Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2024, 1694BFH, Urteil vom 23.01.2024 - IX R 14/23
1. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint (Anschluss an Senatsurteil vom 28.07.2021 - IX R 25/19, Rz 19; z.T. entgegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332, Rz 24).*)
2. Der schlichte Verweis durch den Steuerpflichtigen auf die modellhaft ermittelte Gesamt- und Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung genügt nicht, um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darzulegen und nachzuweisen.*)
3. Der kapitalisierte Wert eines lebenslangen, fortbestehenden Nießbrauchsrechts an einem Grundstück ist nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Nießbraucher das Eigentum am belasteten Grundstück erwirbt.*)
VolltextOnline seit gestern
IBRRS 2024, 1639OLG München, Beschluss vom 22.05.2023 - 28 U 6295/22 Bau
1. Bei einem Vertrag über einen Spundwandverbau, der das Setzen, Bereitstellen und Ziehen der Spundwand beinhaltet, handelt es sich um einen typengemischten Vertrag, dessen Schwerpunkt auf dem Werkvertragsrecht liegt.
2. Für die Fälligkeit des Werklohns ist neben dem Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung erforderlich, dass der Auftraggeber das Werk abgenommen hat oder die Abnahme entbehrlich ist. Das gilt sowohl für den VOB- als auch BGB-Bauvertrag.
3. Weder eine Kündigung noch die Erklärung einer Minderung "auf null" bei vollständiger Wertlosigkeit des Werks führen per se zur Umwandlung in ein Abrechnungsverhältnis, das eine Abnahme entbehrlich machen würde.
4. Eine Abnahme ist nicht wegen unberechtigter endgültiger Abnahmeverweigerung entbehrlich, wenn sie bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden kann.
VolltextOnline seit 24. Mai
IBRRS 2024, 1637OLG Zweibrücken, Urteil vom 03.05.2022 - 5 U 112/21
1. Bei Werkverträgen, die vor dem 01.01.2018 geschlossen wurden, steht dem Besteller kein einseitiges Anordnungsrecht zu.
2. Ein Anordnungsrecht kann lediglich im Einzelfall angenommen werden, wenn ohne die angeordnete Änderung eine funktionsgerechte und zweckentsprechende Leistung nicht erreicht werden kann, der Vertrag notwendig angepasst werden muss und der Auftragnehmer die Anpassung auch ausführen kann (hier verneint).
3. Den Besteller trifft keine Mitwirkungsobliegenheit dahingehend, sich rechtlich verbindlich zum geschuldeten Leistungsumfang zu erklären.
4. Die Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz ist zulässig, wenn die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien unstreitig sind.
VolltextIBRRS 2024, 1625
OLG Koblenz, Beschluss vom 08.11.2021 - Verg 5/21
1. Dokumentationsmängel im Vergabevermerk beinhalten in der Regel per se noch keine Rechtsverletzung.
2. Dokumentationspflichten sind kein Selbstzweck. Ein Bieter kann sich auf ihre Verletzung nur dann berufen, wenn sich der Dokumentationsmangel konkret auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren negativ ausgewirkt hat.
3. Darauf, dass eine Überprüfung der Bieter auf das Vorliegen etwaiger Ausschlussgründe nicht erfolgt ist, können sich Bieter und Bewerber nur dann berufen, wenn bei einem - vorrangig platzierten - Mitbewerber eine Ausschlussvoraussetzung vorliegt.
4. Ein Vergabeverstoß ist in rechtlicher Hinsicht erkennbar, wenn ein durchschnittlich fachkundiger Bieter des angesprochenen Bieterkreises im Sinne eines sorgfältig handelnden Unternehmens, das mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen den Sachverhalt zumindest als rechtlich problematisch eingestuft und damit erkannt hätte.
VolltextIBRRS 2024, 1679
BGH, Urteil vom 22.03.2024 - V ZR 141/23
Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten; dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung vor dem 01.12.2020 getroffen wurde.*)
VolltextOnline seit 23. Mai
IBRRS 2024, 1629OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2024 - 8 U 64/22
1. Die Abnahme als Voraussetzung für die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs aus einem BGB-Bauvertrag ist entbehrlich, wenn der Besteller zu Unrecht die Abnahme nicht erklärt.
2. Der Besteller ist zur Abnahme verpflichtet, wenn die fertig gestellten Arbeiten vertragsgemäß erbracht sind.
3. Die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung ist auch beim BGB-Bauvertrag (weitere) Fälligkeitsvoraussetzung. Die objektive Anforderung an die Prüfbarkeit ist kein Selbstzweck. Entscheidend ist, ob dem Kontroll- und Informationsinteresse des Bestellers ausreichend Genüge getan ist.
4. Der Besteller kann sich auf die objektiv fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn er zur Beurteilung der geltend gemachten Forderung keiner weiteren Information mehr bedarf. Gleiches gilt, wenn dem Besteller Informationen fehlen, die er überhaupt nicht bestreitet, oder ihm die Überprüfung trotz einzelner fehlender Angaben möglich war.
5. Die Unwirksamkeit eines Dienstverschaffungsvertrags wegen Nichteinhaltung der Schriftform oder fehlender behördlicher Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgsgesetz (AÜG) kommt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern nicht in Betracht, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
VolltextIBRRS 2024, 1647
VK Südbayern, Beschluss vom 29.04.2024 - 3194.Z3-3_01-24-4
1. Ein nur "in Anlehnung an die RPW 2013" ausgestalteter Realisierungswettbewerb, bei dem weder eine eigene veröffentlichte einheitliche Richtlinie noch die RPW 2013 Anwendung finden soll, stellt einen Vergabeverstoß dar.
2. Wenn der Auslober die RPW 2013 als veröffentlichte einheitliche Richtlinie seinem Realisierungswettbewerb zugrunde legen möchte, dann ist ein Abweichen von den Regelungen der RPW nur mit der Zustimmung der Architektenkammer möglich.
3. Soweit der Auslober eigene Richtlinien für die Durchführung von Planungswettbewerben entwickelt hat, dann müssen diese veröffentlicht sein. Eine Mitteilung in der Wettbewerbsbekanntmachung genügt hierfür nicht.
VolltextIBRRS 2024, 1662
BVerwG, Urteil vom 09.11.2023 - 4 CN 2.22
Die raumplanerische Zielfestlegung "Regionaler Grünzug" ist keine flächenscharfe, sondern eine funktionale Vorgabe und bedarf deshalb regelmäßig in besonderer Weise der Konkretisierung und Ausgestaltung durch die nachfolgende Planung.*)
VolltextOnline seit 22. Mai
IBRRS 2024, 1645OLG München, Urteil vom 09.04.2024 - 9 U 4221/23 Bau e
1. Geothermiekraftwerk als Bauwerk iSv § 650a BGB.*)
2. Die Regelung zur Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB ist auf einen gemischten Vertrag anwendbar, wenn der Schwerpunkt des Vertrags im Bauvertragsrecht liegt, es sei denn die Eigenart des Vertrags wäre hierdurch nicht richtig gewürdigt.*)
3. Grundsätze der Auslegung eines Errichtungs- und Pachtvertrages.*)
VolltextIBRRS 2024, 1642
OLG Stuttgart, Urteil vom 16.05.2024 - 2 U 146/22
Ein nicht zur Irrtumsanfechtung berechtigender Kalkulationsirrtum liegt vor, wenn der Irrtum bei der Kalkulation der Einheitspreise für ein Gebot in einem Vergabeverfahren entstanden ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1646
OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.11.2023 - 1 KN 11/19
Eine Abweichung zwischen Auslegungszeit und Verfügbarkeit im Internet mag mit einem Tag zwar marginal sein. Vor dem Hintergrund eines einfachen und effektiven Zugangs der Öffentlichkeit sind indes strenge Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Online-Beteiligungsverfahren zu stellen.
VolltextIBRRS 2024, 1620
AG Paderborn, Urteil vom 19.10.2023 - 50c C 156/23
Bei der Frage der Überbelegung ist auf das Verhältnis der Anzahl an Mietern und Untermietern zu der Gesamtwohnfläche der Wohnung und zu der Anzahl der Wohnräume abzustellen. Dabei werden die Wohnungsaufsichtsgesetze der Länder als Maßstab genommen, wonach pro Person ein Raum und eine Nutzfläche von 6-9 qm bzw. pro Erwachsenem oder zwei Kindern bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 qm zur Verfügung stehen müssen. Nach Außerkrafttreten des Wohnungsaufsichtsgesetz heißt es nunmehr in § 10 Abs. 2 WohnStG, dass einzelne Wohnräume nur überlassen oder benutzt werden dürfen, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 8 qm vorhanden ist und Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen.
VolltextIBRRS 2024, 1644
BFH, Beschluss vom 22.04.2024 - III B 82/23
1. Die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen eines in der Privatsphäre liegenden Vorhabens setzt die Darlegung und (gegebenenfalls) die Glaubhaftmachung von Umständen voraus, wonach das Vorhaben in seiner Planung bereits vor Zugang der Ladung so ausgestaltet war, dass die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser Zeit unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist.*)
2. Ein vor Zugang der Ladung gefasster Entschluss zu einem Kurzurlaub "ins Blaue" ist kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten.*)
VolltextIBRRS 2024, 0870
OLG Brandenburg, Urteil vom 13.02.2024 - 3 U 96/23
1. Ob für die Zuständigkeit ein Wohnraum- oder ein Geschäftsraummietverhältnis zu Grunde zu legen ist, ist allein nach dem Antrag und dem schlüssigen Sachvortrag des Klägers - nicht hingegen nach dessen bloßer Rechtsauffassung - zu entscheiden, da sich hiernach der Streitgegenstand bestimmt.
2. Sofern die zuständigkeitsbegründende Tatsache eine doppelrelevante Tatsache - also die zuständigkeitsbegründende Tatsache zugleich Voraussetzung für die Begründetheit der Klage - ist, wird über das Vorliegen dieser Tatsache kein Beweis erhoben, sondern ist das Vorbringen des Klägers für die Entscheidung über die Zulässigkeit als wahr zu unterstellen.
VolltextOnline seit 21. Mai
IBRRS 2024, 1641BGH, Urteil vom 08.03.2024 - V ZR 119/23
1. Ist in der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage vereinbart, dass die Wohnungseigentümer weitgehend so gestellt werden sollen, als handelte es sich um real geteilte Grundstücke bzw. als wären sie Alleineigentümer, und ist den Wohnungseigentümern eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums gestattet, begründet im Zweifel nicht jeder Verstoß gegen eine öffentlich-rechtliche Norm einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB; vielmehr muss der Norm Drittschutz zukommen.*)
2. Die Festsetzung in einem Bebauungsplan über die Grundfläche der Wochenendhäuser in einem Wochenendhausgebiet ist Teil der Gebietsfestsetzung und hat drittschützenden Charakter.*)
VolltextIBRRS 2024, 1519
AG Recklinghausen, Urteil vom 10.07.2023 - 17 C 24/23
1. Die Belegeinsicht erfolgt in der Geschäftsstelle des Vermieters. Der Mieter hat regelmäßig keinen Anspruch auf Übersendung der Belege.
2. Ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn die Einsichtnahme in der Geschäftsstelle für den Mieter unzumutbar ist.
VolltextIBRRS 2024, 1623
LG Dresden, Urteil vom 19.01.2024 - 2 S 177/23
Mit der Aufstellung eines Gedenksteins - auch wenn dieser optisch einem Grabstein ähnelt - wird die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet. Auch die Tatsache, dass man von der Wohnung der anfechtenden Eigentümerin auf diesen Stein und eine Kirche blickt und sich dadurch der Eindruck einer Grabstätte verstärkt, spricht nicht für ein Sonderopfer. Eine GdWE ist nicht verpflichtet, nur Kunstwerke aufzustellen, die keine Reaktionen oder Diskussionen hervorrufen.*)
VolltextOnline seit 17. Mai
IBRRS 2024, 1617AG Dachau, Urteil vom 10.05.2024 - 4 C 240/22
1. Bei einem Kaufpreisabschlag von 15 - 20% eines vermieteten gegenüber einem unvermieteten Objekt liegt ein erheblichen Nachteil vor, der den Vermieter zu einer Verwertungskündigung berechtigen kann.
2. Bei Überschreiten der 20%-Grenze kommt es weiter nicht (mehr) auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters im Übrigen an.
VolltextIBRRS 2024, 1618
AG Düsseldorf, Urteil vom 06.05.2024 - 37 C 285/23
Bei unklaren Formulierungen in AGB des Vermieters dazu, ob Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung vereinbart sind, ist im Fall einer Nachforderung des Vermieters im Zweifel eine Pauschale anzunehmen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1614
OLG München, Beschluss vom 26.04.2024 - 23 U 8369/21
Die Behauptung des Beklagtenvertreters, das Urteil habe ihn erst zwei Wochen nach dessen Versand per beA erreicht, kann auf Antrag des Klägers dazu führen, dass die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals anzuordnen ist.
VolltextOnline seit 16. Mai
IBRRS 2024, 1567OLG Dresden, Beschluss vom 26.04.2023 - 22 U 1887/22
1. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauträgers, wonach der Erwerber die Person bestimmt, die die Abnahme für ihn als Vertreter erklären soll, benachteiligt den Erwerber nicht unangemessen und ist daher wirksam.
2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann die Geltendmachung von (Nach-)Erfüllungsansprüchen auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen.
3. Eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung des Erwerbers kommt nicht in Betracht, wenn der Erwerber aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft, mit der sie die Verfolgung der behaupteten Mangelrechte an sich zog, nicht mehr berechtigt war, diese gerichtlich geltend zu machen. Rechtshandlungen eines Nichtberechtigten hemmen die Verjährung nicht.
VolltextIBRRS 2024, 1608
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.04.2024 - 2 M 22/24
1. Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird auch dann überschritten, wenn durch die Änderung andere Emissionsverhältnisse oder sonstige veränderte Auswirkungen begründet werden, an die das Städtebaurecht zugleich andere Folgen knüpft, etwa hinsichtlich der Zumutbarkeit für Nachbarn.*)
2. Um den erforderlichen Vergleich zwischen genehmigter und ausgeübter Nutzung anstellen zu können, kommt es maßgeblich auf den Inhalt der bestehenden Baugenehmigung an. Derjenige, der sich auf einen Bestandsschutz für die von ihm ausgeübte Nutzung aufgrund einer früheren Baugenehmigung beruft, ist nicht nur für das Vorliegen einer Baugenehmigung beweispflichtig, sondern auch für deren Umfang bzw. Inhalt.*)
3. Die Bauaufsichtsbehörde darf sich beim Einschreiten gegen nicht genehmigte Nutzungen auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag.*)
VolltextIBRRS 2024, 1611
VG Karlsruhe, Urteil vom 08.04.2024 - 2 K 3865/23
Einem "Einreichen" eines Bauantrags bzw. einer Bauvoranfrage bei der Gemeinde i. S. des § 36 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 BauGB und i. S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 LBO-BW (i.d.F. vom 01.08.2019) entspricht es nicht, wenn der Bauherr diese an die Baurechtsbehörde des Landratsamts adressiert und in Textform per E-Mail an die Baurechtsbehörde versendet, wenn er gleichzeitig der Gemeinde lediglich eine Kopie der E-Mail zukommen lässt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1553
AG Hamburg, Urteil vom 19.04.2024 - 49 C 373/23
Die Übertragung des Eigentums an einem Mietobjekt im Rahmen der Auseinandersetzung einer Kommanditgesellschaft auf einen Kommanditisten führt nach § 566 Abs. 1 BGB zu einem Wechsel der Vermieterstellung (Abgrenzung zu BGH, IMR 2019, 133). Auf den Fall des § 566 Abs. 1 BGB ist § 727 Abs. 1 ZPO jedenfalls analog anwendbar. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 566 Abs. 1 BGB folgt eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 566 Abs. 1 BGB auf Fälle, in denen mieterseitig ein Besitzrecht besteht.
VolltextIBRRS 2024, 1583
OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2023 - 7 U 73/23
Die Aufnahme der Angaben des Sachverständigen in das Verhandlungsprotokoll ist originäre richterliche Aufgabe und kann nicht dem Sachverständigen übertragen werden; erfolgt die Protokollierung durch den Sachverständigen unmittelbar selbst, ergibt dies einen nicht heilbaren Verfahrensfehler.
VolltextOnline seit 15. Mai
IBRRS 2024, 1597OLG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2024 - 10 U 103/23
1. Wird bei Abbrucharbeiten ein stromführendes Bauteil im Keller belassen und dieser verfüllt, kann dies eine Haftung von Bauherrn, Architekten und ausführendem Unternehmer auch für einen Arbeitsunfall begründen, zu dem es Jahre später bei weiteren Bauarbeiten kommt.*)
2. Bei einer durch Abbrucharbeiten verursachten nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahr im Erdboden endet die Verantwortlichkeit weder für den Bauherrn mit dem Verkauf des Grundstücks noch für Architekt und Unternehmer mit dem Abschluss der Arbeiten, sofern die Gefahr fortbesteht und die Verantwortlichkeit nicht durch entsprechende Information an einen Dritten übertragen wird.*)
3. Zum Gesamtschuldner-Innenausgleich der für einen Arbeitsunfall verantwortlichen Bauherren, Architekten und Unternehmer.*)
VolltextIBRRS 2024, 1273
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.04.2024 - 2-31 O 78/23
1. Ein Vertrag über Planungsleistungen ist als Fernabsatzvertrag zu qualifizieren, wenn die für den Vertragsschluss konstitutiven Willenserklärungen per E-Mail ausgetauscht werden. Dass nach Vertragsschluss ein gemeinsamer Ortstermin stattfindet, ist unschädlich.
2. Will der Architekt die Annahme eines Fernabsatzvertrags verhindern, kann er mittels CAD oder Lichtbildern eine virtuelle Begehung durchführen, damit ein gemeinsamer "Ortstermin" vor Vertragsschluss vorliegt.
3. Das Vorliegen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems widerleglich vermutet, sodass der Unternehmer Gegenteiliges darzulegen und zu beweisen hat.
4. Von einer Widerrufsbelehrung kann auch dann nicht abgesehen werden, wenn der Verbraucher als Anwalt rechtskundig ist. Eine Differenzierung nach der "Art" des Verbrauchers ist dem Gesetz fremd.
5. Bei einem Vertrag über Planungsleistungen handelt es sich nicht um einen Verbraucherbauvertrag, weshalb kein Wertersatz nach § 357e BGB - weder in direkter noch in analoger Anwendung - zu leisten ist.
6. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben sind im Verbraucherwiderrufsrecht überaus hoch. Abgesehen von dem Fall, dass der Verbraucher den Vertrag von vornherein in Schädigungsabsicht abschließt, um den Unternehmer nach Leistungserbringung mittels Widerruf um seine Vergütung zu "prellen", wird von einem treuwidrigen Verbraucherverhalten kaum je auszugehen sein.
7. Für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben müsste der Auftragnehmer jedenfalls darlegen, dass er die Widerrufsbelehrung des Verbrauchers nur fahrlässig unterlassen hat, die ausgeführten Leistungen mangelfrei sind und vom Verbraucher genutzt werden sowie dass der beanspruchte Wertersatz sowohl aus Sicht des Verbrauchers wie eines objektiven Dritten nicht unangemessen ist (hier verneint).
VolltextIBRRS 2024, 1536
LG Berlin II, Urteil vom 05.03.2024 - 67 S 179/23
Die Schuldhaftigkeit der dem Wohnraummieter zur Last gelegten Pflichtverletzung ist eine Kündigungsvoraussetzung des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Beweislast dafür richtet sich nach allgemeinen kündigungsrechtlichen Grundsätzen. Sie obliegt dem Vermieter (entgegen BGH, Urteil vom 13.04.2016 - VIII ZR 39/15, IMR 2016, 272 = ZMR 2016, 523).*)
VolltextIBRRS 2024, 1467
AG Paderborn, Urteil vom 30.11.2023 - 52 C 18/23
1. Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft, etwa mit ihm ein Kaufvertrag, ein Werkvertrag, ein Mietvertrag abgeschlossen werden soll oder wenn ihm Sonderrechte eingeräumt werden sollen.
2. Der betroffene Wohnungseigentümer ist bei einem Beschluss über die Ermächtigung des Verwalters zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit diesem Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt.
3. Eine trotz Stimmverbots abgegebene Stimme ist unwirksam und darf vom Versammlungsleiter bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht berücksichtigt werden.
VolltextOnline seit 14. Mai
IBRRS 2024, 1537OLG Dresden, Beschluss vom 27.02.2024 - 5 U 2077/23
Rechtsfolge des Verstoßes eines befristeten Mietvertrages über Geschäftsräume gegen die gesetzliche Schriftform aus §§ 550, 578 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB ist nicht nur gem. § 550 Satz 1 BGB, dass das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Vielmehr ist weiterhin eine in formunwirksamen Mietvertrag vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn diese länger ist als die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB (Anschluss BGH, Urteil vom 30.01.2013 - XII ZR 38/12, Rz. 28, IBRRS 2013, 0924 = IMRRS 2013, 0583).*)
IBRRS 2024, 1552
AG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2024 - 30 C 196/23
Eine Kündigungsgrund kann auch nach Inkrafttreten des Konsum-Cannabis-Gesetz - KCanG - grundsätzlich dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird, da insofern dann ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht kommt (§ 241 Abs. 2, §§ 535, 543 Abs. 1, §§ 549, 569 Abs. 2, §§ 573, 573c, 574, 574a BGB unter Beachtung des KCanG).*)
VolltextIBRRS 2024, 1588
OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.2024 - 24 W 5/24
Eine Kostenentscheidung gem. § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO kommt in einem selbständigen Beweisverfahren dann nicht in Betracht, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht innerhalb der gem. § 494a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist, aber noch vor Erlass der Kostenentscheidung erhoben wird. Dies gilt auch dann, wenn die Hauptsacheklage erst während des wegen der Kostenentscheidung durchgeführten Beschwerdeverfahrens vor Erlass der Beschwerdeentscheidung erhoben wird. Die Kostenentscheidung ist dann auf die Beschwerde hin aufzuheben und der Kostenantrag zurückzuweisen (Anschluss an OLG Köln, Beschuss vom 04.01.2022 – 11 W 50/21, IBRRS 2022, 0178 = IMRRS 2022, 0094, und LG Lübeck, Beschluss vom 31.03.2021 – 7 T 127/21, IBRRS 2021, 1131 = IMRRS 2021, 0429).*)
VolltextIBRRS 2024, 0627
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.01.2024 - 12 KN 61/21
1. Ein anerkannter Umweltverband kann keinen zulässigen Normenkontrollantrag gegen einen Regionalplan stellen, der Flächen für die Windenergienutzung ausweist.*)
2. Die Kosten einer anwaltlichen Vertretung des Antragsgegners einer Normenkontrolle sind grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts erst erfolgt ist, nachdem sich die Normenkontrolle bereits im Hinblick auf § 45 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO und die Rechtskraft eines Normenkontrollurteils in einem Parallelverfahren in der Hauptsache erledigt hatte.*)
VolltextOnline seit 13. Mai
IBRRS 2024, 1343OLG Oldenburg, Urteil vom 14.07.2022 - 14 U 54/18
1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn er dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und erklärt hat, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde.
2. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. Sie muss im Grundsatz so bemessen sein, dass sie für einen leistungsbereiten und -fähigen Auftragnehmer im Hinblick auf die durchzuführenden Maßnahmen bei größter Anstrengung einhaltbar ist.
3. Eine fünftägige Nachfrist, die nur zwei Werktage enthält, ist nicht angemessen.
4. Das Setzen einer unangemessen kurzen Frist setzt eine angemessene Frist in Gang. Erklärt der Auftraggeber jedoch unmittelbar nach dem Ablauf der zu kurz bemessenen Frist die Kündigung und erteilt er dem Auftragnehmer ein sofortiges Baustellenverbot, setzt er den Auftragnehmer außer Stande, die Arbeiten fortzusetzen.
5. Erklärt der Auftraggeber die Kündigung, ohne dem Auftragnehmer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, steht ihm kein Anspruch auf Ersatz der durch die Beauftragung eines anderen Unternehmers entstandenen Fertigstellungsmehrkosten zu.
VolltextIBRRS 2024, 1525
VK Bund, Beschluss vom 29.02.2024 - VK 1-12/24
1. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
2. Der Begriff der mangelhaften Erfüllung ist nicht streng zivilrechtlich zu interpretieren. Er ist vielmehr umfassend im Sinne einer nicht vertragsgerechten Erfüllung zu verstehen und erfasst sowohl vertragliche Haupt- als auch Nebenpflichten.
3. Eine erhebliche Vertragspflichtverletzung liegt vor, wenn die mangelhafte Leistung den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet.
4. Eine wesentliche Anforderung ist berührt, wenn es sich um eine wesentliche vertragliche Pflichtverletzung wie ein Lieferungs- oder Leistungsausfall handelt, wobei auch ein Verstoß gegen wesentliche Nebenpflichten in Betracht kommen kann.
5. Als vergleichbare Rechtsfolge kommen beispielsweise ein Rücktritt, eine Ersatzvornahme nach erfolgloser Fristsetzung, eine Minderung der Vergütung, aber auch das Verlangen umfangreicher Nachbesserungen in Betracht. Nicht erforderlich ist, dass die Berechtigung der aus der Vertragspflichtverletzung gezogenen Rechtsfolge gerichtlich bestätigt wurde.
6. Der Auftraggeber hat im Rahmen der von ihm zutreffenden Ermessensentscheidung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Als Maßstab für die Ausschlussentscheidung ist von einem schwerwiegenden beruflichen Fehlverhalten auszugehen, das die Integrität des Unternehmens infrage stellen und dazu führen kann, dass es - auch wenn er ansonsten über die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügen würde - als für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags ungeeignet betrachtet wird.
VolltextIBRRS 2024, 1460
LG München I, Urteil vom 21.06.2023 - 14 S 11787/22
Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietvertrags liegt im Mischmietverhältnis genau genommen keine separate Garagenmiete vor. Vielmehr ist letztlich in der ausdrücklichen Ausweisung des auf eine Garage entfallenden Mietzinsanteils letztlich nur eine Offenlegung der vermieterseitigen Kalkulationsgrundlage - ähnlich wie im Fall des "Zuschlags Schönheitsreparaturen" - zu sehen.
VolltextOnline seit 10. Mai
IBRRS 2024, 1521OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2024 - 20 U 36/23
1. Auch ein öffentlicher Platz kann als Werk der Baukunst angesehen werden, soweit er die im Urheberrecht vorausgesetzte Individualität aufweist. Die für eine persönliche geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass sich das Bauwerk nicht nur als Ergebnis rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt.
2. Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
3. Liegt eine relevante Beeinträchtigung der Werksintegrität vor, ist die indizierte Gefährdung der geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers mit den kollidierenden Eigentümerinteressen im Wege der Abwägung der jeweils betroffenen Interessen in Ausgleich zu bringen.
VolltextIBRRS 2024, 1458
AG Paderborn, Urteil vom 27.07.2023 - 54 C 61/23
Eine Beleidigung liegt bei der Nahelegung, sich einen Betreuer bestellen zu lassen, nicht vor.
VolltextOnline seit 8. Mai
IBRRS 2024, 1532BGH, Urteil vom 10.04.2024 - VIII ZR 286/22
1. Beabsichtigt der Vermieter, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer (frei-)beruflichen Tätigkeit nachzugehen (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei), wird es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.v. § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig ausreichen, dass ihm bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter beziehungsweise anerkennenswerter Nachteil entstünde (Bestätigung von Senatsurteil vom 29.03.2017 - VIII ZR 45/16, IMR 2017, 261).*)
2. Höhere Anforderungen gelten nicht deshalb, weil der Vermieter die an den Mieter überlassene Wohnung nach deren Umwandlung in Wohnungseigentum erworben und die Kündigung innerhalb eines Zeitraums erklärt hat, welcher der für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen geltenden Kündigungssperrfrist gem. § 577a Abs. 1, 2 BGB entspricht.*)
3. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der (ordentlichen) Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gehört die Angabe der Kündigungsfrist beziehungsweise des Kündigungstermins in der Kündigungserklärung nicht. Ergibt die Auslegung der Kündigungserklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB, dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen will, wird es regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen entsprechen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beendet. Das gilt auch, wenn der Vermieter in der Kündigungserklärung einen zu frühen Kündigungstermin angibt, sofern sein (unbedingter) Wille erkennbar ist, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden.*)
IBRRS 2024, 1520
OLG Köln, Beschluss vom 02.03.2023 - 19 U 55/22
1. Beim Einzug und der Nutzung eines Gebäudes handelt es sich um einen typischen Sachverhalt, auf den eine konkludente Abnahme gestützt werden kann.
2. Die ausstehende Ausführung von Restarbeiten sowie das Vorliegen einzelner Mängelrügen stehen einer konkludenten Abnahme nicht zwingend entgegen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
3. Die Verjährung hemmende Verhandlungen erfordern einen ernsthaften Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen. Das ist anzunehmen, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein.
4. Der Architekt ist verpflichtet, Mängelursachen zu klären und den Bauherrn sachkundig über das Ergebnis der Untersuchungen und der sich daraus ergebenden Rechtslage zu unterrichten. Das schließt seine eigene Haftung ein.
5. Verletzt der Architekt diese Pflicht, kann ihm eine Berufung auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich zutage getretener Mängel verwehrt sein, wenn dies für den Eintritt der Verjährung mitursächlich geworden ist (sog. Sekundärhaftung).
VolltextIBRRS 2024, 1517
VK Bund, Beschluss vom 04.03.2024 - VK 1-16/24
1. Ein Angebot ist nicht von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter zwar keine auf ihn lautenden vergleichbaren Referenzen vorgelegt hat, er aber erklärt, dass er alle technischen Aktivitäten einschließlich Mitarbeitern, Ausstattung und nötigem Wissen von seiner Muttergesellschaft übernommen hat. Die angegebenen Referenzen sind ihm in diesem Fall vollständig zuzurechnen, ohne dass es einer Eignungsleihe durch den (ursprünglichen) Referenzgeber bedarf.
2. Bietet ein Bieter nicht das an, was der öffentliche Auftraggeber ausschreibt, sondern weicht das Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, ist es zwingend auszuschließen. Eine generalklauselartige Versicherung des Bieters, wonach ""das Angebot alle Anforderungen erfüllt, die in den Vergabeunterlagen und der Bekanntmachung enthalten sind", kann die Abweichung von den Vergabeunterlagen nicht "heilen".
VolltextIBRRS 2024, 1413
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.10.2023 - 1 MB 16/23
Flüchtlingsunterkünfte stellen bauliche Anlagen für soziale Zwecke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO dar und sind in einem faktischen Dorfgebiet planungsrechtlich zulässig.
VolltextIBRRS 2024, 1475
LG Berlin II, Beschluss vom 25.04.2024 - 67 S 27/24
1. Im Falle einer Staffelmietvereinbarung muss der Mieter eine auf Feststellung der preisrechtlich zulässigen Miete gerichtete Klagen nicht auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fällig werdenden Mietstaffeln beschränken; er ist stattdessen grundsätzlich befugt, die preisrechtlich zulässige Höhe - der derzeitigen und/oder der in der Vergangenheit geschuldeten - Miete im Rahmen einer unbeschränkten Feststellungsklage geltend zu machen.*)
2. Ein auf Feststellung der preisrechtlich zulässigen Miete gerichtetes Feststellungsurteil entfaltet für erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung fällig werden Mietstaffeln keine Rechtskraft, auch wenn der Feststellungstenor zeitlich unbeschränkt ist.*)
3. Maßstab der preisrechtlichen Überprüfung einer Folgestaffel ist - anders als bei § 556d Abs. 1 Satz 1 BGB - gem. § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB der Zeitpunkt der erstmaligen Fälligkeit der Folgestaffel und nicht der Beginn des Mietverhältnisses oder der Schluss der mündlichen Verhandlung.*)
VolltextIBRRS 2024, 1476
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.02.2024 - 2-13 S 53/23
Hat ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung vorgenommen, ist es vor der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der gerichtlichen Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs im Regelfall nicht erforderlich, ein Gutachten eines Rechtsanwalts über die Erfolgsaussichten des Prozesses einzuholen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1523
OLG München, Beschluss vom 17.04.2024 - 7 U 242/24
1. Ein elektronisch übermitteltes, einfach signiertes Dokument erfüllt die für bestimmende Schriftsätze erforderliche Form, wenn es auf einem sicheren Übermittlungswege übermittelt wurde und die Authentizität einfach signierter Dokumente dadurch gewährleistet wird, dass die das Dokument verantwortende Person selbst das Dokument an die Justiz übermittelt hat.
2. Enthält der dem Schriftsatz zugehörige Prüfvermerk den Vermerk „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“, ist davon auszugehen, dass die Versendung des einfach signierten elektronischen Dokuments von dem entsprechenden Anwalt als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs selbst vorgenommen wurde.
Online seit 7. Mai
IBRRS 2024, 1509BGH, Urteil vom 10.04.2024 - VIII ZR 114/22
Zu den Anforderungen an die gerichtliche Prüfung des Vorliegens einer nicht zu rechtfertigenden Härte i.S.d. § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der ernsthaften Gefahr eines Suizids des Mieters im Falle einer Verurteilung zur Räumung der Wohnung (im Anschluss an Senatsurteil vom 26.10.2022 - VIII ZR 390/21, IMR 2023, 6).*)
VolltextIBRRS 2024, 1507
VK Bund, Beschluss vom 12.04.2024 - VK 1-89/23
1. Im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs werden Teilnahmeanträge, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind, bereits in der Wertungsphase des laufenden Vergabeverfahrens von der Wertung ausgeschlossen.
2. Eine Ausschlussentscheidung wegen einer Nichteinhaltung von besonderen Vertragsbedingungen ist nur dann statthaft und geboten, wenn der Auftraggeber konkrete Tatsachen festgestellt hat oder feststellen kann, die den Rückschluss auf die beabsichtigte zukünftige Nichteinhaltung mit der Angebotsabgabe eingegangener Verpflichtungen zulassen.
3. Auf bloße und ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen oder Verdachtsumstände muss und darf der öffentliche Auftraggeber seine Entscheidung nicht stützen.
VolltextIBRRS 2024, 1435
AG Karlsruhe-Durlach, Urteil vom 09.04.2024 - 2 C 147/21
1. Werden eine Wohnung und ein Kfz-Stellplatz vermietet, kommen die §§ 558 ff. BGB - wohl - auch bezüglich der Erhöhung der Kfz-Stellplatzmiete zur Anwendung.
2. Infolgedessen bedarf das Mieterhöhungsverlangen betreffend den Kfz-Stellplatz einer Begründung i.S.v. § 558a BGB.
VolltextIBRRS 2024, 1508
AG Hanau, Beschluss vom 19.02.2024 - 34 C 92/23
Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser aus Anlass eines Streits einen Eimer Wasser über ihm auskippt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1477
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 19.02.2024 - 2-13 S 575/23
Auch im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 WEG entspricht ein Beschluss, mit dem einem Eigentümer eine bereits durchgeführte Baumaßnahme (hier Treppenlift) nachträglich genehmigt wird, nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die baurechtliche Zulässigkeit der Maßnahme gesichert ist. Ernstliche Zweifel an der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit muss der Antragsteller vor der Beschlussfassung ausräumen.*)
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