Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 20.09.2024 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2024, 2932LG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.01.2024 - 2-31 O 6/23
1. Macht der Auftraggeber widerklagend eine Überzahlung geltend, führt das Anerkenntnis dieses Anspruchs durch den Auftragnehmer nicht schon deshalb zu einer Abweisung der Restverkütungsklage des Auftragnehmers, weil die Überzahlung denklogisch ausschließe, dass der Auftragnehmer weitere Zahlungen an sich verlangen könne.
2. Ein prozessuales Anerkenntnis gegenüber einer (verspäteten) Widerklage mit dem Ziel, die Präklusion der Klageerwiderung zu bewirken, ist möglich. Eine Partei, die bewusst in die Widerklage "flieht", um die Präklusion zu umgehen, ist nicht schutzwürdig.
VolltextOnline seit gestern
IBRRS 2024, 2933OLG Hamburg, Urteil vom 23.09.2024 - 4 U 31/24
1. Im Rahmen der Haftung des Untermieters gem. §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB wegen verspäteter Rückgabe der Mietfläche an den Eigentümer und Hauptvermieter bezieht sich auch für den Bereich der Geschäftsraummiete der Schadensersatzanspruch auf das gesamte Mietobjekt, wenn eine von einem Untermieter genutzte Teilfläche nicht zur Vermietung zur Verfügung stand und eine Vermietung der restlichen Flächen ohne die vom Untermieter genutzten Teilflächen nicht möglich war (Anschluss an BGH, Urteil vom 31.01.2001 - XII ZR 221/98, IBRRS 2006, 2671 = IMRRS 2006, 1805 = NJOZ 2001, 282, 286 unter dd).*)
2. Bei der Entscheidung, ob eine isolierte Vermietung der vom Untermieter nicht genutzten Teilflächen des Mietobjekts nicht möglich war, geht es um die Höhe des entstandenen Schadens, so dass das Gericht gem. § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden hat.*)
3. Für den Schadensersatzanspruch des Eigentümers und Hauptvermieters gegen den Untermieter wegen Vorenthaltung kann zur Schadensermittlung auf den ortsüblichen Mietzins zurückgegriffen werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 31.01.2001 - XII ZR 221/98, IBRRS 2006, 2671 = IMRRS 2006, 1805 = NJOZ 2001, 282, 286 unter ee). Der ortsübliche Mietzins beinhaltet dabei in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Verbrauchsabhängige Nebenkosten sind nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt. Vor Ablauf einer angemessenen Frist, die regelmäßig zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums endet, ist der Untermieter aber zur Leistung von Schadensersatz einschließlich der Vorauszahlungen für verbrauchsabhängige und verbrauchsunabhängige Kosten verpflichtet und hat dann nach Abrechnungsreife ggf. einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch gegen den Eigentümer und Hauptvermieter.*)
VolltextOnline seit 4. Oktober
IBRRS 2024, 2911LG Kempten, Urteil vom 27.09.2024 - 11 O 1705/23 Bau
1. Anordnungen zur Bauzeit sind keine Änderungen des Bauentwurfs i.S.v. § 1 Abs. 3 VOB/B. Denn der Bauentwurf beschreibt die erfolgsorientiere Komponente des Werkvertrags. Die Bauzeit gehört nicht dazu.
2. Anordnungen zur Bauzeit sind auch keine "anderen Anordnungen" i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B (entgegen KG, IBR 2024, 504). Derartige andere Anordnungen setzen eine gesonderte Vereinbarung voraus.
3. Der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch aus § 642 BGB entsteht grundsätzlich mit Abschluss des Jahres, in dem die jeweiligen Kosten angefallen sind.
VolltextIBRRS 2024, 2895
OVG Thüringen, Beschluss vom 23.07.2024 - 1 EO 236/24
1. Das Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO ist rein formeller Art. Daher kommt es nicht darauf an, dass die von der Behörde angegebenen Gründe inhaltlich richtig sind und die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts tatsächlich rechtfertigen. Entscheidend ist vielmehr die Darlegung, warum aus der Sicht der Behörde das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung zurückzutreten hat.*)
2. Unterscheidet sich der Fall einer Baueinstellungsverfügung nicht von sonstigen typischen Fällen, in denen wegen einer formellen Illegalität ein Baustopp verfügt wird, darf die Behörde auf eine gruppentypisierte Begründung zurückgreifen.*)
3. Ein atypischer Einzelfall liegt nicht schon dann vor, wenn der Bauherr der Auffassung ist, dass sein Handeln materiell rechtmäßig ist.*)
4. Ist die Baugenehmigung mit einer Auflage zur Vorababstimmung mit den Fachdiensten vor Baubeginn versehen worden und ist die Baugenehmigung insoweit bestandskräftig geworden, ist der Bauherr im Eilverfahren mit seinen Einwendungen gegen diese Auflage präkludiert.*)
VolltextIBRRS 2024, 2912
OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.03.2024 - 5 U 166/23
1. Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt zur Beendigung der GbR, da diese stets das Vorhandensein von mindestens zwei Gesellschaftern verlangt.
2. Der Übernehmende wird unmittelbar Vertragspartei der der GbR zugeordneten Rechtsverhältnisse und damit Schuldner der Gesellschaftsgläubiger.
3. Dementsprechend kann der allein verbliebene ehemalige Gesellschafter der GbR einen Mietvertrag allein kündigen.
VolltextIBRRS 2024, 2916
LG Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2024 - 6 OH 15/16
Einem Antrag eines Streithelfers nach § 494a ZPO fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn zu der von ihm unterstützen Partei das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und die Gegenpartei dadurch zu einem wirtschaftlich sinnwidrigen Hauptsachprozess gezwungen wird.*)
VolltextOnline seit 2. Oktober
IBRRS 2024, 2510LG Kassel, Urteil vom 23.11.2023 - 1 S 222/22
Die Kausalität von Schadenspositionen infolge einer Eigenbedarfskündigung ist auch dann zu bejahen, wenn der Mieter freiwillig auszieht, weil er auf die Angaben des Vermieters in der Eigenbedarfskündigung vertraut hat.
VolltextIBRRS 2024, 2910
AG Friedberg, Urteil vom 25.03.2024 - 2 C 1008/23
Aus Sicht eines privaten Vermieters, selbst wenn er mehrere Mietwohnungen vermietet, sind ausbleibende Zahlungen über 2 Monate ein nachvollziehbarer Grund, rechtlichen Beistand im Hinblick auf die Verhinderung eines weiteren wirtschaftlichen Schadens einzuholen und die Kündigung über einen Rechtsanwalt unter Einhaltung der Formvorschriften aussprechen zu lassen.
VolltextOnline seit 1. Oktober
IBRRS 2024, 2886BGH, Urteil vom 22.08.2024 - VII ZR 68/22
Die Minderung des Vergütungsanspruchs nach § 634 Nr. 3, Fall 2, § 638 BGB schließt einen Kostenvorschussanspruch nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB wegen des Mangels, auf den die Minderung gestützt wird, nicht aus.*)
VolltextIBRRS 2024, 2881
VG Neustadt, Urteil vom 11.09.2024 - 5 K 427/24
1. Soweit in dem Baugebiet nicht bereits Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Die Tierhaltung darf folglich lediglich ein Annex zur Hauptnutzung - hier: der Wohnnutzung - sein. Die legale Kleintierhaltung findet in allgemeinen Wohngebieten ihre Grenze dort, wo die Schwelle der "Wohnakzessorietät" überschritten wird.
2. Esel, Ziegen und Schweine sind unabhängig von ihrer Einstufung als Groß- oder Kleintiere typischerweise nicht in den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten zu erwarten; ihre Haltung liegt nicht im Rahmen einer typischerweise der Wohnnutzung dienenden Freizeitbetätigung. Das gilt auch für "Minischweine".
VolltextIBRRS 2024, 1320
LG Paderborn, Urteil vom 06.03.2024 - 1 S 72/22
1. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.
2. Durchfeuchtete Wände mit Salzausblühungen und zerbröselndem Putz in Wohnungen stellen einen Mangel dar, auch wenn die Durchfeuchtung bis max. 1 m geht.
3. Dies würde sogar dann gelten, wenn hierdurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnung nicht erheblich beeinträchtigt wäre.
4. Die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels endet dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreitet.
5. Eine Überschreitung der Opfergrenze liegt jedenfalls nahe, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts erheblich übersteigen.
6. Als weiterer Orientierungspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit dient der Gesichtspunkt, ob die aufzuwendenden finanziellen Mittel innerhalb eines Zeitraums von ca. 10 Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden können.
VolltextIBRRS 2024, 2529
LG München I, Urteil vom 09.11.2023 - 36 S 10548/22 WEG
1. Die Bezeichnung "Beschluss über Änderung des Verteilungsschlüssels für die Verwaltungskosten" genügt als ordnungsgemäßige Ankündigung in der Einladung zur Eigentümerversammlung.
2. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG können die Wohnungseigentümer auch eine von einer Gemeinschaftsordnung abweichende Kostenverteilung beschließen.
3. Ein Beschluss über die Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels ist ausreichend bestimmt, wenn er zumindest durch Auslegung erkennen lässt, welche Kosten genau gemeint sind und ab wann der geänderte Verteilungsschlüssel gelten soll.
4. Ein Beschluss, in dem die Kostenverteilung für den Fall geändert werden soll, dass die Kosten nicht bereits in der Gemeinschaftsordnung oder dem Gesetz entsprechend verteilt seien, ist zulässig.
5. Ein Verstoß gegen die Maßstabskontinuität ist nur dargelegt, wenn konkrete Umstände von zwei Einzelfällen dargelegt werden, die vergleichbar sind.
VolltextIBRRS 2024, 2888
BFH, Urteil vom 17.07.2024 - XI R 8/21
Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung, die zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt, da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen, und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abgerechnet wird (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl II 2024, 503, zum Vorsteuerabzug für die Lieferung einer Heizungsanlage).*)
VolltextOnline seit 30. September
IBRRS 2024, 2884BGH, Urteil vom 20.09.2024 - V ZR 195/23
Fehler der einem Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu Grunde liegenden Jahresabrechnung können nur dann zu einer gerichtlichen Ungültigerklärung führen, wenn der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze und damit auf die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers auswirkt.*)
VolltextIBRRS 2024, 2850
OLG Brandenburg, Urteil vom 15.08.2024 - 10 U 100/23
1. Enthält ein Angebot zum Abschluss eines Bauvertrags die Bedingung, dass ihm "die VOB neuester Fassung" zugrunde liegt, ist dies weder intransparent noch überraschend, sondern führt zur wirksamen Einbeziehung der VOB/B in der bei Vertragsschluss aktuellen Fassung, wenn der Auftraggeber bei Vertragsschluss durch einen Architekten vertreten wird.
2. Da mit der vereinbarten Vergütung alle Leistungen abgegolten sind, die nach der Baubeschreibung der Leistung innerhalb des Bauvertrages zur vertraglichen Leistung gehören, muss für eine zusätzliche Vergütung eine vom Auftraggeber veranlasste Leistungsänderung vorliegen. Maßgeblich ist die Bestimmung der vertraglichen Verpflichtung des Auftragnehmers, somit die Ermittlung des Bau-Solls, im Vergleich zu der (behaupteten) Änderung. Unklarheiten gehen zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Auftragnehmers.
3. Legt der Auftragnehmer ein Nachtragsangebot vor und fordert der Architekt des Auftraggebers diesen daraufhin zur Leistungserbringung auf, liegt darin nicht ohne weiteres eine Beauftragung im Sinne einer einvernehmliche Vertragsänderung.
4. Der Auftraggeber ist nach erfolglosem Ablauf der dem Auftragnehmer gesetzten Mängelbeseitigungsfrist nicht mehr verpflichtet, die angebotene Mängelbeseitigung anzunehmen oder ihm nochmals eine Frist zur Nacherfüllung einzuräumen, denn das Recht (nicht die Pflicht) zur Nacherfüllung des Auftragnehmers erlischt, wenn der Auftraggeber ihm eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat
5. Mängel stehen einer konkludenten Abnahme nur dann entgegen, wenn sie den Vertragsparteien bekannt bzw. durch den Auftraggeber gerügt sind.
6. Die Abnahmefiktion nach § 12 Abs. 5 VOB/B hält jedenfalls bei Verbraucherverträgen der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Vertretung durch einen Architekten bei Vertragsschluss ändert nichts an der Verbrauchereigenschaft.
7. Nach § 213 BGB gilt die Verjährungshemmung auch für Ansprüche, die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind. Alle Gewährleistungsansprüche, die auf demselben Mangel beruhen, sind als solche aus demselben Grund anzusehen. Die Hemmung eines von ihnen erstreckt sich demnach auch auf die anderen Gewährleistungsansprüche und zwar unabhängig davon, in welcher Höhe sie geltend gemacht werden.
VolltextIBRRS 2024, 2862
AG Bielefeld, Urteil vom 25.01.2024 - 5 C 64/23
1. Vor Beschlussfassung über die Vergabe kostenpflichtiger Aufträge müssen ab einer bestimmten Größenordnung Vergleichsangebote eingeholt werden. Dies gilt auch bei der Bestellung eines Verwalters, da es dabei typischerweise um einen langfristigen Vertrag mit einem hohen Kostenvolumen geht.
2. Für die Wiederwahl des Verwalters ist grundsätzlich das Einholen von Alternativangeboten nicht erforderlich.
3. Auch in diesem Fall sind aber Vergleichsangebote notwendig, wenn der Verwalter vor der Wiederwahl erst zwei Monate im Amt war, denn nach einem Zeitraum von nur zwei Monaten hatten die Eigentümer noch gar keinen ausreichenden Beurteilungsspielraum, um bewerten zu können, ob sie mit der Leistung des Verwalters so zufrieden sind, dass sie an ihm auf jeden Fall festhalten wollen.
VolltextIBRRS 2024, 2865
AG Böblingen, Urteil vom 17.09.2024 - 11 C 367/24 WEG
1. Der ausgeschiedene Verwalter muss der Gemeinschaft "alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt", herausgeben. Der Herausgabepflicht unterfallen die sog. Verwaltungsunterlagen.
2. Die meisten Verwaltungsunterlagen liegen nicht mehr ausschließlich in Papierform vor, sondern in elektronischer Form als Datei. Auch solche Dateien sind "herauszugeben".
3. Die Gemeinschaft hat auch nach Beendigung der Verwalterstellung einen Auskunftsanspruch gegen den ehemaligen Verwalter.
4. Der Verwalter ist nicht berechtigt, zukünftige, noch nicht fällige Vergütungsansprüche zu vereinnahmen.
VolltextOnline seit 27. September
IBRRS 2024, 2816OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2024 - 21 A 828/23
1. Ein Vermessungsingenieur kann sich nach einer Änderung des Berufsrechts nicht auf eine frühere rechtswidrige Verwaltungspraxis berufen (hier: rückwirkende Erteilung von Vermessungsgenehmigungen).
2. Bei der Ahndung schuldhafter Berufspflichtverletzungen besteht kein Entschließungsermessen.
VolltextIBRRS 2024, 0883
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 01.03.2024 - 980b C 27/23 WEG
1. Steht den Sondereigentümern der jeweiligen Untergemeinschaften das jeweilige "gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht an sämtlichen im Gemeinschaftseigentum stehenden Baulichkeiten dieser Häuser zu", bedeutet dies, dass diese allein - also ohne Beteiligung der anderen Untergemeinschaften und der (Gesamt-)Gemeinschaft - darüber befinden dürfen, wie sie diese Teile des gemeinschaftlichen Eigentums verwalten.
2. Diese Entscheidungsbefugnis bezieht sich auch auf die Frage, ob die jeweilige Untergemeinschaft ein Konzept durch einen Fachplaner einholen will, dass die Ausstattung der Hausdächer mit Photovoltaik-Anlagen betrifft.
3. Will ein Eigentümer eine Photovoltaik-Anlage auf sein Dach bauen, muss auch er sich an seine Untergemeinschaft wenden.
4. Die (betroffene Unter-)Gemeinschaft hat nicht nur über das "Ob" der Maßnahme, sondern - im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens - auch über das "Wie" zu beschließen; selbst wenn es sich um eine privilegierte bauliche Veränderung handelt.
5. Die Beschlussersetzungsklage kann mit einer Anfechtungsklage verbunden werden - sie muss es aber nicht.
VolltextIBRRS 2024, 0871
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 19.01.2024 - 980b C 15/23 WEG
1. Sieht ein Sondernutzungsrecht vor, dass sämtliche Rechte (und Pflichten) auf den Sondernutzungsberechtigten übertragen werden, also quasi wie Sondereigentum zu behandeln ist, haben die Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz in Bezug auf die Erhaltung der Sondernutzungsrechtsflächen verloren; gleichwohl gefasste Beschlüsse sind nichtig.
2. Die Nichtigkeit eines solchen Beschlusses aufgrund eines Verstoßes gegen zwingende Vorschriften bzw. mangels einer Beschlusskompetenz entfällt nicht dadurch, dass ein "begünstigter" Wohnungseigentümer bzw. Sondernutzungsberechtigter für diesen stimmt oder mit dessen Durchführung einverstanden ist.
VolltextOnline seit 26. September
IBRRS 2024, 2852BGH, Urteil vom 20.09.2024 - V ZR 235/23
1. Eine im Wohnungseigentumsgesetz oder in einer Vereinbarung vorgesehene Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer umfasst sowohl die erste Beschlussfassung als auch erneute Beschlussfassungen über die bereits geregelte Angelegenheit; infolgedessen betrifft die Frage, ob die Wohnungseigentümer einmal oder mehrfach über dieselbe Angelegenheit entscheiden dürfen, nicht die Beschlusskompetenz, sondern die ordnungsmäßige Verwaltung.*)
2. Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 01.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht auch nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs einen Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans fassen; die hierfür erforderliche Beschlusskompetenz folgt aus § 28 Abs. 1 WEG.*)
3. Ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel lässt die Kompetenz der Wohnungseigentümer für einen Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans nicht entfallen (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 09.03.2012 - V ZR 147/11, IMR 2012, 242 = NJW 2012, 2796).*)
4. Ein Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans wird regelmäßig nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit des Erstbeschlusses bestehen und schutzwürdige Belange einzelner Wohnungseigentümer hinreichend berücksichtigt werden.*)
IBRRS 2024, 2772
AG Karlsruhe, Urteil vom 22.07.2024 - 7 C 2109/23
Eine außerordentliche, fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann nicht ohne Weiteres auf Mietrückstände gestützt werden, die bereits seit mehreren Jahren bestehen.
VolltextOnline seit 25. September
IBRRS 2024, 2833OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 19 U 103/22
1. Für die Feststellung eines konkludenten Vertragsabschlusses sind unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierbei sind in einer Gesamtbetrachtung die Interessenlage der Parteien sowie alle weiteren Umstände, insbesondere auch etwa vorhandene Dokumente zu bewerten und sodann festzustellen, ob und inwieweit die Parteien übereinstimmend eine vergütungspflichtige Beauftragung gewollt haben.
2. Der Architekt muss die Umstände, nach denen Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten sind, darlegen und beweisen, der Auftraggeber, dass die Leistungen gleichwohl unentgeltlich erbracht werden sollen.
3. Eine Vertragsübernahme (hier: durch eine Projektgesellschaft) kann entweder durch Aufhebung des alten und Abschluss eines neuen Vertrages zu den Bedingungen des aufgehobenen oder ohne Neuabschluss durch Rechtsnachfolge in den alten Vertrag herbeigeführt werden, indem ein Vertragspartner unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrages ausgewechselt wird.
4. Das Umschreiben einer Rechnung besagt insbesondere bei einer engen Verflechtung zwischen zwei Rechnungsadressaten nichts darüber, dass der Architekt mit einer Entlassung des bisherigen Auftraggebers aus seiner Verpflichtung und einer Schuldübernahme durch den Dritten einverstanden ist.
5. Die Vorschriften der HOAI setzen den Bestand eines nach den Vorschriften des BGB begründeten Anspruchs voraus. Sie regeln nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Anspruch vertraglich begründet oder wieder aufgehoben werden kann.
6. Im Anwendungsbereich des zwingenden HOAI-Preisrechts ist ein nachträglicher Vergleich über die Vergütungshöhe erst nach Beendigung der Architektentätigkeit möglich.
VolltextIBRRS 2024, 2835
VK Bund, Beschluss vom 31.07.2024 - VK 1-56/24
1. Damit die Wertung angebotener Lösungsansätze nachvollziehbar und nachprüfbar ist, muss gerade dann, wenn und soweit ein Wertungsergebnis sich nicht gleichsam zwangsläufig aus dem alleinigen "Abhaken" der ausgeschriebenen Vorgaben erschöpft, die Wertungsbegründung umso ausführlicher und konkreter sein. Je offener ein Wertungsschema ist, desto eingehender sind die Wertungsentscheidung und die wertungsrelevanten Überlegungen vom Auftraggeber zu dokumentieren.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber ist weitestgehend darin frei, anhand welcher Methode er das für ihn wirtschaftlichste Angebot ermittelt (sog. Leistungsbestimmungsrecht). Die rechtlichen Grenzen hat ein Aufraggeber erst dann überschritten, wenn seine Wertungsmethode keine wettbewerbsoffene, willkürfreie und nachprüfbare Zuschlagserteilung ermöglicht.
3. Der Antrag auf weitere Akteneinsicht in die für den Bieter bisher geschwärzten Inhalte der Dokumentation der Wertungsentscheidung ist mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen, wenn bereits aufgrund der bekannten Akteninhalte feststeht, dass diese Dokumentation nicht vergaberechtskonform erfolgt ist. Gleiches gilt für den Antrag auf Durchführung eines "in-camera"-Verfahrens.
VolltextIBRRS 2024, 2826
AG Bautzen, Urteil vom 29.05.2024 - 23 C 5/23 WEG
1. Fehler in der Jahresabrechnung können eine Anfechtung des Abrechnungsbeschlusses nur dann begründen, wenn sie sich auf die Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer auswirken.
2. Wenn ein Wohnungseigentümer einen Nachschuss-Beschluss angreift mit dem Ziel, in die Zahlungsflüsse einzugreifen, muss er immer sämtliche Nachschüsse angreifen, d. h. den Beschluss in Bezug auf alle Wohnungseigentümer.
3. Versorgungsleitungen sind, soweit sie sich im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, rechtlich als einheitliche Anlage anzusehen; zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören danach die Leitungen nicht nur bis zum Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zur ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit.
4. Nichts anderes gilt für Entsorgungs-/Abwasserleitungen, selbst wenn es nicht für jede Abwasserleitung eine im Bereich des Sondereigentums gelegene Absperrmöglichkeit gibt.
VolltextIBRRS 2024, 2825
OLG Hamm, Beschluss vom 29.02.2024 - 7 U 72/22
1. Es besteht im Ruhrgebiet weiterhin (trotz oder gerade wegen des Klimawandels) keine dahingehende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, Schneefanggitter auf Dächern von Gebäuden anzubringen (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)
2. Auch für das Aufstellen von Warnschildern vor Schneeabgängen besteht kein Anlass, wenn die Gefahrumstände für jedermann wie für den Geschädigte aufgrund der wahrnehmbaren Ausnahmesituation ohne Weiteres ersichtlich sind (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22, BeckRS 2023, 45655; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)
VolltextIBRRS 2024, 2839
VGH Bayern, Beschluss vom 13.05.2024 - 12 ZB 22.1790
1. Die Förderung von Nutzungsentgelten setzt ein krankenhausplanerisches Interesse und die Zustimmung der zuständigen Behörde vor Abschluss der Nutzungsvereinbarung voraus.
2. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn ist förderschädlich, sofern die zuständige Behörde diesem nicht zustimmt.
3. Der Maßnahmenbeginn kann auch in einem konkludenten Abschluss einer Nutzungsvereinbarung durch tatsächliche Nutzungsaufnahme mit Einverständnis des Eigentümers liegen.
4. Eine den Anspruch auf Gewähr rechtlichen Gehörs verletzende Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn ein Gericht einen bis dahin weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte, und er dadurch an entsprechendem Vortrag gehindert wird.
VolltextOnline seit 24. September
IBRRS 2024, 2832OLG Celle, Urteil vom 04.04.2024 - 2 U 34/23
1. Ein wirksamer Werkertrag setzt eine Einigung über die sog. essentialia negotii (wesentliche Bestandteile des Rechtsgeschäfts) voraus, wofür es ausreicht, dass die beiderseits geschuldeten Leistungen bestimmt oder zumindest eindeutig bestimmbar sind. Dabei verlangt die Bestimmbarkeit ein deutlich geringeres Maß an Genauigkeit.
2. Auch wenn der konkrete Leistungsumfang nicht im Detail niedergelegt ist, ist die Leistung hinreichend bestimmt, wenn sich aus dem Vertrag die für einen Werkvertrag prägenden wechselseitigen Hauptleistungspflichten der Parteien ergeben. Eine (detaillierte) Leistungsbeschreibung stellt dann lediglich eine weitergehende Konkretisierung der vereinbarten Leistungspflichten dar.
VolltextIBRRS 2024, 2799
VK Berlin, Beschluss vom 16.11.2023 - VK B 1-7/22
1. Eignungskriterien dürfen ausschließlich die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit betreffen, wobei die Eignungskriterien vom öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen festzulegen und in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen sind. Für ungeschriebene Eignungskriterien (hier: "Fachkunde") ist neben den normierten Ausschlusstatbeständen der §§ 123, 124 GWB kein Raum.
2. Der öffentliche Auftraggeber verstößt gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze, indem er die Eignungsprüfung des Bieters mit der Prüfung der Angebotskalkulation vermengt und Kalkulationsfehler im Angebot des Antragstellers zur Grundlage der Entscheidung über die Eignung des Antragstellers im selben Verfahren macht.
3. ...
VolltextIBRRS 2024, 2824
AG Wiesbaden, Urteil vom 12.01.2024 - 922 C 1990/23
Werden durch eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels alle Wohnungseigentümer belastet, stellt die Änderung keine unangemessene Benachteiligung eines einzelnen Wohnungseigentümers dar.*)
VolltextIBRRS 2024, 2576
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2024 - 2 S 1338/23
Bei eigengenutzten Zweitwohnungen ist die Zweitwohnungsteuer anhand der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete zu berechnen. Liegt ein qualifizierter Mietspiegel vor, ist dieser eine geeignete Festsetzungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer.
VolltextIBRRS 2024, 2827
BGH, Urteil vom 12.09.2024 - IX ZR 65/23
1. Eine formularmäßig getroffene anwaltliche Zeithonorarabrede ist auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht allein deshalb unwirksam, weil der Rechtsanwalt weder dem Mandanten vor Vertragsschluss zur Abschätzung der Größenordnung der Gesamtvergütung geeignete Informationen erteilt noch sich dazu verpflichtet hat, ihm während des laufenden Mandats in angemessenen Zeitabständen Zwischenrechnungen zu erteilen oder Aufstellungen zu übermitteln, welche die bis dahin aufgewandte Bearbeitungszeit ausweisen.*)
2. Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.*)
VolltextOnline seit 23. September
IBRRS 2024, 2781OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2023 - 21 U 90/23
1. Bei Umwandlung eines Altbaus in Eigentumswohnungen und anschließender Veräußerung dieser Wohnungen können "neu errichtete Objekte" vorliegen, wenn den Unternehmer eine Herstellungspflicht trifft, die nach Umfang und Bedeutung mit der Neuherstellung vergleichbar ist.
2. Ein Vorbehalt bei der Abnahme wegen Mängeln ändert nichts daran, dass die Abnahme erklärt ist und die Erfüllungswirkungen grundsätzlich eintreten.
3. Die "vollständige Fertigstellung" ist weder mit der Abnahme noch der Abnahmereife gleichzusetzen. Verwenden die Parteien einen von der Abnahme verschiedenen Begriff, kann die Auslegung ergeben, dass sie damit von der gesetzlichen Regelung abweichen wollten.
4. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs setzt auch eine Abnahme des Sondereigentums sowie des Gemeinschaftseigentums in seiner Gesamtheit (hier: hinsichtlich Alt- und Neubau) voraus.
5. Soweit nicht der Besteller selbst, sondern Dritte das Werk abnehmen, wirkt dies nur dann zu Lasten des Bestellers, wenn diesem die Abnahme durch den Dritten zuzurechnen ist. Dies bestimmt sich in entsprechender Anwendung der Regeln über die Stellvertretung.
6. Abnahmereife liegt erst vor, wenn das Werk vollständig und ohne wesentliche Mänge hergestellt ist. Ein Mangel ist unwesentlich, wenn dem Besteller zugemutet werden kann, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung zu akzeptieren und sich mit den Mängelrechten zu begnügen. Hierbei ist die Unwesentlichkeit grundsätzlich eng auszulegen.
7. Als ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung der Abnahmereife muss der Unternehmer den Besteller zur Abnahme auffordern. Der Besteller muss ein Werk nicht abnehmen, das der Unternehmer ihm nicht angeboten hat. Bereits begriffsnotwendig scheidet eine unberechtigte Abnahmeverweigerung aus, wenn es zuvor kein entsprechendes Abnahmeverlangen gegeben hat.
IBRRS 2024, 2808
VK Bund, Beschluss vom 07.08.2024 - VK 2-63/24
1. In der Leistungsbeschreibung darf grundsätzlich nicht auf bestimmte Produkte eines Herstellers verwiesen werden. Die Bezugnahme auf ein Referenzprodukt ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand andernfalls nicht hinreichend genau und allgemeinverständlich beschrieben werden kann, wobei in diesem Ausnahmefall der Zusatz "oder gleichwertig" erforderlich ist (hier verneint).
2. Maßstab für die Zulässigkeit der Benennung eines Leitfabrikats ist nicht, welches Produkt der Auftraggeber für vorzugswürdig hält. Die Vorschrift stellt vielmehr darauf ab, ob das gewünschte Produkt ohne Verweis auf das Leitfabrikat nicht hinreichend genau beschrieben werden kann.
3. Für eine produktspezifische Ausschreibung muss ein besonders belastbarer sachlicher Grund in dem Sinne gegeben sein, dass es keine vernünftige Alternative bzw. keine vernünftige Alternativlösung gibt.
4. Ein Verstoß gegen das Gebot der Produktneutralität liegt auch dann vor, wenn man die Vorgabe des Leitprodukts für zulässig hält, der Auftraggeber sich aber nicht hinreichend mit den wettbewerblichen Auswirkungen seiner Vorgaben beschäftigt.
VolltextIBRRS 2024, 2613
AG München, Urteil vom 21.03.2024 - 1293 C 8530/22 WEG
1. Die Änderung oder teilweise Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ist nur durch eine Vereinbarung, nicht durch Beschluss möglich.
2. Eine Sondernutzungsfläche ohne Zweckbestimmung kann vom Sondernutzungsberechtigten auf jegliche gesetzlich zulässige Weise und damit ohne Beschränkung, etwa auf eine Nutzung als Dachterrasse oder zur extensiven Dachbegrünung, genutzt werden.
3. Würde der Bau einer Spindeltreppe als 2. Fluchtweg fast die Hälfte oder sogar dreiviertel des Bereichs einer Sondernutzungsfläche umfassen, würde dies einen faktischen teilweisen Entzug des Sondernutzungsrechts in räumlicher Hinsicht darstellen, der nicht durch Beschluss, sondern nur durch Vereinbarung erfolgen kann, die zur Bindung von Rechtsnachfolgern der Eintragung i.S.d. § 10 Abs. 3 WEG bedarf.
VolltextOnline seit 20. September
IBRRS 2024, 2795KG, Urteil vom 16.07.2024 - 21 U 131/23
1. Stellt ein Bauträger eine in Eigentumswohnungen aufgeteilte Wohnanlage nicht fertig, können ihn die Erwerber der Wohnungen auf Herbeiführung dieses Erfolgs in Natur in Anspruch nehmen.*)
2. Für die Zulässigkeit und Bestimmtheit eines solchen Klageantrags genügt es, wenn das vom Bauträger geforderte Endergebnis durch Bezugnahme auf die Vertragsbestandteile, insbesondere die Baubeschreibung und die Teilungserklärung, definiert wird. Der aktuelle Bautenstand des Vorhabens muss jedenfalls im Erkenntnisverfahren nicht vorgetragen werden.*)
3. Eine Klage auf Fertigstellung in Natur muss nicht zwingend sämtliche noch fehlende Bauleistungen umfassen. Die Erwerber können auch eine Teilklage gegen den Bauträger erheben, die sich auf einzelne abtrennbare Leistungen beschränkt.*)
VolltextIBRRS 2024, 2747
AG Schöneberg, Urteil vom 11.07.2024 - 105 C 21/24
Die Vorfälligkeitsklausel "Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft bzw. Gutschrift des Betrags an." ist unwirksam, weil sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dem Mieter das Risiko einer durch den Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs auferlegt (vgl. BGH, IMR 2017, 46).
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