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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

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OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2016 - 11 Verg 4/16
1. Ein Auftraggeber, der die Erarbeitung von Konzepten in Auftrag gibt, ist nicht gehalten, bereits vorab einen konkreten Katalog zu erarbeiten und den Bietern zu übersenden, anhand dessen er die Konzepte der einzelnen Bieter messen und bewerten will. Auch muss er kein bis ins letzte Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen.
2. Auch in VOF-Verfahren gilt das Transparenzgebot. Für den Bieter muss erkennbar sein, auf welche Punkte der Auftraggeber Wert legt und welche Erwartungen ihn daher auch bei der Bewertung leiten.
3. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist überschritten, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird.
4. Maßstab für die Erkennbarkeit von Vergaberechtsverstößen ist, ob die Verstöße von einem durchschnittlichen Bieter ohne anwaltlichen Rat bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen erkannt werden konnten. Dabei ist die Erkennbarkeit der die (mögliche) Vergaberechtswidrigkeit begründenden Tatsachen nicht ausreichend; hinzutreten muss das Bewusstsein, dass hieraus in rechtlicher Hinsicht ein Vergaberechtsverstoß resultieren könnte.
5. Von einem Bieter kann zwar erwartet werden, dass er den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nimmt; er muss jedoch nicht auch die Rechtsprechung zur Auslegung dieser Bestimmungen kennen.