Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Recht am Bau
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2024, 1833OLG Bremen, Urteil vom 01.04.2022 - 2 U 40/21
Eine Preisanpassungsklausel in einem Wartungsvertrag, nach der sich die Erhöhung des Leistungsentgelts an dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte und dem Tarifindex für Arbeitnehmer des Deutschen Statistischen Bundesamts orientiert, kann bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhalten, auch wenn für den (nicht zu erwartenden) Fall des Absinkens der Indices eine Preisanpassung nicht vorgesehen.*)
VolltextOnline seit gestern
IBRRS 2024, 1359OLG Köln, Urteil vom 12.08.2021 - 7 U 144/20
1. Fehlt die nach außen zur Anfüllseite hin erforderlichen Sockelabdichtung eines Wärmedämmverbundsystems, ist die Leistung des Auftragnehmers mangelhaft.
2. Werden Teilbereiche vertragswidrig überhaupt nicht geplant und ist der Mangel auf die unterlassene Planung zurückzuführen, kommt eine Mitverantwortung des Auftraggebers wegen eines Planungsverschuldens in Betracht. Voraussetzung für die Anrechnung eines Mitverschuldens ist aber, dass die Planungsverantwortung beim Auftraggeber verblieben ist und nicht ganz bzw. teilweise auf den Auftragnehmer delegiert wurde.
3. Übernimmt der Auftragnehmer Werkleistungen in Kenntnis des Umstands, dass der Auftraggeber keine oder nur eine unzureichende Planung zur Verfügung stellt, kann er sich grundsätzlich nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen.
4. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist (ausnahmsweise) entbehrlich, wenn die Mängel erst im Zuge der Beseitigung von (anderen) Mängeln entdeckt wurden und nicht zu erwarten war, dass der Auftragnehmer die Mängel auf eine Mängelbeseitigungsaufforderung hin beseitigt hätte.
VolltextOnline seit 12. Juni
IBRRS 2024, 1826OLG Hamm, Urteil vom 26.01.2023 - 2 U 49/21
1. Die Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit einer Sache erfordert den Willen des Erklärenden, für das Garantierte uneingeschränkt, also insbesondere unabhängig von einem Verschulden, einzustehen.
2. Mit Rücksicht auf die weitreichenden Folgen ist insbesondere bei der Annahme einer - grundsätzlich möglichen - stillschweigenden Übernahme einer solchen Einstandspflicht Zurückhaltung geboten.
3. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Käufers, nach der der Verkäufer für die vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache eine Garantie übernimmt, benachteiligt den Verkäufer unangemessen und ist unwirksam, weil sie ihn dem Risiko einer unübersehbaren Schadensersatzhaftung aussetzt.
4. Der Verkäufer hat einen Sachmangel auch dann zu vertreten, wenn er insoweit fahrlässig gehandelt hat. An den ihm obliegenden Entlastungsbeweis sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Er ist geführt, wenn der Verkäufer darlegt und gegebenenfalls beweist, dass er den für ihn geltenden Sorgfaltsmaßstab eingehalten hat.
5. Welche Sorgfaltsanforderungen für den Verkäufer, der nicht zugleich Hersteller der Kaufsache ist, gelten, kann nicht für alle Verträge gleichermaßen beantwortet werden. In der Regel ist ein Zwischenhändler aber nicht nur bei Speziessachen, sondern auch bei Gattungskäufen nicht zu einer Untersuchung der von ihm angekauften und weiterverkauften Ware verpflichtet.
5. Der (Zwischen-)Verkäufer muss sich ein etwaiges Verschulden des Herstellers nicht zurechnen lassen.
VolltextOnline seit 7. Juni
IBRRS 2024, 1738OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.04.2024 - 23 U 86/23
1. Enthält ein Bau- oder Werkvertrag keine Regelung zu Mengenmehrungen oder -minderungen, bleibt der vereinbarte (Einheits-)Preis auch bei Mengenabweichungen von über 10 % grundsätzlich unverändert.
2. Die Vertragsauslegung hat Vorrang vor den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage. Was nach dem Vertragstext Vertragsinhalt ist, kann nicht Geschäftsgrundlage sein.
3. Sind die zu erwartenden Mengen Teil der Kalkulation des vereinbarten Einheitspreises, gehört die Vorstellung der Parteien über den Anfall bestimmter Entsorgungsmengen zur Geschäftsgrundlage des Vertrages.
4. Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage setzt u. a. voraus, dass der Vertrag nicht oder nicht mit demselben Inhalt geschlossen worden wäre, wenn die davon betroffene Partei Kenntnis von den Mehr- oder Mindermengen gehabt hätte. Außerdem muss die Hinnahme der Mehr- oder Mindermengen unzumutbar sein (beides hier verneint).
VolltextOnline seit 6. Juni
IBRRS 2024, 1729LG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.05.2024 - 2-33 O 110/17
1. Der Kransachkundige und der Richtmeister sind jeweils verpflichtet, Krane (hier: die Bolzen und Federstecker sowie die Bolzenverbindungen auf dem Ausleger) im Rahmen einer visuellen Prüfung auf ihre Ordnungsgemäßheit und Betriebssicherheit hin zu kontrollieren und bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten Maßnahmen zur Abwendung der damit verbundenen Gefahren zu ergreifen.
2. Bei der sachkundigen Kranprüfung handelt es sich um eine bei jeder Aufstellung vorgeschriebene Sicht- und Funktionsprüfung, die insbesondere die Funktion der Sicherheitseinrichtungen, die richtige Aufstellung sowie die Konstruktionsteile, die bei der Aufstellung montiert bzw. verändert werden müssen, umfasst.
3. Für den Kransachkundigen gelten die Grundsätze der Amtshaftung, die eine persönliche Inanspruchnahme grundsätzlich ausschließen würden, nicht. Die Durchführung der wiederkehrenden Prüfung von Kranen durch Sachkundige stellt keine Ausübung eines öffentlichen Amtes dar.
4. Bei einem Bauvorhaben hat zwar in erster Linie der Bauherr dafür zu sorgen, dass von seinem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte geschädigt werden können, weil der Bauherr die Gefahrenquelle eröffnet hat. Allerdings sind die am Bauvorhaben beteiligten Unternehmer nicht nur vertragsrechtlich verpflichtet, den Bauherrn vor etwaigen Schäden durch das Werk zu bewahren, sondern sie sind auch deliktsrechtlich zur Verkehrssicherung gegenüber Dritten verpflichtet, die vorhersehbar mit den Gefahren der baulichen Anlage in Berührung kommen und dadurch Schaden erleiden können.
5. Der ursprünglich Verkehrssicherungspflichtige bleibt zur Überwachung des eingesetzten Dritten verpflichtet und ist insofern neben diesem selbst noch verantwortlich. Die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich Verantwortlichen wird auf Auswahl- und Überwachungspflichten verengt.
VolltextOnline seit 4. Juni
IBRRS 2024, 1744OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2022 - 23 U 79/21
1. Auftragslos erbrachte Leistungen werden vom Auftraggeber nicht dadurch anerkannt, dass sein Architekt die Schlussrechnung geprüft hat und sich ein Betrag zugunsten des Auftragnehmers ergibt.
2. Enthält die geprüfte Schlussrechnung Kürzungen in einzelnen Positionen, bedeutet dies nicht, dass die anderen Positionen voll und die gekürzten Positionen in nicht gekürztem Umfang anerkannt sind.
3. Wird als Vergütung der Leistung ein Pauschalpreis vereinbart, sind zum Pauschalpreis nur diejenigen Leistungen zu erbringen, die zur Herstellung eines mangelfreien Werks in dem geschuldeten Umfang erforderlich sind.
4. Die Ausführung von Leistungen, die in einem zum Vertragsinhalt gewordenen Leistungsverzeichnis bewusst nicht vorgesehen sind, kann vom Auftraggeber nur gegen zusätzliche Vergütung verlangt werden.
5. Es ist davon auszugehen, dass für eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks notwendige Leistungen regelmäßig dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen.
VolltextOnline seit 3. Juni
IBRRS 2024, 1722KG, Urteil vom 07.05.2024 - 21 U 129/23
1. Die erstinstanzliche Verurteilung eines Werkbestellers zur Sicherheitsleistung aufgrund von § 650f BGB ist zugunsten des Unternehmers nur gegen Sicherheitsleistung gem. § 709 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.*)
2. Die Vollstreckungssicherheit gem. § 709 ZPO ist nicht mit dem Betrag der Sicherheit gem. § 650f BGB (evtl. mit einem Zuschlag) anzusetzen. Sie ist an den geschätzten Kosten zu orientieren, die dem Besteller durch die ausgeurteilte Sicherheitsleistung im Zeitraum ab Erlass des erstinstanzlichen Urteils bis zum rechtskräftigen Abschluss des Sicherungsprozesses entstehen können.*)
VolltextOnline seit 31. Mai
IBRRS 2024, 1720OLG Frankfurt, Urteil vom 11.01.2023 - 29 U 191/21
1. Der Anspruch auf Abschlagszahlung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Leistung abgenommen ist und der Auftragnehmer seine Schlussrechnung gestellt hat (BGH, IBR 2007, 636).
2. Der Auftraggeber hat ein Recht auf eine Schlussrechnung. Er kann verlangen, dass der Auftragnehmer seine vermeintliche Forderung gleichsam abschließend beziffert.
3. Behält sich der Auftraggeber im Abnahmeprotokoll einen Mangel vor, bedarf es keiner Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, wenn der Auftragnehmer den Mangel in Abrede stellt und die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.
VolltextOnline seit 29. Mai
IBRRS 2024, 1696OLG Celle, Beschluss vom 05.02.2024 - 5 U 134/23
1. Errichtet ein Werkunternehmer infolge eines Planungsfehlers einen Zaun teilweise auf dem Nachbargrundstück, kann der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen Werkmangels jedenfalls dann nicht nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnet werden, wenn ein (befürchteter) Beseitigungsanspruch des Nachbarn nach nachbarrechtlichen Vorschriften zeitlich ausgeschlossen ist.*)
2. Der Schaden kann nach dem Wert der Teile des Zauns geschätzt werden, die wesentlicher Bestandteil des Nachbargrundstücks werden.*)
VolltextOnline seit 27. Mai
IBRRS 2024, 1639OLG München, Beschluss vom 22.05.2023 - 28 U 6295/22 Bau
1. Bei einem Vertrag über einen Spundwandverbau, der das Setzen, Bereitstellen und Ziehen der Spundwand beinhaltet, handelt es sich um einen typengemischten Vertrag, dessen Schwerpunkt auf dem Werkvertragsrecht liegt.
2. Für die Fälligkeit des Werklohns ist neben dem Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung erforderlich, dass der Auftraggeber das Werk abgenommen hat oder die Abnahme entbehrlich ist. Das gilt sowohl für den VOB- als auch BGB-Bauvertrag.
3. Weder eine Kündigung noch die Erklärung einer Minderung "auf null" bei vollständiger Wertlosigkeit des Werks führen per se zur Umwandlung in ein Abrechnungsverhältnis, das eine Abnahme entbehrlich machen würde.
4. Eine Abnahme ist nicht wegen unberechtigter endgültiger Abnahmeverweigerung entbehrlich, wenn sie bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden kann.
VolltextOnline seit 24. Mai
IBRRS 2024, 1637OLG Zweibrücken, Urteil vom 03.05.2022 - 5 U 112/21
1. Bei Werkverträgen, die vor dem 01.01.2018 geschlossen wurden, steht dem Besteller kein einseitiges Anordnungsrecht zu.
2. Ein Anordnungsrecht kann lediglich im Einzelfall angenommen werden, wenn ohne die angeordnete Änderung eine funktionsgerechte und zweckentsprechende Leistung nicht erreicht werden kann, der Vertrag notwendig angepasst werden muss und der Auftragnehmer die Anpassung auch ausführen kann (hier verneint).
3. Den Besteller trifft keine Mitwirkungsobliegenheit dahingehend, sich rechtlich verbindlich zum geschuldeten Leistungsumfang zu erklären.
4. Die Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz ist zulässig, wenn die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Voraussetzungen zwischen den Parteien unstreitig sind.
VolltextOnline seit 23. Mai
IBRRS 2024, 1629OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2024 - 8 U 64/22
1. Die Abnahme als Voraussetzung für die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs aus einem BGB-Bauvertrag ist entbehrlich, wenn der Besteller zu Unrecht die Abnahme nicht erklärt.
2. Der Besteller ist zur Abnahme verpflichtet, wenn die fertig gestellten Arbeiten vertragsgemäß erbracht sind.
3. Die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung ist auch beim BGB-Bauvertrag (weitere) Fälligkeitsvoraussetzung. Die objektive Anforderung an die Prüfbarkeit ist kein Selbstzweck. Entscheidend ist, ob dem Kontroll- und Informationsinteresse des Bestellers ausreichend Genüge getan ist.
4. Der Besteller kann sich auf die objektiv fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn er zur Beurteilung der geltend gemachten Forderung keiner weiteren Information mehr bedarf. Gleiches gilt, wenn dem Besteller Informationen fehlen, die er überhaupt nicht bestreitet, oder ihm die Überprüfung trotz einzelner fehlender Angaben möglich war.
5. Die Unwirksamkeit eines Dienstverschaffungsvertrags wegen Nichteinhaltung der Schriftform oder fehlender behördlicher Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgsgesetz (AÜG) kommt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern nicht in Betracht, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
VolltextOnline seit 22. Mai
IBRRS 2024, 1642OLG Stuttgart, Urteil vom 16.05.2024 - 2 U 146/22
Ein nicht zur Irrtumsanfechtung berechtigender Kalkulationsirrtum liegt vor, wenn der Irrtum bei der Kalkulation der Einheitspreise für ein Gebot in einem Vergabeverfahren entstanden ist.*)