Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 05.01.2021 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2021, 0141
OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2020 - 24 U 14/20
1. Die Ausführung eines unbelüfteten Dachs (sog. "Warmdach") bedarf wegen der damit regelmäßig verbundenen Risiken besonderer handwerklicher und planerischer Sorgfalt.*)
2. Bei einer schadensanfälligen Dachkonstruktion bedürfen die Anschlüsse in den Fensterbereichen einer eingehenden Planung. Der Architekt hat im Einzelnen festzulegen, welcher Bauunternehmer welche Anschlussarbeiten in diesem Bereich vornimmt.
3. Die Unzulässigkeit des Erlasses eines Grund- und Teilurteils ist in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen; es bedarf keiner entsprechenden Berufungsrüge.*)
4. Ein Teilurteil darf nicht erlassen werden, wenn es die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen schafft. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht oder Rechtsmittelgericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann.*)
5. Im Falle der einfachen Streitgenossenschaft besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, wenn die Haftung eines Streitgenossen (hier: Planungsverschulden des Architekten) unmittelbar Auswirkung auf den Umfang der Haftung des anderen Streitgenossen (hier: Werkunternehmer) haben kann. Allerdings wird die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen weder dadurch geschaffen noch verstärkt, dass zum Anspruchsgrund entschieden und lediglich die Höhe des gegen den anderen Streitgenossen (hier: Werkunternehmer) bejahten Anspruchs offen gelassen wird.*)
6. Der Mangel eines an sich unzulässigen Teilurteils in Form der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen kann geheilt werden, wenn das gegenüber den anderen Streitgenossen ergangene Teilurteil rechtskräftig geworden ist.*)

IBRRS 2021, 0142

VK Lüneburg, Beschluss vom 29.10.2020 - VgK-34/2020
1. Angebote, die den vergaberechtlichen (Form-)Erfordernissen nicht genügen, sind vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
2. "Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind", sind solche Angebote, die hinter den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses zurückbleiben, also die geforderte Leistung "abmagern".
3. Damit qualitativ gute Angebote nicht aus rein formalen Gründen ausgeschlossen werden müssen, können sie nachgebessert werden.
4. Der öffentliche Auftraggeber darf den Bieter auffordern, fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Angaben, die sich auf Fähigkeiten des Unternehmens beziehen (sog. Eignungskriterien), dürfen sogar korrigiert werden.
5. Verfügt eine kleinere Stadt über ein eigenes Rechtsamt mit zwei Juristen, ist sie grundsätzlich personell ausreichend aufgestellt, um vergaberechtliche Fragen selbst bearbeiten zu können. Die anwaltliche Vertretung in einem Vergabenachprüfungsverfahren ist deshalb nicht ohne weiteres geboten.

Online seit 18. Januar
IBRRS 2021, 0137
BGH, Urteil vom 16.12.2020 - VIII ZR 367/18
1. Die Möglichkeit einer (weiteren) Erhöhung der Miete auf Grundlage der umlegbaren Modernisierungskosten nach § 559 BGB a.F. ist einem Vermieter, der im Anschluss an die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme die Miete zunächst auf Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete für den modernisierten Wohnraum nach §§ 558 ff. BGB erhöht hat, nicht verwehrt.*)
b) Allerdings ist in diesem Fall der - nachfolgend geltend gemachte - Modernisierungszuschlag der Höhe nach begrenzt auf die Differenz zwischen dem allein nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. möglichen Erhöhungsbetrag und dem Betrag, um den die Miete bereits zuvor nach §§ 558 ff. BGB heraufgesetzt wurde, so dass die beiden Mieterhöhungen in der Summe den Betrag, den der Vermieter bei einer allein auf § 559 BGB a.F. gestützten Mieterhöhung verlangen könnte, nicht übersteigen.*)

IBRRS 2021, 0086

KG, Urteil vom 26.10.2018 - 21 U 67/17
1. Vergleichen sich die Parteien eines Bauvertrags dahingehend, dass der Auftraggeber eine vom Auftragnehmer geleistete Sicherheit zurückzugeben hat, wenn der "Nachweis für eine für eine ausreichende Deckung des Heizenergiebedarfs erbracht wird", kommt es für die Freigabe der Sicherheit nicht darauf an, ob die Leistung des Auftragnehmers insgesamt mangelfrei ist.
2. Verlangt der Auftragnehmer die Sicherheit heraus, kann der Auftraggeber sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der an den Auftragnehmer zu zahlenden Vergütung berufen.
3. Ein vertraglich vereinbartes Aufrechnungsverbot steht auch der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts entgegen, wenn die Ausübung des Zurückhaltungsrechts eine der Aufrechnung gleichkommende Wirkung hat.

IBRRS 2021, 0127

LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020 - 23 O 753/20
1. Die Schließung des Einzelhandels der Beklagten aufgrund des staatlich angeordneten Covid-19-Lockdowns stellt einen Mangel der Mietsache dar.
2. Weder dem Mieter noch dem Vermieter kann das Risiko, das sich in den staatlich angeordneten Lockdown-Maßnahmen verwirklicht hat, zugeschrieben werden, so dass eine Minderung in Höhe von 50% gerechtfertigt ist.
3. Muss der Mieter aufgrund einer Allgemeinverfügung infolge der Corona-Pandemie sein Geschäft schließen, so hat er auch nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage einen Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags.

IBRRS 2021, 0125

LG Dortmund, Beschluss vom 30.11.2020 - 1 T 75/20
1. Wenn dem Verwalter die Kosten eines Rechtsstreits - an dem er grundsätzlich mangels Parteistellung als Dritter nicht beteiligt ist - auferlegt werden sollen, muss zur Begründung einer verfahrensrechtlichen Rechtsstellung die Klage ihm mit diesem ausdrücklich zu erteilenden Hinweis auch förmlich zugestellt werden.
2. Selbst wenn das Gericht in der mündlichen Verhandlung den anwesenden Verwalter dazu angehört hätte, dass das Gericht in Betracht zöge, die Kosten des Rechtsstreits dem Verwalter aufzuerlegen, und der Verwalter dazu eine Erklärung abgegeben hätte, genügt dies nicht, um die förmlichen Voraussetzungen zur Begründung einer verfahrensrechtlichen Rechtsstellung herbeizuführen.

Online seit 15. Januar
IBRRS 2021, 0128
LG Berlin, Urteil vom 16.10.2020 - 8 O 126/20
1. Die gesetzlichen Vorschriften über das Anordnungsrecht des Bestellers (§ 650b BGB) und die Vergütungsanpassung nach solchen Anordnungen (§ 650c BGB) sind auch im VOB-Vertrag anwendbar.
2. Der Auftragnehmer kann nach einer Kündigung des Bauvertrags keine Abschlagszahlungen mehr verlangen, sondern muss die Schlussrechnung legen.
3. Nach Schlussrechnungsreife kann der Auftragnehmer keine Abschlagszahlung nach der 80-Prozent-Regelung (§ 650c Abs. 3 BGB) im einstweiligen Verfügungsverfahren verlangen.

IBRRS 2021, 0130

OLG Dresden, Beschluss vom 22.12.2020 - 4 U 549/20
Widerruft der Auftraggeber den erteilten Auftrag kann der Auftragnehmer dem Anspruch auf Herausgabe des zur Erfüllung Erlangten die von ihm verauslagten Aufwendungen nur insoweit entgegenhalten, als er die erhaltenen Gelder vor dem Widerruf bestimmungsgemäß verwendet hat. Hierfür trägt er die Beweislast.*)

Online seit 14. Januar
IBRRS 2021, 0106
OLG Celle, Urteil vom 23.12.2020 - 14 U 51/18
Zur Vermeidung einer unerträglichen Schieflage besteht ausnahmsweise keine Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteueranteile an den Auftragnehmer von Bauleistungen, sondern nur ein Freistellungsanspruch (hier: Fristablauf nach § 169 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO).*)

IBRRS 2021, 0111

BGH, Urteil vom 06.11.2020 - LwZR 5/19
Ist im Rubrum eines für längere Zeit als zwei Jahre abgeschlossenen Landpachtvertrags als Vertragspartei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Angabe zu den Vertretungsverhältnissen aufgeführt und unterzeichnet für diese ein Gesellschafter ohne einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz wie etwa einen Firmenstempel, ist die in § 585a BGB vorgesehene Schriftform nicht gewahrt (Anschluss an BGH, IMR 2013, 144).*)

Online seit 13. Januar
IBRRS 2021, 0096
BGH, Urteil vom 09.12.2020 - VIII ZR 238/18
1. Hat der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gekündigt, hat er - zur Vermeidung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens - den Mieter auf einen späteren Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinzuweisen (im Anschluss an Senatsurteile, IMR 2007, 1093 - nur online; IMR 2007, 311; IMR 2013, 1000 - nur online; IMR 2017, 48; IMR 2019, 312; IMR 2017, 9). Dieser Zeitpunkt ist für das Bestehen einer Hinweispflicht grundsätzlich auch dann maßgebend, wenn die Parteien in einem (gerichtlichen) Räumungsvergleich einen späteren Auszugstermin des Mieters vereinbaren.*)
2. Der ersatzfähige (Kündigungsfolge-)Schaden eines Mieters nach einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter umfasst nicht die zum Zwecke des Eigentumserwerbs einer Wohnung angefallenen Maklerkosten (im Anschluss an Senatsurteil vom 09.12.2020 - VIII ZR 371/18, imr-online-Werkstatt).*)

IBRRS 2021, 0088

OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2018 - 23 U 43/17
1. Als anerkannte Regeln der Technik sind sämtliche Vorschriften und Bestimmungen anzusehen, die sich in der Theorie als richtig erwiesen und in der Praxis bewährt haben.
2. Zu den anerkannten Regeln der Technik können auch Herstellerrichtlinien gehören, sofern der Auftraggeber erkennbar auf deren Einhaltung besonderen Wert legt.
3. Entspricht das Werk nicht den anerkannten Regeln der Technik, ist die Leistung als mangelhaft anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verstoß auch zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führt. Der Mangel besteht bereits in der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik als solcher.
4. Verweigert der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßigen Aufwands, obwohl ein solcher nicht gegeben ist, kann der Auftraggeber nach seiner Wahl entweder den Auftragnehmer an seiner Erklärung festhalten und die Minderung erklären oder seinen Nachbesserungsanspruch - gegebenenfalls im Wege der Ersatzvornahme - weiterverfolgen.

Online seit 12. Januar
IBRRS 2021, 0054
OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2020 - 11 Verg 12/20
Bestärkt die Vergabestelle durch ihre Antwort auf eine Bieteranfrage den Bieter in der Einschätzung eines Parameters für die Preiskalkulation, die sie selbst für fehlerhaft hält, kann dies zu einer Diskriminierung dieses Bieters führen, wenn dieser sein Angebot auf der Grundlage dieser Fehlvorstellung kalkuliert.*)

IBRRS 2021, 0074

BGH, Urteil vom 16.12.2020 - VIII ZR 108/20
1. Für eine formel ordnungsgemäße Mieterhöhung ist es erforderlich, dass der Mieter dem Mieterhöhungsverlangen die begehrte erhöhte Miete betragsmäßig entnehmen kann und dass die Mieterhöhung durch nähere Hinweise auf die ortsübliche Vergleichsmiete - etwa durch Bezugnahme auf einen Mietspiegel - begründet wird.
2. Einer Herausrechnung des etwa in der Grundmiete enthaltenen Betriebskostenanteils bedarf es nur dann, wenn eine begehrte erhöhte Teilinklusivmiete höher liegt als die in dem Mieterhöhungsschreiben genannte, auf reinen Nettomieten basierende ortsübliche Vergleichsmiete.

IBRRS 2021, 0073

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.12.2020 - 2-13 S 108/20
1. Ein Anspruch der Eigentümer auf persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen besteht auch während der Corona-Pandemie. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn der Verwalter in der Einladung Vertretungsmöglichkeiten bewirbt und sich bei der Größe des angemieteten Saals an der zu erwartenden Teilnehmerzahl orientiert.*)
2. Auch bei Beschlüssen, deren Vollzug nur schwer wieder rückgängig zu machen sind (hier Fassadenanstrich), kommt dem Vollzugsinteresse grundsätzlich Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse zu. Allerdings sind mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen.*)

IBRRS 2021, 0071

OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.08.2020 - 8 WF 103/20
1. § 8a Abs. 4 JVEG ist nicht dahin einschränkend auszulegen, dass die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterbleibt, wenn davon auszugehen ist, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige gem. § 407a Abs. 4 Satz 2 Var. 2 ZPO zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre.*)
2. Rechtsfolge der erheblichen Überschreitung des Vorschusses ist die Kürzung der Vergütung auf den Betrag des Vorschusses, ohne dass ein Aufschlag auf die Höhe dessen, was die maximal mögliche Vergütung unterhalb der Erheblichkeitsgrenze darstellen würde, vorzunehmen wäre.*)

Online seit 11. Januar
IBRRS 2020, 3415
OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.11.2020 - 11 Verg 13/20
1. Die Forderung einer bestimmten nationalen Zulassung (hier: BASt-Begutachtung) kann nur eine von weiteren Möglichkeiten der Nachweisführung der Produktgeeignetheit abbilden. Ein fehlender Gleichwertigkeitszusatz bzw. die fehlende Zulassung eines Nachweises der Gleichwertigkeit ist vergaberechtswidrig.
2. Zielrichtung von § 7a EU VOB/A 2019 ist allein, dass materiell eine Gleichwertigkeit nachweisbar sein muss. Ein Bieter muss nachweisen dürfen - und können -, dass sein Produkt die Anforderungen der in Bezug genommenen Technischen Spezifikationen materiell erfüllt.
3. Die TL-transportable Schutzeinrichtungen stellt eine Technische Spezifikation i.S.v. § 7a EU Abs. 2 Nr. 1 e VOB/A 2019 dar.

IBRRS 2021, 0057

BGH, Urteil vom 25.11.2020 - XII ZR 40/19
1. Die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassenen Fläche stellt auch dann einen Sachmangel der Mietsache dar, wenn die Flächendifferenz die Folge von nach Abschluss des Mietvertrags erfolgten Umbauarbeiten ist, durch die diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist.*)
2. Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine Größe auf, die um weniger als 10% unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird (Fortführung von Senatsurteil, IMR 2012, 410).*)

Online seit 8. Januar
IBRRS 2021, 0045
OLG Köln, Urteil vom 21.08.2020 - 19 U 5/20
1. Der Bauträger ist zur Leistungsverweigerung berechtigt, wenn die Erfüllungsansprüche der Erwerber aus den Bauträgerverträgen, die der Errichtung des Objekts zu Grunde liegen, verjährt sind.
2. Ist eine Abnahme des Objekts nicht erfolgt, verjähren die Erfüllungsansprüche der Erwerber 10 Jahre nach Vertragsschluss.

IBRRS 2021, 0048

BGH, Urteil vom 11.12.2020 - V ZR 26/20
Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer von ihm nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Schadensersatz jedenfalls in Höhe der von dem Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung verlangen.*)

IBRRS 2021, 0037

OLG München, Beschluss vom 28.03.2019 - 27 U 213/19 Bau
Die Symptomrechtsprechung (BGH, IBR 1992, 224) entbindet den Kläger nicht davon, konkret und substantiiert hinsichtlich der behaupteten Mängel vorzutragen. Insbesondere kann mit der Symptomrechtsprechung nicht ein Vortrag ins Blaue hinein gerechtfertigt werden.

Online seit 7. Januar
IBRRS 2021, 0032
KG, Urteil vom 23.07.2019 - 21 U 93/17
1. Auf einen Vertrag über die Planung und Ausführung einer funktionstauglichen Apothekeneinrichtung einschließlich Labor und Lagerhaltung unter Beachtung besonderer gesetzlicher Vorschriften findet Werkvertragsrecht Anwendung.
2. Behauptet der Besteller die Unentgeltlichkeit der Leistung, trägt er dafür die Beweislast, wenn die Werkleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist.
3. Im kaufmännischen Handelsverkehr gilt der allgemeine Erfahrungssatz, dass ein Kaufmann sein Gewerbe in der Absicht regelmäßiger Gewinnerzielung betreibt und daher Handlungen für andere im Rahmen seines Gewerbebetriebs nicht ohne Gegenleistung erbringen will.
4. Der Nachweis der postalischen Absendung eines Schreibens erbringt nicht den Beweis für dessen Zugang.

IBRRS 2021, 0043

AG Stuttgart, Urteil vom 27.11.2020 - 35 C 1982/20
1. Zur schlüssigen Darlegung der berechtigten Miethöhe im Rahmen einer Saldoklage.*)
2. Bei einer Klage auf Nachzahlung von Betriebskosten ist die Vorlage der Betriebskostenabrechnung zur schlüssigen Darlegung des Anspruchs regelmäßig erst dann erforderlich, wenn der Mieter formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung bestreitet.*)

Online seit 5. Januar
IBRRS 2021, 0013
OLG Dresden, Urteil vom 17.11.2020 - 6 U 349/20
1. Ein Bauvertrag kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Bauvertragsparteien zerstört ist.
2. Eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses kann entweder auf einzelnen besonders schwerwiegenden Vertragspflichtverletzungen beruhen oder sich aus einer ganzen Reihe von Pflichtverletzungen, die jeweils für sich genommen zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung nicht ausreichend wären, im Rahmen einer Gesamtabwägung ergeben.
3. Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung in der Regel nicht erforderlich.
4. Die nach einer Auftraggeber-Kündigung aus wichtigem Grund erstattungsfähigen Mehrkosten einer Ersatzvornahme errechnen sich als Differenz zwischen der bei vollständiger Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung geschuldeten Vergütung und dem Betrag, den der Auftraggeber an den gekündigten Auftragnehmer für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und zusätzlich an den Dritten für die von diesem ausgeführten, aber ursprünglich von dem gekündigten Auftragnehmer geschuldeten Leistungen gezahlt hat oder zu zahlen gehalten ist.
5. Der Auftraggeber hat, um die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs schlüssig vorzutragen, in der Regel die anderweitig als Ersatzvornahme erbrachten Leistungen, die dadurch entstandenen Kosten, die infolge der Kündigung nicht mehr an den Auftragnehmer zu zahlende Vergütung sowie die Berechnung der sich daraus ergebenden Differenz darzulegen.
IBRRS 2021, 0018

VK Bund, Beschluss vom 11.12.2020 - VK 2-91/20
1. Ein Vergabeverfahren (hier: nach der VSVgV) kann aufgehoben werden, wenn sich die Grundlagen des Vergabeverfahren wesentlich geändert haben.
2. Bezugspunkt der wesentlichen Änderungen sind nicht sämtliche vergaberechtlich relevante Änderungen, sondern nur die "Grundlagen des Vergabeverfahrens".
3. Für eine Aufhebung ist es erforderlich, dass sich der Beschaffungsbedarf entweder geändert hat und die Vergabeunterlagen diesem geänderten Bedarf anzupassen sind oder aber der Beschaffungsbedarf gänzlich entfallen ist, so dass das Interesse des Auftraggebers an der konkret ausgeschriebenen Leistung selbst nicht mehr besteht.
4. Auswirkungen der Corona-Pandemie sind durchaus geeignet, eine Aufhebungsentscheidung zu legitimieren, aber nur unter der Voraussetzung, dass sich Änderungen am Beschaffungsbedarf ergeben (hier verneint).

IBRRS 2021, 0025

AG Stuttgart, Urteil vom 11.12.2020 - 35 C 4053/20
Soll die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses auf das Fehlverhalten eines Besuchers gestützt werden, das dem Mieter zuzurechnen ist, erfordert die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich eine vorherige Abmahnung des Mieters.*)

IBRRS 2021, 0019

OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.08.2020 - 5 U 343/19
Wird ein Grundstück durch auf einem Nachbargrundstück ausgebrachte chemische Mittel oberhalb zulässiger Grenz- oder Richtwerte verunreinigt, liegt keine vom Eigentümer des verunreinigten Grundstücks hinzunehmende unwesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB vor.

IBRRS 2021, 0002

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.11.2020 - 3 U 1442/20
1. Die Vorschrift des § 130a Abs. 2 ZPO und die sie konkretisierende Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) sollen insbesondere gewährleisten, dass eingereichte elektronische Dokumente für das Gericht lesbar und bearbeitungsfähig sind. Vor dem Hintergrund dieses Zwecks ist auch die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die ERVV zu bestimmen.*)
2. Nach diese Maßgabe führen Verstöße gegen die Regelungen der ERVV dann nicht zur - nach § 130a Abs. 6 ZPO heilbaren - Formunwirksamkeit eines gem. § 130a Abs. 3 ZPO eingereichten elektronischen Dokuments, wenn die verletzte Rechtsnorm lediglich einen bestimmten Bearbeitungskomfort sicherstellen soll, ihre Verletzung aber nicht der Lesbarkeit und Bearbeitbarkeit des elektronischen Dokuments als solches entgegensteht.*)
3. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV bestimmt, dass elektronische Dokumente in durchsuchbarer Form zu übermitteln sind, handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht zur Unwirksamkeit des Eingangs führt (entgegen BAG, Beschluss vom 12.03.2020 - 6 AZM 1/20, NZA 2020, 607, 608 Rn. 7 und BAG, Urteil vom 03.06.2020 - 3 AZR 730/19, NJW-Spezial 2020, 660).*)
4. Das vom Vollziehungsbeamten i.S.d. § 285 Abs. 1 AO gem. § 291 AO gefertigte Protokoll über eine Vollstreckungshandlung ist eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 ZPO, die den vollen Beweis des darin beurkundeten Vorgangs erbringt.*)
