Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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IBRRS 2013, 5062OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2013 - 22 U 57/13
1. Bei der Feststellung bzw. Auslegung, ob und in welchem Umfang vertragliche Beziehungen zwischen einer Projektentwicklerin und einer Architektin zustande gekommen sind, ist nicht die HOAI als Preisvorschrift, sondern sind grundsätzlich allein die Bestimmungen (§§ 145 ff. BGB) und die allgemeinen Grundsätze des BGB (insbesondere die anerkannten Auslegungsregeln, §§ 133, 157 BGB) heranzuziehen. Insbesondere gelten insoweit nicht die Regeln des Anscheinsbeweises für eine Beauftragung bzw. einen bestimmten Auftragsumfang, etwa in Bezug auf einzelne Leistungsphasen bzw. Teile einzelner Leistungsphasen der HOAI. Ungeachtet dessen können den Preisvorschriften der HOAI - insbesondere den dortigen Leistungsphasen - im Rahmen von §§ 145 ff. bzw. 133, 157 BGB nach den Umständen des Einzelfalls ggf. gewisse Bedeutung zukommen bzw. das Honorarrecht kann insoweit auf das allgemeine Schuld- bzw. Vertragsrecht "ausstrahlen".*)
2. Der Inhalt eines an eine Architektin gerichteten Auftrags kann - nach den Umständen des Einzelfalles - auch nur dem Inhalt eines Auftrags an einen sog. (Empfangs-)Boten bzw. an einen Passivvertreter i.S.v. § 164 Abs. 3 BGB entsprechen und damit keine Werkleistung (mit Haftung für einen entsprechenden Werkerfolg), sondern eine Dienstleistung (d.h. eine bloße Informationsbeschaffung bzw. -weiterleitung) zum Gegenstand haben.*)
3. Ein solcher auf die Beschaffung von Drittinformationen oder auf die schlichte Auskunft über den Inhalt der von einem Dritten eingeholte Rechtsmeinung gerichteter Vertrag kann - auch im Architektenrecht - nicht ohne weiteres Beratungs-, Prüfungs- bzw. Kontrollpflichten des Architekten als Übermittlers begründen.*)
4. Einer erfahrenen Projektentwicklerin ist nach nur vagen Angaben zu dem durch eine Architektin bei der Baubehörde anzufragenden Projekt der Einwand verwehrt, sie habe die von der Architektin auftragsgemäß lediglich an sie weitergeleitete mündliche Auskunft der Baubehörde gleichwohl wie das Ergebnis einer schriftlichen, förmlichen Bauvoranfrage verstehen dürfen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Projektentwicklerin aus von ihr ausdrücklich zugestandenen Gründen (Bekanntwerden ihrer Projektpläne, Interesse möglicher Konkurrenten, Erhöhung der Kaufpreisvorstellungen des Grundstücksverkäufers, erheblich Verzögerungen durch das behördliche Verfahren) diesen "offiziellen" Weg einer verbindlichen Klärung der Zulässigkeit ihres Projekts gescheut hat.*)
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