Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
Online seit 2. Oktober
IBRRS 2025, 2483
VGH Hessen, Beschluss vom 05.08.2025 - 4 B 1315/25
1. Die Verpflichtung und Berechtigung zum bauaufsichtlichen Einschreiten kann nicht verwirkt werden.*)
2. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Nutzungsverbots vor, so ist ein solches in der Regel auch anzuordnen, denn dem der zuständigen Behörde in § 82 Abs. 1 Satz 2 HBO eingeräumten Ermessen ist die Tendenz eigen, die im öffentlichen Interesse grundsätzlich gebotene Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen (sogenanntes intendiertes Ermessen).*)
3. Ein Verstoß gegen formelles Baurecht, also das Fehlen einer Baugenehmigung, rechtfertigt regelmäßig eine Nutzungsuntersagung einer baulichen Anlage unter Anordnung der sofortigen Vollziehung.*)

Online seit 1. Oktober
IBRRS 2025, 2484
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.09.2025 - 1 LA 73/25
1. Ein Bauvorhaben fügt sich bei offener Bebauung - und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - auch dann in die nähere Umgebung ein, wenn sein Abstand zur Nachbarbebauung zwar an einer oder mehreren Gebäudeseiten gering, an anderen Gebäudeseiten aber so groß ist, dass die sich daraus ergebende Bebauungsdichte in der maßgeblichen Gesamtbetrachtung in der näheren Umgebung ein Vorbild findet.*)
2. Der verursachte Stellplatzbedarf im Sinne des § 12 Abs. 2 BauNVO wird nicht durch die Zahl der bauordnungsrechtlich oder durch örtliche Bauvorschrift geforderten Stellplätze und Garagen begrenzt.*)
3. Das Berufungsgericht ist zur Entscheidung über einen Antrag gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO berufen, solange das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz geführt wird.*)

Online seit 30. September
IBRRS 2025, 2480
OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.09.2025 - 2 K 118/24
1. Ein Seniorenwohn- und Pflegeheim mit über 30 Wohneinheiten, einer Tagespflege und einem Büro für den ambulanten Pflegedienst kann in einem allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich sein.*)
2. Die Vermeidung einer nicht mehr wohngebietsgebietsverträglichen Nutzung einer solchen Anlage aufgrund zusätzlicher Verkehrsbewegungen lässt sich in einem Baugenehmigungsverfahren sachgerecht lösen.*)
3. Allein der Umstand, dass nur ein Teil der Bebauung in einem beplanten Gebiet das zulässige Höchstmaß von zwei Vollgeschossen ausnutzt, zwingt den Plangeber nicht, aus Anlass einer Planänderung die ursprünglich festgesetzte Zahl der Vollgeschosse erneut zum Gegenstand der Abwägung zu machen.*)
4. Eine Änderungsplanung ist nicht schon deshalb rücksichtlos und deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die darin festgesetzte Baugrenze einen Abstand von nur noch 3 m zu Nachbargrundstücken einhält.*)

Online seit 29. September
IBRRS 2025, 2478
OVG Niedersachsen, Urteil vom 01.09.2025 - 1 KN 79/23
1. Berührt ist ein Grundzug der Planung im Sinne des § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB dann, wenn der planerische Grundgedanke, d.h. das Leitbild der Planung angetastet wird. Zu fragen ist mit anderen Worten, ob die Änderung noch vom ursprünglichen Planungswillen der Gemeinde umfasst ist.*)
2. Betroffene im Sinne § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB sind jedenfalls alle natürlichen und juristischen Personen, deren abwägungserhebliche und schutzwürdige Belange von der beabsichtigten Änderung oder Ergänzung berührt werden.*)

IBRRS 2025, 2531

OLG Köln, Entscheidung vom 17.09.2025 - 11 U 118/23
Eine Streitverkündungsschrift zur Sicherung des Gesamtschuldnerregresses eines wegen eines Mangels in Anspruch genommenen Unternehmers, die keine konkreten Ausführungen zu dem Mangel enthält, der dem Streitverkündeten vorgeworfen wird, entspricht nicht den Anforderungen des § 73 ZPO zur Angabe des Grundes der Streitverkündung und ist nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen.*)

Online seit 26. September
IBRRS 2025, 2472
VGH Hessen, Beschluss vom 12.08.2025 - 4 B 791/25
1. Eine besondere Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB) durch die Bauaufsichtsbehörde kann nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn das Interesse der Bauherrschaft von dem im Grundsatz jeden Bauherrn betreffenden wirtschaftlichen Interesse an einer schnellen Bauausführung erheblich abweicht; das wirtschaftliche Interesse muss also stärker als im Normalfall zu gewichten sein, damit es das grundsätzlich vorrangige Aufschubinteresse der Gemeinde im Einzelfall überwiegen kann.*)
2. Im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist das besondere - über den Normalfall hinausgehende - Interesse der Bauherrschaft an einer sofortigen Umsetzung ihrer Baugenehmigung von der Bauaufsichtsbehörde im konkreten Einzelfall und auf diesen bezogen in ihrer Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO darzulegen.*)

IBRRS 2025, 2501

VG Braunschweig, Urteil vom 25.06.2025 - 2 A 21/23
1. § 2 Satz 2 EEG enthält zwingende Vorgaben, die auch bei der Auslegung und Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften über die Nutzung von PV-Anlagen auf Kulturdenkmalen zu berücksichtigen sind.*)
2. Im Regelfall hat das öffentliche Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien Vorrang vor dem Interesse an der unveränderten Erhaltung des Denkmals. Dieser gesetzliche Vorrang entfällt aber in Ausnahmefällen, in denen atypische Situationen vorliegen.*)
3. Ein atypischer Fall, in dem der Gewichtungsvorrang zugunsten der Nutzung erneuerbarer Energien gegenüber den Belangen der Denkmalpflege entfällt, kann (beispielsweise) vorliegen, wenn die Anbringung einer PV-Anlage ein besonders schutzbedürftiges Denkmal ernstlich in seinem Denkmalwert beeinträchtigen oder zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Denkmal führen würde.*)
4. Liegt ein atypischer Fall vor, ist die Interessenabwägung ohne die gesetzliche Gewichtungsvorgabe in § 2 EEG durchzuführen.*)
5. Die in atypischen Fällen ohne die gesetzliche Gewichtungsvorgabe durchzuführende Interessenabwägung ergibt jedenfalls dann den Vorrang des Interesses an der unveränderten Erhaltung des Denkmals, wenn nicht nur ein ernstlicher Eingriff in ein besonders wertvolles und damit besonders schutzbedürftiges Denkmal vorliegt, sondern dieser Eingriff auch besonders schwerwiegend ist.*)
6. Die Installation einer PV-Anlage auf einem Gebäude, das Bestandteil einer von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannten und denkmalrechtlich geschützten Gruppe baulicher Anlagen ist, kann einen besonders schwerwiegenden Eingriff in ein besonders geschütztes Denkmal darstellen, wenn Module vom öffentlichen Straßenraum aus sichtbar sind.*)

Online seit 25. September
IBRRS 2025, 2470
BVerwG, Urteil vom 17.06.2025 - 4 C 3.24
1. Ein Kaufvertrag mit einem Dritten im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB liegt dann vor, wenn die Vertragsparteien jeweils selbständige Rechtsträger sind.*)
2. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB muss die "bezweckte Verwendung des Grundstücks" bestimmt oder zumindest hinreichend bestimmbar sein.*)

IBRRS 2025, 2471

VG Karlsruhe, Urteil vom 30.07.2025 - 2 K 2706/24
1. Bodenrechtliche Spannungen, die ein Planungsbedürfnis hervorrufen, ergeben sich im Regelfall schon dadurch, dass der durch die nähere Umgebung gesetzte Rahmen wesentlich überschritten wird (vgl. BVerwG, IBR 1995, 397; BVerwG, Urteil vom 08.12.2016 - 4 C 7.15, IBRRS 2017, 1896; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2021 - 5 S 1032/20, IBRRS 2021, 1033).*)
2. Die erstmalige Zulassung massiver Hauptnutzungen in rückwärtigen oder von Wohnbebauung blockartig umgebenen, innenliegenden Bereichen, die bislang von baulichen Anlagen im Wesentlichen frei sind, begründet im Allgemeinen bodenrechtliche Spannungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 4 C 30.78; Beschluss vom 25.03.1999 - 4 B 15.99).*)

Online seit 24. September
IBRRS 2025, 2430
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2025 - 8 D 267/21
1. Wird in der Klagebegründung nur auf ein bereits im Verwaltungsverfahren eingereichtes Einwendungsschreiben Bezug genommen, stellt dies keine den Anforderungen des § 6 UmwRG entsprechende Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung dar. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger durch Bezugnahme nur auf bestimmte Punkte des Einwendungsschreibens zu erkennen gibt, dass er an anderen Einwendungen nicht mehr festhalten will.*)
2. Mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (IBR 2025, 1089 - nur online) hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung, wonach bei einer sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung abweichend von Nr. 2.2 TA Lärm ein erweiterter Einwirkungsbereich in Betracht zu ziehen ist, nicht fest.*)

IBRRS 2025, 2324

VG Schleswig, Urteil vom 17.07.2025 - 8 A 134/23
1. Entscheidend tritt bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der öffentlichen Belange folgendes hinzu: Es ist § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zu beachten. Danach liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Diese Norm stellt keinen bloßen Programmsatz auf, sondern ist von der Exekutive bei Abwägungsbelangen und bei nach Landesrecht durchzuführenden Entscheidungen anderer Art zu beachten (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 25.06.2025 - 2 A 21/23). Für die Beurteilung der Wesensfremdheit der Photovoltaikanlage ist deswegen mit einzustellen, dass die erneuerbaren Energien insgesamt eine besondere Bedeutung haben und jede Art ihren Anteil an der angestrebten Treibhausneutralität hat, so dass bodenrechtlich jede Anlage für Solarenergiegewinnung gleich zu behandeln ist und ein gleicher Nutzungszweck zu unterstellen ist.*)
2. Auf Seite des Ermessens muss ebenfalls und insbesondere § 2 EEG herangezogen werden, welcher ein überwiegendes Interesse am Verbleib der Anlage begründet, selbst wenn öffentliche Belange beeinträchtigt sein sollten. Zwar ergibt sich auch unter Anwendung von § 2 EEG kein absoluter Vorrang des öffentlichen Interesses an Solaranlagen vor anderen privaten oder öffentlichen Belangen. Die Regelung enthält jedoch eine gesetzliche Gewichtung im Sinne eines relativen Gewichtungsvorrangs , welcher im Regelfall ein überwiegendes Interesse an der Nutzung von Solarenergie begründet, während in atypischen Situationen die Belange zurückzustehen haben. Dieses besondere öffentliche Interesse an der solaren Energiegewinnung hat der Beklagte in der Ermessensausübung nicht ausreichend beachtet und insofern sein Ermessen defizitär ausgeübt.*)

Online seit 23. September
IBRRS 2025, 2257
VGH Bayern, Beschluss vom 18.06.2025 - 2 CS 25.718
1. Eine Abstandsfläche ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Die Vorschrift räumt dem Bauherrn jedoch kein Recht ein, anstelle einer bauplanungsrechtlich zulässigen Grenzbebauung in einem geringeren Abstand, als in den Abstandsflächenbestimmungen vorgesehen, an die Grenze zu bauen.
2. Eine Rechtsverletzung des Nachbarn durch eine fehlende hinreichende Bestimmtheit der Baugenehmigung kommt nur in Betracht, wenn die Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Merkmale nicht hinreichend bestimmt sind und damit nicht geprüft werden kann, ob das Vorhaben nachbarschützenden Vorschriften entspricht (hier verneint).

Online seit 22. September
IBRRS 2025, 2438
OVG Sachsen, Urteil vom 26.06.2025 - 1 A 208/23
1. Ob sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet, ist keine prüffähige Bauvoranfrage i.S.v. § 75 Satz 1 SächsBO, weil die Fragestellung auf die Erteilung einer bloßen Rechtsauskunft gerichtet ist und es ihr an dem erforderlichen Vorhabenbezug fehlt.*)
2. Die Frage, ob ein Vorhaben den sich aus der Eigenart der näheren Umgebung ergebenden Rahmen nach der Art der baulichen Nutzung einhält, ist nicht prüffähig i.S.v. § 75 Satz 1 SächsBO, weil diese Fragestellung sachliche Teile des Vorhabens ausklammert, ohne die eine verbindliche Beurteilung desselben nicht möglich ist (Fortführung von OVGSachsen, Urteil vom 24.04.2025 - 1 A 106/21, IBRRS 2025, 2314).*)
3. Ein erstinstanzlich obsiegender Kläger kann seine Klage im Berufungsverfahren grundsätzlich nur im Wege der Anschlussberufung ändern.*)

IBRRS 2025, 2436

VG Freiburg, Urteil vom 30.07.2025 - 1 K 4132/23
1. Zwar können als untere Bezugspunkte einer Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen in einem Bebauungsplan die Meter über NN festgesetzt werden, doch müssen sie konkret ermittelbar sein. Dies ist nicht der Fall, wenn nur die ungefähre Angabe "ca." verwendet wird.*)
2. Zur Frage der Widersprüchlichkeit der Festsetzung der maximalen Gebäudehöhe bei einem Bebauungsplan, der verschiedene Dachformen zulässt und hierfür unterschiedliche maximale Höhen vorsieht.*)

Online seit 19. September
IBRRS 2025, 2443
VGH Hessen, Beschluss vom 17.03.2025 - 5 B 161/25
1. Ein konkludenter Verzicht auf eine Baugenehmigung liegt nur dann vor, wenn in dem schlüssigen Verhalten des Genehmigungsinhabers ein dauerhafter und endgültiger Verzichtswille unmissverständlich zum Ausdruck kommt. Die bloße zeitliche Nichtweiterführung der genehmigten Nutzung lässt ohne zusätzliche Anhaltspunkte in der Regel nicht auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen.*)
2. Die zwischenzeitliche Nutzung einer Örtlichkeit als Karaokebar stellt gegenüber einer genehmigten Nutzung als Diskothek keine funktional andere Nutzung dar, aufgrund derer auf einen konkludenten Verzicht auf die Baugenehmigung geschlossen werden kann.*)

Online seit 18. September
IBRRS 2025, 2444
BVerwG, Beschluss vom 12.08.2025 - 4 BN 35.24
1. Die Planbegründung dient der Erläuterung des Bebauungsplans; sie kann zwar wesentliche Auslegungshilfe für den Plan sein, ist jedoch selbst kein Planbestandteil.
2. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3a BauGB ist ein verbindlicher Bebauungsplan, der insbesondere dem Abwägungsgebot unterliegt. Bei der Ermittlung und Bewertung der abwägungserheblichen Belange und der Abwägung sind auch die nach den allgemeinen Festsetzungen zulässigen Nutzungen in den Blick zu nehmen.
3. Die Gemeinde kann bei der allgemeinen Festsetzung der baulichen Nutzung auf sonstige Weise ein "Baugebiet eigener Art" schaffen.

Online seit 17. September
IBRRS 2025, 2435
VGH Bayern, Beschluss vom 04.08.2025 - 15 CS 25.1164
1. Die Bauaufsichtsbehörde kann im Wege der Sicherungsanordnung auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen notwendige Anforderungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit stellen.
2. Die Frist für die Androhung der Vollstreckung Sicherungsanordnung ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen.
2. Eine fehlende Duldungsanordnung berührt nicht die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung. Sie ist nur ein Vollstreckungshindernis.

Online seit 16. September
IBRRS 2025, 2395
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.09.2025 - 1 LA 30/25
1. Einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 b BauGB muss, wenn sie nicht durch Markierung einzelner in die Planurkunde eingetragener Bäume oder Sträucher, sondern durch Umriss einer Fläche erfolgt, durch Auslegung zu entnehmen sein, ob dort jeglicher Bewuchs, gleich welcher Größe und Wertigkeit, oder nur bestimmte Pflanzen erhalten werden sollen.*)
2. Dient die Festsetzung dem Erhalt der auf der Fläche vorhandenen Gehölze, so bedarf es keiner Individualisierung jeder geschützten Einzelpflanze.*)

Online seit 15. September
IBRRS 2025, 2409
BVerwG, Beschluss vom 22.05.2025 - 4 BN 25.24
Zur Frage, ob eine unmittelbar an ein Wohngebäude zum Ortsrand hin anschließende Terrasse auch dann Bestandteil des Hauptgebäudes ist, wenn die Terrasse keine oder nur eine unwesentliche konstruktive Verbindung zum Hauptgebäude aufweist, sondern "nur" unmittelbar räumlich angrenzt und vom Wohngebäude aus betreten werden kann, und ob die Zuordnung einer unmittelbar an ein Wohngebäude anschließenden Terrasse als Bestandteil des Hauptgebäudes unter funktionellen Gesichtspunkten davon abhängt, dass die Terrasse einen Schutz vor Witterungseinflüssen aufweist.

IBRRS 2025, 2264

VG München, Urteil vom 05.05.2025 - 8 K 24.69
1. Ein Gebietserhaltungsanspruch steht ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft als Ganzes zu.
2. Vorschriften einer naturschutzrechtlichen Baumschutzverordnung sind nicht nachbarschützend.
3. Eine erdrückende Wirkung kommt bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht.
4. Ein Verschattungseffekt als typische Folge der Bebauung ist insbesondere in innergemeindlichen bzw. innerstädtischen Lagen, in der Regel nicht rücksichtslos und hinzunehmen
5. Der Grundstücksnachbar hat die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Bauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen.

Online seit 12. September
IBRRS 2025, 2258
VGH Bayern, Beschluss vom 23.06.2025 - 1 ZB 23.2015
1. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans können einem privilegierten Vorhaben als öffentlicher Belang grundsätzlich nur dann entgegenstehen, wenn sie sachlich und räumlich hinreichend konkret sind und den Standort qualifiziert "anderweitig verplanen", was bei der Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft in der Regel nicht der Fall ist.
2. Andererseits sind sie bei der Frage der Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch sonstige (nichtprivilegierte) Vorhaben grundsätzlich ohne Einschränkung zu berücksichtigen. Die Wirkungen des Flächennutzungsplans entsprechen insoweit (regelmäßig) den Wirkungen, die auch ein Bebauungsplan hat.
3. Allein das Bestehen eines (ggf. privilegierten) landwirtschaftlichen Betriebs, in dessen Rahmen ein Vorhaben geplant ist, genügt weder für eine Privilegierung dieses Vorhabens noch schließt es einen Widerspruch dieses Vorhabens zur Darstellung des Flächennutzungsplans als Fläche für die Landwirtschaft aus.

Online seit 11. September
IBRRS 2025, 2218
VGH Bayern, Beschluss vom 12.08.2025 - 9 ZB 24.355
1. Das Maß gebotener Konkretisierung bauplanerischer Festsetzungen hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, von den Planungszielen und von den Umständen im Einzelfall, insbesondere auch von den örtlichen Verhältnissen ab, auf die ein Bebauungsplan trifft.
2. Der Mischgebietscharakter kann bei einem quantitativen Übergewicht der einen oder anderen Hauptnutzungsart (Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung) zu verneinen sein, wenn dadurch eine der beiden Hauptnutzungsarten nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend oder übergewichtig in Erscheinung tritt. Erforderlich ist stets eine Bewertung aller für eine quantitative Beurteilung in Frage kommenden tatsächlichen Umstände im einzelnen Fall (hier: "Umkippen" des Mischgebiets in Richtung gewerblicher Nutzung bejaht).

Online seit 10. September
IBRRS 2025, 2213
VGH Bayern, Beschluss vom 11.06.2025 - 15 CS 25.842
Voraussetzung für die Anwendung von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayBO ist, dass das Bauteil nach Größe und Funktion als untergeordnetes Teil der jeweiligen Gebäudeseite erscheint. Eine Privilegierung scheidet aus, wenn das Bauteil eine zusätzliche, eigenständige Nutzungsfunktion aufweist oder im Verhältnis zur Außenwand nennenswert ins Gewicht fällt und daher nicht untergeordnet ist.

IBRRS 2025, 2255

VG Hannover, Urteil vom 24.06.2025 - 4 A 3479/22
Bei einer sogenannten "Verbesserungsgenehmigung" ist hinsichtlich des bestehenden Zustands ohne das zur Genehmigung gestellte Vorhaben auf die Genehmigungslage, nicht auf die tatsächlich ausgeübten Nutzungen abzustellen. Sofern Nachbarn sich wie im Falle eines erkennbaren Immissionskonflikts über die einfachgesetzlichen Einfallstore auf eine drittschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots berufen können, wird die Behörde der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtung nur gerecht, wenn sie im Rahmen der vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung die maßgeblichen Faktoren erkennt und ausreichend berücksichtigt. Tut sie dies nicht oder unzureichend und erteilt trotzdem eine Baugenehmigung, widerspricht diese nicht nur objektiv dem öffentlichen Baurecht, sondern verletzt gleichzeitig den subjektiven Schutzanspruch der Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen.*)

Online seit 9. September
IBRRS 2025, 2269
VGH Bayern, Beschluss vom 16.07.2025 - 15 CE 25.1111
1. Auch wenn ein Sichtschutzzaun gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstößt, resultieren daraus keine Verletzung drittschützender Rechte, wenn den maßgeblichen Festsetzungen nur gestalterische Absichten zugrunde liegen.
2. Nicht alles, was gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Nachbarrechtsschutzes als rücksichtslos und unzumutbar zu bewerten sein könnte, ist bereits ein für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht hinzunehmender wesentlicher Nachteil.

IBRRS 2025, 2206

VG München, Urteil vom 15.07.2025 - 1 K 21.4798
1. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist entscheidend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört.
2. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden.
3. Es gilt die Regelvermutung, dass ein Grundstück regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen ist, wenn es an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben ist.

Online seit 8. September
IBRRS 2025, 2212
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.06.2025 - 10 D 39/23
1. Unabhängig von konkreten Nutzungskonflikten besteht eine Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag, wenn ein Bebauungsplan Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung eines bereits vorhandenen Bebauungsplans ändert und hierdurch einen Gebietserhaltungsanspruch entfallen lässt.*)
2. Maßgebend für die Beurteilung, ob dem Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB genügt ist, ist zunächst der Zeitpunkt der Bekanntmachung des Bebauungsplans. Ändern sich seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans die Ziele der Raumordnung oder treten neue hinzu, ist auch der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend.*)
3. Die Festsetzung eines Sondergebiets Krematorium kann auf § 11 BauNVO gestützt werden.*)
4. Bei der Wahl des Standortes für ein Krematorium hat der Plangeber im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass ein Krematorium Nutzungskonflikte hervorruft, die aus der Gleichzeitigkeit von Störgrad und Störempfindlichkeit eines solchen Betriebs resultieren. Das gilt auch für ein Krematorium ohne Abschiedsraum.*)
5. Der Schutz des Einäscherungsvorgangs im Gebäudeinneren erfordert keine generelle Abschirmung vor Umgebungslärm.*)

Online seit 5. September
IBRRS 2025, 2200
VG Regensburg, Beschluss vom 05.08.2025 - 5 S 25.962
1. Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG, wonach die Gaststättenerlaubnis zu versagen ist, wenn der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lässt, ist nachbarschützend.
2. Wenn die von einer Gaststätte typischerweise zu erwartenden Belästigungen nach der Art des Baugebiets als zumutbar anzusehen sind, bedeutet dies zugleich, dass es sich dabei nicht um schädliche Umwelteinwirkungen oder sonst erhebliche Nachteile (...) handelt und, soweit die Baugenehmigungsbehörde zuständig ist, die feststellende Regelung der Baugenehmigung im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren Bindungswirkung entfaltet.
3. Für die Gewährleistung des Nachbarschutzes ist es unabdingbar, dass sich die zumutbare Belastung bestimmen und erforderlichenfalls mittels Verwaltungszwangs durchsetzen lässt (hier verneint).
