Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Recht am Bau
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 31. Mai
IBRRS 2024, 1720OLG Frankfurt, Urteil vom 11.01.2023 - 29 U 191/21
1. Der Anspruch auf Abschlagszahlung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Leistung abgenommen ist und der Auftragnehmer seine Schlussrechnung gestellt hat (BGH, IBR 2007, 636).
2. Der Auftraggeber hat ein Recht auf eine Schlussrechnung. Er kann verlangen, dass der Auftragnehmer seine vermeintliche Forderung gleichsam abschließend beziffert.
3. Behält sich der Auftraggeber im Abnahmeprotokoll einen Mangel vor, bedarf es keiner Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, wenn der Auftragnehmer den Mangel in Abrede stellt und die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.
VolltextOnline seit 29. Mai
IBRRS 2024, 1696OLG Celle, Beschluss vom 05.02.2024 - 5 U 134/23
1. Errichtet ein Werkunternehmer infolge eines Planungsfehlers einen Zaun teilweise auf dem Nachbargrundstück, kann der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen Werkmangels jedenfalls dann nicht nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnet werden, wenn ein (befürchteter) Beseitigungsanspruch des Nachbarn nach nachbarrechtlichen Vorschriften zeitlich ausgeschlossen ist.*)
2. Der Schaden kann nach dem Wert der Teile des Zauns geschätzt werden, die wesentlicher Bestandteil des Nachbargrundstücks werden.*)
VolltextOnline seit 27. Mai
IBRRS 2024, 1639OLG München, Beschluss vom 22.05.2023 - 28 U 6295/22 Bau
1. Bei einem Vertrag über einen Spundwandverbau, der das Setzen, Bereitstellen und Ziehen der Spundwand beinhaltet, handelt es sich um einen typengemischten Vertrag, dessen Schwerpunkt auf dem Werkvertragsrecht liegt.
2. Für die Fälligkeit des Werklohns ist neben dem Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung erforderlich, dass der Auftraggeber das Werk abgenommen hat oder die Abnahme entbehrlich ist. Das gilt sowohl für den VOB- als auch BGB-Bauvertrag.
3. Weder eine Kündigung noch die Erklärung einer Minderung "auf null" bei vollständiger Wertlosigkeit des Werks führen per se zur Umwandlung in ein Abrechnungsverhältnis, das eine Abnahme entbehrlich machen würde.
4. Eine Abnahme ist nicht wegen unberechtigter endgültiger Abnahmeverweigerung entbehrlich, wenn sie bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden kann.
VolltextOnline seit 24. Mai
IBRRS 2024, 1637OLG Zweibrücken, Urteil vom 03.05.2022 - 5 U 112/21
1. Bei Werkverträgen, die vor dem 01.01.2018 geschlossen wurden, steht dem Besteller kein einseitiges Anordnungsrecht zu.
2. Ein Anordnungsrecht kann lediglich im Einzelfall angenommen werden, wenn ohne die angeordnete Änderung eine funktionsgerechte und zweckentsprechende Leistung nicht erreicht werden kann, der Vertrag notwendig angepasst werden muss und der Auftragnehmer die Anpassung auch ausführen kann (hier verneint).
3. Den Besteller trifft keine Mitwirkungsobliegenheit dahingehend, sich rechtlich verbindlich zum geschuldeten Leistungsumfang zu erklären.
4. Die Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz ist zulässig, wenn die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien unstreitig sind.
VolltextOnline seit 23. Mai
IBRRS 2024, 1629OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2024 - 8 U 64/22
1. Die Abnahme als Voraussetzung für die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs aus einem BGB-Bauvertrag ist entbehrlich, wenn der Besteller zu Unrecht die Abnahme nicht erklärt.
2. Der Besteller ist zur Abnahme verpflichtet, wenn die fertig gestellten Arbeiten vertragsgemäß erbracht sind.
3. Die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung ist auch beim BGB-Bauvertrag (weitere) Fälligkeitsvoraussetzung. Die objektive Anforderung an die Prüfbarkeit ist kein Selbstzweck. Entscheidend ist, ob dem Kontroll- und Informationsinteresse des Bestellers ausreichend Genüge getan ist.
4. Der Besteller kann sich auf die objektiv fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn er zur Beurteilung der geltend gemachten Forderung keiner weiteren Information mehr bedarf. Gleiches gilt, wenn dem Besteller Informationen fehlen, die er überhaupt nicht bestreitet, oder ihm die Überprüfung trotz einzelner fehlender Angaben möglich war.
5. Die Unwirksamkeit eines Dienstverschaffungsvertrags wegen Nichteinhaltung der Schriftform oder fehlender behördlicher Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgsgesetz (AÜG) kommt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern nicht in Betracht, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
VolltextOnline seit 22. Mai
IBRRS 2024, 1645OLG München, Urteil vom 09.04.2024 - 9 U 4221/23 Bau e
1. Geothermiekraftwerk als Bauwerk iSv § 650a BGB.*)
2. Die Regelung zur Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB ist auf einen gemischten Vertrag anwendbar, wenn der Schwerpunkt des Vertrags im Bauvertragsrecht liegt, es sei denn die Eigenart des Vertrags wäre hierdurch nicht richtig gewürdigt.*)
3. Grundsätze der Auslegung eines Errichtungs- und Pachtvertrages.*)
VolltextIBRRS 2024, 1642
OLG Stuttgart, Urteil vom 16.05.2024 - 2 U 146/22
Ein nicht zur Irrtumsanfechtung berechtigender Kalkulationsirrtum liegt vor, wenn der Irrtum bei der Kalkulation der Einheitspreise für ein Gebot in einem Vergabeverfahren entstanden ist.*)
Online seit 15. Mai
IBRRS 2024, 1597OLG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2024 - 10 U 103/23
1. Wird bei Abbrucharbeiten ein stromführendes Bauteil im Keller belassen und dieser verfüllt, kann dies eine Haftung von Bauherrn, Architekten und ausführendem Unternehmer auch für einen Arbeitsunfall begründen, zu dem es Jahre später bei weiteren Bauarbeiten kommt.*)
2. Bei einer durch Abbrucharbeiten verursachten nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahr im Erdboden endet die Verantwortlichkeit weder für den Bauherrn mit dem Verkauf des Grundstücks noch für Architekt und Unternehmer mit dem Abschluss der Arbeiten, sofern die Gefahr fortbesteht und die Verantwortlichkeit nicht durch entsprechende Information an einen Dritten übertragen wird.*)
3. Zum Gesamtschuldner-Innenausgleich der für einen Arbeitsunfall verantwortlichen Bauherren, Architekten und Unternehmer.*)
VolltextOnline seit 13. Mai
IBRRS 2024, 1343OLG Oldenburg, Urteil vom 14.07.2022 - 14 U 54/18
1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn er dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und erklärt hat, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde.
2. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. Sie muss im Grundsatz so bemessen sein, dass sie für einen leistungsbereiten und -fähigen Auftragnehmer im Hinblick auf die durchzuführenden Maßnahmen bei größter Anstrengung einhaltbar ist.
3. Eine fünftägige Nachfrist, die nur zwei Werktage enthält, ist nicht angemessen.
4. Das Setzen einer unangemessen kurzen Frist setzt eine angemessene Frist in Gang. Erklärt der Auftraggeber jedoch unmittelbar nach dem Ablauf der zu kurz bemessenen Frist die Kündigung und erteilt er dem Auftragnehmer ein sofortiges Baustellenverbot, setzt er den Auftragnehmer außer Stande, die Arbeiten fortzusetzen.
5. Erklärt der Auftraggeber die Kündigung, ohne dem Auftragnehmer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, steht ihm kein Anspruch auf Ersatz der durch die Beauftragung eines anderen Unternehmers entstandenen Fertigstellungsmehrkosten zu.
VolltextOnline seit 6. Mai
IBRRS 2024, 1416OLG Hamburg, Urteil vom 17.11.2022 - 4 U 110/22
1. Der Auftraggeber eines VOB/B-Vertrags kann dem Auftragnehmer den Auftrag entziehen, wenn eine diesem gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung, zur Leistungserbringung im eigenen Betrieb oder zur Vertragserfüllung fruchtlos verstrichen ist.
2. Der Auftraggeber ist zudem zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags berechtigt, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, weil hinreichender Anlass für die Annahme besteht, der Auftragnehmer werde sich auch künftig nicht vertragstreu verhalten.
3. Eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses kann entweder auf einzelnen besonders schwerwiegenden positiven Vertragspflichtverletzungen beruhen oder sich aus einer ganzen Reihe von Pflichtverletzungen, die jeweils für sich genommen zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung nicht ausreichend wären, im Rahmen einer Gesamtabwägung ergeben.
4. Hat der Auftragnehmer die Arbeiten auf der Baustelle ohne berechtigten Grund eingestellt, verstößt er damit gegen seine Verpflichtung, die Baumaßnahmen zu fördern und umgehend Abhilfe zu schaffen, wenn die Erfüllung ins Stocken gerät. Unerheblich ist, ob der ursprüngliche Terminplan noch Bestand hat oder aus Gründen, die der Auftraggeber zu vertreten hat, obsolet geworden ist.
5. Die Parteien eines VOB/B-Vertrages sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information.
6. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrags an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden.
7. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Vertragsanpassung, ist jede Partei grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen. Die Verpflichtung obliegt einer Partei ausnahmsweise dann nicht, wenn die andere Partei in der konkreten Konfliktlage ihre Bereitschaft, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, nachhaltig und endgültig verweigert.