noch) nicht erkennbar darauf abzielen, die unerledigten Fragen des Antragstellers aus dem selbständigen Beweisverfahren erschöpfend zu beantworten.*)

Online seit 24. Juni
IBRRS 2025, 1555
OLG München, Beschluss vom 05.06.2025 - 7 W 661/25
1. Der Wert der Hauptsache ist maßgebend für die Gebühren der Nebenintervention, wenn die Nebenintervenienten sich uneingeschränkt den Anträgen der unterstützten Partei anschließen.
2. Das wirtschaftliche Interesse der Nebenintervenienten ist für die Wertbestimmung irrelevant, sofern kein selbstständiges Rechtsmittel eingelegt wird. Nur für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof offengelassen, ob es dann auf das wirtschaftliche Interesse des Nebenintervenienten ankommt. Für alle anderen Fälle, kommt es jedenfalls ausdrücklich nicht darauf an, ob das wirtschaftliche Interesse des Nebenintervenienten dem der unterstützten Hauptpartei gleichkommt oder ob es geringer oder gar höher ist. Solche Aspekte betreffen nämlich das Innenverhältnis des Nebenintervenienten zur unterstützten Partei und sind deshalb für den Rechtsstreit zwischen den Hauptparteien weder relevant noch in diesem aufzuklären.
3. Der Antrag auf gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG ist unbegründet, wenn die Gebühren der Nebenintervention sich nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten.

Online seit 16. Juni
IBRRS 2025, 1533
KG, Urteil vom 13.06.2025 - 7 U 71/22
1. Die Zulässigkeit einer auf die Zahlung von Mangelbeseitigungs(vorschuss)kosten und Mangelfolgekosten gerichteten Klage setzt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO voraus, dass die einzelnen Streitgegenstände beziffert werden. Dabei ist zu beachten, dass die (Vorschuss-)Kosten für die Beseitigung mehrerer Mängel jeweils einen eigenen Streitgegenstand - je Mangel - bilden.*)
2. Bei Unzulässigkeit der Leistungsklage ist die Umdeutung in eine Feststellungsklage zu prüfen, was ein - zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - zu bejahendes Feststellungsinteresse erfordert.*)
3. Ein Feststellungsantrag ist nur "ergänzend" neben einem Vorschussantrag i.S.d. § 637 Abs. 3 BGB zulässig.*)

Online seit 12. Juni
IBRRS 2025, 1423
BGH, Beschluss vom 29.04.2025 - X ARZ 79/25
Eine Durchbrechung der Bindungswirkung von Verweisungsentscheidungen entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO kommt allenfalls bei "extremen Verstößen" gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht.

Online seit 10. Juni
IBRRS 2025, 1467
KG, Beschluss vom 04.06.2025 - 21 W 26/25
Bei der Streitwertbemessung für ein Sicherungsverlangen gem. § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Zuschlag i.H.v. 10% für Nebenforderungen nicht werterhöhend in Ansatz zu bringen.*)

Online seit 6. Juni
IBRRS 2025, 1466
OLG Koblenz, Beschluss vom 02.06.2025 - 12 VA 10/24
1. Dritte haben nur dann ohne Einwilligung der Prozessparteien ein Akteneinsichtsrecht, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.
2. Das rechtliche Interesse muss sich aus der Rechtsordnung selbst ergeben und verlangt als Mindestbedingung ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes gegenwärtiges Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache.
3. Der - nicht am Prozess beteiligte - Bauherr, der außergerichtlich sowohl Architekten als auch Bauunternehmen wegen Mängeln gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, hat ein rechtliches Interesse daran, durch Akteneinsicht festzustellen, welche Innenausgleichsansprüche der klagende Architekt gegen die beklagten Bauunternehmen geltend macht.
