Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 18. August
IBRRS 2025, 2041
OLG Koblenz, Urteil vom 04.04.2024 - 2 U 68/23
1. Der Werklohn wird auch ohne Abnahme fällig, wenn der Besteller endgültig keine Erfüllung mehr verlangt oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht verlangen kann.
2. Tritt der Bauträger seine Kaufpreisansprüche aus dem Bauträgervertrag mit dem Erwerber an einen Dritten ab und schließt der Bauträger später mit dem Erwerber einen Vergleich (hier: Zahlung eines Abgeltungsbetrags gegen Eigentumsumschreibung), in dem der Bauträger zu Lasten des Dritten auf einen Teil der Vergütungsforderungen verzichtet, entfaltet dieser Verzicht gegenüber dem Dritten keine Rechtswirkung, wenn der Erwerber Kenntnis von der Abtretung hatte.

IBRRS 2025, 2156

VK Südbayern, Beschluss vom 03.06.2025 - 3194.Z3-3_01-25-23
1. Der Ausschluss eines vorbefassten Bieters nach § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB ist immer nur letztes Mittel und kommt nur dann in Betracht, wenn die Chancengleichheit aller Bieter nicht auch auf andere Weise sichergestellt werden kann.*)
2. Auch wenn bei der Vergabe von Bauaufträgen die Namen der Bieter und die Endbeträge der Angebote nach § 14 EU Abs. 6 VOB/A 2019 bekanntgegeben werden, handelt es sich bei den Angaben zur Kalkulation in den Formblättern 221 bis 223 des Vergabehandbuchs um vertrauliche Angebotsinhalte i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 VgV, die der öffentliche Auftraggeber vertraulich zu behandeln hat.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber darf solche Angebotsinhalte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VgV auch nicht an für ihn tätige Planungsbüros herausgeben, wenn ihm durch Rüge bekannt wird, dass diese mit konkurrierenden Bauunternehmen personell und gesellschaftsrechtlich eng verflochten sind.*)
4. Der Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 9b GWB kann erfüllt sein, wenn ein Unternehmen die entgegen § 5 Abs. 1 und 2 VgV erlangte Kenntnis vertraulicher Angebotsinhalte von direkten Konkurrenten aus anderen Vergabeverfahren bei der Erstellung des eigenen Angebots nutzt.*)

IBRRS 2025, 2162

VGH Bayern, Beschluss vom 14.07.2025 - 15 CS 25.1102
Ist ein nachträglich errichteter Lager- und Abstellplatz nach dem Betriebskonzept und der Nutzung des Bauherrn einem vorhandenen Betrieb räumlich und funktional zugeordnet, handelt es sich nicht um einen nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b BayBO verfahrensfreien, selbständigen Lager- und Abstellplatz, sondern um eine Erweiterung des vorhandenen Betriebes und einen unselbständigen Lager- und Abstellplatz.*)

IBRRS 2025, 2069

LG München I, Urteil vom 05.02.2025 - 14 S 9406/23
1. Eine Vorfälligkeitsklausel ist unwirksam, wenn zudem eine Aufrechnungsbeschränkung für eine Mietzahlung vorliegt, die sich wegen eines Mangels gemindert hat.
2. Der zeitnahe Ausgleich eines Betriebskostenrückstands nach der Kündigung lässt den Kündigungsgrund nicht entfallen.
3. Eine Mängelanzeige beim Hausverwalter der WEG ist dem Vermieter nicht zuzurechnen, dieser ist auch weder Empfangsvertreter noch Empfangsbote.
4. Nach Beendigung des Mietverhältnisses mindert sich die Nutzungsentschädigung nicht, wenn ein Mangel erst während der Zeit der Vorenthaltung auftritt.

IBRRS 2025, 2112

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 08.08.2025 - 980a C 11/25 WEG
1. Regelungen in einer Teilungserklärung sind - wie alle im Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen - objektiv-normativ auszulegen. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch etwaige Sonderrechtsnachfolger binden, und Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind.
2. Ist in der Teilungserklärung nur von Wohnungseigentümern die Rede, ist daraus nicht zu folgern, dass Teileigentümer davon nicht betroffen sind, wie ein Vergleich mit § 16 WEG zeigt, in dem ebenfalls nur von Wohnungseigentümern die Rede ist, aber auch die Teileigentümer gemeint sind. Der Begriff "Wohnungseigentümer" ist daher entsprechend den gesetzlichen Regelungen in einem umfassenden Sinne als Synonym für "Sondereigentümer" zu verstehen.
3. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich die Teileigentumseinheiten von ihrem Regelungsbereich ausnehmen wollte.
4. Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Kosten müssen klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen.
IBRRS 2025, 2174

BGH, Urteil vom 23.07.2025 - VIII ZR 240/24
Enthält ein Kaufvertrag über einen Oldtimer im Zusammenhang mit der Beschreibung des Erhaltungszustands die Angabe einer Zustandsnote, ist im Hinblick auf die erhebliche rechtliche und praktische Bedeutung von Zustandsnoten im Bereich des Kaufs von Oldtimern regelmäßig - auch im Fall des Verkaufs eines Oldtimers durch einen privaten Verkäufer - von einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF auszugehen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen die Vereinbarung eines der Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustands als Beschaffenheit des Fahrzeugs sprechen.*)

IBRRS 2025, 2157

OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.07.2025 - 1 AR 17/25
Eine vom Verwender gestellte Klausel, die einen ausschließlichen Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag festlegt, ist im unternehmerischen Rechtsverkehr wirksam.

IBRRS 2025, 2121

OLG Köln, Urteil vom 12.06.2025 - 24 U 92/24
Die von der Sekretärin des Beklagtenvertreters auf der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift vorgenommene qualifizierte elektronische Signatur genügt dem Formerfordernis nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagtenvertreter sich den Inhalt der an das Gericht übermittelten elektronischen Dokumente zu eigen gemacht hat.

IBRRS 2025, 2074

BGH, Beschluss vom 17.07.2025 - I ZB 52/25
1. Eine Berufung kann auch ausschließlich mit neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln begründet werden; in einem solchen Fall bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils.
2. Wird die Berufung ausschließlich hierauf gestützt, sind die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO genannten Angaben erforderlich; fehlen diese, kann die Berufung ohne weiteres zurückgewiesen werden. Das gilt auch dann, wenn sie später unstreitig werden könnten.

IBRRS 2025, 2153

OLG Frankfurt, Urteil vom 27.03.2025 - 16 U 9/23
1. Ein nicht signiertes elektronisches Dokument (hier: xhtml-Dateien und digitalisierte Ausdrucke von Chatverläufen) kann nur den Beweis des Augenscheinobjekts erbringen.
2. Der Beweiswert nicht signierter privater elektronischer Dokumente, d.h. ob die in ihnen enthaltene Erklärung vom behaupteten Urheber stammt, ist nach den allgemeinen Grundsätzen frei zu würdigen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich elektronische Dokumente leicht und für den Laien oft nicht erkennbar fälschen lassen.
3. Die Überzeugungskraft kann sich im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung durch begleitende Umstände oder andere Beweismittel (bspw. Zeugen) erhöhen.

Online seit 15. August
IBRRS 2025, 2167
BGH, Urteil vom 06.08.2025 - VIII ZR 161/24
1. Die Veräußerung vermieteten Wohnraums an eine Personenhandelsgesellschaft (hier: GmbH & Co. KG) löst nicht die in der Vorschrift des § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB geregelte Kündigungssperrfrist für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen des Erwerbers aus.*)
2. Eine (erstmalige) Veräußerung vermieteten Wohnraums nach dessen Umwandlung in Wohnungseigentum lässt (ausnahmsweise) nicht die Kündigungssperrfrist gem. § 577a Abs. 1 BGB beginnen, wenn sie einem Erwerb des noch nicht aufgeteilten Hausgrundstücks durch eine Personengesellschaft oder Erwerbermehrheit i.S.d. § 577a Abs. 1a BGB nachfolgt (§ 577a Abs. 2a BGB). Soweit die Vorschrift des § 577a Abs. 2a BGB für diesen Fall den Zeitpunkt der Veräußerung an die Personengesellschaft oder Erwerbermehrheit auch im Verhältnis zum Erwerber des Wohnungseigentums für maßgeblich erklärt, setzt sie nicht voraus, dass es sich bei dem Erwerber um einen der Gesellschafter oder der Miteigentümer handelt.*)
IBRRS 2025, 2038

OLG Koblenz, Urteil vom 19.12.2024 - 2 U 1046/20
1. Hat der Auftragnehmer als Nebenleistung die Einholung eines "Bodengutachtens zur Feststellung der bodenmechanischen Kennwerte als Grundlage für die statische Berechnung" übernommen, haftet er für damit zusammenhängende Mängel und kann sich insoweit nicht auf ein vom Auftraggeber vertraglich übernommenes "Baugrundrisiko" berufen.
2. Veräußert der Auftraggeber das Bauwerk - ohne vorherige Beseitigung der Bauwerksmängel -, kann er vom Auftragnehmer Schadensersatz in Form des konkreten mangelbedingten Mindererlöses verlangen, der typischerweise anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der Sache ohne Mangel und dem gezahlten Kaufpreis ermittelt werden kann.

IBRRS 2025, 2144

VK Brandenburg, Beschluss vom 27.08.2024 - VK 12/24
Eine Nachbesserung bzw. ein Austausch von inhaltlich unzureichenden unternehmensbezogenen Unterlagen ist nicht möglich.

IBRRS 2025, 2149

VGH Bayern, Beschluss vom 31.07.2025 - 9 CS 25.772
1. Eine Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, verletzt die Nachbarrechte nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird.
2. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung wie der Anzahl der Vollgeschosse sind grundsätzlich nicht drittschützend.
3. Ist ein Doppelhaus in einem Gebiet mit offener Bauweise errichtet worden, können die Grundstücknachbarn verlangen, dass ihr jeweiliger Nachbar die Doppelhaussituation nicht aufhebt. Die Festsetzung ist insoweit nachbarschützend.

IBRRS 2025, 2003

OVG Nordrhein-Westfahlen, Beschluss vom 16.06.2025 - 7 B 225/25
Bei mehrfachen ungenehmigten Nutzungsänderungen erlischt ein etwaiger Bestandsschutz insgesamt.

IBRRS 2025, 1975

AG Pankow, Urteil vom 27.02.2025 - 101 C 5061/24
1. Die Merkmale gute ÖPNV-Anbindung und gute Nahversorgung müssen in einer Metropole mehr als das Übliche bieten, um als wohnwerterhöhend gewertet werden zu können.
2. Die Versorgung mit drei Lebensmittelmärkten und einer Apotheke ist, am Maßstab einer Metropole bewertet, allenfalls durchschnittlich, und die ÖPNV-Anbindung ist, wenn sich innerhalb von 20 Gehminuten keine einzige U-Bahn-Station und keine einzige S-Bahn-Station befindet, als ausgesprochen dürftig zu werten.

IBRRS 2025, 2138

OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.04.2025 - 4 U 27/24
1. Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang eine erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.
2. Ein Sachmangel liegt überdies im Allgemeinen dann vor, wenn bedingt durch die Feuchtigkeit des Kellers ein muffiger bzw. modrig-feuchter Geruch durch die übrigen Bereiche des Hauses zieht, der von Besuchern beim Öffnen der Tür sofort wahrgenommen wird.
3. Arglistig handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (hier verneint).

IBRRS 2025, 2117

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.05.2025 - 7 W 4/25
1. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO ist die Nichtigkeit des Anwaltsvertrages. Dem Rechtsanwalt steht insoweit auch kein Vergütungsanspruch aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag oder dem Bereicherungsrecht zu.*)
2. Der Begriff "dieselbe Rechtssache" i.S.v. § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO ist weiter auszulegen als der enge Streitgegenstandsbegriff. Er umfasst jede rechtliche Angelegenheit, die bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist.*)

IBRRS 2025, 2077

BGH, Beschluss vom 19.05.2025 - VI ZR 223/24, VI ZB 29/24
1. Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen.
2. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
3. Bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sich die Berufungsbegründung grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Änderung beantragt wird.

IBRRS 2025, 2087

BGH, Beschluss vom 22.07.2025 - X ZB 19/22
1. Ein Befangenheitsantrag ist nach vollständigem Abschluss einer Instanz gem. § 42 ZPO grundsätzlich nicht mehr zulässig.
2. Die Ablehnung nach Verkündung einer unanfechtbaren Entscheidung ist aber grundsätzlich zulässig, wenn zusammen mit dem Ablehnungsantrag eine Anhörungsrüge erhoben wird; die Instanz ist dann nämlich noch nicht vollständig abgeschlossen.
3. Ein schutzwürdiges Interesse an einer Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch besteht allerdings nicht, wenn die Anhörungsrüge von vorneherein unzulässig ist.
4. Eine Anhörungsrüge, die trotz Anwaltszwangs vom Kläger selbst erhoben wird, ist unzulässig.

Online seit 14. August
IBRRS 2025, 1998
OLG Naumburg, Urteil vom 07.06.2023 - 2 U 24/22
1. Wird der Auftragnehmer als Generalunternehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Einkaufszentrums beauftragt und wird der in der Baugenehmigung geforderte Brandschutz sämtlicher Unterdecken nicht hinreichend durch entsprechende, zur Konstruktion des Dachstuhls passende Prüfzeugnisse dokumentiert, ist seine Leistung mangelhaft, weil durch die fehlende Dokumentation der Betrieb und die Nutzung des Einkaufszentrums gefährdet wird.
2. Ansprüche des Auftraggebers wegen eines Baumangels verjähren, sofern nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren ab der Abnahme. Etwas anderes gilt, wenn der Auftragnehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
3. Der Auftragnehmer verschweigt einen offenbarungspflichtigen Mangel arglistig, wenn ihm dieser bei der Abnahme bekannt ist und er ihn dennoch nicht offenbart. Dabei reicht es für die Kenntnis des Mangels aus, dass der Auftragnehmer die für den Mangel ursächliche, vertragswidrige Ausführung der Leistung erkannt hat und ihm bewusst ist, dass diese für die Entscheidung des Auftraggebers über die Abnahme erheblich ist.
4. Dieses Bewusstsein fehlt, wenn ein Mangel nicht als solcher wahrgenommen wird. Eine bloß fahrlässige Unkenntnis, selbst die grob fahrlässige Unkenntnis, reicht nicht aus.
5. Bei einem Mangel, der einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht grundsätzlich keine Offenbarungspflicht. Der Auftraggeber kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er einen solchen Mangel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann.
6. Der Auftragnehmer muss sich das arglistige Verschweigen eines von ihm beauftragten Nachunternehmers nicht zurechnen lassen. In Betracht kommt dann jedoch ein der Arglist gleichstehendes Organisationsverschulden des Auftragnehmers.
7. Für das Vorliegen eines arglistigen Verschweigens bzw. einer Verletzung der Organisationspflicht trägt der Auftraggeber die Beweislast.
IBRRS 2025, 1953

VGH Bayern, Beschluss vom 28.04.2025 - 1 ZB 24.1940
1. Bei der Frage, ob es sich um ein anderes als das ursprünglich genehmigte Bauvorhaben handelt ("aliud"), kommt es entscheidend darauf an, ob durch die Änderung Belange, die bei der ursprünglichen Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt.
2. Eine nicht genehmigte Bebauung ist bei der Feststellung eines Bebauungszusammenhang nur dann zu berücksichtigen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben.
3. Eine Teilbeseitigung als milderes Mittel anstelle einer vollständigen Beseitigung kommt nur dann in Betracht, wenn durch sie zumindest im Wesentlichen rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

IBRRS 2025, 2139

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2025 - 14 S 1737/24
1. Zur Auslegung einer sogenannten Sprechklausel in einer zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlich-rechtlichen Finanzierungsvereinbarung für ein Eisenbahninfrastrukturvorhaben ("Stuttgart 21").*)
2. Die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit dem Vortrag, der Begründungsaufwand im angefochtenen Urteil sei besonders hoch, erfordert die Schilderung, dass dieser auf qualitativ zu bemessende besondere tatsächliche oder rechtliche Herausforderungen und nicht nur auf eine besondere Quantität des Beteiligtenvorbringens oder eine besondere Sorgfalt des Verwaltungsgerichts zurückzuführen ist.*)
3. Keine besondere tatsächliche oder rechtliche Herausforderung ergibt sich daraus, dass in einem Fall (alle) Auslegungsmethoden einzeln angewendet werden müssen, denn dies ist juristischen Fällen in der Regel inhärent.*)
4. Ebenfalls keine besondere tatsächliche oder rechtliche Herausforderung ergibt sich daraus, dass verschiedene Entwürfe einer vertraglichen Vereinbarung gegenübergestellt werden müssen, denn dies übersteigt nicht die von Verwaltungsrichtern üblicherweise zu bewältigende Komplexität.*)

IBRRS 2025, 2111

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 08.08.2025 - 980b C 47/24 WEG
1. Es darf eine abweichende Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten in den Einzelabrechnungen erfolgen, wenn der Anspruch tituliert ist oder sonst feststeht, etwa weil er von dem betreffenden Wohnungseigentümer anerkannt worden ist.
2. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer im Vorfeld, aber auch auf der betreffenden Versammlung selbst mehrfach bestätigt, dass er die Kosten für einen zu beauftragenden Sachverständigen übernehmen wird, und dies auch nach der Beauftragung noch einmal bestätigt.

IBRRS 2025, 2115

OLG Schleswig, Urteil vom 22.07.2025 - 7 U 25/25
1. Schadensersatzansprüche aus einem Kaufvertrag über ein Grundstück verjähren auch bei arglistig verschwiegenen Mängeln - hier: fehlende Baugenehmigung für ein Nebengebäude (sog. Behelfsheim aus der Nachkriegszeit) - spätestens mit Ablauf von 10 Jahren nach ihrer Entstehung, ohne dass es hierfür auf die (fehlende) Kenntnis des Käufers ankommt.*)
2. Der Schadenseintritt bestimmt sich für die Zwecke des Verjährungsrechts bei mehreren Schadensfolgen anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit. Danach gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten. Der Zeitpunkt der einzelnen Schadensfolgen spielt so lange keine Rolle, als diese eine bloße Weiterentwicklung darstellen und mit ihnen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte.*)
3. Der Minderwert des mit einem Mangel behafteten Grundstücks gegenüber seinem Verkehrswert ohne den Mangel stellt einen (ersten) Schaden dar, der bereits mit dem Abschluss des Kaufvertrags, spätestens jedoch mit dessen Vollzug eintritt. Tätigt der Käufer später Aufwendungen, die sich angesichts des Mangels - hier: fehlende Genehmigung des Nebengebäudes - als nutzlos erweisen, stellt dieser (zweite) Schaden eine bloße Weiterentwicklung des bereits eingetretenen Schadens dar.*)

IBRRS 2025, 2116

OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.07.2025 - 6 U 99/24
1. Der Anwalt hat das Bestehen einer vorübergehenden technischen Störung am Tag des Fristablaufs unverzüglich glaubhaft zu machen, andernfalls ist die Ersatzeinreichung unwirksam.
2. Die Glaubhaftmachung hat gegenüber dem Gericht zu erfolgen, sobald der Anwalt zu einer geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände in der Lage ist, ohne dass eine gesonderte Prüfungs- und Überlegungsfrist zu berücksichtigen wäre.
3. Die zulässige Frist ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Glaubhaftmachung nach Ablauf von dreieinhalb Wochen erfolgt.
4. Auch wenn kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt ist, kann die Wiedereinsetzung von Amts wegen gewährt werden, wenn die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wird und Gründe für die unverschuldete Fristversäumnis innerhalb der Antragsfrist offenkundig sind oder nach einem erforderlichen gerichtlichen Hinweis offenkundig geworden wären (hier vereint).

IBRRS 2025, 2137

OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.07.2025 - 32 SchH 3/25
1. Nimmt ein Schiedsrichter nach Untätigkeit oder verzögerter Tätigkeit die Tätigkeit wieder auf, bevor ein Antrag nach § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO gestellt ist, so kann dieser Antrag unter dem Gesichtspunkt der Untätigkeit des Schiedsrichters keinen Erfolg haben.*)
2. Ein Schiedsgericht ist grundsätzlich nicht gezwungen, eine (positive) Zuständigkeitsentscheidung im Wege eines Zwischenbescheids zu treffen.*)

IBRRS 2025, 2079

BGH, Beschluss vom 03.07.2025 - V ZR 181/24
1. Neu ist ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, wenn es bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht vorgebracht worden und daher im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt geblieben ist. Ein im zweitinstanzlichen Verfahren erstmals vorgebrachtes Bestreiten bildet stets ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel.
2. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Maßgeblich ist auch, ob die Partei bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt die Entscheidungsrelevanz des betreffenden Vorbringens überhaupt hätte erkennen können.
